Immer mehr Politiker verabschieden sich von Twitter – ein Armutszeugnis

Von Elisa David | Robert Habeck war der Vorreiter, Kevin Kühnert und nun auch Jens Spahn folgen: immer mehr große Politiker verabschieden sich von der Social Media Plattform Twitter. Ein Armutszeugnis: Wer es nicht schafft, seine Positionen kurz und verständlich auf den Punkt zu bringen, ohne danach die Plattform verlassen zu müssen, sollte vielleicht nicht ausgerechnet Politiker werden. 

Jens Spahn hat am Freitag bekanntgegeben, dass er sich von Twitter verabschiedet hat – naja nicht so ganz. Auf seinem Handy ist die App gelöscht, den Account leiten jetzt seine Mitarbeiter. Ein Kompromiss, vergleicht man das mit Kevin Kühnert, der letzte Woche ganz und gar den Abgang gemacht. Seine 370.000 Twitter-Follower sehen seit dem nur noch eine Fehlermeldung, wenn sie den Account suchen. Vorreiter des Twitter-Exodus war Robert Habeck, der schon seit 2019 nicht mehr unter eigenem Account twittert. 

Die Begründungen sind alle ähnlich. Robert Habeck hat sich von dem blauen Vögelchen getrennt, weil er einfach zu oft zu viel Mist gebaut hat. „Super bescheuert“ musste er nach mehreren Fehltritten selbst einsehen. Zum Beispiel 2018, als er sich öffentlich erhoffte, dass die CSU bei der bayrischen Landtagswahl die absolute Mehrheit verliert –  damit dort wieder Demokratie herrschen kann. Gut, nach der Show, die Söder da vor allem die letzten zwei Jahre abzieht, könnte ich dem fast zustimmen. Beim Wahlkampf in Thüringen machte er den gleichen Fehler, danach musste er die Leitung kappen. Jetzt hat er zwar indirekt wieder einen Account – den offiziellen Kanal des Bundeswirtschaftsministeriums – es ist aber zu bezweifeln, dass er mit dem irgendwas zu tun hat. Dafür hat er überforderte Leute für. 

Kevin Kühnert erklärte, Twitter habe seine Sicht auf die Welt verzerrt. Viele haben ihm dazu gratuliert und Beifall geklatscht – vor dem Klischee „Das Internet ist böse und toxisch“, kann sich links und rechts eben niemand so ganz retten. Ist allerdings trotzdem Schwachsinn. Um Kevins Weltsicht zu verzerren braucht es kein Twitter, wer so sozialistisch ist, kriegt das schon ganz alleine hin. 

280 Zeichen – für Politiker sollte das kein Problem sein 

Ich persönlich bin (phasenweise) eifrige Twitternutzerin, als Kind dieser Zeit gehört sich das ja auch so. Zugegeben: 280 Zeichen sind eine Herausforderung. Als geborene Lübeckerin finde ich, dass ich an der Causa entschuldigt bin. Ich gebe zu, dass meine Sätze ganz gerne mal so lang sind, dass ich am Ende kaum noch weiß, wie ich angefangen habe. Als Journalist eigentlich eine Todsünde. Ich glaube auch nicht, dass ich durch das absichtliche Weglassen von Kommas vertuschen kann, wie verschachtelt meine Sätze manchmal sind. 

Ich finde aber: Wenn die Mann-Geschwister trotzdem oder gerade deshalb zum deutschen Kultur geworden sind, dann ist das mein Geburtsrecht, so lange Sätze zu schreiben, wie ich will. Ich muss hier ja schließlich das Kulturgut aufrecht halten. Gut, nun ist Robert Habeck auch in Lübeck geboren, was meinem Punkt etwas widerspricht, aber von einem Super-Politiker mit Kanzlerphantasien sollte man verlangen können, dass er auf Twitter überlebt, ohne sich fast die Karriere zu zerstören. 

Politiker und Social Media, speziell Twitter haben so ihre Schwierigkeiten miteinander. „Auf Twitter sind ohnehin nur Politiker, Journalisten und Psychopathen unterwegs“, sagte vor einigen Jahren Doro Bär. Sie war damals Digitalministerin, was auch erklärt, weshalb das mit dem Glasfasernetz nicht so gut funktioniert hat – Internet ist halt für manche Neuland und für andere die Hölle. Das hat Doro auch damals nicht davon abgehalten, auf der Psycho-Seite fröhlich weiter zu zwitschern, dabei fällt es ihr sehr schwer, eine Woche lang durchzuhalten, ohne ein Foto oder Video von oder zumindest mit sich zu posten. Wäre sie noch etwas jünger, wäre TikTok wahrscheinlich auch vor ihr nicht sicher.  

Internet ist für uns alle Neuland 

Halt, stopp, fake news: TikTok IST vor ihr nicht sicher. Als wäre sie jemals zu alt für etwas gewesen, sie beehrt die Chinesen Videoplattform schon seit 2020. Dabei hält sich ihr Auftritt dort zwar glücklicherweise in Grenzen, sie ist auch nicht sonderlich erfolgreich gewesen, aber wer sich anschauen will, wie man sich die Hände wäscht und wie weit 1,5 m Abstand sind, der kann da ja mal vorbei schauen. 

In der FDP ist die Beziehung zu Twitter. Christian Lindner macht es sich einfach, seine Tweets sind nur echt mit dem „CL“ am Ende, ansonsten sind seine Beiträge von Team fabriziert. Ja gut, wenigstens ist er da transparent, ich finde es trotzdem befremdlich. Kubicki hat gar keinen eigenen Account. Wahrscheinlich weil es so direkt übereinander zu sehr auffallen würde, wie oft er 180 Grad Wendungen macht, wenn es um die Entscheidung geht, ob er sich rebellisch geben will, wenn es gerade nicht darauf ankommt, oder ob er seinen Posten hält und sich anpasst. 

Wer das nicht aushalten kann, der sollte nicht nur Twitter, sondern auch der Politik den Rücken zu wenden. Sicher unterschreitet der Ton auf Twitter gerne mal die Gürtellinie. Aber als Politiker gehört es zum Job sich auch mal ausbuhen zu lassen. Und liebe Politiker: Ihr müsst uns nur lesen. Wir müssen euch ihm Alltag ertragen. Ihr lebt von unserer Arbeit, ich bestimmt unser Leben. Und das nicht immer mit der Sorgfalt, die angebracht wäre, um das mal ganz gelinde auszudrücken. Shitstorm ist immer noch besser als der Mob mit Fackeln und Haken, also pflegt die Demokratie und den Rechtsstaat und alle sind glücklich. 


Die irrsten Woke-Charaktere

Von Elisa David | In Hollywood herrscht aktuell der Trend, alte Geschichten neu zu verfilmen. Insbesondere die Produktion von Kinderfilmen – ein Gebiet, das fast restlos von Disney aufgekauft wurde – sieht sich gezwungen, alle Werke noch einmal neu aufzuziehen. Der König der Löwen reicht in seiner liebevoll gestalteten Zeichentrickversion nicht mehr aus, Disney musste ihn einfach noch mal neu drehen – dieses Mal mit Tieren, die am Computer erstellt wurden und ebenso täuschend echt wie emotionslos aussehen. 

Diese Fließbandproduktion an Neuverfilmungen gibt aber nicht nur die Möglichkeit, die Technik zu verbessern – sondern auch, die Charaktere und Geschichten ein kleines bisschen abzuwandeln und politisch korrekte Kinderfilme zu gewährleisten.

 

Küss den Frosch (2009)

Den Anfang nahm diese Umschreibung der Geschichten wohl bei der Disney-Verfilmung des Froschkönigs in dem Film “Küss den Frosch” von 2009. Hier küsst nicht die Prinzessin den Frosch, sondern ihre schwarze Magd, der Froschkönig selbst ist ebenfalls schwarz. Sie beide müssen Vodoo-Zauber brechen und werden auf dieser Reise von einem Alligator begleitet. 

