Archiv: September 13, 2021

Enteignung um jeden Preis – die krummen Aktionen von „Deutsche Wohnen&Co enteignen“

Von Pauline Schwarz | Erst vor wenigen Tagen demonstrierten tausende Menschen unter dem Motto „Wohnen für Alle: Gemeinsam gegen hohe Mieten und Verdrängung!“ in Berlin gegen den seit langem angeprangerten „Mietenwahnsinn“. Die etwa 7.000 Teilnehmer forderten eine Abkehr von der Berliner Wohnungspolitik und das bedeutet neben dem Mietendeckel vor allem eines: Große Immobilienkonzerne flächendeckend zu enteignen. Dieser feuchte sozialistische Traum, jemandem einfach sein Eigentum wegzunehmen und es an andere „gerecht“ umzuverteilen, droht nun am 26.09.2021 traurige Realität zu werden. Dank der fleißigen Arbeit der Initiative „Deutsche Wohnen & Co enteignen“ stimmen die Berliner am Tag der Bundestagswahl per Volksentscheid ab – auf dem Spiel stehen mehr als 200.000 der 1,5 Millionen Mietwohnungen in ganz Berlin. 

Jedem Menschen, der am 26. September sein Kreuz gegen zu hohe Mieten setzen will, sollte aber klar sein, auf wessen Initiative und dank welcher Motive und Mittel, wir nun das Vergnügen haben, über anderer Leute Eigentum zu entscheiden. Die linken – bis teilweise wohl linksextremen – DW-Enteignen-Aktivisten laufen nicht nur mit „Ganz Berlin hasst die Deutsche Wohnen“-Sprechchören durch die Straßen, sowie sie es von ihrer Mutterorganisation der Antifa gelernt haben. Einige Enteignungsverfechter zeigten schon Ende letztes Jahr, dass ihnen jedes Mittel recht ist, um ihr Anliegen durchzusetzen.

Mir ist bei der Arbeit damals ein Schreiben der Deutschen Wohnen in die Hände gefallen, dass mich stutzig machte. Im ersten Moment dachte ich noch: Na toll, jetzt ist es geschehen – das Immobilienunternehmen hat sich dem öffentlichen Druck gebeugt und sich selbst als ausbeuterischer Miethai an den Pranger gestellt. Doch schon nach ein paar Sekunden wurde mir klar, dass ich der Deutschen Wohnen unrecht getan hatte. Unbekannte Aktivisten hatten völlig ahnungslosen Mietern großflächig gefälschte Schreiben in den Briefkasten gesteckt – mit potentiell gravierenden Folgen. 

Der auf den 27.11.2020 datierte Brief, sah auf den ersten Blick täuschend echt aus: Ein formelles Schreiben mit original Logo, Adresse und der echten Telefonnummer des Kundenservices. Nur der Text verriet, worum es sich hier wirklich handelte und welchem Milieu die Verfasser zuzuordnen sind: 

„Sehr geehrte Mieter*innen, heute möchten wir uns ausnahmsweise mit einer guten Nachricht an Sie wenden. Die Pandemie trifft uns alle sehr hart und vielen unserer Mieter*innen sind wichtige Einnahmen ausgeblieben. Wir bei der Deutsche Wohnen konnten jedoch weiterhin große Gewinne machen und haben uns deshalb entschlossen, Ihnen etwas zurück zu geben. Es scheint absurd, dass Sie mehr als ein Drittel Ihres wohl verdienten Geldes an uns überweisen müssen, während bei uns nur die Buchhalter*innen und Sekretär*innen wirklich arbeiten 😉 Schon seit Jahren verlangen wir zu viel Geld von Ihnen und hätten schon wesentlich eher auf sie zukommen müssen. Endlich haben wir, in diesen sentimentalen Zeiten, unser Herz entdeckt und wollen Ihnen ein paar Brotkrumen vom Tisch fallen lassen. Schon bald werden wir ihre Miete drastisch senken und die Dachbodenetage so umbauen, dass sie dort regelmäßig Sitzungen ihres neuen Hausrates abhalten können! Ist das nicht supidupi?!“.  

Auf der zweiten Seite, die „wichtige Informationen zur Transformation der Eigentumsverhältnisse auf dem Wohnungsmarkt“ enthalten sollte, folgt die Bestätigung des allzu Offensichtlichen. Der Mieter wurde dazu aufgefordert sich zu informieren und zu organisieren, wenn er AUCH keine Lust mehr hat „sich von geldgierigen Kapitalist*innen ausnehmen zu lassen“. Es folgen einige Informationen zum Mietendeckel und zuletzt noch ein entscheidender Satz: „Wenn Sie mithelfen möchten, die Wohnungen in Berlin wieder zurück unter öffentliche Kontrolle und in gemeinschaftliche Verwaltung zu holen, enteignen sie uns doch gleich!“. 

Die unbekannten Verfasser verkauften das vor Propaganda nur so triefende Schreiben in der Fußzeile (ganz klein: auf Arabisch, Türkisch, Englisch, Polnisch, Russisch und Bosnisch) zwar als Satire, die potentiellen Konsequenzen waren und sind für die Deutsche Wohnen UND für ihre Mieter aber alles andere als lustig. Grade alte, unter Umständen labile oder psychisch beeinträchtige Mieter – also eben die Armen und Schwachen, die man angeblich schützen will – könnten diesen schlechten Scherz für bare Münze genommen haben und wirklich denken, dass ihre Miete gesenkt wird oder dass sie sich auf elendig lange Bauarbeiten einstellen müssen. Mögliche Folgen sind Unsicherheit, Ängste und Wut, wenn die Freude über die angebliche Mietsenkung bitter enttäuscht wird. Damit könnte es den Aktivisten also gelungen sein, bislang völlig unbehelligte Bürger gegen ihren Vermieter aufzubringen und die Gesellschaft so immer tiefer zu spalten. 

Die Deutsche Wohnen wurde derweil wahrscheinlich von Anfragen ihrer Mieter überflutet und musste dementsprechend ein Vielfaches an Zeit, Geld und Personal aufwenden, um die Angelegenheit richtig zu stellen. Als ich das gefälschte Schreiben an das Immobilienunternehmen geschickt und um Klärung gebeten habe, musste ich mehr als einen Monat auf die Antwort warten, dass es sich wirklich um eine Fälschung handelt, bereits rechtliche Schritte eingeleitet wurden und das Vorgehen zur Strafanzeige gebracht wurde. Auch das wird die meisten Mieter aber wahrscheinlich wenig beruhigt haben – wer sagt einem denn, dass die nächste Mieterhöhung oder die Änderung von Kontodaten nicht wieder von einem Betrüger stammen? Die Unsicherheit könnte sogar soweit führen, dass manche Leute ihre Miete nicht mehr bezahlen und so völlig unnötig Schulden anhäufen.

Dieser Brief war also keine rein gesellschaftskritische Satire. Die Verfasser nahmen den potentiell immensen Schaden der Mieter als Bauernopfer bewusst in Kauf, um ihren Klassenkampf gegen Unternehmen wie die Deutschen Wohnen voran zu bringen. 

Jetzt stehen die Berliner vor der Wahl: Wollen sie solche dubiosen Anliegen wirklich unterstützen und den Heilsversprechen der Enteignungs-Aktivisten blind Glauben schenken oder gibt es selbst in unserer rot-grün regierten Stadt noch eine Mehrheit von Menschen, die etwas von Recht und Gesetz halten?  


Die Mädchen und ihre Papageien – Warum trauen sich Jungs nichts mehr?

Von Selma Green | Sie nannten es Aufklärung, doch bei mir sorgte es für Verwirrung. Bis zur sechsten Klasse war das Thema der verschiedenen sexuellen Orientierungen für mich eher eine Grauzone. Für mich existierten allenfalls Jungen, wegen denen sich alle Mädchen gegenseitig die Augen auskratzten, oder auch die “gemeinen” Jungs, die der kleinen Selma ihre Spielzeuge klauten.

Das Thema habe ich in der sechsten Klasse im Aufklärungsunterricht näher behandelt. Dazu gehörten auch Workshops. In denen erzählten uns die meist homo- oder bisexuellen Leiter von den zig verschiedenen sexuellen Orientierungen und ließen mich  etwas verwirrt und überfordert zurück. Warum man jetzt bi-, a- oder homosexuell sein sollte, habe ich nicht verstanden. Ich bin davon ausgegangen, dass mich das Thema in der Zukunft nicht weiter beschäftigen wird.

