Hallo Hollywood, Tolkiens Elben sind nicht schwarz!

Von Martin Cohle | Das Warten hat endlich ein Ende. Die heiß erwartete Serie „The Rings of Power“ ist am 2. September auf Amazon Prime Video erschienen. Zumindest die ersten zwei Folgen. Die restlichen sechs erscheinen in den kommenden Wochen. Aber hat sich das Warten gelohnt?

Die Antwort ist „jein“.  Eines muss man der Serie definitiv lassen: Sie sieht fantastisch aus. Aber bei einem Budget von ca. 500 Millionen (nur die erste Staffel) darf man das auch ruhig erwarten. Doch kein Tolkien-Fan kann die Serie gucken, ohne dass sich ihm der Magen umdreht. Schon kurz nach dem ersten Trailer merkte man auf Twitter und anderen Foren, dass die Fans überhaupt nicht glücklich sind. Aber warum genau?

Um das zu verstehen, muss man zunächst vielleicht etwas anderes klären. Wir leben in einer Zeit, in der Bücher immer häufiger adaptiert werden. Um einige Beispiele zu nennen: The Wheel of Time; Dune; Foundation; Harry Potter; A Song of Ice and Fire und auch Lord of the Rings.

Diese Bücher haben Millionen, wenn nicht sogar Milliarden, von Fans. Und was hat Hollywood (die Hauptstadt der neuen, linken Ideologie)? Genau: Geld ohne Ende, das man investieren kann! Was kann schon schieflaufen? Die Antwort ist: sehr viel! Plötzlich gibt es in der neuen Herr der Ringe Serie schwarze Elben, schwarze Zwerge (die übrigens unter der Erde leben) und schwarze Hobbits bzw. Haarfüße! Tolkiens Inspiration für diese Fantasy-Völker waren allerdings europäische Völker und einheimische Stämme. So repräsentieren die Zwerge zum Beispiel keltisch-germanische Stämme, die Elben skandinavische und die Menschen anglo-sächsische Stämme. Tolkien hat diese Völker also nicht ohne Grund so geschrieben, wie sie in den Büchern oder in der alten Peter Jackson Trilogie sind. Dass die neue Serie Tolkiens Werk nicht respektiert und ganze Völker und die Geschichte verändert, ist wie ein Mittelfinger an alle Tolkien-Fans. Und ganz nebenbei: Kann man hier nicht auch von kultureller Aneignung sprechen?

Aber nicht nur Tolkiens Vermächtnis musste wegen Hollywood, der Diversität und „Wokeness“ leiden. Auch in dem neuen Film von Denis Villeneuve „Dune“ wurde ein wichtiger Charakter verändert. Nämlich „Liet Kynes“. Aus dem weißen, männlichen Ökologen wurde eine schwarze Frau. Ähnliche Veränderungen gab es in zahlreichen anderen Adaptationen, die weiter oben schon genannt wurden. Macbeth wurde zum Beispiel vor kurzem von Denzel Washington gespielt. Das muss man sich erstmal vorstellen: ein schottischer König im Mittelalter, gespielt von einem schwarzen Mann. Macbeth ist meine Lieblingstragödie von Shakespeare und ich liebe den Film von Roman Polanski, ABER ein schwarzer Macbeth? Das ist ein schlechter Witz. Man erkennt hier eindeutig ein Muster. Hollywood will die Diversität in Filmen und Serien krampfhaft durchsetzen. Ganz egal ob man von neuen Projekten oder von Bücher-Adaptationen redet. Mittlerweile muss es in JEDEM Film oder in JEDER Serie eine schwarze, asiatische, homosexuelle oder transsexuelle Person geben! Und zwar ohne Ausnahme!

Ein weiteres großes Problem ist die Inkompetenz der Macher und Drehbuchautoren. Sie sind einfach nicht in der Lage gute, diverse Charaktere zu schreiben. Es gibt selbstverständlich Ausnahmen. Aber am Ende läuft es immer darauf hinaus, dass Schwarze und Homosexuelle nur mitspielen, weil sie schwarz oder homosexuell sind und nicht, weil sie gut geschrieben sind oder besser schauspielern können. Die meisten diversen Charaktere sind schlicht und einfach dumm geschrieben oder höchstens mittelmäßig. Sie haben im jeweiligen Film normalerweise nichts zu suchen, siehe The Rings of Power. Es gibt in Tolkiens Mittelerde keine Elben, die schwarz sind. Meine Theorie ist, dass die Unternehmen, die den Film/die Serie finanzieren einfach eine Quote erfüllen wollen. Sie sagen dem Regisseur, dass er so und so viele schwarze/homosexuelle/transsexuelle Personen in den Film packen muss, egal welche Rolle sie spielen. Bin ich der einzige, der das absurd findet?!

Hollywood hat es also wieder mal geschafft, Millionen von Fans zu verärgern. Ich bin gespannt, welche Klassiker als nächstes von der woken Filmindustrie zerstört werden.


Die Winnetou-Debatte: Zwischen Hitler und „weißer Identitätspolitik“

Von Marius Marx | Mittlerweile sind wir in Deutschland in Sachen woker Cancel-Culture ja schon an allerlei Absurditäten und irrwitzige Verbotsbegründungen gewöhnt, sodass man beinahe meint, von keiner absurden Hexenjagd mehr geschockt werden zu können. Doch die  Debatte um mehrere Publikationen rund um den Film „Der junge Häuptling Winnetou“ hat die vorher schon schwindelerregend hohe Lächerlichkeits-Messlatte zweifellos noch um einige Zentimeter angehoben.

Entzündet hatte sich die Debatte kürzlich an der Entscheidung des Ravensburger-Verlag, den Verkauf von Winnetou-Kinderbüchern einzustellen bzw. diese zurückzurufen. Dabei handelt es sich wohlgemerkt um völlig freie Neuinterpretationen der von Karl May Ende des 1900 Jahrhunderts geschaffenen Romanwelt. Doch allein der bloße Bezug zu May reichte aus, um postkoloniale, woke aktivistische Mobs auf den digitalen Plattformen gegen die Bücher und den Verlag zu mobilisieren. Ravensburger knickte schließlich ein und begründet seinen ungewöhnlichen Schritt nun mit „vielen negativen Rückmeldungen“ und erheblicher Kritik und Rassismusvorwürfen in den sozialen Medien. Dort hätten Kommentare gezeigt, dass „wir mit dem Winnetou-Titeln die Gefühle anderer verletzt haben“. Zudem verbreite das Buch unzulässige und „verharmlosende Klischees“ und zeichne ein „romantisierendes Bild“ von „der geschichtlichen Wirklichkeit der indigenen Bevölkerung“, das weit davon entfernt sei, „wie es der indigenen Bevölkerung tatsächlich erging“.