 

The little Mermaid (2023)

Der Froschkönig ist nicht das einzige Märchen, bei dem Disney sich von der mitteleuropäischen Kultur inspirieren ließ, um die Protagonisten dann etwas südlicher anzusiedeln. Das jüngste Beispiel soll am 25. Mai 2023 auf die Leinwände kommen: Aus einer Arielle mit bleicher Haut und roten Haaren wird dann eine Schwarze mit Rastalocken. Begleitet wird die Schauspielerin Halle Bailey durch ihr Abenteuer von Nebencharakteren, die ebenso angepasst wurden. Wie die Möwe Scuttle, die jetzt von einer asiatischen Frau synchronisiert wird, nachdem sie im Original noch von Komiker Buddy Hackett gesprochen wurde. Die Charaktere, die tatsächlich weiß geblieben sind, haben zum Großteil einen spanischen Hintergrund. Dabei ist die kleine Meerjungfrau das Werk von dem dänischen Autor Hans Christian Andersen in 1837. Dänen sucht man in der Besetzung, zumindest noch, vergebens. 

 

Bridgerton (2020)

Die Schauspielerin Simone Ashley scheint sich in diesem Zweig der PC-Neuverfilmungen einen Namen gemacht zu haben. Sie ist ebenfalls in der Besetzung neben Arielle aufgelistet, aber wer sich mit der “Wokeisierung” von Hollywood auskennt, der kennt sie schon aus der Netflix-Serie Bridgerton. Bridgerton spielt im England des 19. Jahrhunderts. Aber nicht irgendwo in England, sondern in der Londoner High Society in der Ballsaison. In dieser Verfilmung ist die Königin von England schwarz, so wie auch ca. die Hälfte der restlichen Besetzung – alle hoch adlig, versteht sich. Simone Ashley spielt hier Lady Sharma, die dem Vizeherzog (weiß besetzt) hoffnungslos den Kopf verdreht hat. Im Grunde sind alle unwiderstehlichen Charaktere in dieser Sendung schwarz, während die weißen Charaktere nichts tun können, als den Boden anbeten, auf dem sie gehen. Mit Ausnahme vielleicht von der übergewichtigen Eloise Bridgerton.

 

Pinocchio (2022) 

Ebenfalls unter Disney erschienen ist die Neuverfilmung des Klassikers Pinocchio dieses Jahr. Hier ist es die Fee, die die kleine hölzerne Puppe in einen echten Jungen aus Fleisch und Blut verwandelt und dabei irgendwie anders aussieht. Sie wird von der schwarzen Schauspielerin Cynthia Erivo gespielt, was von dem italienischen Autor Carlo Collodi im Jahr 1881 sicher noch anders gedacht war. Damit aber noch nicht genug: “Die Fee mit den dunkelblauen Haaren”, ist mit Cynthia Erivo von einer Frau mit Glatze dargestellt worden. Es wirkt schon fast wie eine Provokation.

 

Charaktere aus der Serie „The Rings of Power“ – Screenshots via Amazon Prime

The Rings of Power (2022)

Die zweifellos zahlreichen Fans der Herr der Ringe Saga staunten nicht schlecht, als die ersten zwei Folgen der Fortsetzung, beziehungsweise Vorgeschichte endlich auf dem Bildschirm hatten: Schwarze Elben, schwarze Zwerge und schwarze Hobbits. Und das, obwohl Tolkien sich seinerzeit für seine Geschichte von europäischen Völkern und einheimischen Stämmen inspirieren ließ. So repräsentierten die Zwerge keltisch-germanische Stämme, die Elben waren skandinavisch gedacht. 

 

Macbeth (2021)

Die Krönung dürfte die 2021 erschienene Verfilmung des Shakespeare-Klassikers Macbeth sein. Zweifellos so wie Shakespeare ihn schuf, wurde der schottische Mittelalter-König mit dem schwarzen Denzel Washington besetzt. 


„Ich habe Angst im Dunkeln, weil ich leben will“

Von Elisa David | Der WDR kann so viele Studien missverstehen wie er will, es wird nichts daran ändern: ich habe Angst im Dunkeln. Der Post von Quarks reiht sich in eine systematische Aberziehung von „falschen Ängsten“ ein.

Das Bild von Quarks hat für viel Aufregung gesorgt: eine junge Frau, die durch eine dunkle Gasse geht, außer einer Straßenlaterne sind alle aus, sie sieht verängstigt aus. Über ihr, eine Gedankenblase: „Oh, alles dunkel! Ist das gefährlich, wenn ich unterwegs bin?“ Quarks antwortet: Eher unwahrscheinlich! Doch was ist das Interesse des WDR, Straßenlaternen für unnötig zu erklären? Ganz einfach, das ewige Thema: Strom sparen. Inzwischen kam raus: erstens hat der WDR 2019 Frauen selbst davon abgeraten durch dunkle Gassen zu gehen, zweitens zeigen die Studien, auf die Quarks verweist nicht das was man behauptet. Eine sagt sogar explizit aus, dass Straßenbeleuchtung sehr wohl einen positiven Effekt auf die Kriminalitätsrate hat.

Doch mir macht etwas anderes Sorgen: Wie schnell man inzwischen bereit ist, die Sicherheit von Frauen hinten anzustellen. Denn auch die Studien, die angaben, eine Korrelation von Straßenbeleuchtung und Kriminalität sei eher unwahrscheinlich, sagten alle klar aus: die meisten Menschen haben in dunklen Gassen Angst. Sollte das nicht schon genug sein? „Eher unwahrscheinlich“ als Begründung reicht mir nicht. Ich habe Angst im Dunkeln.

Unsere Redakteurin Pauline Schwarz hat auf Berlins Straßen mit Frauen über die Quarks-Grafik gesprochen

Und ich sehe auch nicht ein, warum Quarks mir das aberziehen sollte. Und irgendwelche Studien, die sich irgendwelche Zahlen anschauen und dann zu dem Schluss kommen, dass sie da noch nichts finden konnten, können mich da auch nicht umstimmen. Ich habe Angst im Dunkeln, weil ich leben will. Seit ich vier Jahre alt bin, hat man uns im Kindergarten beigebracht, dass man sich schützen muss, weil da draußen böse Menschen laufen. „Geht auf dem Bürgersteig nicht zu nah an parkenden Autos vorbei, damit man euch nicht ins Auto ziehen kann.“, „Glaubt niemals Leuten die behaupten eure Eltern zu kennen.“, Öffne nie die Tür, wenn du alleine zu Hause bist.“, „Wenn ihr doch mal angegriffen werdet, siezt den Angreifer, damit man nicht denkt, er wäre ein Bekannter.“ Später wurden wir in der Schule befragt, ob uns schon mal ein Erwachsener gegen unseren Willen umarmt oder geküsst hat. Wir müssen körperliche Nähe nicht zulassen, wenn wir es nicht wollen. 

Ich hatte eine unbeschwerte Kindheit, trotzdem war ich nie naiv. Ich wäre nie mit einem fremden Menschen mitgegangen, auch nicht für Plüschtiere. Es ist wichtig Kindern früh beizubringen, dass die Welt gefährlich ist. Nicht um ihnen Panik zu machen, sondern um sie daran zu gewöhnen, Selbsterhaltungstriebe als normalen Teil des Lebens zu akzeptieren. Denn viele Taten können verhindert werden. Leider mussten für diese Erkenntnis erst Kinder in Autos gezogen, von angeblichen Bekannten der Eltern entführt werden, in ihrem eigenen Zuhause misshandelt werden, weil sie dem Falschen die Tür aufgemacht haben. Heute macht man Kindern Angst vor dem Klimawandel und Corona  – nicht nur Angst, sondern Panik. Das ist nicht das gleiche. Kein Kind sollte in Panik aufwachsen, weil Erwachsene ihre politische Agenda möglichst schnell und prägend weitergeben wollen. Erziehung sollte sich immer nach dem Wohl des Kindes richten. Heute bin ich Erwachsen. Jetzt haben es andere Menschen auf mich abgesehen. 2016 wurde ich daran erinnert, dass ich auch jetzt noch auf mich aufpassen muss. Damals war ich gerade 15 geworden, es war Sommer und heiß und ich hatte auf dem Weg zur Schule kurzes Kleidchen an. Und prompt wird ich von einem arabisch aussehendem Mann bespuckt. Mir hätte weitaus schlimmeres passieren können. Andere Mädchen hatten nicht so viel Glück.