Für mich blieb es dabei: Die Jungs dürfen die Mädchen necken und der Zickenkrieg um den attraktivsten Jungen geht weiter. Wie dem auch sei, in meiner Generation blieb es nicht für alle dabei: Denn unter den Mädchen ist nicht mehr der attraktivste Junge DAS Thema, sondern wie sexistisch die doch sind, und die Jungs schweigen lieber, als die Mädchen zu necken. Sich entgegengesetzt zum eigenen Geschlecht zu verhalten oder sich als bisexuell zu bezeichnen, ist nämlich Mode geworden – das klingt jetzt etwas komisch…naja das ist es auch. 

Die Mädchen müssen wie Jungs sein und umgekehrt. Die Jugendlichen kleiden sich anders: Die Haare und die Augen sind durch eine Fischermütze verdeckt, ein bunter oder zumindest bedruckter Pulli hängt locker über eine Jeanshose an dessen Hosenbeinen abschließend ein Paar schmutzige, weiße Turnschuhe zu sehen sind. Als Accessoir verwenden viele eine Bauchtasche, in der sich eine Zigarettenschachtel und ein Feuerzeug verstecken. Die Jacken variieren zwar, jedoch sind alle einer Stilrichtung zuzuordnen, dem Ich-bin-professionelle-Obdachlose-Stil. So kleiden sich die Mädchen….und die Jungen. Hinzu kommt, dass sich viele Mädchen die Haare kürzen und die Jungs dafür immer seltener zum Friseur gehen. Röcke oder Kleider werden an den Mädchen ungern gesehen. Ich muss mindestens 10 mal hingucken, um zu erkennen, ob das Wesen da vor mir ein Junge oder ein Mädchen ist.

Dabei ging es im Kindergarten doch nur darum: Wer hat das hübscheste Kleid? Wer ist die schönste Prinzessin? Auch jetzt trage ich gern Röcke und Kleider. Ich fühle mich gut und hübsch darin. Außerdem möchte ich ja auch etwas Aufmerksamkeit des anderen Geschlechts auf mich ziehen. Mit Pullis und Hosen sehe ich doch wie ein geschlechtsloser Waschlappen aus. Wahrscheinlich ist das das Ziel: Jungs dürfen Mädchen nicht mehr hübsch finden. Aber ich finde es schön, meine Beine durch Röcke und Kleider zu präsentieren und sie nicht in irgendwelchen lockeren Hosen zu verstecken. Und als wäre die Mode nicht schon verwirrend genug, verändert sich das Verhalten und die Beziehung unter den Jungen und Mädchen. Anstatt mich oder andere Mädchen zu necken, sind die meisten Jungs still und schüchtern. Andere Jungs fangen an, sich mit Mädchen zu “befreunden”. Darunter verstehen sie das Auftragen von Gesichtsmasken und Mitfiebern beim Germanys Next Topmodel – Finale. Ich bekomme entweder eifriges Genicke von der einen Seite oder Schweigen von der anderen. Die meisten Mädchen werden lauter und überheblicher und warten doch nur auf eine Reaktion des anderen Geschlechts – vergebens. Mit der Zeit wird es ganz schön langweilig. Warum trauen sich die Jungs nichts mehr? “Auf der neuen Schule herrscht ein deutlicher Jungs-Überschuss”, war mein erster Gedanke nach meinem Wechsel von einem normalen Berliner Gymnasium auf ein Gymnasium mit mathematisch-naturwissenschaftlichem Profil. Dort besteht meine Klasse aus 22 Jungen und 5 Mädchen. Dabei kommt es auch mal vor, dass ein Junge die Mädchen mit der Jungsumkleide verwechselt oder mit auf Höhe der Brust ausgestreckten Armen „aus Versehen“ gegen ein Mädchen rennt. Es bleibt immer etwas aufregender.

Vor allem wenn man anstatt eifrigem Genicke auch mal ein: „Hä, was laberst du da?“ zu hören bekommt. Die Jungs sind etwas aufgeweckter und weniger verklemmt. Sie reißen Witze und Sprüche. Sie trauen sich sogar, mich “rassistisch“ zu verarschen:  Anders als meine Sitznachbarin, eine typische, deutsche Kartoffel, bin ich eher eine deutsche Bratkartoffel.  Jedenfalls fanden es mal zwei Jungs spannender, mich und meine Sitznachbarin während des Unterrichts mit Stiften abzuwerfen, als zu lernen. Wie Dartpfeile richteten sie die Stifte auf uns, ganz konzentriert und viel ruhiger, als ich sie gewohnt bin. Der eine Junge musterte mich, als berechne er die genaue Flugbahn und Kraft, die er aufwenden müsse, wie ein Dart-Profi. Während er mich mit seinem Blick fixierte, murmelte er zu seinem Freund: „Mal sehen… wer ins Schwarze trifft”. Nach diesem Satz spürte ich einen kurzen Pieks am Rücken und hörte noch ein “Yesss”. Im Gegensatz zu meiner alten Klasse, die aus 16 Mädchen und 15 Jungen bestand. Dort waren die Jungs immer still und schüchtern. Ich habe so gut wie nichts von den Jungs mitbekommen. Nach einem Jahr konnte ich mir vage ihre Namen merken. Also lautet mein Gedanke: Sind die Jungen in der Überzahl, sind sie gegenüber den Mädchen weniger scheu.

Vielleicht liegt es auch an der Erziehung der Jungen und der Gesellschaft. Unter den Mädchen wird jede kleine Spitzfindigkeit als sexistisch und als in der Gesellschaft nicht duldbar gesehen. Dass ein Mann einer Frau hinterherpfeift, zählt zu einem dieser “sexistischen” Verbrechen. „Die sollten besser erzogen werden“, meinte eine Klassenkameradin. Die meisten Mädchen träumen von einem Jungen, der brav ist, bloß nichts Falsches sagt, ihnen bei allem zustimmt und am Wichtigsten: keine anderen Mädchen ansieht.

Solche Jungs gibt es auch schon. Das ist doch total langweilig. Dann kann ich mir genauso gut einen Papageien anschaffen, der mir jeden Tag in die Ohren krächzt, ich sei klug und hübsch. Ich stelle es mir mit der Zeit echt nervig vor. Erstens bin ich ja schon brav, da ist ein genauso braver Junge nicht interessanter. Zweitens ist mir ein Junge, der mir überall zustimmt, total unsympathisch. Ist das seine eigene Meinung, oder möchte er so dringend mit mir bei Allem übereinstimmen? Wenn ein Junge nicht mit anderen Mädchen flirtet, frage ich mich: “Ist der überhaupt interessiert an Mädchen?” Ich habe ein paar Eltern solcher Jungs kennengelernt. Die Väter hatten einen Kleidungsstil wie Hein Blöd aus Käpt’n Blaubär und oft weniger zu sagen. Die Mütter wirkten immer etwas dominanter auf mich. Mir ist aufgefallen, dass die Jungs in Serien und Filmen oft dargestellt werden, wie sie sich viele Mädchen wünschen: Der Junge in der Serie ist natürlich immer verständnisvoll und treu. Das finde ich anstrengend und öde, weil man weiß, dass der Junge das Mädchen nie betrügen wird. Das ist doch nicht mehr spannend. Hat seine Freundin in der Serie Probleme oder schlechte Gefühle muss er ihr einreden, wie toll sie ist. Damit geht es der Freundin besser, und sie sagt nochmal, wie verliebt sie in ihren Freund ist. So etwas will ich doch gar nicht von meinem Freund hören.