Diese Argumentation erscheint umso abstruser, hält man sich vor Augen, dass dem Werk sogar extra ein Disclaimer für hypersensible Zeitgenossen vorangestellt würde, der klarstellt, dass das Buch nicht als historisch korrekte Darstellung des Lebens indigener Völker, sondern viel mehr als fiktive Geschichte zu verstehen sei. Völlig zurecht erklärte deswegen der Kunstpädagogikprofessor und Karl May-Experte Andreas Brenne, dass es falsch sei „ein solches Buch nur aufgrund eines Shitstorms aus dem Verkehr zu ziehen“ und warnte vor dem Vorwurf der kulturellen Aneignung, der „schon das Verkleiden als Indianer (…) als rassistischen Akt“ brandmarke.
Auch die Karl-May-Gesellschaft e. V. und Karl-May-Stiftung haben entschieden Stellung gegen den Verkaufsstopp der Winnetou-Artikel – ebenfalls betroffen sind ein Winnetou-Puzzle sowie eine Erstleserbuch – bezogen. In einem gemeinsamen offenen Brief verteidigen sie die Werke Karl Mays und betonen, dass seine Besonderheit gerade darin bestehe, „dass in seiner Darstellung des ›Wilden Westens‹ von Anfang an die Sympathie des Erzählers der leidenden indigenen Bevölkerung“ gelte. Und weiter: „Ihre Würde und ihre menschlichen Qualitäten verkörpern sich in Idealfiguren wie Winnetou, dem Häuptling der Apachen, und die tragische Vernichtung ihrer materiellen und kulturellen Existenz grundiert alle May’schen Nordamerika-Erzählungen“. Außerdem könne nicht bezweifelt werden, dass er durch seine Werke „über mehrere Generationen hinweg als Erzieher zu Toleranz und Weltoffenheit gewirkt“ hat.

Zu dieser Einsicht konnten sich der woke politische Mainstream und die öffentlich-rechtlichen Medienanstalten gemäß ihres „progressiven“ Weltbildes freilich nicht durchringen. Ganz im Gegenteil: So teilte die „ARD“ auf Anfrage der „BILD“ mit, dass der Sender bereits vor zwei Jahren die Film-Lizenzen auslaufen lies und fortan keine Winnetou-Filme mehr zeigen werde. Nina Paysen in ihrer Funktion als „Sandmännchen“-Redakteurin beim RBB ging sogar noch weiter und kündigte an, keine Folgen mehr ausstrahlen zu wollen, in denen das „I-Wort“ benutzt werde.
Die deutschen Winnetou-Fans und Bücherliebhaber zeigen sich von alldem offensichtlich ziemlich unbeeindruckt: Ebenso wie im Rahmen der Layla-Debatte – als ich deswegen noch halbironisch weitere Verbote forderte – scheint gerade der Rückruf und die sich daran anknüpfende Debatte die allgemeine Beliebtheit der Werke noch zu steigern. So ist die Ausgabe der drei Winnetou-Bände – wohlgemerkt im Anaconda-Verlag – Amazon Bestseller und dort nach wie vor das meistverkaufte Buch in der Kategorie „Wildwestromane“.
Dennoch bleibt letztlich die wenig erfreuliche Feststellung, dass fanatische, woke aktivistische Mobs auf Instagram und Twitter mittlerweile bereits in der Lage sind ganze Verlage und dessen Unternehmenspolitik nachhaltig zu beeinflussen. Und diese Entwicklung ist gefährlich. Denn wenn jetzt plötzlich die (geschichts-)wissenschaftliche Präzision und ein modernes Verständnis politischer Korrektheit zum obersten Gütekriterium jahrhundertealter Klassiker der europäischen Literatur erhoben wird, stellt sich nicht mehr die Frage, welche Bücher deswegen vom Markt genommen werden sollten, sondern welche überhaupt gelesen werden dürfen. Gott behüte uns vor dem Tag, an dem diese Leute in den Werken abendländischer Geistesgrößen wie Schiller, Goethe oder Lessing heute verpönte Wörter wie „Muselmann“, „Mohr“ „Neger“, „Zigeuner“, „Rasse“ oder „Volk“ ausfindig machen und daraus ihre bekannten Schlüsse ziehen.
Gespannt darf man dann auch darauf sein, wann Konzerte der deutschen Pop-Band „Pur“, die mit dem Song „Indianer“ einen ihrer größten Erfolge gefeiert hat, das erste Mal Gegenstand woker Boykottforderungen wird.

Aber zurück zu Winnetou und Karl May: Den Vogel in der aufgeheizten Debatte vollständig abgeschossen hat zweifellos ein „Experte“ der beim „Bayerischen Rundfunk“ zu Wort kommt: Der Hamburger Kolonialismus-Forscher Jürgen Zimmerer bringt dort das unwahrscheinliche Kunststück fertig, Karl May gewissermaßen zum gedanklichen Vorreiter der nationalsozialistischen Ideologie vom „Lebensraum im Osten“ zu erklären und eine direkte Verbindung von seinen Werken zur NS-Ostbesatzungspolitik herzustellen. Zimmerer hält die Winnetou-Reihe außerdem nicht nur für durch und durch rassistisch, sondern überdies auch für antisemitisch, frauenfeindlich und natürlich durch „weiße Identitätspolitik“ geprägt. Und als wäre das alles noch nicht genug, holt er dann die ganz dicke Keule raus und behauptet: „Es ist kein Zufall, dass Adolf Hitler und SS-Chef Himmler große Karl-May-Fans waren“.
Bei solch einer stichhaltigen Beweisführung bleibt mir mit Gedanken an alle Liebhaber der Bayreuther-Festspiele nur noch übrig, zu wünschen, dass bloß nicht publik wird, dass Hitler neben May- auch ein glühender Wagner-Fan war. Und für meine zahlreichen vegetarischen Freunde hoffe ich, dass die Tatsache, dass Hitler Vegetarier war, in Zukunft möglichst nicht allzu hohe Wellen schlagen wird. Wir wollen doch schließlich nicht, dass der Vegetarismus noch durch Hitler in ein schlechtes Licht gerückt wird oder gesellschaftlich in Ungnade fällt.


Von Gysi zu Hayek – Die Geschichte einer ungewöhnlichen politischen Jugend, Teil II

Von Marius Marx | Mein Abitur habe ich 2020 gemacht. Wir – die Abschlussklasse von 2020 – waren der erste von  bislang drei Corona-Jahrgängen. Und damit ein historischer: Als vermutlich erster Jahrgang in  Friedenszeiten überhaupt blieben uns Mottowoche und Abi-Ball und damit ein würdiger Abschied von der Schule gänzlich verwehrt. Nur eine abgespeckte Zeugnisverleihung in kleinem Rahmen, wohlgemerkt mit recht willkürlicher Personenobergrenze, Mitte Juni war gerade noch so für uns drin. Mein Jahrgang verbrachte seine letzten Schulwochen nicht in fröhlich-sentimentaler Vorfreude auf das baldige Ende der gemeinsamen Zeit auf der Schulbank, sondern am heimischen Laptop. Wir lernten nicht wie dutzende Generationen vor und hoffentlich auch wieder nach uns miteinander für unsere Prüfungen, sondern jeder mehr oder weniger für sich allein, zu Haus in seinem stillen Kämmerlein: Die letzten zwei Wochen meiner Schullaufbahn fielen dem ersten allgemeinen Lockdown Mitte März 2020 zum Opfer. 

 

Durch die ungeheure Anzahl, Intensität und Frequenz der Ereignisse in den letzten zweieinhalb  Jahren mittlerweile überschattet und gleichsam vernebelt, erinnere ich mich nur noch vage an die letzten Unterrichtsstunden in meinem Leben. Die Meldung der beschlossenen Schulschließung erreichte uns jedenfalls an einem Freitagnachmittag. Es lief die letzte Unterrichtsstunde an diesem trist-trüben Märztag an der Stadtgrenze Berlins – wir hatten zum Leidwesen meiner Klasse Französisch -, da sickerte zu uns auf digitalem Wege die immer noch unglaubliche, aber gewissermaßen schon intuitiv erwartete Nachricht durch. 

