Archiv: Februar 28, 2021

Vergeltungsschlag gegen Mullah-Milizen: Das große Dilemma des Joe Biden

Von Sebastian Thormann | Die ersten Militärschläge in der Amtszeit von US-Präsident Joe Biden richteten sich gegen schiitische Milizgruppen in Syrien. Wie das Verteidigungsministerium mitteilte, griff das US-Militär Einrichtungen an der Grenze zum Irak an. Der Luftschlag war eine Antwort auf Attacken der letzten Woche. Die vom Iran unterstützten Milizen hatten US-Stützpunkte im Irak angegriffen und dabei einen amerikanischen Zivilisten getötet. Eine derartige Vergeltungsaktion ist eigentlich obligatorisch – aber Biden gerät dadurch in die Klemme. Die Reaktionen auf seine Anordnung zeigen das Dilemma in der seine Regierung steckt.

Ähnliche – und häufig weit drastischere – Militärschläge unter Trump wurden von Biden und seinen jetzigen Regierungsmitgliedern immer scharf verurteilt. Diese Aussagen und Tweets holen ihn nun ein. Bidens aktuelle Pressesprecherin etwa fragte 2017 nach der rechtliche Grundlage für Trumps Luftangriffe gegen das Assad-Regime in Syrien. Auch Vizepräsidentin Kamala Harris war damals “sehr besorgt” über die Rechtslage der Raketenangriffe. Joe Biden selbst verurteilte Trumps Vorgehen gegen den Iran. Noch 2019 schrieb er: “Trumps unberechenbare, impulsive Handlungen sind das Letzte, was wir als Oberbefehlshaber brauchen. Kein Präsident sollte einen Militärschlag anordnen, ohne die Konsequenzen vollständig zu verstehen.”

Damals brodelte der Konflikt mit dem Iran schon, ein Konflikt mit dem sich Biden nun als Präsident auseinandersetzen muss. Bidens Strategie ist dabei eigentlich eine andere: statt “maximalem Druck” und Abschreckung wie unter Trump, ist es sein erklärtes Ziel, mit dem Terrorregime aus Teheran einen neuen Deal zu schließen. Bis heute verteidigt Biden das unter Obama ausgehandelte und phänomenal gescheiterte Iran-Atomabkommen, mit dem der Westen seine Schwäche in der Region zeigte. Doch die Gewalt des Regimes in Teheran nimmt ein Maß an, das Biden nicht mehr ignorieren kann.

Über die Hintergründe des Luftschlags in Syrien kann man freilich nur spekulieren. Möglich, dass mit dem abgelegenen Ziel in Syrien – weit entfernt vom Iran – nur ein vorsichtiges Signal gesendet werden sollte. Ein größerer Konflikt mit Irans Stellvertretern im Nahen Osten käme Biden jetzt gar nicht gelegen, das würde Verhandlungen mit den Mullahs im Weg stehen und einmal mehr die iranische Unterstützung von Terrorgruppen und Milizen im Nahen Osten demonstrieren, vor denen die Republikaner immer gewarnt haben. Auch der Iran selbst nutzt diese Klemme der Biden-Administration (bloß nicht eingestehen zu wollen, dass die Trump-Administration irgendwo richtig lag) sicherlich um abzutasten, wie weit man es mit der neuen US-Regierung treiben kann.

Im Pentagon-Statement wird die amerikanischen Reaktion als “verhältnismäßig” bezeichnet und hervorgehoben, man habe “bewusst gehandelt, um die Gesamtsituation in Ostsyrien und im Irak zu deeskalieren”. Unter Trump war die Reaktion alles andere als verhältnismäßig: Als vom Iran geführte Milizen im Irak 2020 US-Stützpunkte und die US-Botschaft in Bagdad angriffen, schaltete das US-Militär Irans Top-Terroristen Qasem Soleimani per Drohnenschlag aus und sendete ein klares Signal nach Teheran. Ein Zeichen, dass die USA gegen Angriffe auf die eigenen Truppen und Bürger eben gerade unverhältnismäßig reagieren werden.

Kaum vorstellbar allerdings, dass Biden so weit gehen würde. Er ist in der selbstgebauten Zwickmühle: Auf der einen Seite muss er sein Wahlkampfversprechen umsetzen, den Atom-Deal mit den Mullahs wiederzubeleben, auf der anderen Seite bedrohen Irans Schergen im Irak und anderswo US-Truppen und Personal in einem Ausmaß, das er nicht unbeantwortet lassen kann. Und so verscherzt er es sich entweder mit bürgerlichen Wechselwählern oder mit seiner pseudopazifistischen Kernwählerschaft.

Dieser Artikel von Sebastian Thormann erschien zuerst auf TichysEinblick.


Düsseldorfer Aberwitz: Stehenbleiben wird verboten

Von Elisa David | Es dürfte der sonnigste Februar seit Jahren sein. Nach der Kälte zu Anfang des Monats, kann ich jetzt ohne Jacke draußen herum laufen und ich habe bei mir sogar schon die ersten Sommersprossen entdeckt. Es ist wunderschön – es ist angenehm frisch draußen, die Vögel zwitschern, man kann die ersten Frühblüher bewundern und die Luft duftet nach Frühling. Frische Luft war mal gut für das Immunsystem. Aber das war einmal, zu einer Zeit bevor Karl Lauterbach dazu geraten hat, eine Brille zu tragen, weil sich das Corona-Virus rein theoretisch auch über die Augen übertragen ließe (Ironie aus).