Mir wäre diese Situation total unangenehm. “Denkt der etwa, ich wüsste nicht, dass ich toll bin?” und “Redet da gerade mein Freund oder meine Mutter mit mir?”, würde ich mich fragen. Ich finde Jungs viel interessanter und aufregender, wenn sie nicht nach jeder Pfeife tanzen, mal frech sein können, mit Mädchen schäkern und mir widersprechen. An Jungs mag ich es, wenn sie gerade nicht wie Mädchen ordentlich sind, sondern sich raufen oder anders als Mädchen bei manchen Themen weniger emotional und sozial als sachlich argumentieren. Oder wenn Jungs auf kindische Ideen kommen und es damit endet, dass sich ein Junge im Sportunterricht zwischen Wand und Matratze quetscht, und die anderen drei Jungs sich abwechselnd gegen die Matratze werfen, und man als Mädchen zuerst versucht zu erklären, dass das doch weh tun muss, die Jungs darauf mit einem “Nö” antworten, und man am Ende daneben steht und nur noch kichert. Oder wenn Jungs versuchen Mädchen zu beeindrucken und in der Pause Armdrücken machen. Oder wenn Jungs während des Unterrichts lustige Kommentare in den Raum werfen, und selbst der Lehrer schmunzeln muss. Und dass ich, auch wenn ihre Witze noch so schlecht sind, fast immer darüber kichern muss.


Leistung im Deutschen Sport: wir glänzen nur noch mit Haltung, nicht mit Medaillen

Von Larissa Fusser | Haben Sie die diesjährigen Olympischen Spiele in Tokio verfolgt? Nein? Kein Wunder – es war wohl die langweiligste Ausgabe des Sportevents seit langem. Zuschauer waren wegen Corona nicht erlaubt – weder bei den Wettkämpfen noch bei den Eröffnungs- und Abschlussfeiern. Die Japaner versuchten durch computeranimierte Special-Effects wie Olympische Ringe aus Feuerfunken zumindest den Zuschauer im Fernsehen von dem tristen Anblick abzulenken – ohne Erfolg. Noch enttäuschender war die Medaillenbilanz der deutschen Sportler. Mit 10 Gold-, 11 Silber- und 16 Bronzemedaillen waren wir diesmal so schlecht wie seit der Wiedervereinigung nicht mehr. Statt mit sportlicher Leistung glänzten die Deutschen lieber mit etwas anderem: der „richtigen“ Haltung. Einer der „Höhepunkte“ war das neue Outfit der deutschen Turnerinnen.

Es war weltweit in den Medien: als einziges Team sind die deutschen Sportlerinnen im Turn-Wettkampf mit einem knöchellangen Ganzkörperanzug angetreten, anstatt sich in dem üblichen knappen, Badeanzug-ähnlichen Turnoutfits zu präsentieren. Internationale Medien, unter anderem die „New York Times“, feierten die Athletinnen dafür – viele Zeitungen stilisierten diese Kleideränderung gar zum Kampf gegen Sexismus. Dabei ging es den Sportlerinnen um etwas anderes. 

Knappe Outfits haben im Turnsport Tradition. Üblich sind sogenannte Leotards, also enganliegende Einteiler, die in der Leiste sehr hoch geschnitten sind – ähnlich wie bei 70er-Jahre Bikinis. Das bisschen Stoff zwischen den Beinen muss viel aushalten – die Turnerinnen strecken auf dem Barren unter anderem breitbeinig ihr Becken in die Luft und direkt in die Kamera der Fotografen. Damit nichts verrutscht und unliebsame Einblicke vermieden werden, kleben die Frauen üblicherweise den Stoff zwischen ihren Beinen mit Klebstoff fest. Kurze Hosen über den Bodys zu tragen, ist laut Kleiderordnung nicht erlaubt. Lange Hosen allerdings seit 2009 schon – bisher wurden diese Ganzkörperanzüge allerdings nur von muslimischen Frauen aus „religiösen Gründen“ getragen. Das deutsche Frauen-Turnteam war bei den Turn-Europameisterschaften im April diesen Jahres das erste Team, dass ohne religiöse Motivation das Outfit wechselte – und war schon damals weltweit deswegen in den Medien.

Nun sind die deutschen Turnerinnen auch bei den Olympischen Spielen in ihren langen Gymnastikanzügen angetreten – mit großem medialen Echo. Die Schlagzeilen lasen sich zum Teil wie Kampfschriften. „Meine Haut gehört mir“, schrieb DIE ZEIT; STERN und andere Medien, darunter auch die New York Times, sprachen von einem „Zeichen gegen Sexualisierung“. Der Turn-Sport sei nach wie vor zu sehr auf männliche Blicke ausgerichtet, konnte man da lesen. Während männliche Sportler je nach Disziplin lange oder kurze Hosen tragen dürfen, sind bei den Frauen knappe Outfits der Standard. Statt für ihre sportliche Leistung beurteilt werden – so der Usus in der Berichterstattung – seien Turnerinnen genötigt, mehr durch ihr Aussehen, als durch ihr Können zu überzeugen. Das Ganzkörper-Outfit sei ein Protest gegen die Sexualisierung des Frauensports und für den Fokus auf die sportliche Leistung der Frauen.

Die Sportlerinnen selbst erklärten ihren Kleiderwechsel anders. Elisabeth Seitz, eine der Kunstturnerinnen, erläuterte im Interview mit „Eurosport“, dass es den Frauen vor allem um die Wahlfreiheit des Outfits ginge. „Wir wollen zeigen, dass der Turnsport wunderschön ist und dass es dabei nicht darum geht, was man trägt. Das Wichtigste ist, dass sich die Turnerin wohlfühlt“, sagte die 27-jährige. Obwohl die langen Anzüge schon länger erlaubt sind, werden sie faktisch kaum getragen – das setze manche Turnerinnen unter Druck, die kurzen Outfits zu anzuziehen, obwohl sie sich darin unwohl fühlen. Das, so Seitz, wollen die deutschen Turnerinnen ändern.

Team-Kollegin Sarah Voss, die gerade mal 21 Jahre alt ist, erklärte im April in einem Interview mit der WELT, dass auch die Angst vor peinlichen Bildern im Internet eine Rolle spiele. Sie fühle sich manchmal „wie auf dem Präsentierteller“, wenn sie bei den Übungen die Beine spreizt und die Fotografen „ihren Job machen“. In den langen Outfits wiederum fühlen sich die jungen Sportlerinnen machmal wohler, gerade wenn sie ihre Periode haben oder aus anderen Gründen mal unzufrieden mit ihrem Körper sind. Zum Kleiderwechsel, so Voss, sei es dadurch gekommen, dass eine der Sportlerinnen bei den Turniervorbereitungen zur Trainerin gesagt habe, dass sie sich in den kurzen Outfits „fast nackt“ fühle. Daraufhin sei der neue Anzug entworfen worden.

Mit einem Protest gegen Sexismus habe das Ganze aber nichts zu tun. Voss erklärte: „Sexismus ist ein großes Wort, hat eine enorme Bedeutung. Das kann man nicht einfach so auf eine Sportart übertragen, die viel mit Ästhetik und Bewegung arbeitet. […] Wir wollten […] nicht sagen: So sollte jetzt jede antreten, damit wir alle nicht nur auf unseren Körper reduziert werden.“ Außerdem könne man „nicht das Weibliche aus dieser Sportart herausnehmen“.

Was die Medien als Kampf gegen Sexismus feierten, schien mit nüchternem Auge betrachtet nicht mehr als Unsicherheit junger Sportlerinnen mit ihrem Körper zu sein. Doch die Debatte um das „Wohlfühlen“ im Leistungssport ist nicht weniger befremdlich als die feministischen Parolen der Medien. Seit wann muss sich ein Leistungssportler „wohlfühlen“? Man stelle sich nur mal vor, ein Profi-Fußballer würde um bequemere Fußballschuhe bitten, damit er sich „wohler“ fühlt. Oder um eine Pinkelpause vor dem Elfmeter, damit der Harndrang ihn nicht vom Torschießen ablenkt. Ihm wäre das Gelächter tausender Fans sicher.

Im Leistungssport geht es eben nicht um‘s Wohlfühlen. Es geht darum, körperliche Höchstleistungen zu bringen – das ist der Job des Sportlers. Sein „Gefühl“ dabei sollte Nebensache sein. Ein Chirurg zieht ja auch nicht im OP plötzlich seine Handschuhe aus, weil die Hände darunter unangenehm schwitzen – stattdessen ist er damit beschäftigt, möglichst keine Organe oder Gefäße zu verletzen.