In einer bereits damals – sogar in der Regierungslogik – eigentlich himmelschreienden Unsinnigkeit wurde der Schulbetrieb allerdings nicht sofort eingestellt, sondern sollte noch den  kommenden Montag und Dienstag fortdauern und erst ab Mittwoch ausgesetzt werden. Der noch unermesslichen viralen Gefahr trotzend, absolvierten wir also noch die letzten zwei Schultage in Präsenz und veranstalteten eine improvisierte zweitägige Mini-Mottowoche. Düster entsinne ich mich noch dem letzten Schul-Dienstag. Satirisches Motto des Tages war die Pandemie. So kamen wir dann mit Schutzanzügen, Hauben und Masken verkleidet in die Schule, amüsierten uns darüber und ahnten nicht, dass wir damit unserer Zeit nur wenige Wochen voraus waren. Nach der letzten Schulstunde  versammelte sich die halbe Klasse vor dem Klassenzimmer und nahm vorläufig voneinander  Abschied, dabei allerdings noch völlig gefangen in der gutmütigen wie naiven Annahme, unsere Welt und unser Leben würden nach zwei läppischen Wochen „flatten the curve“ wieder  normal in den altbekannten Bahnen weiterlaufen. 

 

Auch ich, damals noch gänzlich von einem Urvertrauen in die Autoritäten – Medien, Wissenschaft und Politik – eingenommen, war völlig überzeugt, dass es sich dabei nur um eine kurze, zwar bemerkenswerte, gleichwohl aber nicht weiter beachtenswerte Episode in unserem jugendlichen Dasein handeln würde. Und so verließen wir gutgläubig die Schule und bereiteten uns in der Quarantäne auf die anstehenden Prüfungen vor. Dort, bei uns zu Hause,  begann die Stimmung mit Blick auf die „Bilder von Bergamo“ und die Geschehnisse in New  York aber zunehmend nervöser zu werden. Diese Bilder im Hinterkopf, waren mein Bruder und ich Ende März noch unheimlich stolz und erleichtert, unsere Bundesregierung von einer Koryphäe wie Christian Drosten beraten zu wissen. Und so waren wir nicht nur froh, als Deutschland auf seinen Rat hin härteste Maßnahmen anordnete, sondern wünschten uns angesichts der Horrorbilder aus Italien und den USA insgeheim ein noch restriktiveres Vorgehen. Meiner Mutter, die im Krankenhaus arbeitet, befahlen wir, auf der Arbeit Maske zu tragen und sich dort im Umgang mit den Patienten so vorsichtig wie nur irgend möglich zu verhalten. Und in den Sozialen Medien lieferte ich mir in dieser Zeit die wildesten und  emotionalsten Diskussionen mit „Coronaverharmlosern“. Auch meinem Vater trichterten wir  unduldsam ein, auf Arbeit und beim Einkaufen aufzupassen, geisterten doch zu dieser Zeit die  wildesten Prognosen, Hochrechnungen und zweistellige Sterblichkeitsraten unter Erwachsenen durch die Medien. 

 

Einzige Beruhigung in dieser Zeit war mir ein geradezu patriotischer Glauben an die vermeintliche Überlegenheit der deutschen Wissenschaftler, allen voran Christian Drosten, die Deutschland – follow the science – schon besser als alle anderen Nationen durch diese verrückte Zeit bringen würden. Und wenn ich ehrlich sein soll, weiß ich wirklich nicht, ob ich eigenständig jemals das Vermögen und den Mut aufgebracht hätte, dieses Weltbild anzuzweifeln. Aber im Laufe des Aprils, als die erste Panik- und Horrorwelle langsam im Abflachen begriffen war, wollte mein Bruder, Physik-, Mathe- und Statistikass in Personalunion, nicht mehr glauben, nicht mehr den Autoritäten blind vertrauen, nicht mehr spekulieren und vermuten – nein, er wollte endlich selber wissen. 

 

Aufbauend auf den damals kursierenden Zahlen stellte er eigene Analysen, Modelle und Prognosen an. Das Problem: Keine davon ist in der Realität jemals eingetroffen. Als in New York  irgendwann die Testpositivenrate die 20%-Marke überstieg, hätten bei zweistelligen Sterblichkeitsraten eigentlich alleine in den folgenden Tagen zehn-, ja hunderttausende dahinraffen müssen. Schon prognostizierte auch er ein beispielloses Massensterben und verzweifelte beinahe an der Tatsache, dass noch immer Flüge von den USA nach Berlin gingen. Als dann aber überall die tatsächlichen Todeszahlen um mehrere Größenordnungen unter den vorher von ihm und allen anderen in der allgemeinen Panik erwarteten Horrorszenarien zurückblieben, bemerkte er,  dass irgendetwas Grobes nicht stimmen konnte. Damit konfrontierte er mich, der an diesen  Apriltagen 2020 noch an die Unfehlbarkeit der Experten glaubte, und ich versuchte diese unwiderlegbaren Tatsachen zu widerlegen, um mein Weltbild aufrechtzuerhalten. Nur: es gelang mir nicht. Seine Beweisführung, seine Argumente waren zu entblößend, zu  stichhaltig und offenkundig unwiderlegbar. Jeder Mensch, der sich diesen Tatsachen undogmatisch stellte, hätte das anerkennen müssen. Die einzig logische Schlussfolgerung, die man nämlich aus der enormen Diskrepanz von Prognosen und Wirklichkeit ziehen konnte, war die, dass sämtliche Horrorprognosen auf fundamental falschen Annahmen beruhten: Die offiziellen Zahlen mussten schlicht um Dimensionen falsch sein.

 

Bereits im April 2020 waren so  für meinen Bruder und mich die wesentlichen Standbeine des Pandemienarrativs völlig klar und unzweifelhaft in sich zusammengebrochen. Und damals glaubten wir naiver Weise, dass dieser für uns offensichtliche Irrtum, dieses unglückliche Missgeschick bald auch von Journalisten und Wissenschaftlern bemerkt werden und die Regierung ihren Kurs daraufhin  natürlich drastisch verändern würde. Aber zu unserer Verwunderung, ja zu unserem Entsetzen, geschah dann das exakte Gegenteil. Anstatt den Lockdown aufzuheben, diesen als Fehler einzugestehen und sich dafür zu entschuldigen, wurde er bis in den Mai verlängert. Und auch die Wissenschaftler und Journalisten setzten völlig unbeirrt ihren einmal eingeschlagenen Kurs fort. Wir konnten es nicht fassen und sahen uns wirklich täglich angesichts dessen, was  um uns herum geschah, ungläubiger an. Dutzende Male fragten wir uns, ob wir oder die Mehrheit der Gesellschaft den Verstand verloren hatten, mehrfach prüften wir selbstkritisch unsere Ansichten, rechneten nach, zweifelten an uns selbst und je mehr wir uns dadurch mit dem Thema beschäftigten, je mehr wir für uns begriffen und verstanden, desto weniger verstanden wir. 

 

Fortan führte ich wieder wilde und emotionale Debatten, nur stand ich dieses Mal selber auf  der völlig gegenüberliegenden Seite. In meinem Freundeskreis stand ich mit meiner Meinung ziemlich alleine da. Niemand konnte und wollte glauben, dass sich sowohl Wissenschaft und Medien so kollektiv irrten. Politisch war ich jedenfalls  innerhalb weniger Tage völlig heimatlos geworden: Die Linke war mit ihren Forderungen nach einem „solidarischen Lockdown“, der die sonst viel angeprangerte Schere zwischen arm und  reich noch drastisch vergrößerte und gerade ihrer eigenen Wählerschaft, den sozial Schwächsten, am stärksten schadete, vollkommen unwählbar geworden. Und die Grünen, die sich mit  Bündnis 90 zu einem nicht unwesentlichen Teil aus der einstigen DDR-Bürgerrechtsbewegung zusammensetzen, konnten gar nicht genug von Bürgerrechtseinschränkungen bekommen, vertraten am lautstärksten diskriminierende Maßnahmen wie 2 oder 3G und standen den irrwitzigen Zero- und No-Covid Konzepten politisch am nächsten.