Entspanntes Spazieren gehen und einfach mal tief frische Luft durchatmen ist nicht mehr. In meiner Heimatstadt in Lübeck kann man sogar nicht wenige beobachten, die lieber auf die Straße springen, statt an einem vorbei zu laufen. Auch ohne Maskenpflicht tragen vor allem alte Leute freiwillig draußen eine Maske. Hier in Berlin hingegen halten sich kaum noch Menschen daran. Ähnlich dürfte es auch in Düsseldorf gewesen sein. Denn dort, will die Stadt beobachtet haben, wie viele Menschen in der Altstadt und am Reinufer unterwegs waren – und es sogar gewagt haben, für längere Zeit dort zu verweilen. Das geht natürlich gar nicht. Deshalb führt man dort jetzt kurzerhand ein „Verweilverbot“ für die Altstadt ein. Dieses Verbot betrifft längeres Stehenbleiben, Hinsetzen und das Hinlegen auf einer Wiese und gilt Freitags ab 15 Uhr und Samstags und Sonntags ab 10 Uhr. Man soll also im Grunde mit Maske bewaffnet schnell durchhuschen, ja niemandem begegnen, bloß keine Frischluft, bloß nicht zu viel Sonnenlicht.

Man weiß nicht mehr, was man dazu sagen soll. Wie züchte ich eine für Krankheiten anfälligere Gesellschaft? Nun, ich verbiete Ihnen rauszugehen, Freizeit ist unwichtig. Dann verbiete ich Sport. Als nächstes verbiete ich selbst an der frischen Luft, das Einatmen besagter Luft, wer Sauerstoff haben will, soll zu Hause lüften. Das Privileg, Sonnenlicht auf der Haut zu spüren, gewähre ich nur denen, die einen triftigen Grund vorweisen können, warum es nicht anders geht. Und dann, wenn ich den Menschen jegliche Lebensqualität und Freude geraubt habe – dann sage ich ihnen, dass sie positiv denken sollen. Ich kann es wirklich nicht mehr fassen. Als ich vor ein paar Tagen zum ersten Mal zu einem blauen Himmel und Vogelgewitscher aufgewacht bin, konnte ich förmlich fühlen, wie es mir besser ging.

Seitdem mache ich in allen Räumen wie aus Reflex immer wieder das Fenster auf. Es zieht mich nach draußen. Strecken, die ich sonst mit dem Fahrrad oder Moped gefahren wäre, will ich jetzt zu Fuß gehen. Niemand kann mir sagen, dass es falsch ist, diesen Bedürfnissen – die man ja nicht ohne Grund hat – nachzugehen. Ich bin kein Experte, aber trotzdem davon überzeugt, dass es meiner Gesundheit nicht schaden wird. Aber bitte, die Regierenden sind bekanntlich die Fachleute, es ist bestimmt viel schlauer, den Menschen jetzt das Stehen zu verbieten. Klingt ganz so, als hätten wir alles im Griff.

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Bikini-Verbot in Katar: Beachvolleyballerinnen zeigen mehr Rückgrat als ihr Verband

Von Larissa Fußer | Endlich ist es soweit: die Welt scheint wieder aus der Corona-Schockstarre zu erwachen. In Neuseeland finden Rockkonzerte mit Zehntausenden Zuschauern statt und auch größere Sport-Events werden wieder geplant. Ende Januar verkündete der Weltvolleyballverband FIVB, dass die die FIVB World Tour, eine interkontinentale Turnierserie für Beachvolleyballer, schon im Februar und März diesen Jahres in Doha stattfinden wird. Die Besonderheit: Nach sieben Männerturnieren in Folge sind bei dem Event in Katar nun erstmals auch Frauen-Wettkämpfe geplant. Es ist erst das zweite Mal, dass ein Frauen-Turnier auf der arabischen Halbinsel stattfindet – das erste wurde 2008 in Dubai ausgetragen. 

Beachvolleyball in Katar? Wo Frauen normalerweise vollverschleiert sind, sollen sich nun schwitzende Frauen in knappen Bikinis Bälle zuspielen? Nicht ganz. Die Regierung des Emirats, das auch immer wieder wegen der Unterstützung islamistischer Vereinigungen in der Kritik ist, hat vorgesorgt: Niemand in dem muslimischen Land soll durch zu viel weibliche Haut verärgert werden. So teilte vor Kurzem der Volleyballverband allen antretenden Sportlerinnen mit, dass sie bei diesem Turnier in langen Klamotten spielen sollen – aus Rücksicht auf die Kultur und Tradition des Landes. Statt kurzem Sport-Bikini sind diesmal T-Shirts und knielange Hosen angesagt.

Doch da wollte das deutsche Beachvolleyball-Duo Julia Sude und Karla Borger nicht mitmachen. Als die Sportlerinnen von der Kleider-Verordnung erfuhren, sagten sie kurzerhand ihre Teilnahme am Turnier ab. Borger erklärte: „Unser Sport ist verdammt anstrengend. […] Wir passen uns in jedem Land an, wo wir können. Aber wir sind es einfach nicht gewöhnt, bei solchen Temperaturen mit dieser Kleidung zu spielen.“ Bei erwarteten Temperaturen von 30 Grad verständlich. Dafür wird den Frauen im Netz jetzt Rassismus vorgeworfen, „Armselig“ schreibt ein Nutzer. 

Arye Sharuz Shalicar, deutsch-persisch-israelischer Publizist und Autor von „Der neu-deutsche Antisemit: Gehören Juden heute zu Deutschland?“, kommentierte die Absage auf Twitter: „Diese zwei Sportlerinnen haben mehr Rückgrat, als viele ‚feministische‘ Politikerinnen, die sich problemlos Frauenfeindlichen Vorschriften unterordnen.“

Er spielt damit vermutlich auf Claudia Roth (Grüne) an, die bei ihrem Iran-Besuch 2015 lächelnd ein Kopftuch trug. Oder auf Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU), die 2018 verkündete, dass Burkinis im Schwimmunterricht in Schulen schon in Ordnung seien. 

Man schaue sich an, was die Sportlerinnen beim letzten Frauen-Volleyball-Turnier in Dubai anhatten (hier gibts Fotos). Die glücklichen Siegerinnen aus den USA trugen bei der Medaillenvergabe etwas Bodenlanges, das ein bisschen aussah wie zu lange Fußballer-Trikots mit langen Ärmeln.  