Doch wie sich schon bei der Fußball-Europameisterschaft gezeigt hat, scheint es in Sportturnieren zunehmend nicht mehr um Leistung zu gehen. Wichtiger sind Haltungsdemonstrationen, wie das Niederknien für George Floyd unserer Fußball-Nationalmannschaft oder nun eben „Ganzkörperanzüge zum Wohlfühlen“. Nur für Medaillen reicht es bei den ganzen Statement-Aktionen nicht mehr. Weder unsere Fußballer bei der EM, noch unsere Turnerinnen bei Olympia haben es auf’s Treppchen geschafft. Das neue Motto des deutschen Sports scheint zu sein: Wer braucht schon Titel, wenn er sich mit der richtigen Haltung rühmen kann. Der olympische Kampfgeist aber bleibt dabei auf der Strecke.


Unsere Autorin Pauline Schwarz zu Gast bei der Talkshow „Tichys Ausblick“!

Es sind nur noch knapp über zwei Wochen bis zur Bundestagswahl. Lange gab es nicht mehr so viele Krisen auf einmal: Corona, die Überflutung im Ahrtal, massiv steigende Kriminalität, das Scheitern des Westens in Afghanistan und die damit verbundene Gefahr einer nächsten Flüchtlingswelle. Nach 16 Jahren Kanzlerschaft von Angela Merkel gäbe es in Deutschland einiges aufzuräumen und zu ändern. Doch die Kanzlerkandidaten Laschet, Baerbock und Scholz scheinen lieber darum zu konkurrieren, wer die beste Alternativ-Merkel ist. Roland Tichy lud deswegen am Donnerstag in seiner Talkshow „Tichys Ausblick“ zum Gespräch über die anstehende Wahl ein – Thema: „Umbruch nach der Wahl oder wird einfach weiter gemerkelt?“.

Mit dabei – „Trommelwirbel“ – unsere Apollo-Autorin Pauline Schwarz! Außerdem:  der ehemalige Fernsehmoderator Peter Hahne und die ehemalige DDR-Bürgerrechtlerin und Bundestagsabgeordnete Vera Lengsfeld. 

In der 50-minütigen Talkrunde gab Pauline dabei vor allem eines: Pfeffer. 

Da wird schon mal Roland Tichy mit einem höflichen „Nichts für ungut“ an sein Alter erinnert, als er Pauline provozierend fragt, ob wir jungen Leute mit unseren Corona-Sorgen vielleicht einfach zum empfindlich seien: „Leute […] in Ihrem Alter […] haben ihr ganzes Leben schon gelebt. Die sind normal aufgewachsen, ohne den Corona-Wahn, ohne den Klima-Wahn, die konnten normal rausgehen, die konnten feiern gehen, die konnten sich ausprobieren, in den Urlaub fahren. All das wird den [jungen] Leuten jetzt verwehrt. Und das macht die Kinder kaputt.“

Pauline stellt außerdem klar, dass wir jungen Leute uns nicht mit den Hampelmännern von Fridays For Future identifizieren: „Zur Generation Greta möchte ich sagen, dass die nicht existiert. Es gibt einen linken Mainstream und es gibt viele ideologisch verblödete junge Leute. Aber die Generation Greta wird von Erwachsenen generiert.“ In Wirklichkeit, so Pauline, werde die Jugend bevormundet: „Wir sind jetzt die Generation Greta, wir sind jetzt die Rebellen. Wer hat sich das eigentlich ausgedacht. Hat sich überhaupt jemand dafür interessiert, ob wir das wollen?“.

Auch an der Grünen Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock wird kein gutes Haar gelassen. Denn Pauline wohnt im grün regierten Kreuzberg – direkt am Görlitzer Park. „Ich weiß, was es bedeutet, wenn man als junge Frau ständig bedroht ist“, sagt Pauline. Schon als Kind sei sie von Drogendealern belästigt und sogar begrapscht worden. „Ich fühle mich nicht von Frau Baerbock repräsentiert, weil sie sich nicht für mich einsetzen würde.“ Denn die Grünen nehmen die Dealer in Schutz, weil sie Flüchtlinge seien. Pauline meint: „Es interessiert [die Grünen] überhaupt nicht, ob da Frauen und Kinder bedroht werden, aber das ist massiv so.“

Neugierig geworden? Die ganze Sendung könnt ihr hier sehen: https://youtu.be/JjmGJHeY5b4


Unser Jungautoren-Workshop. Wir gestalten einen Abschnitt des nächsten „Tichys Einblick“-Magazins!

Habt ihr genug von Online-Unterricht und Netflix? Wollt ihr endlich mal wieder aus dem Alltagstrott heraus und zusammen mit anderen jungen Leuten schreiben und diskutieren? Dann haben wir was für euch: Nach langer Corona-Pause findet diesen Sommer endlich unser nächster Jungautoren-Workshop in Zusammenarbeit mit „Tichys Einblick“ statt!

Vom 20. bis 22. August treffen wir uns in einem Hotel im Berliner Raum – und starten mit einer großen Premiere! Zum ersten Mal gestalten wir selbst einen zwölfseitigen Abschnitt für die nächste Print-Ausgabe von Tichys Einblick. Angeleitet von erfahrenen Journalisten werdet ihr Artikel schreiben, bearbeiten und nach und nach die Heftseiten erarbeiten. Unter anderem mit dabei: die renommierten Publizisten Roland Tichy, Vera Lengsfeld und Josef Kraus.

Über drei Jahre machen wir von Apollo News nun schon Nachwuchsförderung für junge Journalisten. Seit einem Jahr arbeiten wir erfolgreich mit Tichys Einblick zusammen. Zehn unserer Autoren schreiben inzwischen regelmäßig für TE, bei Apollo sind wir sogar über zwanzig. Gemeinsam sorgen wir dafür, dass es eine bürgerliche Alternative zu den links-grünen Jugendmagazinen der Mainstream-Medien gibt!

Das beste: Für unseren nächsten Termin gibt es noch ein paar freie Plätze! Wer also journalistisches Interesse hat und bei uns mitmachen möchte, kann sich gerne noch bis zum 12. August bei uns bewerben. Auch Autoren ohne Schreiberfahrung sind willkommen! Interessenten schreiben einfach eine E-Mail an larissa.fusser@apollo-news.net. Wir schicken dann gerne alle weiteren Infos zu.


Wenn Mimosen unterrichten – drei Arten von unfähigen Lehrern

Von Selma Green | “Lehrer” ist DAS Themen unter uns Schülern. Welcher Lehrer bewertet total unfair? Wer macht den besten Unterricht? Fast jede Pause – sobald der Lehrer das Klassenzimmer verlässt – fliegen Namen durch das Klassenzimmer: “Mathe mit Frau B.!” “Frau N. ist viel netter!” “Die hat doch nicht mehr alle Tassen im Schrank!” “Mehr, als Herr R.”. Oft kommen wir zu dem Schluss, dass die älteren DDR-Lehrer tatsächlich den besten Unterricht machen – obwohl man hier nicht nur schlechte Noten sondern auch gelegentlich mal einen Schlüsselbund abbekommen kann, wenn man nicht aufpasst. Das will schon was heißen. Im Gegensatz zu ihnen verzweifeln die jungen Lehrer mit ihren Klangschalen und Lautstärkeampeln.

Doch die Schlüsselwerfer gehen jetzt so nach und nach in Rente – jetzt ist der Nachwuchs dran. Das läuft – wie man sich vielleicht vorstellen kann – nur mäßig gut. Ich unterteile die jungen Lehrer in drei Typen. Die meisten gehören zu dem nervigen “bitte-habt-mich-auch-lieb”-Lehrertyp :
“Ich dachte ihr seid hier eine Eliteschule!”,schimpft unsere asiatische Englischlehrerin Frau N., – so aufgelöst hatten wir sie noch nie -“da hat mich doch wahrhaftig vorhin ein Schüler angesprochen, ob ich denn mit meinen Augen richtig sehen könne!” Ihr Gesicht wurde ganz rot und ihre Augen noch kleiner, als sie vor versammelter Mannschaft anfing zu weinen. “Ich dachte hier gibt es keinen Rassismus. Schon früher hat man mich…(blablabla)”, erzählte sie.