Die Studentin Sophia L. 2018 zum Beispiel. Sie war per Anhalter zu einem fremden Mann in den LKW eingestiegen und wurde später als verbrannte Leiche in Spanien gefunden. Mir wurde immer gesagt, dass ich niemals zu Fremden ins Auto steigen darf – niemals. Doch das hatte man ihr nicht gesagt. Sie wurde mit dem Glauben an das Gute im Menschen erzogen und das hat sie zu leichter Beute gemacht. Morde werden von Mördern begangen. Vergewaltigungen von Vergewaltigern. Ich will auf keinen Fall die Schuld auf das Opfer abwälzen. Sie trifft keine Schuld. Doch hätte man sie gewarnt, hätte diese Tat verhindert werden können. Und wenn wir schon sie nicht retten konnten, sollten wir diese schreckliche Tat wenigstens als Warnung nutzen und jedes Mädchen in Deutschland warnen: Steig niemals zu Fremden ins Auto. Stattdessen nutzte Heinrich Bedford-Strohm ihre Trauerveranstaltung, um die Sätze zu sagen: „Vielleicht wäre sie noch am Leben, wenn sie aus dem Mißtrauen heraus gelebt hätte“ und dann: „Aber wäre das das bessere Leben gewesen?“ Diese Worte machen mich noch heute so unglaublich wütend. Das war damals für mich der Moment, in dem ich aufgehört habe, nur im Alltag auf meine Sicherheit zu achten und angefangen haben, politische Texte wie diesen zu schreiben. Denn damals wurde mir klar: Mein Leben interessiert niemanden. Wenn ich sterbe, nutzt man das aus, feiert sogar, dass ich brutal ermordet wurde, weil ich ohne Vorurteile durchs Leben gegangen bin. 

Doch Vorurteile sichern mein Überleben. Im Dunkeln ist für mich alles gefährlich. Jedes Rascheln, ob es nun ein Mörder ist oder ein Eichhörnchen. Jeder fremde Mann kann mich potentiell mit bloßen Händen umbringen oder aber beschützen. Wahrscheinlich sind die meisten Menschen ungefährlich, aber wenn ich einmal dem falschen nicht aus dem Weg gehe, könnte ich das mit meinem Leben bezahlen. Ich kann nicht wissen wer mich vergewaltigen will und wer nicht. Aber da ich diejenige bin die eine Fehlentscheidung mit dem Leben bezahlen kann und nicht so ein alter Sack wie Heinrich Bedford-Strohm, habe ich beschlossen, dass nur ich entscheide, ob und wie mein Leben etwas wert ist. Die zwei Sätze haben mir damals klar gemacht, dass ich mich nicht auf das Gute im Menschen vertrauen kann. Am Ende muss ich mich selbst beschützen, im Dunkeln bin ich ganz auf mich gestellt. 

Ich habe eine Zeit lang in einer ziemlich runtergekommenen Gegend in Rostock gelebt. Jeden Tag musste ich dort eine lange einsame Straße entlanglaufen. Kurz bevor ich dort hingezogen bin, gab es in dem Stadtteil einen Axtmord. Mir sind schon Männer hinterhergelaufen, haben mir am Supermarkt aufgelauert, komische Dinge hinterher gerufen, mich aggressiv gefragt, ob ich mit zu ihnen wollte. Im Winter wird es im Norden früh dunkel, den Tag musste ich die stockdunkle Gasse lang laufen. Um mich sicher zu fühlen, habe ich immer meinen Schatten der Straßenlaternen beobachtet. Wenn mir irgendjemand von hinten zu Nahe kommen sollte, würde ich das sehen. Ich würde wissen wann ich laufen muss und dafür musste ich nicht den ganzen Weg nach hinten über die Schulter schauen und mit ängstlicher Körpersprache womöglich signalisieren, dass ich leichte Beute bin. Ich konzentrierte mich immer auf meinen Schatten und hörte auf jedes Geräusch. 

Dieser Post vom WDR hat mich wieder an diese Sätze von damals erinnert, die all das in mir ausgelöst haben und die der Grund sind, weshalb Sie mich kennen. Und ich verspüre wieder diese Wut von damals. Dieses Mal ist es nicht die Nächstenliebe sondern „die Wissenschaft“, die mir aus ideologischen Gründen den Überlebenstrieb abgewöhnen wollen. Und sie hat nur ein „eher unwahrscheinlich“ zu bieten. Dafür soll ich potentiell mein Leben opfern, wenn ich gezwungenermaßen Abends von der Uni nach Hause durch eine dunkle Straße muss und den Mann mit dem Messer im Hauseingang nicht sehe. Unwahrscheinlich, ja. Aber trotzdem will ich, dass jedes Mädchen weiß: steig niemals zu Fremden ins Auto, gehe nie mit Fremden mit, wenn du bei einem Mann ein schlechtes Gefühl hast, wechsle die Straßenseite, hab Angst im Dunkeln. Das ist nicht irrational, das ist Selbstschutz. Es ist egal, ob du dann die Befindlichkeiten irgendeines Mannes verletzt – dein Leben ist das wert.


Unsere Chef-Redakteurin Elisa und unsere Redakteurin Pauline haben bei „Achtung Reichelt“ klargestellt, was sie von der „Quarks“-Kampagne halten. Das ganze Video findet ihr hier

 

Fotos von Luka Ljubicic


Wir haben keinen Kanzler mehr

Von Elisa David | Monatelang hieß es: Wo ist eigentlich Olaf Scholz? Wo ist unser Kanzler? Jetzt hat man ihn gesichtet – und es wäre besser, er wäre weggeblieben. Olaf Scholz hat Schulter an Schulter mit „Palästinenserpräsident“ Mahmud Abbas eine Pressekonferenz im Kanzleramt gegeben. Mit welcher Legitimation man den überhaupt in unser Land und das Herz unserer Demokratie gelassen hat, nachdem er ja schon mindestens seit 2009 nicht mehr legitimiert ist (und der ganze Status von „Palästina“ ist ja sowieso fraglich), fragt man sich vergebens. Aber gut, nun war er da. 

Was würde man von einem Mann, dessen Land einen Vernichtungskrieg gegen das einzige jüdische Land der Welt – und den einzigen demokratischen Staat im Nahen Osten – führt, seinen Doktor in Holocaustleugnung gemacht hat und sich mit islamistischen Terroristen verbrüdert, erwarten? Wahrscheinlich ungefähr das was er dann auch tatsächlich getan hat. Auf der tollen Bühne die er durch unseren Kanzler zur Verfügung gestellt bekommen hat, nutzt er die Reichweite um Israel die Verübung von „50 Holocausts“ zu unterstellen. Scholz stand daneben – und schwieg. Kein Kommentar, kein Widerspruch – von härteren Konsequenzen ganz zu schweigen. Der BILD-Zeitung sagt er dann später, dass er jegliche Relativierung des Holocaust „unerträglich und inakzeptabel“ findet. Außerdem habe er ja eigentlich unmittelbar reagieren wollen und sei auch sehr empört. Aber da sein Regierungssprecher Steffen Hebestreit die Pressekonferenz nach dieser Aussage sofort beendet hat, hatte er auch keine Gelegenheit mehr dazu. 

Entmachtet vom Untergebenen

Unser Bundeskanzler wurde entmachtet – von seinem eigenen Regierungssprecher. Auf der Internetseite der Bundesregierung steht zu Steffen Hebestreit schwarz auf hellblau eigentlich klipp und klar: „Er untersteht direkt Bundeskanzler Olaf Scholz“. Als Regierungssprecher hat Hebestreit keinerlei Kompetenzen, die es ihm ermöglichen Olaf Scholz auf irgendeine Weise das Wort zu verbieten. Er hat es aber trotzdem geschafft, wahrscheinlich sogar unabsichtlich. 

https://www.bundesregierung.de/breg-de/service/regierungssprecher-1988244

Inzwischen bereut Hebestreit es, die Pressekonferenz zu schnell abgebrochen zu haben: „Das bereue ich zutiefst und das muss ich auf meine Kappe nehmen.“ Er erklärt den Journalisten, die hätten gestern ja selbst gesehen, dass Olaf Scholz ihn beim Abgang dafür „angeraunst“ habe, dass er die Veranstaltung zu schnell beendet hat und dass er gerne noch etwas entgegnet hätte. So will man das Ganze jetzt also drehen: Neeeeeiiiin, Olaf hat doch nicht geschwiegen. Eigentlich kochte er vor Wut, war über die Maße empört und wollte auch sofort seine brennende Solidarität zu dem Staat Israel bekunden – aber dann wurde halt leider die Konferenz abgebrochen, da kann man eben nix machen. Politik und „Nie wieder“ scheitern dann an einem Regierungssprecher. Was hat er gemacht? Den off-Schalter am Scholz-Roboter betätigt? Das Licht und die Mikrophone ausgeschaltet? Beide von der Bühne gezerrt? Was hat Olaf Scholz davon abgehalten, zu sagen: „Nein, das brechen wir jetzt nicht ab, ich habe noch was zu sagen.“ 

Kann Scholz Kanzler? Nein, er kann nicht mal Politiker.