 

Leidvoll musste ich erfahren, dass der freiheitlich-rechtsstaatliche Grundkonsens, den ich bis  dato in allen Parteien vermutet hatte, entweder nicht existierte oder innerhalb kürzester Zeit über Bord geworfen wurde. Immer ist es so, dass ein Mensch das Normale erst dann zu schätzen lernt und dass ihm seine  wichtigsten Werte und Ideale erst dann vollständig bewusst werden, wenn er diese als bedroht oder eingeschränkt wahrnimmt. Ebenso wie jemand, der Kopfschmerzen hat, erst unter Schmerzen den Normalzustand des physischen Wohlbefindens zu schätzen lernt, ist mir erst in diesen Wochen wirklich klar geworden, welchen hohen Stellenwert geistige Unabhängigkeit, persönliche Freiheit und Selbstbestimmung für mich haben. In Opposition zum Pandemiemanagement  stehend, schien mir so einzig der politische Liberalismus eine adäquate und befriedigende Antwort auf den vorherrschenden illiberalen Zeitgeist zu bieten.  

 

In der Absicht, nicht nur dagegen zu sein, sondern vielmehr auch für etwas zu kämpfen, erschloss ich mir dann Stück für Stück, die Welt freiheitlicher Ideen und Philosophien. Auch durch mein Politikstudium motiviert befasste ich mich mit liberalen Staatstheoretikern, mit Locke, Arendt und Rawls und bin dadurch mehr denn je davon überzeugt, dass eine aufrichtig und leidenschaftlich liberale Partei – im Gegensatz zur nur mehr dem Namen nach liberalen FDP – heute riesiges, bislang schlicht brachliegendes und ungenutztes Wählerpotenzial hätte. 

Las ich noch vor knapp zwei Jahren Gysi, Neubauer und Co, so habe ich mich in den vergangenen Monaten durch die liberalen Denker gearbeitet. Nach diesem bereits vielversprechenden Einstieg in freiheitliches Denken, habe ich mir nun die Klassiker vorgenommen: Popper, Mises und Hayek. Ich bin sehr gespannt!




US-Politiker John Fetterman: Mit Linkspopulismus in den Senat

Von Boris Cherny | John Fetterman ist unübersehbar. Mit seinen 2,06 Metern und 110 Kilogramm sticht er aus der Menge heraus. Seine Tattoos, sein kahler Kopf und sein legerer Kleidungsstil lassen ihn nicht gerade wie einen Kandidaten für eines der höchsten politischen Ämter des Landes aussehen. Tatsächlich ist John Fetterman aber der demokratische Kandidat für einen Senatssitz in Pennsylvania bei den kommenden Wahlen im November. Auch neben seinem Aussehen tritt Fetterman politisch nicht wie der reguläre Demokrat à la Joe Biden oder Nancy Pelosi auf. Er ist Mitglied des progressiven Flügels seiner Partei, der versucht das Establishment aufzuwirbeln. Auch wenn er nicht so radikal wie Alexandria Ocasio Cortez und ihre Kollegen vom „Squad“ ist, unterstützt er dennoch eine interventionistische Wirtschaftspolitik und eine „progressive“ Kulturpolitik.

 

Als ein linker Populist legt Fetterman bewusst Wert auf sein Auftreten. Authentizität ist im Rust Belt (ähnlich dem Ruhrgebiet) sowieso der Schlüssel zum Wahlsieg. Fetterman will den Eindruck erzeugen, er sei ein Politiker, der noch wie ein normaler Mensch lebt, der sich nicht von prüden Dresscodes einschüchtern lässt und nicht den Sprachstil eines Professors besitzt. Ähnlich wie Donald Trump möchte er sich als einfacher Mann des Volkes profilieren. Problematisch ist nur, dass John Fetterman im Gegensatz zu Trump niemals etwas außerhalb eines politischen Amtes geleistet hat.

 

Aufgewachsen ist Fetterman als Kind eines reichen Versicherungsunternehmers in einem relativ sicheren Vorort. Nach einem Abschluss in Harvard und einer Anstellung bei einer Versicherungsfirma zog er 2004 in die Kleinstadt Branndock, wo er als Sozialarbeiter angestellt war. Nach einem Jahr wurde er zum Bürgermeister der heruntergekommenen Stadt gewählt – offiziell ein Vollzeitjob mit einer Bezahlung von 150 Dollar im Monat. Seine Zeit als Bürgermeister kann als durchaus erfolgreich gewertet werden. Er verbesserte die Lebensqualität des Städtchens deutlich, was ihm nationale Anerkennung einbrachte. Allerdings gab es auch damals Skandale. Beispielsweise als erim Jahr 2013,  nachdem er Schüsse in seiner Umgebung gehört hatte, einen unschuldigen afroamerikanischen Jogger verfolgte und mutmaßlich bedrohte. Begründung: Er sei ihm verdächtig vorgekommen. Eigentlich ein politisches Todesurteil in der demokratischen Partei, deren Vorfeld Leute schon für weniger gecancelt hat: Doch der Skandal zog überraschenderweise keine ernsthaften Konsequenzen mit sich, und Fetterman wurde 2018 schließlich nach 13 Jahren als Bürgermeister Branndocks zum stellvertretender Governeur Pennsylvanias gewählt. Fettermans Karriere wirft jedoch eine Frage auf: Wie hat sich dieser Mann finanziell einen langjährigen Besuch in Harvard, und einen 150 Dollar Vollzeitjob leisten können, und jetzt bis zu 1.5 Millionen Dollar an Vermögen zu besitzen?

 

Die Antwort zu dieser Frage ist Familie. Bis in seine 40er hinein, war sein eigener Vater die mit Abstand größte Einnahmequelle, sowohl Studium als auch der jahrelange Job als Bürgermeister wurden von seinem Geld finanziert. 2013 kaufte Fetterman ein Haus für lediglich einen Dollar – allerdings von seiner eigenen Schwester, sie hatte es sechs Jahre zuvor für 70.000 Dollar gekauft. Die Tatsache der familiären Unterstützung wäre nicht weiter tragisch, doch wird sie problematisch, wenn sich Fetterman als der bodenständige Nachbar von nebenan präsentiert. Gleichzeitig attackiert er, ohne jemals langfristig gearbeitet zu haben, seinen kommenden Wahlgegner Mehmet Oz, Arzt und Fernsehpersönlichkeit, als abgehoben.