In diese Situation sind wirklich eigentlich nur gekommen, weil einer meiner Klassenkameraden zu seinem Nachbarn meinte, dass Frau N. nie die Hausaufgaben kontrollieren würde – es stimmte. Sie hat das mitbekommen und wollte mit uns darüber reden. Da sie nicht sonderlich gut mit Kritik umgehen kann, schweifte sie vom Thema ab und nun stand sie schluchtztend vor uns. Alle müssen natürlich Mitleid mit ihr haben. Ihre Bemühungen, dass auch jeder Schüler sie mag, waren immer groß. Sei es das Basteln von komischen Karten für alle 27 Schüler oder das Verteilen von Süßigkeiten zu irgendwelchen chinesischen Feiertagen. Frau N. ist vielleicht gut in Englisch nur erzählt sie uns stattdessen lieber von ihrem Privatleben. Ich kann nun zwar keine Essays schreiben aber immerhin eine Biografie über meine Englischlehrerin.

Ein zweites sehr passendes Beispiel ist eine ehemalige Französischlehrerin. Ihr Äußeres erinnerte immer an den Stereotyp einer Zigeunerin: die ungekämmten Haare, improvisiert mit einem Haargummi zu einem Pferdeschwanz gebunden, das farbenfrohe, lockere Hemd reingesteckt in einen langen, grauen Rock der auf dem Boden schleift und schließlich die ausgelatschten Lederschuhe. Ein dicker, brauner Gürtel mit einer riesigen silbernen Gürtelschnalle darf da natürlich nicht fehlen. Sie guckt immer etwas hilflos und bedürftig. So kommt Frau B. jeden Freitag mit ihren Arbeitsblätter und einem bunten Ball in unseren Klassenzimmer. Wenn sie schon die grölenden Jungsgruppen in meiner Klasse erblickt, machte sie ein Gesicht, als müsse sie kotzen.

Unsicher wirft sie den Ball in die Menge und jeder soll auf Französisch sagen, wie er heißt. Wenn während des Unterrichts niemand auf sie hört, stellte sie sich beleidigt vor das Smartboard und schielte überfordert in die Menge. Manchmal gibt sie noch ein leises „Warum seid ihr so gemein zu mir?” von sich. Es kam soweit, dass sie sich aus Verzweiflung, an einen Tisch eines Schülers setzte. Dort warf sie dessen Federmappe und Hefter auf den Boden. Der Stuhl musste auch dran glauben. Sie wollte uns zeigen, wie anstrengend wir doch sind. Zwei Schüler übernahmen das Unterrichten. Nun versuchten diese die Klasse, einschließlich der trotzigen Lehrerin, ruhig zu stellen. Das war dann auch unsere letzte Stunde bei Frau B..

Nicht jeder Lehrer ist so schnell am Boden zerstört. Die Lehrer, die mit den Klangschalen nicht weiterkommen, spielen die “Kumpel-Karte”. Dafür gilt: coole Sprüche bringen, nicht zu streng sein, spielen und nur gute Noten vergeben. Das erklärt auch meine 1 in Geographie – erwartet jetzt nicht, dass ich sagen kann, wo China liegt.
Im Gegenteil dazu gibt es noch den sehr, fast zu, anspruchsvollen Lehrertyp. Diese Lehrer verfahren immer in zwei Schritten: Der erste Schritt besteht darin, den Schülern etwas Material und ein paar leichte Aufgaben zu einem neuen Thema zu geben – soweit so gut. Oft steht auch Gruppenarbeit auf der Agenda, bei der man weniger produktiv sein muss. Dazu kommt das spielerische Lernen, ohnehin anspruchsloser Themen. So verbringen die Lehrer die Stunden, die für die Schüler als entspannte “Spielstunde” wirken. Im nächsten Schritt aber fahren sie ihre Geschütze auf und bombardieren die Schüler mit Klassenarbeiten und darin versteckten Mammutaufgaben und dazu ein hohes Bewertungsraster in dem die Note 1 nicht zu erträumen ist.

Die Schüler werden einfach – wie soll ich es bloß sagen – von den Lehrern verarscht:
In der dritten Klasse lernte ich: “Schreibe so, wie du hörst.”. Folglich sahen dann die Sätze meines Aufsatzes in der fünften Klasse so aus: Der prinnz, und, Die prinnzesin küsten sich. Daneben prangt die in rot, fett hingeklatschte Note Vier. Bei mir haben sie noch ein Auge zugedrückt. Aber meiner Sitznachbarin haben sie dafür eine Lese-Rechtschreibschwäche verpasst, um ihre 4- zu erklären. Man könnte sagen, diese Sorte Lehrer will die gleiche Disziplin und guten Ergebnisse wie die strengen DDR-Lehrer sie erreichen, nur sind sie zu faul auch was dafür zu tun. Also hat man als Schüler nur die Wahl: entweder man bringt sich den Stoff selbst so gut bei, als hätte man das Fach studiert und lernt Gedankenlesen, damit man weiß, was der Lehrer gerne lesen würde – oder man hat halt eine schlechte Note. Ein gutes Beispiel ist hier mein Chemielehrer in der Siebten Klasse. Wir hatten nur selten bei Herrn M. Unterricht. Dieser bestand auch nur aus Experimentieren und weniger Theorie.
Der Lehrer wirkte immer lustig und “voll gechillt”- wie er sich beschreiben würde. Doch Herrn M.s Klassenarbeit war eine Atombombe und da ich nicht Marie Curie bin, hatte ich eine der 12 Vieren.


Ich bin auf einem der, vom Abiturschnitt, besten Berliner Gymnasien. Durch einen Aufnahmetest werden oft nur die leistungsorientierten Schüler aufgenommen. Daher gibt es dort auch noch mehr motivierte Lehrer, vor allem die DDR-Lehrer.
Die geheime Zutat – nennen wir es gleich das geheime Rezept – der DDR-Lehrer ist, dass sie keinen großen Wert darauf legen, von den Schülern gemocht zu werden. Dazu verfolgen sie eine klare Struktur beim Lehren. Außerdem trauen sich die Lehrer schlechte Noten zu vergeben. Dadurch wird der Unterricht erst anspruchsvoll. Die neuen Lehrer wollen ihren Untericht groß ausschmücken, mit Gruppenarbeit, Lernspielen und Filme gucken. Der Fokus auf den Stoff geht verloren, stattdessen konzentrieren sie sich auf das ganze Drumherum. Dieser Unterricht ist völlig anspruchslos und die Schüler nehmen ihn nicht mehr ernst – selbst wenn man was lernen will, wird das beinahe unmöglich gemacht.

Wir werden zu Schneeflöckchen erzogen. Es geht immer nur darum, dass wir glücklich sind, negative Emotionen werden nicht geduldet. Wir bekommen täglich vorgelebt, dass es total normal ist, als erwachsene Respektperson zu heulen und seine Arbeit nicht zu machen, wenn man mal blöd von der Seite angequatscht wird. Die klare Hierarchie zwischen Schüler und Lehrer fehlt. Heute geht es nicht mehr darum etwas zu lernen, sondern die Lehrer lieb zu haben und sie als “Kumpel” zu betrachten. Ich gehe aber nicht zur Schule, um erwachsene Freunde zu finden. Ich gehe zur Schule um zu lernen, auch wenn ich einen Schlüssel abbekommen könnte.


Dringend gesucht: Der Kommentator ohne Eigenschaften

Von Benjamin Bugante | „Da geht er, ein großer Spieler. Ein Mann wie Steffi Graf.“ Mit diesen Worten erlangte das Abschiedsspiel von Lothar Matthäus im Jahre 2000 ewigen Kultstatus unter Fußballfans.

Nicht zuletzt wegen solcher markigen Sprüche ist Jörg Dahlmann einer der bekanntesten Fußballkommentatoren Deutschlands. Seine Stimme ist zwar seit einigen Jahren weniger aus Länderspielen bekannt, aber nach Stationen im ZDF, Premiere und SAT1 kennt man ihn spätestens seit 2017 unter anderem als Bundesligakommentator beim Pay-TV-Sender Sky.