Dieses Siegerbild wirkt wie ein Kompromiss, wo es keinen Kompromiss geben sollte, nämlich wo es um die Selbstbestimmung von Frauen über ihren Körper geht. Es wäre die Aufgabe des Verbandes gewesen, in Katar ein aufgeklärtes Frauenbild zu verteidigen. Der Verband hätte dafür kämpfen müssen, dass seine Sportlerinnen auch in einem muslimisch geprägten Land die knappe Sportbekleidung tragen können, die für Beachvolleyball optimal und üblich ist. Egal, was einheimische Frauen in Katar sonst tragen müssen und egal, wer sich in Katar dadurch unanständig erregt oder provoziert fühlt.

Dies hat der FIVB offensichtlich versäumt. Von deutschen Politikern wird er dafür nicht gerügt – devotes Verhalten gegenüber autoritären Regimen ist schon lange Gang und Gäbe. Man denke nur an Merkels Auftreten gegenüber Erdogan oder an Maas‘ Nachgiebigkeit angesichts des iranischen Atomprogramms. Deutsche Sportverbände bemühen sich offenbar ebenso wenig wie deutsche Politiker die Werte des freien Westens hoch zu halten. Gut, dass zumindest zwei deutsche Sportlerinnen es tun! 

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Fatale Linke Corona-Politik: Bekommt Kalifornien jetzt einen republikanischen Gouverneur?

Von Sebastian Thormann | Während die Republikaner auf Bundesebene gerne als völlig zerrüttete Partei dargestellt werden, regieren sie auf Staatsebene vielerorts erfolgreich, mit konservativen Gouverneuren, die ohne große Kontroversen liefern: Greg Abott in Texas oder Doug Ducey in Arizona etwa. Jetzt aber machen sich einige von ihnen in einem ungewöhnlichen Staat Hoffnungen: Kalifornien.

Der Westküstenstaat ist eigentlich schon lange eine linke Hochburg. Vorbei sind die Zeiten eines Gouverneurs Ronald Reagan aus den 60ern. Die Democrats kontrollieren beide Kammern des Staatsparlaments und mit Gouverneur Gavin Newsom die Staatsregierung. Die jahrzehntelange linke Einparteienherrschaft hat dem Staat aber wohl nicht gutgetan: In die Höhe schnellende Lebenshaltungskosten, Obdachlosen-Zeltstädte unter fast jeder Brücke rund um L.A., hohe Steuern und ein laxer Umgang mit Kriminalität haben für viele zu einer rapide fallenden Lebensqualität geführt. In den letzten Jahren gab es daher einen regelrechten Exodus aus dem “Golden State” gen Osten nach Arizona, Texas oder Florida. Der kalifornische Traum, für viele ausgeträumt.Der Umgang mit dem Coronavirus hat dabei noch eins drauf gesetzt. Viele Selbstständige, Kleinunternehmen und Restaurants wurden vom harten, kalifornischen Lockdown schwer getroffen. Und als dann rauskam, dass Gouverneur Newsom mit Freunden in Luxus-Restaurants feierte, während er seinen Bürger den Restaurantbesuch verbat, brachte das bei vielen das Fass zum Überlaufen. Mehr als eine Million Unterschriften wurden nun schon für seine Abwahl gesammelt, die Bewegung nimmt Fahrt auf.

Es fehlen nur noch wenige Unterschriften um eine Abstimmung über eine sog. Recall Election zu erzwingen. Und ein prominenter Herausforderer bringt sich schon in Stellung: Kevin Faulconer, bis vor Kurzem Bürgermeister der Millionen-Metropole San Diego, ist im Staat als moderater Republikaner bekannt. Er ist ein Kandidat, der weit mehr als nur den harten Kern der Republikaner für sich gewinnen könnte und die Situation in einer Recall-Election macht es einfacher – auf ähnliche Weise gewann damals auch Arnold Schwarzenegger.

In einer Recall-Election müssen Wähler auf dem Stimmzettel zunächst die Frage beantworten, ob der aktuelle Gouverneur abgewählt werden soll. Bejahen das mehr als 50% dann kommt es auf die zweite Frage, die des Nachfolgers an, in der Kandidaten aller Parteien direkt gegeneinander um den Posten des Gouverneurs antreten: Hier gewinnt bereits der Kandidat mit den meisten Stimmen, eine relative Mehrheit reicht. Aktuell stellt sich die demokratische Partei aber voll hinter Newsom, sollte er abgewählt werden, gäbe es keinen prominente Democrat, hinter dem sich die Parteianhänger versammeln können. Die Stimmen könnten unter vielen unbekannten Kandidaten aufgeteilt werden.

Wenn die republikanischen Wähler und andere Enttäuschte sich aber gemeinsam konsequent hinter Faulconer stellen, könnte er als Nr. 1 hervorgehen – selbst ohne absolute Mehrheit. Nun, das ist alles nicht ausgemacht, denn damit es soweit kommt, müsste Newsom zunächst einmal von der Mehrheit abgewählt werden, was sicher ein harter Weg ist – schwer, aber nicht unmöglich. Eins ist aber klar, eine Recall-Election mit einem moderaten Republikaner als Herausforderer, das sind die besten Chancen, die die Republikaner im Westküstenstaat haben und zwar seit langem. Wenn sie genügend Unterschriften bekommen, stellt sich nur noch die Frage: Sind noch genügend republikanische und unabhängige Wähler da, für Faulconers Versprechen eines “kalifornischen Comebacks” oder sind zu viel davon schon in Arizona und Texas?