 

John Fetterman ist sicherlich kein schlechter Mensch und wahrscheinlich auch ein besserer Repräsentant des Volkes als eine AOC, doch ist er ein weiterer Vertreter in der Reihe der Demokraten, die außerhalb der Politik nicht wissen, wie Arbeit aussieht. Joe Biden, Bernie Sanders oder Nancy Pelosi haben fast ihr ganzes Arbeitsleben in der Politik verbracht. Das ist auf der republikanischen Seite zwar oft ähnlich, allerdings sind es die Demokraten, die wirtschaftliche Initiative mit Steuern bestrafen wollen und sich als bodenständige Partei der Arbeiter inszenieren. John Fetterman, der als Vorort-Kind und Elite-Student groß wurde, hat de facto auch wenig Authenzität. Dafür hat er aber gute Chancen,  seine nächste Wahl zu gewinnen. Das ist vor allem der Inkompetenz der Wahlkampagne seines Gegners geschuldet. Neben schlechten Werbespots laufen auch Oz’s Auftritte katastrophal ab, mehrmals musste er sich im Frühjahr auf Trump Rallyes auspfeifen lassen, da er als zu moderat gilt. Das spiegeln auch die Umfragen wider, in denen Oz meist mehr als 5 Prozentpunkte hinter Fetterman zurückliegt. Der Demokrat bestätigt eine alte Regel der Politik im Zwei-Parteien-Staat Amerika. Du musst nicht gut sein – nur besser als dein Gegner. 

 

 

Bild: By Governor Tom Wolf – https://www.flickr.com/photos/governortomwolf/51951626312/, CC BY 2.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=116343692


Von Gysi zu Hayek – Die Geschichte einer ungewöhnlichen politischen Jugend Teil I

 

Von Marius Marx | Mein Interesse an Politik begann sich relativ spät, mit etwa 16 oder 17 – jedenfalls erst zu Beginn der Sekundarstufe II – auszubilden. In einem weitgehend apolitischen Elternhaus aufgewachsen, fiel dann wenig überraschend dem Freundeskreis und der Schule die Aufgabe meiner politischen Sozialisation in die Hände. Die „integrativ-kooperative“ Schule im nördlichen Berliner Speckgürtel, die ich besuchte – nach einer verstorbenen brandenburgischen SPD-Politikerin benannt -, war stolzer Träger des Labels „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“, mit dem sie Lehrer und Schüler selbstverpflichtet, sich gegen jede Form von Diskriminierung einzusetzen.

Zentral über der Tafel schwebend war auf dem Smartboard-Beamer in unserem damaligen Klassenzimmer ein schwarzer Aufkleber angebracht, auf dem in weißen Großbuchstaben „FCK AFD“ zu lesen war; ähnliche Schmierereien oder Sticker, die auf Gängen und Fluren für Klimaproteste und Kundgebungen warben, erfreuten sich ebenso einiger Beliebtheit. Und im Jungsklo direkt neben meinem Klassenzimmer stand auf Kopfhöhe über dem Pissoir mit dickem, schwarzem Edding „refugees welcome“ geschrieben. Mein 17 jähriges Ich konnte in dieser Praxis überhaupt keine Widersprüchlichkeiten ausmachen und hatte mit all dem überhaupt kein Problem; ganz im Gegenteil. Schließlich wurden doch ganz im Sinne einer vielfältigen Gesellschaft die Richtigen und Guten willkommen geheißen und nur die Schlechten und Bösen verdammt. Und wer diese Bösen waren, schien für uns damals immer naturgesetzlich und geradezu unverrückbar in Stein gemeißelt: die Ausländerfeinde, die Faschos, die Populisten, die Klimaleugner: eben „die Rechten“. Und wer als solcher zu gelten hatte, bestimmten bequemerweise wir.

Unser Klassensprecher – ein gleichermaßen charismatischer wie begabter Rhetoriker, der in dieser Zeit nicht nur auf mich ungeheuren Einfluss ausgeübt hat, war bekennendes Mitglied der lokalen „Linksjugend [solid]“. In für mich bis heute nicht gänzlich nachvollziehbarer Weise gelang es ihm – dem wahrlich Antikonservativsten unter allen meinen Klassenkameraden – einmal sogar sich bei einer Wahl auf Gemeindeebene von der CDU aufstellen zu lassen und immerhin einige wenige hundert Stimmen auf sich zu vereinigen.  In Geschichte hielt er enthusiastische Referate über Marx, in Deutsch über Stuckrad-Barre; bei Fußballturnieren und Konzerten gegen „rechts“ spielte er als Frontsänger mit seiner Band vornehmlich Songs von den „Toten Hosen“ und am ersten Mai lief er im schwarzen Block durch Berlin. Wüsste ich es nicht besser oder würde mir eine solche Figur in einem Roman oder Film begegnen, würde ich sie als zu klischeehaft, zu übertrieben stereotypisch und kitschig abtun. Aber so war er eben, unser Klassensprecher. Und sein Einfluss auf die politische Debatte in unserer Klasse kann nicht hoch genug geschätzt werden. 

Vor nicht allzu langer Zeit hat mir so bspw. einer meiner besten Freunde – ein heute im besten Sinne liberal-konservativer Geist – erzählt, er habe unter dem Einfluss des wesentlich von ihm dominierten politischen Klimas unserer Klasse, ja eigentlich das unserer gesamten Stufe, bei seiner ersten Wahl „die Linken“ gewählt.  Der Rest meiner Abi-Klasse konnte – unerhebliche Ausnahmen und politisch Desinteressierte ausgenommen – ohne weiteres ebenfalls dem links-grünen Spektrum zugeordnet werden.

So auch ich selbst. Der Zeitpunkt, da ich begann, mich ernsthaft mit dem politischen Zeiteschehen auseinanderzusetzen, fiel in etwa mit dem zusammen, da ich mit besagtem Klassensprecher zusammen in die 11. Klasse kam.

Und so hielt auch ich in Deutsch „gesellschaftskritische“ Vorträge; und so zierte mit 18 Jahren schließlich ein Aufkleber der Linksjugend meinen ersten eigenen Laptop. Den Sticker hatte ich auf der ersten Demo meines Lebens zugesteckt bekommen, als anlässlich eines Treffens der AfD-Granden um Andreas Kalbitz und Alexander Gauland im Nachbarort eine Gegenkundgebung unter dem Motto „Birkenwerder bleibt bunt“ initiiert wurde. Dort fuhr ich nach dem abendlichen Fußballtraining mit einigen Freunden vorbei, hielt Plakate und Banner hoch, rief „Nazis raus“ als Kalbitz‘ Wagen sich näherte und grinste dümmlich in die Kameras der Lokalreporter. 

Auch die Berufswünsche, die ich damals hegte, sprechen eine eindeutige Sprache: Mein Berufsleben wollte ich ganz in den Dienst des Planeten, der Ökologie und Nachhaltigkeit stellen. Ein Studium im Bereich der Umweltwissenschaften, Energie- und Klimatechnik oder im weiten Feld des Naturschutzes schwebte mir vor. Etwa zur gleichen Zeit begann ich dann auch erstmals politische Literatur zu konsumieren: Die ersten beiden Bücher die ich las waren von Gregor Gysi; zuerst nahm ich mir seine Autobiographie und anschließend ein verschriftliches Gespräch über seine Erlebnisse aus über zwei Jahrzehnten bundesdeutscher Politik vor.

Und ich muss offen gestehen: ich war begeistert von ihm, seinen Ansichten, seiner Art zu schreiben und natürlich von seiner Rhetorik. In kürzester Zeit habe ich dann in der freien Zeit nach der Schule sämtliche im Netz abrufbare Bundestagsreden und Best-ofs von ihm geradezu in mich aufgesogen. Und als wir dann für unsere individuelle Seite im Abi-Buch während unseres letzten Schuljahres gefragt wurden, wer uns persönlich in den vergangenen drei Jahren jeweils am stärksten geprägt hat, musste ich nicht lange überlegen: ganz klar – Gregor Gysi!