Nach einer etwas verunglückten Kapriole ist für Dahlmann bei Sky jetzt Schluss: Noch vor Ende seiner Vertragslaufzeit zum Saisonende 2021 wird Dahlmann abgesetzt. Ab sofort werde er keine weiteren Spiele mehr kommentieren, teilte ein Sky-Sprecher mit. Der Grund: Bei einem Zweitligaspiel Anfang März kommentierte Dahlmann eine vergebene Chance des japanischen Spielers Sei Muroya von Hannover 96 wie folgt: „Es wäre sein erster Treffer für 96 gewesen. Den letzten hat er im Land der Sushis geschossen.“

BILD der Kommentatorenszene

 Dass sich weder Steffi Graf noch Matthäus noch irgendeine illustre „Community“ damals über Dahlmanns Spruch echauffierte, ist wenig verwunderlich. Die 22-fache Grand-Slam-Siegerin gab einem Zuschauer einmal bei laufendem Match auf die Frage „Steffi, will you marry me?“ nach kurzem Überlegen zurück: „How much money do you have?“. Matthäus hingegen hatte gut zwei Jahre nach seinem Abschied vom FC Bayern umso mehr an Uli Hoeneß‘ Aussage zu knabbern, Matthäus würde beim FC Bayern „nicht mal Greenkeeper“ werden. Und überschäumende soziale Netzwerke gab es in diesen himmlischen Zeiten sowieso noch nicht.

Was der Sky-Sprecher nun am Sushi-Spruch als „unsensibel und unpassend“ geißelte, war für mich also bloß „ein klassischer Dahlmann“ – so jedenfalls mein erster Gedanke, als ich die Schlagzeile las. Etwas übermütig, plakativ, vielleicht ein bisschen flach. Schon gar nicht fein ausziseliert, sondern eben im Affekt entstanden, im Eifer des Gefechts, das Fußball nun mal ist. Vielleicht eben auch aus der Langeweile heraus, die so ein Zweitligakick erzeugt. Jedenfalls würde man so einen Mann heute nicht bei ARD und ZDF erwarten. Dafür ist Dahlmann zu kernig, zu boulevardesk im besten Sinne. 2010 hatte er als SAT1-Reporter den damaligen Bayern-Trainer Louis van Gaal nach einem Spiel mit einer kritischen Frage einmal in eine Journalistenschelte wie aus dem Lehrbuch verwickelt, die er natürlich genüsslich auskostete. Schnittiger O-Ton, aufregender Schlagabtausch, der Journalist verteidigt mutig sein Ethos – wie für die Boulevard-Schlagzeile gemacht. „Nich‘ so aggressiv!“, „Das hat ja jetzt ein bisschen was mit Beratungsresistenz zu tun“ stach Dahlmann gegen den sichtlich erbosten Bayern-Trainer – zu viel des Guten. SAT1 kuschte und zog Dahlmann für einige Zeit aus dem Verkehr.

Eines sollten die heutigen Sky-Verantwortlichen, die sich daher in guter Tradition wähnen können, allerdings mit am besten wissen. Spätestens seit Fußball auf so vielen Kanälen läuft wie heute, ist es die elementare Aufgabe des Kommentators, das Geschehen auf dem Platz nicht nur informativ, sondern auch unterhaltsam zu begleiten. Egal, wie spannend oder bedeutend das Spiel ist – damit nicht abgeschaltet wird, muss geliefert, ja, „geglänzt“ werden. Daher ist die Tatsache, dass Fußballkommentatoren immer mal für einzelne Sprüche oder ihre allgemeine Art in der Kritik stehen, gar nichts Ungewöhnliches. Dahlmanns Berufskollege Marcel Reif, der bis 2016 für Sky kommentierte, ließ schon 1990 bei einem WM-Länderspiel zwischen Kamerun und Argentinien den Satz fallen: „Ich will nicht parteiisch sein. Aber lauft, meine kleinen schwarzen Freunde, lauft.“ Und auch ZDF-Legende Béla Réthy, längst einer breiteren Masse an Fans von WM- und EM-Länderspielen bekannt, polarisierte nicht selten mit ebenso kantigen wie absurden Sprüchen wie „Das da vorn, was aussieht wie eine Klobürste, ist Valderrama.“

Vom Fußballgott Turek zu heimatlosen Sushis

Gott hat uns an der langen Leine – selbst, wenn wir nicht mehr an ihn glauben. In eine Zeit, in der ihm offensichtlich eine andere Rolle zukam als heute, fällt der überraschende Sieg der deutschen Nationalmannschaft im WM-Finale 1954 über Ungarn in Bern. Diesem Spiel verdanken wir eine herrliche Anekdote. Aus dem deutschen Reporter Herbert Zimmermann – wie Dahlmann ein NRW-Gewächs – platzte es nach einer Glanzparade des deutschen Torhüters Toni Turek in deftigem Rheinisch heraus: „Turek, du bist ein Teufelskerl! Turek, du bist ein Fußballgott!“ Dass Zimmermann den damals noch nicht so populären Begriff „Fußballgott“ in den Mund nahm, führte dazu, dass ein einflussreicher Privatbankier und Berater Adenauers auf eine öffentliche Entschuldigung Zimmermanns drängte. Auch ein endgültiges „Canceln“ Zimmermanns, wie nun bei Dahlmann geschehen, stand im Raum.

Man ist also fast geneigt, Zimmermann als Trendsetter zu sehen. Allerdings hörten sich die meisten Fußballkommentatoren noch bis weit in die 70er-Jahre so an, als läsen sie ein Telefonbuch vor. Als der Fußball mit der Zeit kommerzieller und die Kommentatoren emotionaler wurden, häuften sich die rhetorischen Blüten, und ganze Best-Of-Bände mit Sprüchen aller Fußballakteure inklusive der Kommentatoren schmücken seither das Regal vieler Fans. Man könnte den Eindruck haben, der Fußball sei entkrampfter und – zumindest über den Bildschirm – nahbarer geworden, trotz der Beschwerden darüber, die Spieler von heute würden keinen Klartext mehr reden.

Die Sache mit der unterdrückten Frau

Der Fairness halber muss jedoch die ganze Geschichte erzählt werden. Was wohl auch entscheidend zu Dahlmanns Entlassung beigetragen hat, war ein weiterer Kommentar, der Ende 2020 fiel. Während eines DFB-Pokalspiels kam er auf den Torhüter und Partner von Schauspielerin Sophia Thomalla, Loris Karius, zu sprechen, der nach langer Zeit auf der Bank wieder zwischen den Pfosten stand. Karius‘ Rolle als Ersatztorhüter kommentierte Dahlmann mit den Worten: „Das hat den Vorteil, dass er zu Hause kuscheln kann mit seiner Sophia“, sowie „Für so eine Kuschelnacht mit Sophia würde ich mich auch auf die Bank setzen“. Mannomann, diesmal ein ziemlich deftiger Dahlmann, nicht gerade die ganz alte Schule. 1954 hätte es hierfür was gesetzt. Aber auch hier: Ob sich Frau Thomalla selbst verletzt fühlt – laut Dahlmann habe sie ihm gegenüber geäußert, den Spruch als Kompliment aufgefasst zu haben – ist für die Anklage völlig unbedeutend.

Es gibt also nur zwei Möglichkeiten. Entweder, die Sky-Verantwortlichen „haben den Fußball nie geliebt“ (Rudi Völler). Oder aber, sie unterliegen 2021 denselben ideologischen Zwängen wie jeder in der Öffentlichkeit stehende Konzern, der ein Image zu verlieren hat. Die vielen Dritten jedenfalls, jene Figuren, die solchen verbalen Schnitzern böse Motive unterplärren, obgleich sie nie dazu befragt wurden, sind mit großer Sicherheit keine Fußballfans. Ihnen mangelt neben einer gewissen Grundheiterkeit an der Einsicht, dass Fußball in Zeiten fortschreitender Professionalisierung und Kommerzialisierung mehr denn je vom Menschlichen lebt – und vom Spontanen. Falsche Einwürfe, stolpernde Schiedsrichter, stolpernde Kommentatoren – wer sehnt sich nicht nach solchen Dingen, um nicht den fünfhundertsten Videobeweis für ein Traumtor ertragen zu müssen? Da wird man zwischen Chips und Bier doch gerne daran erinnert, dass Japan das Land der Sushis ist.


Rekordansturm illegaler Einwanderer an US-Grenze

Von Sebastian Thormann | US-Präsident Biden ist gerade zwei Monate im Amt und schon jetzt ist der Ansturm illegaler Einwanderer an der US-Südgrenze völlig außer Kontrolle geraten. Während unter der Präsidentschaft seines Vorgängers historisch niedrige Zahlen neuer illegaler Einwanderer zu vermelden waren, hat sich der Trend jetzt völlig umgekehrt.