Ist das die Art, auf die Deutschland sich der Welt präsentieren will? Wir sprechen Machtworte nur, wenn sie in den Zeitplan passen? Sein wir doch mal realistisch. Dass er die Pressekonferenz so schnell abgebrochen hat, war kein Fehler von Hebestreit. Vielmehr wollte der Parteisoldat doch seinen Bundeskanzler retten. So wie Biden bei seinen Auftritten einen Zettel in die Hand gedrückt bekommt auf dem er erinnert wird, wann er sich auf seinen Stuhl setzten darf, hat Olaf seinen Steffen an seiner Seite, der Auftritte abbricht wenn der schon wieder einen seiner Schweigeanfälle hat. Dann läuft in seinem Kopf nur noch Fahrstuhlmusik und sein Gesicht sieht gequält aus, als hätte er schlechte Schawarma gegessen. 

Dabei ist Scholz doch sonst nicht auf den Mund gefallen. Sein selbstzufriedenes Grinsen kommt doch so oft zum Einsatz, wenn er auf die Frage eines Journalisten mit Sprüchen wie: „Ja, könnte ich.“ antwortet. „Hätte hätte Fahrradkette“, hebt er sich noch für später auf. Wenn staatstreue Journalisten ihm Interessensfragen stellen, kriegt er den Mund auf. Aber wenn es darauf ankommt, nicht. Nichtmal die absolut grundlegendste Qualität die man als Bundeskanzler, oder überhaupt als Politiker haben muss – nämlich im richtigen Moment zumindest das richtige zu sagen, wenn man schon nichts tut – kann Olaf Scholz bieten. Dass dieser Witz von einem Mann überhaupt mal die Dreistigkeit hatte, im Wahlkampf für sich von Führungsqualität zu sprechen, ist eigentlich unglaublich.

Für Widerspruch war keine Zeit mehr. Zum Händeschütteln aber schon.

Israelische Politiker zeigen sich erbost über die Äußerungen von Abbas – völlig zu recht. Man muss in Israel alarmiert sein, wenn der Nachbar, der seit Wochen mit Raketen auf Zivilisten schießt, sich so äußert. Es ist eine Schande, dass das ausgerechnet auf deutschem Boden passieren musste.  Die ganze Welt blickt auf dieses Video. Abbas war sich seiner Sache dabei von Anfang an sicher, sah keinen Grund sich zurückzuhalten, nur weil man ihn jetzt nicht mehr nur im palästinensischen Propaganda-Fernsehen sieht oder weil er im Kanzleramt zu Gast war. Es ist schlimm genug, dass er von vornherein so wenig Respekt vor uns und unserem obersten Regierungschef hatte. Doch Scholz hat ihn darin auch noch bestätigt. Für eine Entgegnung war schließlich keine Zeit mehr. Zum Händeschütteln aber schon. Statt für diesen Fehler einzustehen, muss sein Sprecher jetzt für sein Versagen den Kopf hinhalten und um Gnade flehen. Wir haben keinen Bundeskanzler mehr. 


Ist die APOLLO-Titelbilddame sexistisch? Müssen wir gecancelt werden?

 

Von Elisa David | Unsere letzte Edition ist nicht zu übersehen, wenn man auf unsere Apollo-Website klickt, also kennt ihr unsere Titelbilddame bereits. Ja, ich muss zugeben, diese Ausgabe ist sie doch etwas provokativer geraten als sonst. In der Vergangenheit haben wir sie noch von Ökos auf einer Rikscha herumkutschieren lassen, oder sie war die Femme Fatale der Apokalypse, einmal hat sie eine Reihe von Politikern mit Bananenschalen zum Fall gebracht. 

Dieses Mal beugt sie sich in zehn Zentimeter High Heels, in einer Pose, die ihre Beine unmenschlich schlangenartig verbiegt, sexy nach unten, um mit ihrem kleinen Staubwedel etwas unter den Teppich zu kehren. Nicht zu vergessen die altmodische Putzfrauenuniform, die selbstsamerweise perfekt ihr Hinterteil zur Schau stellt und die Schürze, die sie vor absolut gar nichts schützt. Sie hat sich für ihre Tätigkeit als effektive Putzfrau nicht etwa die Haare nach hinten gebunden (ihre Frisur sitzt trotzdem perfekt). Und trotz dieser doch sehr akrobatischen Pose schafft sie es irgendwie noch hochzuschauen und dem Leser verführerisch zuzuzwinkern. Sie muss scheinbar nicht nicht mal hingucken, wenn sie gerade irgendwas wedelt. 

Tja. Ist das ein realistisches Frauenbild? Nö. Vielleicht denkt sich der ein oder andere: Welcher bekloppte spätpupertäre Bengel hat denn das bitte gezeichnet? Denjenigen muss ich enttäuschen, denn alle gezeichneten Bilder von Frauen in zu kurzer Kleidung die ihr so auf Apollo zu sehen bekommt, stammen nur von mir. 

Wir haben vermehrt Kommentare und Zuschriften von Leuten bekommen, die uns wegen unserer Putzlady ein sexistisches Weltbild vorwarfen und deshalb wollte ich das gerne noch mal gesagt haben: Hinter diesen Zeichnungen steckt eine junge Frau. Aber ich will es mir auch nicht zu einfach machen und Sexismusvorwürfe wegwischen mit dem einfallslosen Argument „Ich bin eine Frau, ich kann nicht sexistisch sein.“ Denn erstens stimmt das so nicht ganz, das könnte ich sehr wohl und zweitens steckt hinter diesen Zeichnungen mehr als nur das. 

Das BILD-Seite-1-Girl nur besser

Ich will jetzt auch nicht so tun, als wäre eine halbnackte Frau ein feministischer Akt und als würde ich das aus frauenrechtlichen Beweggründen zeichnen. Aber sexistisch ist sie auch wieder nicht. Unsere Zeitung richtet sich an junge Leute. Und junge Leute stehen auf sowas, ich stehe auf sowas. Es ist provokativ, es ist frech, man schaut zweimal hin. Es ist das BILD Seite 1 Girl nur besser. Erstens, weil sich bei uns keine echte Frau ausziehen muss – was aber andererseits schon Arbeitsplätze kostest, wenn ich so drüber nachdenke – und weil unsere Damen tatsächlich Witz haben. In jedem Bild steckt stundenlange Arbeit, von der Planung, über das Zeichnen selbst, bis hin zum Design der Überschrift. Das ist mit mein liebster Teil an dem Schaffungsprozess unserer Editonen. Ich kann meinen persönlichen Sinn für Ästethik und Mode und mein Interesse an Politik vereinen.

Am Ende kommt eine Karikatur dabei raus, die von jedem einzigen Detail her so realitätsfern ist, dass man doch nicht ernsthaft irgendwas da rauslesen kann. Unsere Apokalypsenlady trägt eine Lederbaskenmütze passend zur Gasmaske, im Hintergrund geht eine Atombombe hoch. Unsere Putzfrau rennt in Stöckelschuhen rum. Desto provokanter die Zeichnung, desto mehr strotzt sie doch nur so von Sarkasmus. Sicher, am Ende ist da eine ästethisch gezeichnete Dame in kurzem Röckchen und sexy Pose. Aber warum sollte ich als junge Frau auch extra hässlich und gegen meinen Stil zeichnen, nur damit am Ende eine typischere Kariktur rauskommt, über die sich die Leute aber genauso aufregen würden. 

Am Ende kommt eine Karikatur dabei raus, die von jedem einzigen Detail her so realitätsfern ist, dass man doch nicht ernsthaft irgendwas da rauslesen kann.


Als ich Apollo übernommen habe, war die Seite vorwiegend von Jungs designt worden. Das Ergebnis: grafische Raketen überall, alles eckig und kantig, keinerlei Kurven. Ich habe da ein weibliches Element reingebracht, das das ausgleichen soll. Etwas mehr Ästethik und Eleganz im Kontrast zu der
  quadratischen Abgeklärtheit der Jungs.