So ist also ausgerechnet auf meiner persönlichen Seite der Name Gregor Gysi unauslöschlich verewigt und durch mich sein Name dauerhaft in das Abi-Buch der Abschlussklasse 2020 der Regine-Hildebrandt-Schule eingeschrieben.

Aber um mich nun endgültig zu desavouieren und das Who-is-Who der links-grünen Szene zu komplettieren, sei an dieser Stelle ein weiterer entscheidender Name in meiner jugendlichen politischen Biographie genannt: Luisa Neubauer. Als im Sommer 2019 die Fridays-for-Future Bewegung in Deutschland ihren bisherigen Höhepunkt erreichte und es einige Klassenkameraden und Schüler niedrigerer Stufen auf die Freitagsdemos in Berlin trieb, blieb ich nur aus Faulheit, den verpassten Stoff nachholen zu müssen, in der Schule. Allerdings habe ich mir umgehend nach dem Erscheinen Neubauers erstes Buch „Vom Ende der Klimakrise“ besorgt und – nach dem Lesen in meinen Ansichten bestärkt – natürlich versucht, im privaten und familiären Umfeld das mir Mögliche für die „gute Sache“ beizusteuern.

So habe ich in einer jugendlichen Unbedarftheit und moralischen Selbstsicherheit, die im völligen Gegensatz zu meiner politischen Bildung stand, kräftig die Werbetrommel gerührt, um meinem Umfeld bei der zur „Klimawahl“ erklärten Europawahl 2019 zum richtigen, nämlich grünen Kreuz, zu verhelfen. Als mir dann kurz nach der Wahl zwei meiner besten Freunde und eine gute Freundin offenbarten, sie hätten es doch tatsächlich gewagt die FDP zu wählen, bin ich tatsächlich beinahe vom Glauben abgefallen. Ich konnte wirklich nicht fassen, wie man in einer solch prekären Situation und unter dem Eindruck des zurückliegenden Hitzesommers, eine solche „Klimasünder-Partei“ wählen konnte. Meine Entgeisterung konnte dann nur noch dadurch gesteigert werden, dass in weiteren privaten politischen Auseinandersetzungen auch noch die Regierungspolitik Donald Trumps verteidigt wurde. 

Damals war ich – das muss im Rückblick unumwunden eingestanden werden – ganz im Sinne Rezos davon überzeugt, es gebe in Anbetracht des Klimawandels nur eine einzige legitime politische Meinung. Und das war – wie praktisch – meine eigene. Ich bin als Teenager, ohne mich auch nur ansatzweise mit ihm vergleichen zu wollen, wie schon einst der große Karl Popper in seinen Jugendjahren, wohlklingenden sozialistischen Ideen, oder wie Ralf Dahrendorf es einst so treffend formulierte, den „Versuchungen der Unfreiheit“ anheimgefallen . Um den Weg zum politischen Liberalismus zu finden und den Wert der Freiheit schätzen zu lernen, bedurfte es erst einer globalen Gesundheitskrise, die nicht unwesentlich auch eine der Freiheit war.

Der zweite Teil des Artikels erscheint morgen…

Bildquelle Gysi: Bundesarchiv, Bild 183-1990-1202-011 / CC-BY-SA 3.0, CC BY-SA 3.0 DE, via Wikimedia Commons




Warum Viktor Orbán kein Vorbild für Konservative ist

Von Martin Cohle | Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán wird in der rechtskonservativen Szene immer beliebter. Und nicht nur in Europa, auch in den USA. Vor wenigen Tagen war er in Texas auf der „Conservative Political Action Conference“ wo er eine äußerst kontroverse Rede hielt. In den westlichen Medien wurde er dafür selbstverständlich heftig kritisiert, was ich auch gut nachvollziehen kann. Tucker Carlson ein amerikanischer, rechtskonservativer Moderator von Fox News hat ihn auch vor einiger Zeit interviewt. Für seine kontroverse Meinung und radikale, kämpferische Aussagen wurde er von den Republikanern und Rechten gefeiert.

In Ungarn wird Orbán von Fidesz-Wählern mittlerweile schon als Held angesehen, der seinen verhassten Vorgänger (Ferenc Gyurcsány) abgelöst hat. Übrigens: wenn jemand so sehr gehasst wird wie Gyurcsány, dann ist es keine Kunst die Bevölkerung davon zu überzeugen, dass ich besser bin als mein Vorgänger. Das hat ihm gelungen und seit über zehn Jahren ist er Ungarns Ministerpräsident, der die Bevölkerung extrem spaltet. Diese Spaltung beobachte ich auch in meiner Familie. Aber warum sollte Orbán mindestens für westliche Konservative kein Vorbild sein? Dafür gibt es meiner Meinung nach mindestens zwei sehr gute Gründe, die ich hier kurz erläutern möchte.

 

Grund 1: Orbáns Ungarn ist korrupt.

Wer oft Nachrichten liest und sich in zentral- und osteuropäischer Politik ein wenig auskennt weiß, dass die ungarische Regierung und Justiz extrem korrupt sind. Zumindest für europäische Verhältnisse. Leider kann man die tatsächliche Korruption nicht messen, aber es gibt sehr vertrauenswürdige wissenschaftliche Indizes, die zumindest die wahrgenommene Korruption messen. Für diese Datenerhebung wurden Experten, Wissenschaftler und Unternehmer befragt, um die größtmögliche Objektivität zu erreichen. Die Bevölkerung zu befragen wäre schließlich dumm.Solche Indizes sind zum Beispiel der “Control perception index” von Transparency International, der “Control of corruption index” von Worldwide Governance Indicators oder der “Political corruption index” von Varieties of democracy. Alle drei Indizes zeigen, dass die wahrgenommene Korruption in Ungarn sehr hoch ist – und das, obwohl Ungarn Mitglied der EU ist. Die tatsächliche Korruption zu bemessen ist unmöglich, aber es ist gut vorstellbar, dass sie noch schlimmer ist als die erfasste Korruption. 

 

Der ungarische Journalist und Fidesz-Kritiker „Puzsér Róbert“ findet es unpassend, Ungarn als Autokratie zu bezeichnen. Er findet, dass der Begriff „Monarchie“ viel besser passt. Aber warum? Schauen wir uns die reichste Person in Ungarn an: Lörinc Mészáros ist  Unternehmer und ganz zufällig ein alter Schulfreund von Orbán. Das Vermögen des ehemaliges Fidesz-Parteimitglied und ex-Bürgermeister von Orbans Heimatstadt Felcsút wird auf ca. 1,1 bis 1,3 Milliarden US-Dollar geschätzt, was in Ungarn unglaublich viel Geld ist. Es gibt aber auch unzählige andere alte Freunde, Familienmitglieder und Sympathisanten von Orbán, die von seinem Regime in irgendeiner Weise profitieren. Monarchie ist in dem Fall also doch ziemlich passend. Wird der nächste Ministerpräsident vielleicht Orbáns Sohn?

 

Grund 2: Orbáns Konservatismus ist unehrlich

 

Wenn man Viktor Orbán nur aus den Nachrichten kennt, dann könnte man meinen, dass er ein ganz normaler konservativer Politiker sei. Das ist er aber nicht. Sein Konservatismus ist nicht ehrlich. Orbán ist ein typischer Opportunist, der immer das sagt, was die Mehrheit der Bevölkerung hören möchte. Und große Überraschung: Die Mehrheit in Ungarn ist gegen die EU, konservativ bis rechts und dockt oft leider auch an rechtsextreme Positionen an. Wäre die große Mehrheit der Bevölkerung in Ungarn linksliberal, dann müsste sich Orbán anpassen, um an der Macht zu bleiben. Sonst würden all die verdeckten Korruptionsfälle an das Tageslicht kommen und ihm würde genau das Gleiche passieren wie seinem Vorgänger Ferenc Gyurcsány, der in Ungnade gehen musste und heute als unbeliebtester Ministerpräsident der Nachkriegszeit gilt. Vielleicht würde man ihn sogar ins Gefängnis stecken. Allein schon deswegen kann er gar nicht zulassen, dass ein anderer aus der Opposition an die Macht kommt. Er hat zu viel zu verlieren!