„Wir sind auf dem besten Weg, mehr Personen an der südwestlichen Grenze anzutreffen als in den letzten 20 Jahren“, erklärte Bidens Heimatschutzminister Alejandro Mayorkas kürzlich zur neuen Migrationskrise an der Grenze zu Mexiko. Mehr als 100.000 illegale Einwanderer wurden alleine im Februar von amerikanischen Grenzschützern aufgegriffen.

Bidens Regierung hat bisher nämlich schon bedeutende Änderungen der Migrationspolitik eingeleitet. Seine Regierung beendete die “Remain-in-Mexico”-Politik von Trump, nach der Asylbewerber einen Asylantrag von Mexiko aus stellen mussten – so wurde verhindert, dass abgelehnte Asylbewerber illegal in den USA blieben. Ebenso wurden Abkommen, mit denen die Trump-Administration zentralamerikanische Durchreiseländer als “sichere Drittländer” anerkannte, von der Biden-Administration aufgekündigt. Zusätzlich schaffte man Ausnahmen für minderjährige Migranten. All das gipfelt jetzt in einer humanitären Krise, mit tausenden unbegleiteten minderjährigen illegalen Einwanderern, für die die US-Regierung kaum Unterkünfte hat.

Bemerkenswerterweise wurde Trump von Demokraten noch vor zwei Jahren genau für solch unhygienischen Zustände aufs Schärfste attackiert. Damals war die Rede von “Kindern in Käfigen”, auch wenn entsprechende Einrichtungen teilweise schon unter Obama geöffnet wurden. Anhänger des radikalen Flügels der Demokraten sprachen gar von “Konzentrationslagern”. Jetzt, wo die Biden-Regierung mit ähnlichen Problemen konfrontiert ist, klingt die Rhetorik freilich ganz anders. Die Rede ist jetzt von “Überlaufeinrichtungen”, die die jugendlichen Migranten unterbringen.

Ein vor drei Wochen eingerichtetes “Migrant Processing Center” in Texas ist etwa jetzt schon heillos überfüllt mit einer Auslastung von 729% (!). Und all das während Corona. Nicht nur humanitär ist der Ansturm eine Belastung. Der Fraktionschef der Republikaner im Repräsentantenhaus, Minderheitsführer Kevin McCarthy, der die Biden-Regierung scharf kritisiert, wies außerdem auf die Risiken für die Nationale Sicherheit durch möglicherweise einreisende Terroristen hin. Und tatsächlich wurden wohl vier Personen an der Grenze aufgegriffen, die auf der FBI-Terror-Liste geführt werden. Drei aus dem Jemen, einer aus Serbien, das bestätigte die Grenzschutzbehörde CBP.

“Diese Krise wird durch die Politik der neuen Regierung verursacht”, lautet McCarthys Fazit nach seinem Grenzbesuch in El Paso, Texas. Die Krise im Süden könnte auch innenpolitisch immer mehr zum Problem für Biden werden. In weniger als zwei Jahren stehen die nächsten Kongresswahlen an und die republikanische Opposition ist in beiden Kongresskammern nur wenige Sitze von der Mehrheit entfernt. Ungelöst wird die Migrationsproblematik so schnell nicht von der Bühne der US-Politik verschwinden. Biden wird mit den Konsequenzen der eigenen Politik konfrontiert werden, die deutlich radikaler ist, als seine überparteiliche Rhetorik es wohl erscheinen lassen möchte.

Dieser Artikel von Sebastian Thormann erschien zuerst auf TichysEinblick.


Ich sehe was, was du nicht siehst – und das: ist gelb, stinkt und zieht Dealer an

Von Selma Green | Quietschende Reifen, genervte Autofahrer und überhebliche Fahrradfahrer, die den Weg versperren – die grünen Punkte auf der Bergmannstraße in Berlin-Kreuzberg haben ihrer Zeit für Verwirrung gesorgt. Sie waren ein Teil des Projektes: die Bergmannstraße als Begegnungszone. Die Bergmannstraße wurde Ende 2016 – ohne die Einbeziehung der Anwohner – umgestaltet. Dazu gehörten die grünen Punkte, Zebrastreifen, rot-weiße Poller und Parklets. Diese Parklets, grenzend am Fußgängerweg und in die Straße einschneidend, bestanden aus einem trapezförmigen Untergrund. Dieser war zur Straße hin umzäunt. Barstühle und -tische aus Stahl und Holz boten eine Sitzmöglichkeit. Dazu gab es breite Bänke.

Im Sinne einer “bunteren Umwelt” wurde für einen gelben Anstrich der Parklets und eingebaute Pflanzentöpfe gesorgt. Die vielen Pflanzen sollten wahrscheinlich verhindern, dass die Anwohner an zu viel CO2 der “bösen Dieselautos” ersticken. Die 17 Parklets waren auf der 550 Meter langen Bergmannstraße verteilt. Das heißt, alle ca. 60 Meter gab es zwei solcher Parklets (auf jeder Straßenseite eins). Ich bin vielleicht kein Forrest Gump, aber alle 60 Meter muss ich mich nun auch nicht hinsetzten.

Der Zweck der Parklets war das Schaffen eines “sozialen Miteinanders”. So ein “soziales Miteinander” kostete 1,6 Millionen Euro und ca. 68 Anwohnerparkplätze. Dazu erfüllte dieses Pilotprojekt nicht ganz seinen eigentlichen Nutzen… Denn der stechende Geruch von Alkohol und – entschuldigt – Pisse erfüllte die Luft der Bergmannstraße, da sich überwiegend Obdachlose auf den Parklets angesiedelt hatten. Aber gut, wenigstens mussten sie nicht mehr zum Betteln auf dem Bürgersteig sitzen. Die Müllabfuhr hatte dafür auch so ihre Probleme mit den sperrigen Parklets. Aber weil probieren ja bekanntlich über Studieren geht, habe ich sie doch einmal getestet. Wer weiß, vielleicht bietet es auch eine Gelegenheit zum Sonnen? Naja das Einzige, das einem dort Bräune verschaffte, waren die Abgase der Autos. Dann halt etwas quatschen.

Ich musste feststellen, dass man sich beim Lärm der Autos selbst kaum versteht. Wenigstens ein guter Ort, um mal mit einem Liebhaber Schluss zu machen. Ansonsten fand ich keinen weiteren Vorteil an diesen Parklets. Im Sommer war der Stahl der Stühle zu heiß und im Winter zu kalt zum Sitzen. Die angebauten Blumen nahmen eine braune Farbe an. Nur ein mir unbekanntes Kraut wuchs völlig unbeirrt – fast so, als würde sich jemand sorgfältig und liebevoll um dieses interessante Kraut kümmern. Das Gewächs sah seltsam aus, fast wie die Heilkräuter von Alchemisten aus Filmen. Und meine Vermutungen lagen gar nicht mal so falsch: das Kraut hat tatsächlich gewisse heilende Kräfte… zumindest auf die kreuzberger Kiffer-Gemeinschaft. Denn die Kräuter, die auf den Parklets so schön gedeihten, waren nichts anderes, als 225 Jungpflanzen Cannabis. Also hatten die Parklets doch einen gewissen sozialen Nutzen.

Da die grünen Punkte zu mehr Stau, sogar fast zu Unfällen führten und die Anwohner nicht sehr zufrieden mit der neuen Gestaltung waren, wurden die Parklets sowie die die grünen Punkte im September 2019 entfernt. Happy End? Nicht für jeden. Denn der Abbau der Parklets erzeugte Freude bei den einen, dafür aber umso mehr schmerzhafte Gefühle bei den anderen. So begleiteten sieben Menschen, in schwarzer Kleidung, den Abbau des ersten Parklets. Natürlich durfte kein Grablicht fehlen, sowie sieben weiße Blumen. Passend dazu regnete es, und die Menschen blickten trauernd auf eine Sitzfläche des Parklets. Das erinnerte mich ein wenig an mich als Kleinkind, wenn ich den Tod einer Biene, auf die ich aus Versehen getreten bin, begleitet habe. Nur, dass es in diesem Fall Erwachsene waren, die einem Möbelstück nachtrauerten.