Artikel sind eine schöne und wichtige Form um Gedanken auszudrücken, unsere Autoren geben sich reichlich Mühe immer wieder kreative Ideen zu haben, neue Gedanken, komplexe Theorien über Gott und die Welt. Und ja, die eine oder andere Statistik ist auch nicht schlecht. Doch es gibt einfach Dinge, die kann man nicht erklären. Und dann zieht es mich zu diesem Ur-Instinkt meines Kindergarten -Ichs, das einen Stift in die Hand genommen und einfach gezeichnet hat. Dann entsteht unsere Titeldame, die das Thema der Edition und die Artikel untereinander auf ein konkretes Bild zusammenfasst. Und dieses Bild ist mal kein langweiliges Symbolfoto von Pixabay, das vor uns schon zehn andere Blogs verwendet haben und das nur so schreit: „Wir sind zwar auf dem Papier jung, aber im Herzen sind wir  Boomer und wir interessieren uns auch privat sehr für die Geldpolitik der EZB“. Nein, wir interessieren uns AUCH für die Geldpolitik der EZB, aber auf andere Weise. 

Eine Jurastudentin, eine Medizinstudentin und eine Psychologiestudentin 

Man kann jetzt natürlich eh noch die Frage stellen, was an Frauen als Putzfrau oder Hausfrau denn so schlimm ist, es ist doch jetzt nicht so, als könnten wir als Gesellschaft auf Reinigungskräfte verzichten. Und wenn eine Frau gerne Hausfrau sein will, soll man sie dann zwingen was anderes zu machen? Aber gut, ich verstehe schon was die Kritiker meinen – es geht darum, dass Frauen nicht NUR zu Hausfrauen oder Putzfrauen taugen. Da möchte ich auf unsere Redaktionsaufstellung verweisen. 

Aktuell wird unsere Redaktion vorwiegend von Frauen geschmissen: meine Wenigkeit die Chefredakteurin (Jurastudentin), Larissa Fußer (Medizinstudentin) die stellvertretende Geschäftsführerin und die Einzige, die den Überblick über alles organisatorische behalten kann – fragt mich nicht wie sie das schafft, ich glaube sie kann zaubern – und Pauline Schwarz (Psycholgiestudentin), euch wahrscheinlich bekannt als unser Talkshowgesicht und ebenfalls unverzichtbarer Teil unserer Redaktion. Ich glaube wir sind eher nicht so Typen von Frauen die unterdrücktes Hausweibchen ausstrahlen. 

Also um das ganze hier mal abzubinden: Ich denke worauf ich hinaus will, ist, dass eben weil unsere Dame – so wird sie übrigens auch redaktionsintern sehr respektvoll genannt, wie ich nochmal anmerken will – so viele sexistische Stereotypen verkörpert, ist sie  nicht sexistisch. Wer nur an den offensichtlichen Rastern von: unrealistische Maaße, langes Haar, lange Wimpern, verführerische Pose festhängt, versteht gar nicht, was sie eigentlich gerade macht. 

Eben weil unsere Dame so viele sexistische Stereotypen verkörpert, ist sie gerade nicht sexistisch.


Denn dieses ganze Zeit über, kehrt sie etwas unter dem Teppich hervor (Auch wenn ich die genauere Interpretation dem Auge des Betrachters überlassen möchte). Sie ist gerade dabei etwas aufzudecken, sie macht sauber, sie ist eben eine Putzfrau, das ist ihr Job. Darum übrigens auch die Uniform. Wenn ihr euch erinnert, haben wir von Apollo mit dem Wahlbetrug bei der Berlinwahl auch etwas aufgedeckt, was ziemlich großes sogar. Die Edition, für die unser Putzprofi das Titelgesicht ist, dreht sich komplett um dieses Thema: welche Skandale liegen so offen da, dass man eigentlich nur den Teppich hochheben muss? So gesehen setzten wir unsere Tätigkeit als Journalisten mit der Tätigkeit einer Putzfrau gleich – was absolut bescheuert wäre, wenn die Putzfrau aus sexistischen Gründen gezeichnet worden wäre. Da hätten unsere Kritiker auch drauf kommen können – aber die waren zu sehr mit dem Po einer Zeichnung beschäftigt.


So, wir übernehmen jetzt – Apollo News gestaltet heute Tichys Einblick Online

Von Redaktion | In eigener Sache: Wir haben uns heute mal erlaubt, die TE-Online Seite zu übernehmen. Wir finden, wir das haben verdient, wo wir doch jetzt schon wieder in den Lockdown verfrachtet wurden. 
Eigentlich hatten wir für dieses Wochenende eine dreitägige Veranstaltung in Berlin geplant – um unsere TE-Jungautoren zu trainieren und auszubilden. Daraus wurde nichts – die spontanen Eingebungen des Berliner Senats machten Reisen für Nicht-Geimpfte in die Hauptstadt quasi unmöglich. Wir haben uns dazu entschieden, keine Veranstaltung durchzuführen, bei der nicht alle unsere Leute dabei sein können.

Darum haben wir jetzt den Cyber-Angriff gestartet. Auf Zoom spielen wir Redaktionskonferenz, auf Tichys Einblick veröffentlichen wir, was dabei bereits zu Stande gekommen ist. Alles unter der Aufsicht von der echten TE-Konferenz, versteht sich. 

Hier die Artikel, die wir bisher schon veröffentlicht haben:

Heute schreibt hier die Jugend!
Von Max Mannhart

Transsexuellengesetz: Wie die Ampel die Gesundheit von Kindern aufs Spiel setzt
Von Pauline Schwarz

Ärztepräsident Montgomery fordert Impfpflicht für Kinder – „Wir impfen 98 Prozent der Neugeborenen“ 
Von Benjamin Bugante

„Menschen ohne Penis“ oder: Der Sexismus des Missoirs
Von Elisa David 

Bei über zwei Dritteln der gemeldeten ungeimpften Infizierten ist der Impfstatus unbekannt
Von Michael Friese

In Wien verhandelt der Westen über einen neuen Iran-Deal – und knickt erneut vor Teheran ein
Von Sebastian Thormann

NRW-Justizminister fordert Berufsverbot für Ungeimpfte
Von Max Roland

Der Willensbrecherlockdown: Die totale Gemeinschaft kennt kein Pardon mehr
Von Jonas Aston

Massive Proteste gegen Impfpflicht in Wien
Von Jerome May und Max Zimmermann

Stiko-Chef positioniert sich gegen Impfpflicht
Von Benjamin Bugante


Die Wahlplakate – eine Stilkritik

Von Elisa David | Der große Wahltag kommt immer näher – für die Parteien und Politiker geht es um einen schicken Posten und viel Geld. Ich kann nur die Städte beurteilen, in denen ich zuletzt war, aber ich finde anhand der Wahlplakatdichte auf den Straßen kann man die Verzweiflung förmlich spüren. Tja, da hockt man vier Jahre lang im Bundestag, macht sich nen Fetten und fühlt sich wie die Königin von England und kommt plötzlich zu der harten Erkenntnis, dass die Königin von England nicht abgewählt werden kann – die Abgeordneten im Bundestag aber schon. Vielleicht haben manche noch darauf gehofft, die Wahl noch ein bisschen rauszuzögern, wegen Pandemie und so. Aber jetzt sind es nur noch wenige Tage, die letzte Hoffnung ist verblasst und die Energie, die man vorher nicht in das Wohl der Wähler gesteckt hat, werden jetzt in Wahlplakate verpulvert.

Ich kann mir nicht vorstellen, wie man anhand von Wahlplakaten eine Wahlentscheidung treffen kann. Wobei ich denke, dass es bei Wahlplakaten nicht darum geht, tatsächlich Inhalte zu vermitteln und zu überzeugen, sondern vielmehr Präsenz zu zeigen und im Gedächtnis zu bleiben. In Kreuzberg hängen zum Beispiel keine Plakate der Freien Wähler und der AfD und so gut wie keine von der FDP und CDU. Wenn ich also spazieren gehe oder mit Freunden durch die Straßen ziehe, vergisst man schnell mal die eine oder andere Partei. Man ist sich auch gar nicht sicher, ob die in dem Gebiet überhaupt kandidieren. Wähler, die nicht sonderlich politisch sind, sehen die Parteien dann erst auf dem Wahlzettel wieder – wenn sie die Wahl vielleicht schon längst getroffen haben.