 

Viele die Orbán nicht kennen, wissen nicht, dass er mal auch ein linker, progressiver Aktivist war wie viele Jugendliche im heutigen Westen. Als junger Liberaler war er auch gegen den Sozialismus und hat sich für eine liberale Demokratie eingesetzt. Aber was ist mit ihm passiert? Wie wurde aus einem progressiven jungen Mann ein pseudo-konservativer Politiker, der die Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in Ungarn zerstört? Wie kann sich ein Politiker so radikal verändern? Über diese Frage könnte man eine ganze Bachelor- oder Masterarbeit schreiben.

Ich kann natürlich verstehen, warum so viele Konservative und Rechte in Deutschland und anderswo Orbán mögen und idealisieren. Er provoziert Linksliberale und sagt was viele nicht hören wollen. Ähnlich wie Trump. Schade nur, dass sich hinter der „konservativen Fassade“ ein korrupter Oligarch und Opportunist versteckt, der zusätzlich noch die Demokratie Ungarns zerstört, die Justiz beeinflusst und die Bevölkerung so sehr spaltet, wie nur sehr wenige Politiker vor ihm. Wenn dieser Mann ein Vorbild für Konservative ist, dann will ich mit diesen Konservativen nichts zu tun haben – denn Orbans Machenschaften haben nichts mit Konservatismus zu tun.


Ein Jahr Fall von Kabul: Das Versagen der deutschen Politik

Am 15. August 2022 jährte sich der Fall von Kabul von 2021 zum ersten Mal, Apollo bringt daher diese Woche eine Artikelserie zum Rückblick auf die Geschehnisse von damals und ihren Konsequenzen. 

Von Leon Hendryk | Rückblende: August 2021 – nachdem die westlichen Truppen abziehen, fällt der afghanische Staatsapparat innerhalb weniger Wochen wie ein Kartenhaus in sich zusammen. Die Taliban erobern tagtäglich neue Städte und dringen schlussendlich auch nach Kabul ein, die einzige Stadt Afghanistans, die für die letzten 20 Jahre den Taliban getrotzt hatte. Panisch versuchen tausende Ausländer und Afghanen das Land zu verlassen um der Rache der Taliban zu entgehen, es kommt zu dramatischen Szenen am Flughafen der Stadt. Andere versuchen das Chaos auszunutzen um als angeblich Verfolgte nach Europa oder Amerika auszureisen. Die Evakuierung der Ausreisewilligen verläuft schleppend, die Verantwortlichen sind sichtlich überfordert mit der Situation. Auch die deutsche Regierung versagt auf voller Linie und schafft es nicht, alle eigenen Staatsangehörigen und für sie arbeitende Afghanen rechtzeitig aus dem Land zu bringen. Der Abzug wird zum krönenden Finale einer von Misserfolgen geprägten Afghanistan-Mission.

Dieser völlig chaotische Abzug der Militärallianz wirft auch in der deutschen Öffentlichkeit viele Fragen auf. Warum war man nicht auf diese Entwicklung vorbereitet, oder hatte sie zumindest in Erwägung gezogen? Warum schafften es die Verantwortlichen nicht, die Evakuierungsflüge zu füllen, was dazu führte, dass fast leere Flugzeuge in Kabul starteten, während Hunderte auf ihre Evakuierung warteten? Um diese Fragen zu beantworteten, richtete der Bundestag im Juni 2022 einen Untersuchungsausschuss ein. Ein schon im Mai eingebrachter Antrag der AfD-Fraktion für die Bildung eines solchen Untersuchungsausschusses hatten zuvor alle anderen Parteien abgelehnt. 

Der Untersuchungsausschuss besteht aus Mitgliedern aller im Bundestag vertretenen Fraktionen, wird allerdings geleitet von niemand geringerem als Ralf Stegner (SPD). Dieser machte in den letzten Jahren vor allem mit Pöbeleien gegen politische Gegner von sich reden. Das ausgerechnet ein Parteisoldat der SPD den Ausschuss leitet ist erstaunlich, denn einer der mutmaßlichen Hauptverantwortlichen des Debakels ist der damalige Außenminister Heiko Maas. Schon mehr als eine Woche vor dem Fall Kabuls hatte die deutsche Botschafterin in den USA, Emily Haber, ihn gewarnt, dass amerikanische Geheimdienste eine baldige Einnahme der Stadt durch die Taliban befürchteten. Doch diese Worte verhallten, Maßnahmen wurden anscheinend keine getroffen. Der Notfallplan für die Evakuierung der deutschen Botschaft in Kabul wurde ebenso erst später aktiviert. Auch der jetzige Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) war damals schon als Vizekanzler beteiligt. Doch nicht nur die SPD untersucht ihr eigenes Scheitern in Afghanistan. Auch die CDU ist mit drei Mitgliedern im Untersuchungsausschuss vertreten. Wie sich das auf die Bewertung des Verhaltens von Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) auswirkt, die damals Verteidigungsministerin war, ist nicht schwer zu mutmaßen.

Insgesamt besteht der Eindruck, dass der Ausschuss eher erklären als aufklären will. Schon in der Bundestagsdebatte um den letztendlich abgelehnten AfD-Antrag machten sowohl Ralf Stegner als auch Norbert Röttgen (CDU) klar, dass es ihrer Meinung nach bei dem Untersuchungsausschuss nicht darum gehe die Verursacher des eklatanten Versagens der deutschen Evakuierungsbemühungen während des Fall Kabuls zu finden. Stattdessen wolle man, so Stegner, „gemeinsam mit den demokratischen Parteien dieses Hauses konstruktiv daran […] arbeiten und aus Fehlern […] lernen“. Röttgen pflichtete ihm bei, und betont: „Im Zentrum eines Untersuchungsausschusses steht die Beweisaufnahme. Es geht um Sachverhaltsermittlung; allein darum geht es“. Doch ist es wirklich die Aufgabe eines Untersuchungsausschusses, nur Aktenordner mit „Beweisen“ zu füllen? Eine polizeiliche Untersuchung nach einem Gesetzesverstoß begnügt sich schließlich auch nicht mit der Beweisaufnahme, sondern nutzt diese Beweise dann um möglichst schnell die Verantwortlichen zu finden. 

Abgesehen von ihrem etwas seltsamen Verständnis des Untersuchungsauftrages ist es höchst fragwürdig, dass die Parteien CDU und SPD, die zum Zeitpunkt des Debakels die Regierungsverantwortung trugen, 6 der 12 Mitglieder des Ausschusses stellen. Realistisch betrachtet haben sie wohl kein besonderes Interesse daran, ihren Parteikollegen (Pardon an die SPD-Fraktion, ich meinte natürlich Parteigenossen) Fehlverhalten zu bescheinigen. Ganz im Gegenteil, die Entscheidungsmacht könnte sogar dazu genutzt werden um die Fehleinschätzungen und organisatorischen Schwächen von Maas, Kramp-Karrenbauer und Konsorten zu vertuschen. Aber auch bei Grünen und der FDP gibt es wohl leider wenig Interesse die Verantwortlichen von damals ins Visier zu nehmen, schon alleine um den heutigen Koalitionspartner SPD zu schonen. 