Wie dem auch sei, das Projekt “Bergmannstraße als Begegnungszone” war eine unnötige Geldverschwendung und ist gescheitert. Eine Millionen Euro Steuergelder mal so eben für Cannabisblumentöpfe drauf gegangen. Man könnte daraus lernen und das Geld in etwas Realistisches stecken – wie in Schulen investieren, anstatt nur in grüne Utopien. Doch wir reden hier immer noch von Kreuzberg und der Wahnsinn ist noch nicht zu Ende. Es wird nämlich ein neues Projekt gestartet, welches 2022 umgesetzt werden soll. Ich präsentiere: die Bergmannstraße als Fußgänger- und Radfahrzone. Dieses Pilotprojekt sorgt für eine komplett autofreie Straße und kostet ganze elf Millionen Euro. Im September 2020 wurde das Projekt vom Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg beschlossen. Nach einem Informationsschreiben der Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann, sollen 2021 zuerst die verkehrlichen Maßnahmen getroffen werden. Dazu gehören Tempo 20 Zonen, Fußgänger- und Fahrradstraßen. Ende 2021 beginnt ein “freiraumplanerischer Wettbewerb”.

Genauer gesagt ist es ein Architektenwettbewerb, der zu einem optimalen Entwurf zur Gestaltung der Bergmannstrasse führen soll. Nach dem Wettbewerb startet 2022 die Umgestaltung. Die Bergmannstrasse wird zu einem riesiges Blocksystem umfunktioniert. Alle angrenzenden Straßen sollen Einbahnstraßen werden. Es werden bis zu 190 Anwohnerparkplätze wegfallen. Dem Lieferverkehr wird eine Zufahrt zwischen 6 und 11 Uhr angeboten. Nach der aktuellen Vorstellung soll die Straße aus einem 4,6 Meter breiten Fahrradweg und einem 6 Meter breiten Fußgängerweg bestehen. Dazu soll Wasser bspw. in Form von Kanälen in die Straße mit eingeplant werden. Wer weiß, vielleicht gibt es einen weiteren Konkurrenten bei der längsten kreuzberger “Pissrinne”. Das Wasser soll auch ein Heim für Insekten bieten. Damit auch die Bienen ein Zuhause haben und sich vor meinen Füßen retten können. Daneben ist derzeit ein Spielbereich für Kinder geplant – als ob die Bergmannstrasse das nicht schon ist: eine Spielwiese für große Kinder.

Vor Allem stört mich, dass die größenwahnsinnigen Fahrradfahrer durch einen extra breiten Fahrradweg und eine autofreie Straße unterstützt werden. Die Fahrradfahrer sind für mich im Verkehr oft eine größere Gefahr als die Autos. Zum Einen, weil sie so schnell an mir vorbei schießen, ohne dass sie sich vorher bemerkbar machen. Zum Anderen weil sie dabei immer den kleinstmöglichen Spalt zwischen mir und den Autos wählen. Dazu ist es nicht selten, dass sie sich durch Kopfhörer völlig vom Verkehrslärm abschirmen und nichts mehr mitbekommen. So lernte ich: Der größte Feind des Fahrradfahrers ist der Fahrradfahrer.

Es gibt viele Ideen zum Projekt “Bergmannstrasse als Fußgängerzone”, aber die genaue Gestaltung ist noch nicht festgelegt. Die eben genannten Aspekte sollen aber mit eingebracht werden. Klar ist auch, dass die Bergmannstrasse und im nächsten Schritt der ganze Kiez zur verkehrsberuhigten Zone werden soll. Ich lebe jetzt seit 15 Jahren in diesem grün regierten Bezirk und habe bei vielen linken Pilotprojekten das Versuchskaninchen gespielt. Mitzubekommen, wie wieder einmal diese erwachsenen Kinder versuchen, ihre verdrehten Vorstellungen zu verwirklichen, nervt auf Dauer und macht mich wütend.

Nun ja, als 15-Jährige ist es vielleicht ungewöhnlich, Erwachsene wie Kinder zu betrachten, ich bin ja eigentlich selber noch ein Kind. Aber aus meinen Erfahrungen mit manchen grünen Erwachsenen ist es schwer, diese noch ernst zu nehmen. Das ist vergleichbar mit meinem 4-jährigen Ich, dass sich immer ein Pony wünschte. Natürlich habe ich so ein Pony nur mit Füttern und Reitengehen verbunden. Spätestens jetzt weiß ich, dass ein Pony mehr Arbeit macht, als ich dachte. Aber die meisten grünen Erwachsenen kaufen sich immernoch einfach “das Pony” ohne die möglichen Folgen vorher zu überdenken.


Biden verhaspelt sich immer öfter – Noch immer keine Pressekonferenz

Von Sebastian Thormann | US-Präsident Biden hat sich mal wieder einen prominenten Versprecher geleistet. Bei einer Rede im Weißen Haus vergaß er anscheinend den Namen seines, anwesenden, Verteidigungsministers: “Ich möchte Sec … dem ehemaligen General … danken. Ich nenne ihn immer wieder ‚General‘. Mein … der Typ, der den Laden dort drüben leitet.”

Der “Laden dort drüben” ist in dem Fall das Pentagon, das auf der anderen Seite des Potomacs steht, und der ehemalige General ist der pensionierte Vier-Sterne-General Lloyd Austin, der das Pentagon leitet. Die Versprecher (oder Vergesser) des US-Oberbefehlshabers sind inzwischen nichts neues mehr, auch an anderer Stelle fragte er mal während einer Rede. “Was mache ich hier? Ich werde hier den Überblick verlieren”.

Man bekommt außerdem das Gefühl, das Weiße Haus wolle ihn geradezu von Reporter-Fragen fernhalten. Etwa bei einem virtuellen Auftritt vor der Demokratischen Fraktion im Repräsentantenhaus. Für etwa 10 Minuten redete er vor der von Sprecherin Nancy Pelosi angeführten Gruppe Demokratischer Abgeordneter. Zum Ende sagte er schließlich: „Und ich beantworte gerne Fragen, wenn ich das – das machen soll, Nancy.” Reporter bekamen allerdings keine Chance, Fragen zu stellen, sondern das Weiße Haus beendete sofort danach den Livestream und stattdessen lief “Vielen Dank, dass Sie dabei waren” über die Bildschirme.

Selbst das sonst Biden-freundliche CNN kritisierte unter der Überschrift “Ein Rekord, auf den Joe Biden nicht stolz sein sollte”, dass er als Präsident bisher keine einzige Pressekonferenz gehalten hat. Damit stellt er einen historischen Rekord auf, zum jetzigen Zeitpunkt in der Präsidentschaft haben alle seine Vorgänger in den letzten 100 Jahren (!) schon Pressekonferenzen gehalten – Roosevelt, Eisenhower, Kennedy, Nixon, Reagan, Obama und sogar Trump alle hatten früher Zeit für die Presse als Biden. Der sei nach Angaben der Pressesprecherin Jen Psaki stattdessen sehr beschäftigt mit Corona-Management.

Die Taktik ist dabei nicht neu: Bereits im Wahlkampf tauchte Joe Biden oft ab. Tagelang kündigte seine Kampagne schon vormittags an, dass keine weiteren Nachrichten mehr von ihm zu erwarten sind. Die Boulevard-Zeitung New York Post titelte damals. “Wo ist Joe?” Kaum Medienkontakt, das war die Devise seiner Kampagne. Die Wahl gewann er praktisch aus dem Keller, öffentliche Auftritte und die damit verbundenen kritischen Fragen und politische Angriffsfläche gab es für ihn kaum. Stattdessen stürzte sich der Großteil der Journalisten auf Amtsinhaber Trump, der in der Endphase des Wahlkampfs an einem Tag mehrere Wahlveranstaltungen an verschiedenen Enden des Landes hatte.

Auch wenn Biden, anders als sein Vorgänger, einer eher wohlgesonnenen Presse ausgesetzt wäre, scheint sein Team diese Strategie des minimalen Medienkontakts jetzt fortzusetzen. In Anbetracht seiner letzten Auftritte muss man sich da die Frage stellen, ob es da nicht nur um die Angst vor inhaltlichem Nachhaken, sondern vor weiteren Aussetzern handelt.

Dieser Artikel von Sebastian Thormann erschien zuerst auf TichysEinblick.