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Das zweite Impeachment-Verfahren gegen Trump im Überblick

Von Sebastian Thormann | Im Washington hat das zweite Impeachment-Verfahren gegen den ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump begonnen. In den letzten Tagen seiner Präsidentschaft hatte das US-Repräsentantenhaus Anklage gegen Trump erhoben, das Verfahren im US-Senat, in dem über Verurteilung oder Freispruch entschieden wird, wurde nun unter Biden aufgenommen. Aber eine der wichtigsten Fragen zuerst lautet, ist das Verfahren überhaupt verfassungsgemäß?

Dazu muss man wissen, dass ein Amtsenthebungsverfahren in den USA ein explizit politischer Prozess ist, der keinerlei Einfluss auf eine strafrechtliche Verfolgung nach Amtsende hat. Aus einer Verurteilung im Senat folgt nur die Amtsenthebung und die Option der Ämtersperre auf Bundesebene. Eine Amtsenthebung eines Präsidenten, der das Amt bereits verlassen hat, ist natürlich vor allem symbolischer Natur, die Ämtersperre ist das einzige Element, das in diesem Fall tatsächlich eine reale Auswirkung hätte.

Die Verfassung selbst verliert kein Wort zum Impeachment ehemaliger Amtsträger, das Argument der Gegner ist damit simpel: Wenn es nicht in der Verfassung steht, geht es nicht. Der konservative Jurist John Yoo etwa argumentiert genau damit und verweist auch darauf, dass nun ein Senator dem Verfahren vorsitzt und nicht der Vorsitzende Richter des Supreme Court – wie für amtierende Präsidenten vorgeschrieben. An einer Stelle interpretieren die Impeachment-Befürworter damit “Präsident” in der Verfassung als ehemaliger Präsident, an anderer Stelle als amtierender Präsident.

Anhänger wie der konservative Ex-Staatsanwalt Andy McCarthy argumentieren hingegen, der Präsident könne sich nicht durch Rücktritt oder Amtsende aus der Verantwortung stehlen, insbesondere wenn die Anklage im Repräsentantenhaus bereits geschehen ist. Sie verweisen auf entsprechende Regelungen zum Impeachment ehemaliger Amtsträger in den US-Staaten vor Verabschiedung der US-Verfassung und der Tatsache, dass dies in der angelsächsischen Rechtspraxis gängig war, etwa im damals prominenten englischen Impeachment-Verfahren gegen den Ex-Generalgouverneur Britisch-Ostindiens, Warren Hastings. Ein solche Impeachment-Möglichkeit sei damit vorgesehen.

Im US-Senat stimmte nun eine Mehrheit dafür, dass Verfahren als verfassungsgemäß zu behandeln, neben den Demokraten auch sechs Republikaner. Jetzt dreht sich alles um den Anklagepunkt. Laut US-Verfassung kann ein Präsident wegen “Verrat, Bestechung oder anderer schwerer Verbrechen und Vergehen” angeklagt werden. Letzteres wird ihm nun vorgeworfen. Das Hauptargument dreht sich darum, dass Trump den Mob seiner Anhänger, der das Kapitol stürmte, angestiftet hat.

Erfolg gilt als ausgeschlossen

Auch hier stellt sich eine grundsätzliche Frage: Hat er mit seiner Rede am 6. Januar eine Straftat begangen? Auch wenn die Rede aggressiv war – freie Rede ist in den USA besonders geschützt. Und er hat nicht zu Gewalt aufgerufen.

Die Grundsatzentscheidung des Supreme Court im Fall Brandenburg gegen Ohio verlangt, zur strafrechtlichen Verfolgung müssten Äußerungen “darauf abzielen, unmittelbar bevorstehende gesetzlose Handlungen anzuregen oder hervorzurufen” und “wahrscheinlich sein, solche Handlungen anzuregen oder hervorzurufen”. Trump verwendete zwar aufgeladene Sprache, rief allerdings in der Rede explizit dazu auf, sich friedlich zu verhalten. Außerdem begannen einige Gewalttaten am Kapitol wohl schon, während Trump noch redete. Sicherlich hat er die Stimmung aufgeheizt. Dass er allerdings zu “unmittelbar bevorstehender” Gewalt aufrief und zusätzlich jedem klar war, dass die Äußerungen zu Gewalt führen würden, dürfte kaum nachzuweisen sein, schließlich schien auch kaum jemand mit der Gewalt gerechnet zu haben.

Da das Impeachment am Ende ein politisches Verfahren ist, könnte er theoretisch trotzdem verurteilt werden. Die Entscheidung liegt ganz bei den Senatoren, die als Geschworene agieren. Ihr Urteil kann nicht vom Supreme Court überprüft werden und nimmt kein strafrechtliches Urteil vorweg. Während die Anhänger des Impeachments hier argumentieren, in so einem Verfahren seien niedrigere Hürden als in einem strafrechtlichen Verfahren vor Gericht notwendig, halten dem die Gegner die Gefahr eines Präzedenzfalls zu Ungunsten der Meinungsfreiheit entgegen. Eines der wichtigsten Argumente der Anhänger ist es, dass sich der Kongress als Verfassungsorgan gegen Trumps mögliche Unterlassung, das Kapitol zu schützen, verteidigen muss. Ob Trump die Sicherheitsbehörden aber tatsächlich behinderte, wie gern behauptet wird, und was in der Befehlskette an dem Tag vorging, wurde bisher nicht öffentlich rekonstruiert, bleibt größtenteils im Dunkeln und wurde in der verabschiedeten Anklageschrift nicht behandelt.

Eine Verurteilung Trumps ist am Ende unwahrscheinlich. Bereits jetzt halten nur sechs Republikaner das Verfahren überhaupt für verfassungsgemäß, 17 von ihnen müssten aber für eine Verurteilung stimmen, die nämlich eine Zwei-Drittel-Mehrheit benötigt. Das gilt als ausgeschlossen.