Klar, auf Plakaten geht es nicht um detaillierte Konzepte. Ein gefundenes Fressen also für Leute, die sich gerne über inhaltloses Geseier lustig machen – Leute wie mich zum Beispiel. Deshalb und da ich mit sechs Jahren mal einen Malwettbewerb gewonnen habe (also eine Art Expertin auf dem Gebiet Mediendesign bin), habe ich beschlossen, zur Abwechslung mal eine Kritik über die Wahlplakate zu schreiben, die ich auf meinen Wegen so entdecke.

 

Beginnen wir mit meinem persönlichen Favoriten. Ich feiere dieses Plakat deshalb so, weil man es mit Absicht auch komplett falsch verstehen könnte. Es ist nicht zu übersehen, dass es ein Linken-Plakat ist, deshalb interpretiert man die Forderung „Kultur vor Verdrängung zu schützen“ als etwas antikapitalistisches. Doch was wäre, wenn man die Linke gegen die AfD tauschen würde? Dann bekomme „Vor Verdrängung bewahren“ in Kombination mit dem augenscheinlich türkisch-stämmigen Mann eine ganz neue Bedeutung, ohne dass man sonst noch etwas ändern müsste.

 

Bleiben wir bei den Linken. Wusstet ihr, dass die Linken Bus- und Bahnfahrer jetzt zu einem ehrenamtlichen Beruf machen wollten? Wenn nicht, dann müssten sie für eine fette Steuererhöhung sorgen, denn das Bus/Bahn-Ticket kostet sicher nicht zum Spaß Geld. Aber gut, Steuererhöhungen gäbe es mit den Linken sowieso. Nebenbei möchte ich noch anmerken, dass rot und lila eine ganz scheußliche Farbkombinationen ist.

 

Genauso scheußlich wie dieser Wahlspruch. „Mit euch mach ich das“ – was soll das bitte heißen? Klingt für mich etwas wie „Mit euch kann ich‘s ja machen.“ Dazu tut mir die Satzstellung im Herzen weh. Würde man das Parteiprogramm der chinesischen Einheitspartei durch Google Translate jagen, würde der sicher genauso seltsam klingende Sätze ausspucken. Haben die überhaupt ein Parteiprogramm?

 

Wenn ja, dürften sich ihre Parolen nicht so sehr von denen unterscheiden, die zur Zeit Kreuzberg schmücken. Auch chic: „Ein Grundrecht auf Wohnen. Nicht auf Profite.“ Ok, da im Grundgesetz ein Grundrecht auf Eigentum festgelegt ist und Eigentum aus Profiten entsteht, darf ich jetzt annehmen, dass wir auch unter den Grünen enteignet werden? „Klar geht das“, sagt da Bettina Jarasch und sie hat auch Recht – wäre dann halt nur wie in der DDR. Ich frage mich nur, wann „Profite“ eigentlich so ein negativ behaftetes Wort geworden ist. Es ist doch nur das Nomen zu „profitieren“ und profitieren will doch jeder – die Grünen allen voran.

 

Apropos Grüne – mit euch hab ich noch ein Hühnchen zu rupfen. Welche Gesellschaft soll das abbilden? Und welche Politik soll das abbilden? Wir stürmen jetzt mit Schwert und Regenbogenflagge die Firmen, weil die so gemein sind und Geld erwirtschaften? Ihr wisst aber schon noch, wer hier die Steuern zahlt, oder?

 

Auch spannend finde ich die Kampagne von Franziska Giffey. Ich will ehrlich sein – ich hoffe tatsächlich, dass sie die Wahl in Berlin gewinnt und Bürgermeisterin wird, auch wenn ich sie nicht wählen werde. Wenn es nicht die SPD schafft, werden es entweder die Grünen oder die Linke. Und Franziska Giffey ist wenigstens nicht linksradikal, sondern gehört in ihrer Partei – so traurig es ist – noch zu den vernünftigeren. Nichtsdestotrotz kann ich mir bei dem Anblick ihrer Plakate ein Lächeln nicht verkneifen. Denn auf den Fotos sieht sie so brav aus, als hätte sie doch einen Doktortitel.

 

Allgemein finde ich die Kampagne der SPD ganz in Ordnung (jedenfalls von der Ästhetik her, nicht von den Inhalten). Allerdings haben einige Plakate auch verblüffende Ähnlichkeit zu denen der Linken – gleicher Farbton, gleiche Farbkombi, zum Teil gleiche Schrift – habt ihr etwa den gleichen Grafikdesigner?

 

Um hier noch etwas Allgemeinbildung einzubringen: das meine lieben Kinder nennt man übrigens „Oxymoron“.

 

„Berlin, spürst du die Luft nach oben?“ Nee, ich spüre nur wie die Berliner Luft mir langsam in den Kopf steigt, denn ohne Alkohol  ist dieser Kram ja nicht auszuhalten. Ok, nein, das war nur zum Angeben – ich trinke selbstverständlich keinen Alkohol bei der Arbeit. Wenn ich bei jedem schlechten Spruch aus der Politik trinken würde, könnte ich nirgendwo mehr hingehen und auch Twitter nie wieder öffnen. Meine Nerven leiden schon genug, meine Leber soll es nicht auch noch tun müssen.

 

Nebenbei bemerkt, gibt es eigentlich einen Grund dafür, dass alle Kandidaten von Volt aussehen, als würden sie Kunst auf Lehramt studieren? Keine Entschlossenheit oder gar Tatendrang in den glasigen Augen, nur ein abgedrücktes Lächeln, das sagt: „Hi, wir waren Klassensprecher und wollen jetzt auf Bundesebene gehen“.

 

Wie Eingangs schon angemerkt, nach CDU-Plakaten kann man lange suchen. Das hat zum einen etwas damit zu tun, dass kaum welche aufgehängt wurden (da konnte wohl jemand seine Basis nicht mobilisieren). Und wenn doch, dann sehr spät, als schon die besten Plätze an Volt, SPD und MLPD vergeben waren. Aber auch das Design hat eine gewisse Mitschuld. Nicht nur, dass die CDU Kreuzberg völlig überraschend auf Orange und in Teilen auf Türkis umgestiegen ist. Auch das Logo ist deutlich geschrumpft und irgendwie in die Ecke gezwängt – fast als würde die CDU sich tarnen wollen. Denn da man das Partei-Logo erst bei genauerem Hinsehen findet und die Farbkombi völlig unbekannt ist, kann die CDU fast als Splitterpartei durchgehen – und wird es wohl auch werden, wenn sie keinen richtigen Wahlkampf für sich macht, zumindest hier in Berlin.

 

Dieses Foto habe ich nicht in Berlin sondern in Lübeck aufgenommen. Ich fand es lustig, denn zu der Zeit hat die Grüne allen ihren Kandidaten einen grünen Filter verpasst – ob das nun grün vor Neid darstellen soll, oder die Gesichtfarbe, die ich bekomme, wenn sie an die Macht kommen, weiß ich nicht. Dieses Plakat war jedenfalls das erste „farbige“ Plakat und wie man vielleicht erkennen kann, ist es um einiges größer als die meisten (auch die anderen Kandidaten der Partei haben nicht so große Plakate abgestaubt). Ich würde deshalb sagen, dass der gute Bruno also auf der Mission ist, die Erstwählerinnen in Lübeck abzugraben – mit seinen schlagenden Inhalten natürlich…

 

Das Foto soll nur als Bonus dienen und beweisen wie austauschbar die Sprüche alle sind. Denn der Satz „Damit aus wollen machen wird“, mit dem Santander hier sein BestCredit-Angebot bewirbt, könnte genauso gut auch auf einem SPD-Plakat, oder dem von jeder anderen Partei stehen. Vielleicht teilt sich da jemand die Marketing-Firma?

 

Alle abgebildeten Fotos wurden von mir auf einer Gurke aufgenommen, die sich IPhone SE 2016 nennt. Seid bitte nicht zu streng bei der Bildqualität, mein armes Handy ist schon sehr alt, hat schon einige riskante Fälle überlebt und ist nicht mehr so ganz auf der Höhe – aber es hat sein bestes gegeben!


Düsseldorfer Aberwitz: Stehenbleiben wird verboten

Von Elisa David | Es dürfte der sonnigste Februar seit Jahren sein. Nach der Kälte zu Anfang des Monats, kann ich jetzt ohne Jacke draußen herum laufen und ich habe bei mir sogar schon die ersten Sommersprossen entdeckt. Es ist wunderschön – es ist angenehm frisch draußen, die Vögel zwitschern, man kann die ersten Frühblüher bewundern und die Luft duftet nach Frühling. Frische Luft war mal gut für das Immunsystem. Aber das war einmal, zu einer Zeit bevor Karl Lauterbach dazu geraten hat, eine Brille zu tragen, weil sich das Corona-Virus rein theoretisch auch über die Augen übertragen ließe (Ironie aus).