Beide Seiten wollen außerdem das Verfahren in wenigen Tagen über die Bühne bringen. Die Republikaner haben keine Lust sich noch ewig mit dem ehemaligen US-Präsidenten zu beschäftigen. Die Demokraten haben unzählige Nominierte für Ämter in Bidens Regierung, die noch auf eine Bestätigung des Senats warten. Am Ende wird Trump sich durch den Freispruch als Sieger präsentieren, und die Demokraten alle Republikaner, die mit Nein stimmen, als Trumps Büttel darstellen. Was die Senatoren von Trumps Verhalten am 6. Januar und dem rechtliche Rahmen auf der anderen Seite halten, wird am Ende kaum jemanden interessieren.

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Juso-Vorstandsmitglied in Berlin phantasiert über Erschießen von Jungen Liberalen und Vermietern

Von Max Roland | Eigentlich sieht Bengt Rüstemeier nicht wirklich gefährlich aus. Der schmächtige Brillenträger ist im erweiterten Landesvorstand der Jusos Berlin, studiert Jura an der Humboldt-Universität Berlin und ist sehr besorgt, wenn es um das „Patriarchat“, „systemischen Sexismus“ und andere angeblich inhärente -ismen in unserer Gesellschaft geht. So hat er in seinem Uniparlament die Regel durchgedrückt, dass Debatten beendet werden, wenn nicht auch mindestens eine Frau spricht. „Wenn sich keine Frau meldet, darf niemand mehr reden, auch kein Mann“, erklärt er zufrieden dazu. Doch das sind nur erste Schritte: „Was wir an den Unis erreichen, kommt bald in der Gesellschaft an. Wir müssen nur konsequent weitermachen“. Er will es wissen, schmalschultrig die Revolution stemmen.

Doch im Internet zeigt Rüstemeier ein anderes Gesicht als das des „woken“, „problembewussten Mannes“ neuen Typs, der „marginalisierten Menschengruppen“ als „Verbündeter“ dient. Dort verbreitet er das, was in anderem politischen Kontext gerne als „Hass und Hetze“ betitelt wird, gibt sich Phantasien zu regelrechten Gewaltorgien hin und wünscht Menschen quer durch die Bank den Tod. Jüngst twittert der Juso, „codiert“ durch verschiedene Satzzeichen und Symbole, „jungliberale Erschießen wann?“. Mit diesem durch Satzzeichen und Symbole verschlüsselten, dennoch für alle klar verständlichen Tweet zog er die Aufmerksamkeit so mancher Medien auf sich, unter anderem der BZ, die seine Äußerung treffend als „irre Mordphantasien“ einordnete. Rüstemeier erklärte am Samstag, er habe „nie die Erschießung von Julis gefordert“ und löschte den Tweet – aber das Internet vergisst nicht, und so sind Screenshots dieses und anderer Gewaltaufrufe leicht aufzufinden. Das seien allerdings alles als „Witz“ gemeint gewesen, sagt er, und als Jurastudent stellt er fest, dass seine Aussagen sowieso nicht „justiziabel“ seien.

Doch nicht nur Jungliberale würden sich wohl eine Kugel fangen, wenn Rüstemeier erstmal „konsequent weitermacht“: Auch „Vermieterschweine“ könnten sich direkt in einer Reihe aufstellen, denn sie zu erschießen könnte „hilfreich sein“. Und sollte Amazon-Milliardär Jeff Bezos einmal „den Folgen einer Sprengstoffverletzung“ erliegen, käme der Student nicht umher, „klammheimliche Freude“ zu verspüren. Auch das sind wahrscheinlich rückwirkend „Witze“.

An der Humboldt-Universität, wo er sogar im akademischen Senat sitzt, sieht man bis dato offenbar noch keinen wirklichen Anlass, ihn zu disziplinieren. Die Berliner Jungsozialisten haben Rüstemeier inzwischen aufgefordert, seine Ämter niederzulegen. Dieser Aufforderung soll der 21-Jährige auch entsprochen haben. Landessekretär Arne Zillmer bezeichnete die Tweets als „untragbare Entgleisung“. „Wir möchten betonen, dass wir uns als Jusos Berlin an vielen Stellen gegen Gewalt und Hatespeech engagieren – im Netz und offline“. Auch der SPD-Landesvorstand wolle die Hassphantasien Rüstemeiers am Montag in einer Sitzung thematisieren. Die JuSo-Hochschulgruppe distanzierte sich zunächst auf Facebook, löschte den Post jedoch kurze Zeit später wieder. Andere Jusos teilen auf Twitter Rüstemeiers Phantasien: „Ich lese nur konkrete Lösungsansätze zur Bekämpfung der Gentrifizierung“, kommentierte ein Mitglied aus Berlin-Mitte.

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Psychisch kranke Kinder leiden besonders unter dem Lockdown

Von Pauline Schwarz | Seit Monaten werden die deutschen Bürger gemahnt: Haltet euch ja artig an die Corona-Beschränkungen, sonst wird unser Gesundheitssystem kollabieren. Wenn das passiert, sterben Menschen – und ihr seid schuld. Obwohl die Auslastung der Intensivbetten seit April letzten Jahres nie ernsthaft Anlass zur Sorge gab, wurden die Ängste der Bevölkerung von Politik und Medien immer weiter geschürt. Vor allem durch das Horrorszenario schlechthin: Eine Triage in Krankenhäusern.

Der Begriff beschreibt ein Auswahlverfahren in Notfall- oder Katastrophen-Situationen. Wenn sämtliche Kapazitäten aufgebraucht sind, muss das medizinische Personal unter Zeitdruck entscheiden, wer eine lebensrettende Behandlung erhält und wer leer ausgeht – und damit unter Umständen sterben muss. Während bei uns noch die erste, und von der Klinik nicht bestätigte Meldung eines solchen Falles in Zittau diskutiert wird, ist die Triage in Österreich schon längst an der Tagesordnung – allerdings werden keine Beatmungsgeräte knapp, sondern Behandlungskapazitäten für psychisch kranke Kinder- und Jugendliche.