Entspanntes Spazieren gehen und einfach mal tief frische Luft durchatmen ist nicht mehr. In meiner Heimatstadt in Lübeck kann man sogar nicht wenige beobachten, die lieber auf die Straße springen, statt an einem vorbei zu laufen. Auch ohne Maskenpflicht tragen vor allem alte Leute freiwillig draußen eine Maske. Hier in Berlin hingegen halten sich kaum noch Menschen daran. Ähnlich dürfte es auch in Düsseldorf gewesen sein. Denn dort, will die Stadt beobachtet haben, wie viele Menschen in der Altstadt und am Reinufer unterwegs waren – und es sogar gewagt haben, für längere Zeit dort zu verweilen. Das geht natürlich gar nicht. Deshalb führt man dort jetzt kurzerhand ein „Verweilverbot“ für die Altstadt ein. Dieses Verbot betrifft längeres Stehenbleiben, Hinsetzen und das Hinlegen auf einer Wiese und gilt Freitags ab 15 Uhr und Samstags und Sonntags ab 10 Uhr. Man soll also im Grunde mit Maske bewaffnet schnell durchhuschen, ja niemandem begegnen, bloß keine Frischluft, bloß nicht zu viel Sonnenlicht.

Man weiß nicht mehr, was man dazu sagen soll. Wie züchte ich eine für Krankheiten anfälligere Gesellschaft? Nun, ich verbiete Ihnen rauszugehen, Freizeit ist unwichtig. Dann verbiete ich Sport. Als nächstes verbiete ich selbst an der frischen Luft, das Einatmen besagter Luft, wer Sauerstoff haben will, soll zu Hause lüften. Das Privileg, Sonnenlicht auf der Haut zu spüren, gewähre ich nur denen, die einen triftigen Grund vorweisen können, warum es nicht anders geht. Und dann, wenn ich den Menschen jegliche Lebensqualität und Freude geraubt habe – dann sage ich ihnen, dass sie positiv denken sollen. Ich kann es wirklich nicht mehr fassen. Als ich vor ein paar Tagen zum ersten Mal zu einem blauen Himmel und Vogelgewitscher aufgewacht bin, konnte ich förmlich fühlen, wie es mir besser ging.

Seitdem mache ich in allen Räumen wie aus Reflex immer wieder das Fenster auf. Es zieht mich nach draußen. Strecken, die ich sonst mit dem Fahrrad oder Moped gefahren wäre, will ich jetzt zu Fuß gehen. Niemand kann mir sagen, dass es falsch ist, diesen Bedürfnissen – die man ja nicht ohne Grund hat – nachzugehen. Ich bin kein Experte, aber trotzdem davon überzeugt, dass es meiner Gesundheit nicht schaden wird. Aber bitte, die Regierenden sind bekanntlich die Fachleute, es ist bestimmt viel schlauer, den Menschen jetzt das Stehen zu verbieten. Klingt ganz so, als hätten wir alles im Griff.

Dieser Artikel von Elisa David erschien zuerst auf TichysEinblick.

Was kommt nach der Maskenpflicht im Auto?

Von Elisa David | Letzten Dezember habe ich die steile These aufgestellt, dass diejenigen, die alleine im Auto Maske tragen, auch alleine im Bett mit Kondom schlafen. Was von vielen mit Humor genommen wurde, hat aber auch nicht wenige dazu angestiftet, wirre Nischenszenarios zu erfinden, in denen es logisch wäre, mit Maske alleine im Auto zu sitzen. Damit dass sich manche angegriffen fühlen würden, habe ich gerechnet. Womit ich nicht gerechnet habe: dass der Berliner Senat sich davon inspiriert fühlen würde. Denn der hat in einer Sitzung am Dienstag einige Regelungen der Corona-Verordnung abgeändert. Und so wurde tatsächlich eine Maskenpflicht im Auto beschlossen. (Und ich dachte die Rodelpatrollie der Polizei wäre eine absurde Nachricht gewesen…)

Die Maskenpflicht bezieht sich allerdings nur auf die Beifahrer und nur solche, die nicht mit dem Fahrer im gleichen Hausstand leben. Wenigstens etwas Vernuft, ich fand Paare die alleine mit Maske auf der Staße herumlaufen, schon immer seltsam. Wenn die glauben, sie könnten sich gegenseitig anstecken, tragen sie wahrscheinlich selbst im Bett kein – naja, Sie wissen schon. Also gut, jetzt also mit Maske im Auto – die Fahrer werden sich freuen. Kommentare wie „Die Ampel war jetzt aber dunkelgelb“, „Grüner wird´s nicht“, „Nein, auch Fahrradfahrer sind Menschen, halt gefälligst an“, „Nein das Lied mag ich nicht, mach was anderes an“, „Nein das auch nicht, kennst du mich denn gar nicht?“, „Du weißt genau, dass ich in den Wechseljahren bin, schalt die Heizung runter!“ oder „Weiber und einparken, hätte ich mir nicht beim Stepptanzen den Fuß verletzt, würde ich es selbst machen“ werden Sie hinter der Maske ganz einfach als stumpfes Mampfen ausblenden können. Und der Beifahrer hat eine Ausrede, die Nase zu verdecken, wenn das Auto nach Käsefüßen riecht.

Ich denke, ich kann mir den Teil sparen, in dem ich ausführe, warum es gerade nicht praktisch, oder in irgendeiner Weise logisch ist, eine Maskenpflicht im Auto festzulegen. Mich würde nur interessieren, ob das denn auch kontrolliert wird. Eine Fahrzeugkontrolle, bei der alle ihre Stammbäume und Mietverträge vorzeigen müssen. Mir war gar nicht bewusst, dass die Polizei in Berlin so wenig zu tun hat, dass man schon Arbeitsbeschafungsmaßnahmen an den Haaren herbeiziehen muss. Allerdings wird wohl tatsächlich viel wegfallen, wenn die SPD erstmal Clankriminalität abgeschafft hat.

Als nächstes kommt nun wahrscheinlich die Maskenpflicht im Wohnzimmer, wenn man Besuch hat. Einige meiner Nachbarn setzen das tatsächlich bereits um. Kontrollieren müsste das dann aber nicht die Polizei, es gibt genug alte einsame Frauen, die den ganzen Tag nichts besseres zu tun haben, als am Fenster zu hocken und die Bewohner auf der anderen Straßenseite zu beobachten. Jutta Ditfurth könnte man mal Fragen, ob sie sich zur Verfügung stellt. Schließlich hatte sie zu Weihnachten nichts besseres zu tun, als zu überwachen, wie viele ihrer Nachbarn selbst zu Corona nichts wie weg von dieser Nachbarschaft wollten. Wer kann es ihnen verübeln. Nur frage ich mich eins: Wird die Automaskenpflicht nur bei fahrenden Autos überprüft? Oder auch bei stehenden, wackelnden? Frage für den Valentinstag.

Dieser Artikel von Elisa David erschien zuerst auf TichysEinblick.


Clubhouse-App: die neue Plattform für die Moralelite

Von Elisa David | Der eine oder andere, der seine Zeit nicht mit so niederen Dingen wie dem Erarbeiten von Steuergeldern verbringt, mag ihn vielleicht mitbekommen haben – den neuen großen Hype unserer Politik-Elite: Clubhouse. Bei Clubhouse handelt es sich um eine App, die ausschließlich auf Audioinhalten basiert – böse Zungen bezeichnen es als das Twitter für Legastheniker und Schreibfaule. Man kann es sich als interaktiven Podcast oder öffentliches Telefonieren vorstellen.

Was das Format so anziehend macht? Nun, ob es – wie die Betreiber der App behaupten – aus Versehen so gekommen ist, oder doch so geplant war: Die App ist hoch exklusiv. Man kann sich die App zwar im App-Store herunterladen, benutzen kann man sie aber erst, wenn man die Einladung eines Users hat, der schon „im Club ist“. Aktiven Nutzern stehen allerdings nur zwei Einladungen zur Verfügung – der Stoff an dem Freundschaften zerbrechen. Hat man keine Einladung, wird man auf eine Warteliste gesetzt. Die Betreiber begründen das damit, dass sie die noch neue App nicht mit zu vielen Usern auf einmal zu überfordern wollen und lieber qualitativ nach und nach Kapazitäten für mehr Nutzer schaffen. In Wahrheit geht es wohl um High-Society-Simulation für Wichtigtuer im Lockdown.

Gerade die Exklusivität ist es, was Clubhouse für so viele so anziehend macht. Die Betreiber können sich nicht beschweren, denn aktuell ist Clubhouse auf Platz 1 der meistheruntergeladenen Social-Media-Apps im Apple App Store.

Aber selbst wenn man gute Verbindungen hat, gibt es noch einen Haken – denn bis jetzt ist Clubhouse nur für Apple-Nutzer verfügbar. Ein interessantes Detail, denn dafür, dass Apple so gerne als böser kapitalistischer Megakonzern gebrandmarkt wird, der chinesische Kinder ausnutzt und enteignet gehört, ist es doch bemerkenswert, wie viele linke Kapitalismuskritiker dort ihre viele Zeit verdaddeln können.

Auch wenn Clubhouse erst seit kurzem ein Hype in Deutschland ist, so hat die Anwesenheit vieler namenhafter Politiker auf der Plattform bereits für Skandale gesorgt. Wie zuletzt Bodo Ramelow. Der hat wohl noch nicht ganz verstanden, dass man bei Clubhouse eben nicht mit Freunden oder Bekannten telefoniert und höchstens der persönliche KGB-Agent Wladimir das Gespräch mit abhört. Neben Wladimir, der vielleicht trotzdem mitgehört hat, hatte Bodo eine Zuhörerschaft von mehreren tausend Personen – unter anderem zahlreiche Journalisten und andere Politiker, wie Manuela Schwesig – als er letzte Woche nachts davon sprach, dass er in der Ministerpräsidentenkonferenz auf dem Handy Spiele zockt. Bis zu „zehn Level Candy Crush“ schafft er da, während über die Grundrechte, Existenzen und Leben seiner Wähler diskutiert und entscheidet.

Gut, vielleicht ist es nur der Unaufmerksamkeit des Linken-Politikers zu verdanken, dass zum Schutz der Bevölkerung vor Corona noch keine Mauer aufgebaut wurde und zur Rettung der Wirtschaft alle Firmen zum Bevölkerungseigentum gemacht wurden. Trotzdem sind die Äußerungen mehr als bezeichnend. Ob Bodo Ramelow das große Publikum nicht bewusst, es ihm egal war oder er sich vor Journalisten einfach immer so entspannt äußern kann, ohne dass etwas passiert, ist dabei egal. Ramelow und seine Anhänger versuchen sich aktuell gegen einen großen Shitstorm zu verteidigen, denn Johannes Boie von der Welt hat einen Artikel draus gemacht. Dass Ramelow Angela Merkel an dem Abend als „das Merkelchen“ bezeichnete, ist das einzige, für das der sich bisher entschuldigt hat. „Den Namen der Bundeskanzlerin zu verniedlichen war ein Akt männlicher Ignoranz. Dafür meine ehrliche Bitte um Entschuldigung.“

Vielleicht hatte er auch einfach Angst, dass die Rückgängigmachung ebenfalls rückgängig gemacht wird.

Dorothy hat es so schwer

Ein anderer Welt-Artikel, der sich mit Bodos Läster-Podcast, seinem „Candy Crash“ und der immer noch ausstehenden Entschuldigung an die Bürger befasste, prallt völlig an ihm ab. Er retweetet lieber Tweets von Parteikollegen und -anhängern, die sich nun das Maul über einen Welt-Artikel vom 1. März 2012 zerreißen. Damals war Schäuble im Bundestag dabei erwischt worden, wie er Sudoku spielte und die Welthat das in ihrem Artikel verteidigt. Deshalb darf sich natürlich heute keiner mehr über Bodo Ramelow beschweren. Dass Anfang 2012 schon ein bisschen her ist, hat wohl keiner mitbekommen – ich für meinen Teil war damals elfeinhalb und wusste weder wer Ramelow, noch wer Schäuble ist. Aber gut, die haben ja noch nicht mal mitbekommen, dass der Sozialismus gescheitert ist.

Doch während die einen Politiker möglicherweise die Reichweite von Clubhouse unterschätzen, sind da andere die sie entschieden überschätzen. Unsere Lieblingsministerin Dorothee Bär zum Beispiel. Die zeigt sich als riesiger Fan von der neuen App und teilt auf ihrem Twitter-Account unentwegt, dass sie auf Clubhouse tatsächlich aus jeder Büchse gesprungen kommt. Ihr Terminkalender scheint zur Zeit sehr spärlich befüllt zu sein, denn ihrer Clubhouse-Aktivität nach zu urteilen, hat sie massig Zeit um sich über jedes erdenkliche Thema auszulassen, dass sie sich aus den Fingern saugen kann.

Am Mittwoch will sie mit Helge Braun zum Thema „Daten als Chance – die Datenstrategie der Bundesregierung“ diskutieren (also hält sie den auch noch vom Arbeiten ab, aber das ist vielleicht auch besser so). Am Dienstagabend unterhielt sie sich mit einer Reihe von Politikern zu dem Thema „Mut im Blut – braucht Politik mehr Führung?“, aber nicht ohne am Mittag am Sprechkreis „Bitkom Tacheles #1: Digitale Bildung“ mitgewirkt zu haben. Die Tage zuvor nahm sie an den Clubhouse-Räumen „Trump weg, Biden übernimmt! Wird jetzt alles anders“, „Auf welche Technologien wir warten!“ oder „Diversity Talk – wird 2021 das Diversity Jahr?“ teil. Bodo Ramelow hat vielleicht respektlos herumgepoltert, aber er hatte wenigstens noch den Anstand, das mitten in der Nacht zu tun. Dorothee Bär dagegen macht gar keinen Hehl daraus, dass sie den halben Tag damit verbringt, mit ihren mehr oder weniger besten Freundinnen zu schnattern.

Vielleicht denkt sie aber auch man könne das als Arbeit bezeichnen, weil sie es ja schließlich in digital und hipp tut. Wäre eigentlich keine große Überraschung, denn wenn sie tatsächlich 24/7 hart und wertschöpfend arbeiten würde, hätte es – das sage ich als Frau – wohl nicht ihren ultraengen Latexrock gebraucht, damit man realisiert, dass sie Staatsministerin im Bundeskanzleramt für Digitalisierung ist und dass es diesen Posten überhaupt gibt. Für Deutschland ist das Internet an sehr, sehr vielen Stellen noch Neuland, wo andere Länder schon wieder darüber hinaus sind – Stichwort Faxgeräte zum Beispiel. Gerade zu Coronazeiten wäre Digitalisierung ein wichtiges Thema, denn für viele Schüler ist Homeschooling ein Desaster. Dabei braucht Bär gar nicht auf Technologien warten, wie in ihrem genannten Clubhouse-Gespräch, sondern die Technologien zur Verfügung stellen, die es schon gibt. Aber sie ist ja zu beschäftigt, Öffentlichkeitsarbeit auf einer Plattform zu betreiben, die exklusiver kaum sein könnte.

Im Grunde beweist Clubhouse nur, was wir schon immer wussten. Wie damals in der Schule, wo Clarissa und Lara hinter vorgehaltener Hand über Josephine gelästert haben, Neele das mitbekommen und Josephine erzählt hat und Clarissa und Lara sich dann verteidigt haben, dass sie ja nicht wussten, dass ihnen jemand zuhören könnte. Nur damals ging es um die peinliche Frisur oder heimliches Verknalltsein und jetzt – naja, um Politik für Millionen Menschen.

Währenddessen hält Dorothy als Schulsprecherin einen Vortrag vor der Politik-AG. Es geht darum, was sie machen würde und könnte, wenn sie wollte. Ihre Pflicht scheint damit erfüllt zu sein. Morgen wird sie sich dann bei ihren Freundinnen beschweren, wie viel sie doch zu tun hat und dass sie das ja alles nur für sie tut, damit die blöden Jungs nicht unbeaufsichtigt bleiben.
„Kinder an die Macht“ ist vielleicht gar nicht so fiktional, wie wir dachten.

Dieser Artikel von Elisa David erschien zuerst auf TichysEinblick.