Laut einem Bericht des österreichischen Senders „ORF TV“ ist die Zahl der Patienten in der Kinder- und Jugendpsychiatrie des Wiener AKH seit Jahresbeginn so rapide angestiegen, dass nur noch die aller dringendsten Fälle stationär aufgenommen werden können. Die Ärzte sind gezwungen zwischen den kleinen Patienten zu selektieren, was bedeutet, dass ein großer Teil der behandlungsbedürftigen Kinder ganze drei Monate auf einen Platz warten muss. Das klingt im ersten Moment vielleicht gar nicht so lang, ist für jemanden mit akutem Leidensdruck aber unerträglich – vor allem aus den Augen eines Kindes und mit Blick auf ihre psychosoziale Entwicklung. Zumal die Kleinen nicht nur unter ein bisschen mehr Stress oder Stimmungsschwankungen leiden, sondern unter schweren Depressionen, akuter Selbstmordgefahr und schweren Essstörungen. Betroffen sind dabei „vor allem Kinder aus stabilen familiären Verhältnissen, die vor einiger Zeit noch völlig gesund waren“.

https://twitter.com/tomdabassman/status/1354530451080282118?ref_src=twsrc%5Etfw%7Ctwcamp%5Etweetembed%7Ctwterm%5E1354530451080282118%7Ctwgr%5E%7Ctwcon%5Es1_&ref_url=https%3A%2F%2Fwww.tichyseinblick.de%2Fmeinungen%2Fueberlastung-der-kinder-und-jugendpsychiatrie%2F

Paul Plener, der Abteilungsleiter der psychiatrischen Station, berichtete der kleinezeitung.at außerdem, dass sich der drastische Anstieg solcher Symptomatiken eindeutig auf die Schulschließungen und die soziale Isolation zurückführen lasse. Seiner Ansicht nach rutschen die Kinder durch diesen Verlust in eine Abwärtsspirale. Die ersten Folgen sind Depressionen, Antriebslosigkeit, Erschöpfung und ein gestörtes Essverhalten. Schon im ersten Lockdown sollen viele der betroffenen Kinder zum Beispiel aktiv versucht haben abzunehmen, um daheim nicht dick zu werden. Selbst ganz junge Kinder, im Alter von 8-12 seien betroffen. Ihnen und allen anderen fehlen strukturierte Abläufe, Bewegung und zum Teil auch Sonnenlicht. Der Mediziner fordert deshalb, die Schulen möglichst schnell wieder zu öffnen.

Laut Kanzler Kurz‘ Plan ab dem 8. Februar, dem anvisierten Ende des harten Lockdowns, „alles [zu] öffnen, was nur irgendwie zu öffnen geht“, besteht für die Kinder in Österreich diesbezüglich vielleicht eine kleine Hoffnung. Die Stimmung in unserer Regierung lässt dagegen leider nichts Gutes erwarten. Dabei gibt es meines Erachtens keinen Grund anzunehmen, dass deutsche Kinder auch nur einen Deut weniger unter dem Lockdown und der Schulschließung leiden.

Schon im Juli wurden erste Studien veröffentlicht, die eine ähnliche Verschlechterung des psychischen Gesundheitszustandes andeuten. Die COPSY-Studie kam laut RKI zu dem Ergebnis, dass etwa 40 Prozent der 11-17 Jährigen eine geminderte Lebensqualität angeben, bei 31 Prozent aller 7-17 Jährigen konnten deutliche psychische Auffälligkeiten festgestellt werden (ein Plus von 13 Prozent in Bezug auf die Referenzdaten). Ängste, emotionale Probleme und psychosomatische Beschwerden, wie ungeklärte Kopf- und Bauchschmerzen, nahmen ebenfalls zu. Eine Befragung von 150 Kinderärzten der Pronova BKK stützt die Ergebnisse dieser Studie. 89 Prozent von ihnen berichteten über einen Anstieg von psychischen Problemen, 37 Prozent diagnostizierten eine Zunahme körperlicher Beschwerden und 4 von 5 Ärzten beobachten Entwicklungsverzögerungen. Die Ursachen schätzten die Pädiater ähnlich wie ihr Wiener Kollege Plener ein: fehlende Tagesstruktur, Isolation, Konflikte in den Familien und mangelnde Freizeitmöglichkeiten neben Handy- und Computerkonsum.

Das alles ist jetzt ein halbes Jahr her. Seitdem sitzen wir alle – groß und klein – im zweiten Lockdown, sehen der nächsten Verlängerung entgegen und müssen darum zittern, ob wir im Sommer vielleicht mal wieder einigermaßen normal vor die Tür gehen dürfen. Diese Ungewissheit macht schon vielen Erwachsenen genauso zu schaffen, wie die Kontaktverbote und die Stilllegung jedes noch so kleinen Fünkchens normalen Lebens. Das gilt für Kinder und Jugendliche erst recht.

Nachrichten über die medizinische Situation jenseits von Covid-Infektionen dringen derzeit jedoch nur schwer an die Öffentlichkeit und machen daher auch regierenden Politikern nur geringe Sorgen. So ging zum Beispiel die Nachricht fast völlig unter, dass im ersten Lockdown sämtliche Patienten der geschlossenen psychiatrischen Stationen in Berlin rein provisorisch und quasi über Nacht entlassen wurden.

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Sollten Sie das Gefühl haben, dass Sie Hilfe benötigen, kontaktieren Sie unbedingt die Telefonseelsorge. Unter der kostenfreien Rufnummer 0800-1110111 oder 0800-1110222 bekommen Sie Hilfe von Beratern, die Ihnen Hilfe bei den nächsten Schritten anbieten können. Hilfsangebote gibt es außerdem bei der Stiftung Deutsche Depressionshilfe und der Deutschen Gesellschaft für Suizidprävention. Im Netz gibt es – Beispielsweise bei der Stiftung Deutsche Depressionshilfe – auch ein Forum, in dem sich Betroffene austauschen können.


Von der Leyen gesteht Fehler, will aber nicht daran schuld sein

Von Air Türkis | Die Impfstoffbeschaffung der EU war ein Desaster. In früheren Zeiten erwarteten die Öffentlichkeit und die Parteifreunde nach verheerenden politischen Fehlern den Rücktritt. Aber das gilt nicht mehr (es sei denn man hat sich von einem AfDler wählen lassen). Ursula von der Leyen hat es verbockt. Selbst Jens Spahn befürchtete das und wollte eine nationale Impfstoffbeschaffung starten – doch die Bundeskanzlerin pfiff ihn zurück. Von der Leyen hatte volle Rückendeckung aus Berlin und ist voll mit dem Kopf gegen den Schrank gelaufen. Nun stellt sich ihr die Frage: Wie damit umgehen? Entschuldigen?

Merkel hat es sich einfach gemacht: „Im Großen und Ganzen ist nichts schief gelaufen“. Die meisten anderen Regierenden sprechen in ähnlicher Weise davon, dass heute nicht die Zeit für Schuldzuweisungen wäre. Und morgen natürlich auch nicht. Und außerdem sei schließlich, wie Spahn sagte, das Virus der Gegner. Also nicht von der Leyen oder andere politische Verantwortliche.

De EU-Kommissionspräsidentin hat sich schließlich entschieden, den Fehler einzugestehen, aber ohne dafür um Entschuldigung zu bitten. Wie das geht? So:

„Mir ist bewusst, dass ein Land ein Schnellboot und die EU eher ein Tanker sein könnte. Wenn wir einen Vertrag abschließen, brauchen die Mitgliedstaaten weitere fünf Tage, um ‚Ja‘ zu sagen – und das sind fünf Tage, fünf Arbeitstage.“ Damit will Von der Leyen uns wohl sagen: Die EU war’s, also nicht ich persönlich. Und dann ergänzt sie noch: „Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass der europäische Ansatz der richtige ist.“

Gegenüber der Süddeutschen Zeitung erklärte von der Leyen zum Aufbau von Produktionskapazitäten: „Das hätten wir früher machen können“. Aha, hätten wir gekonnt. Offenbar wollte man aber nicht. „Wir hätten früher wissen müssen, dass es bei diesen neuen Verfahren zu Beginn eine Achterbahnfahrt geben wird, bevor man einen stabilen Prozess erreicht. Dafür kann man uns kritisieren.“

„Rückblickend hätten wir stärker parallel über die Herausforderungen der Massenproduktion nachdenken müssen.“ Allein: Dafür, dass nicht über die Herausforderungen der Massenproduktion (oder gleich der industriellen Revolution?) herumphilosophiert wurde – dafür hat von der Leyen nun wirklich keiner kritisiert. Es geht darum, dass zu wenig eingekauft wurde. Weil man monatelang um Peanuts herumdiskutiert hat und sich nicht damit auseinander setzen wollte, welche Impfstoffe vielversprechend sind und welche nicht. Dass BionTech ein aussichtsreicher Kandidat wird, war schon im Frühsommer klar, und dass hier Produktionskapazitäten in Europa fehlen, auch. Aber auf eine Order von BionTech wollte man anfänglich trotzdem ganz verzichten.

Der erste Schritt um Vertrauen wieder herzustellen, wäre eine Entschuldigung, in der die Fehler deutlich benannt werden, statt Strohmänner aufzustellen und diese dann demonstrativ mit Spiritus zu übergießen.

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Was kommt nach der Maskenpflicht im Auto?

Von Elisa David | Letzten Dezember habe ich die steile These aufgestellt, dass diejenigen, die alleine im Auto Maske tragen, auch alleine im Bett mit Kondom schlafen. Was von vielen mit Humor genommen wurde, hat aber auch nicht wenige dazu angestiftet, wirre Nischenszenarios zu erfinden, in denen es logisch wäre, mit Maske alleine im Auto zu sitzen. Damit dass sich manche angegriffen fühlen würden, habe ich gerechnet. Womit ich nicht gerechnet habe: dass der Berliner Senat sich davon inspiriert fühlen würde. Denn der hat in einer Sitzung am Dienstag einige Regelungen der Corona-Verordnung abgeändert. Und so wurde tatsächlich eine Maskenpflicht im Auto beschlossen. (Und ich dachte die Rodelpatrollie der Polizei wäre eine absurde Nachricht gewesen…)

Die Maskenpflicht bezieht sich allerdings nur auf die Beifahrer und nur solche, die nicht mit dem Fahrer im gleichen Hausstand leben. Wenigstens etwas Vernuft, ich fand Paare die alleine mit Maske auf der Staße herumlaufen, schon immer seltsam. Wenn die glauben, sie könnten sich gegenseitig anstecken, tragen sie wahrscheinlich selbst im Bett kein – naja, Sie wissen schon. Also gut, jetzt also mit Maske im Auto – die Fahrer werden sich freuen. Kommentare wie „Die Ampel war jetzt aber dunkelgelb“, „Grüner wird´s nicht“, „Nein, auch Fahrradfahrer sind Menschen, halt gefälligst an“, „Nein das Lied mag ich nicht, mach was anderes an“, „Nein das auch nicht, kennst du mich denn gar nicht?“, „Du weißt genau, dass ich in den Wechseljahren bin, schalt die Heizung runter!“ oder „Weiber und einparken, hätte ich mir nicht beim Stepptanzen den Fuß verletzt, würde ich es selbst machen“ werden Sie hinter der Maske ganz einfach als stumpfes Mampfen ausblenden können. Und der Beifahrer hat eine Ausrede, die Nase zu verdecken, wenn das Auto nach Käsefüßen riecht.

Ich denke, ich kann mir den Teil sparen, in dem ich ausführe, warum es gerade nicht praktisch, oder in irgendeiner Weise logisch ist, eine Maskenpflicht im Auto festzulegen. Mich würde nur interessieren, ob das denn auch kontrolliert wird. Eine Fahrzeugkontrolle, bei der alle ihre Stammbäume und Mietverträge vorzeigen müssen. Mir war gar nicht bewusst, dass die Polizei in Berlin so wenig zu tun hat, dass man schon Arbeitsbeschafungsmaßnahmen an den Haaren herbeiziehen muss. Allerdings wird wohl tatsächlich viel wegfallen, wenn die SPD erstmal Clankriminalität abgeschafft hat.

Als nächstes kommt nun wahrscheinlich die Maskenpflicht im Wohnzimmer, wenn man Besuch hat. Einige meiner Nachbarn setzen das tatsächlich bereits um. Kontrollieren müsste das dann aber nicht die Polizei, es gibt genug alte einsame Frauen, die den ganzen Tag nichts besseres zu tun haben, als am Fenster zu hocken und die Bewohner auf der anderen Straßenseite zu beobachten. Jutta Ditfurth könnte man mal Fragen, ob sie sich zur Verfügung stellt. Schließlich hatte sie zu Weihnachten nichts besseres zu tun, als zu überwachen, wie viele ihrer Nachbarn selbst zu Corona nichts wie weg von dieser Nachbarschaft wollten. Wer kann es ihnen verübeln. Nur frage ich mich eins: Wird die Automaskenpflicht nur bei fahrenden Autos überprüft? Oder auch bei stehenden, wackelnden? Frage für den Valentinstag.

Dieser Artikel von Elisa David erschien zuerst auf TichysEinblick.


Merkel und ihre letzten Tage im Kanzleramt

Von Air Türkis | Angela Merkels unfassbarer Satz: „Solange es nach wie vor so ist, dass nur ein kleiner Teil der Menschen geimpft ist, wird es keine neuen Freiheiten geben.“

In der Welt der Kanzlerin dreht sich offen alles um die Suche nach Vorwänden für den anhaltenden Lockdown. Nachdem der R-Wert, die Inzidenz und nun selbst die Mutante sie im Stich lassen – was bleibt der armen Frau da noch? Es muss etwas neues her, ein Wert, an den man die Corona-Politik koppeln kann, der aber endgültig von dieser nervigen Realität entkoppelt ist. 

Na klar: die Impfquote. Sie ist ideal, Frau Bundeskanzlerin kann sie ganz nach Belieben bestimmen. Die Corona-Politik, aus sich selbst heraus begründet – endlich. Und so hat das Impfversagen doch seinen positiven Effekt – für die Kanzlerin zumindest. 

Merkel gleicht mit ihrer politischen Kommunikation einer Rabenmutter, die die Weihnachtsgeschenke vergessen hat und ihren Kleinen daher erzählt, der Weihnachtsmann hätte einen Rentier-Unfall über Madagaskar gehabt und komme daher erst zu Silvester. Die Geschenke sind die bürgerlichen Freiheitsrechte. Und Merkel ist die Freiheits- und Grundrechte-Verschenkerin. „In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden“, heißt es zwar in Artikel 19 des Grundgesetzes. Aber Merkel hat in ihrer Ausgabe womöglich hinzugefügt: „ – es sei denn die Bundeskanzlerin hält es für nötig“. Es ist eine bezeichnende Form von Größenwahn, die Merkel hier offenbart.

Aber es ist ein Größenwahn im Endstadium. Der jüngste Satz reiht sich ein in andere Merkel-Sätze: „Warum können wir die Reisen nicht verbieten?“ Sie bekomme dann immer „die auf ehemalige DDR-Bürger gemünzte Antwort, dass wir ein freies Land sind“, sagte sie erst vor kurzem. Zuvor wollte Merkel den öffentlichen Nahverkehr dichtmachen und flächendeckend Ausgangssperren verhängen – was ihr nicht gelang. Stunde um Stunde musste sie eine ihrer ultra-harten Forderungen nach der anderen zurücknehmen und Stunde um Stunde wurde sie aggressiver. Sie polterte und schimpfte, dass sie sich nicht anhängen lasse, Kinder zu quälen, aber nicht mal ihre Ministerpräsidenten hielten ihr die Stange. Immer wieder pocht sie auf die Gefahr der Mutante, die ihren Schrecken einfach nicht offenbaren will. Immer enger wird Merkels Expertenkreis. Es wird einsam um sie. Und sie wirkt immer planloser. 

Jetzt der Impfgipfel – das Ergebnis? Selbst der Spiegel betitelte ihn als „Placebogipfel“. Das einzige Ergebnis, so scheint es: Es wurde festgestellt, dass es einen Mangel gibt und man nichts tun kann. Eine Beruhigungspille für den Bürger, die wohl nur mäßig wirken kann.

Als sich das Heck des sinkenden Schiffes bereits in den Himmel erhebt, erklären die Kapitänin und ihre Offiziere auf der Brücke der Mannschaft und den Passagieren, dass das alles nur die Schuld der Reederei sei, die sie nicht mit einem U-Boot ausgestattet hat. Dass Schiffe sinken, sei ja nun mal normal, dafür könnten sie ja nichts.

Bei Merkel gesellt sich zu Hybris nun Ohnmacht – die Mischung dürfte auch für eine seit 15 Jahren amtierende Bundeskanzlerin eine Nummer zu stark sein. Sie wirkt nicht mehr wie die kühle Lenkerin, die im Hintergrund alles in den Händen hält, die die Demokratie bisweilen als Farce erscheinen lässt. Sie wirkt angeschlagen. Je weniger sie hinkriegt, desto wirrer werden ihre Äußerungen. Ihr entgleiten die Dinge, sie entgleitet sich selbst. 

Dieser Artikel von Air Türkis erschien zuerst auf TichysEinblick.