Letztendlich bleibt nur die Feststellung: Indem man den ehemaligen Regierungsparteien so viel Macht und selbst den Vorsitz im Ausschuss gewährt, macht man in sprichwörtlicher Weise den Bock zum Gärtner. Echte Aufklärung der chaotischen letzten Wochen des Afghanistanabzugs wird es so wohl nicht geben!



 


Trump punktet mit weiterem innerparteilichen Sieg in Wyoming

Von Boris Cherny | Mit der Niederlage der Kongressabgeordneten Liz Cheney in den parteiinternen Vorwahlen für ihren Sitz im Kongress geht eine weitere Politikerin des „Never Trump“ Flügels der Republikanischen Partei vorerst in den politischen Ruhestand. Auch Lisa Murkowski, „Anti-Trump“ Republikanerin und Senatorin für Alaska hatte bei ihrer Vorwahl mit Problemen zu kämpfen. Das sind Zwischensiege für Ex-Präsident Donald Trump in seinem Rundumschlag innerparteilichen Gegner.

Liz Cheney, Tochter von George W. Bushs Vizepräsident Dick Cheney und seit 2017 Abgeordnete für Wyomings einzigen Distrikt im amerikanischen Repräsentantenhaus, war einst als konservative Abgeordnete bekannt. Sie stimmte im Repräsentantenhaus zu 93 % der Fälle für Trumps Positionen, öfter als einige Abgeordnete aus dem engsten Kreis des Präsidenten. Infolge der Ereignisse nach dem Sturm auf das Kapitol durch Trump Unterstützer am 6. Januar 2021 wurde sie zu einer der berühmtesten republikanischen Kritiker Trumps. Unter anderem stimmte sie als eine von zehn Republikanern im Repräsentantenhaus für die Amtsenthebung Trumps.

Seitdem ist sie zu einem der innerparteilichen Hauptgegner des ehemaligen Präsidenten geworden. Aber auch an der Basis ist sie auch unbeliebt geworden, nachdem sie von den gegnerischen Demokraten in den Ausschuss zum 6. Januar ernannt wurde und dort nun als vermeintliche Vertreterin der Republikaner auftritt, obwohl Kandidaten der republikanischen Fraktion für Ausschussposten von den Demokraten blockiert wurden. Vielen Trump-Anhängern gilt sie damit auch als republikanisches Aushängeschild, als „RINO’s“ (Republikaner nur im Namen),  für Attacken der Demokraten gegen Trump und die Republikaner.

Dieses Jahr stehen in den USA die „Midterms“ an. Bei diesen Wahlen in der Mitte der Amtszeit des Präsidenten werden alle Abgeordneten des Repräsentantenhauses und ein Drittel der Abgeordneten im Senat neu gewählt. Vorher stellen sich die Kandidaten innerparteilichen Vorwahlen, die über den Frühling und Sommer verteilt sind. Gestern stand nun auch die Vorwahl für Cheneys Distrikt an. Diese verlor sie krachend gegen den von Trump unterstützten Kandidaten Harriet Hageman.

Neben Liz Cheney werden auch andere Trump-Kritiker innerhalb der Republikanischen Partei Ziel von Trumps Rache. Insbesondere die Senatoren und Kongressabgeordneten, die für seine Amtsenthebung stimmten, sind in seinem Visier und sollen, wenn es nach Trump geht, keinen Platz mehr bei den Republikanern haben. Deshalb stellt er nun, wie im Fall von Liz Cheney wie auch in unzähligen anderen republikanischen Vorwahlen, eigene Gegenkandidaten in den Vorwahlen auf, um die unliebsamen Politiker abzuwählen. 

Zeitgleich zu Cheneys Vorwahl wurde in Alaska die „Anti-Trump“ Senatorin Lisa Murkowski auf die Probe gestellt. Auch wenn sie vorerst in die Hauptwahlen im November einzieht, wurde sie durch ihre trumpistischen Gegenkandidaten stark geschwächt. Manch anderer „Anti-Trump“ Republikaner hatten weniger Glück. Von den zehn Republikanern, die im Repräsentantenhaus für eine Amtsenthebung Trumps stimmten, stehen, nach Cheneys Niederlage, nur noch zwei zur Wahl im November. Vier der anderen Acht haben ihre Vorwahlen verloren, und der Rest hat sich, mutmaßlich um nicht in den Vorwahlen zu scheitern, nicht zur Wiederwahl gestellt.

Mit Cheney setzte Trump jetzt seinen Feldzug gegen innerparteiliche Gegner fort. Bei weitem nicht jeder Versuch einen solchen loszuwerden war erfolgreich: In Georgia etwa fuhren Trumps Gegenkandidaten peinlich hohe Niederlagen ein, aber in Staaten wie Wyoming steht fest: Das ist und bleibt Trump-Land.




US-Abgeordnete AOC: Jung, vocal, linksradikal

AOC-Karikatur. Von DonkeyHotey via Wikimedia Commons (Lizenz)

Von Sven Verst | Der deutsche Sommer war bisher sehr ereignisreich: Neben einer bundesweiten Debatte darüber, ob man ein vulgäres Schlagerlied verbieten sollte, gab es auch lebensbetreffende Themen. Steigende Preise in allen Lebensbereichen, ein neues Infektionsschutzgesetz, die mögliche Verlängerung der Laufzeit von Atomkraftwerken und die Vorbereitung auf einen kalten Winter, einen „Wutwinter“, dominieren den politischen Diskurs. Da geraten die USA, welche während Trumps Präsidentschaft dauerhaft in den Medien waren, in den Hintergrund. Die Situation in den USA ist jedoch nicht entspannter – das Land ist gespalten wie eh und je, vielleicht sogar wie selten zuvor. Eine profilierte Politikerin blamierte sich diesen Sommer gleich mehrmals.

Alexandria Ocasio-Cortez, kurz AOC, sitzt seit Januar 2019 im Repräsentantenhaus und gehört zu den radikalsten Politikern im Land. Auf ihrer Instagramseite erstellt sie regelmäßig Stories für ihre 8,7 Millionen Follower über ihren Tag. AOC ist vor allem Polit-Influencer, ihre Arbeit in den sozialen Medien scheint für sie fast wichtiger als die Arbeit im Kongress. Erst kürzlich wurde sie dafür von einer anderen Demokratin angegriffen: Senatorin Ramos aus New York kritisierte Ocasio-Cortez für Mangel an Arbeit mit Menschen aus ihrem Wahlkreis sowie Mitarbeitern. Stattdessen betreibt sie möglichst medienwirksamen Aktivismus. Auch in Deutschland haben wir eine junge Abgeordnete, welche ihre Zeit vor allem damit verbringt, Tanzvideos auf TikTok hochzuladen, während 104 Fragen auf abgeordetenwatch.de auf eine Antwort warten. Diese neue Politikerklasse, die lieber im Netz als im Parlament wirkt, ist also kein deutsches Phänomen.

Zurück zu Ocasio-Cortez, welche an den Stufen zum Kapitol von einem Comedian geschmacklos angesprochen wurde. Er beschrieb sie als seine „favourite big booty Latina“. Ocasio-Cortez war besonders verärgert darüber, dass dieser Mann nicht von der anwesenden Polizei in seinem Recht eingeschränkt wurde, frei zu sprechen. Ein Recht, welches in den USA im Vergleich zu Deutschland deutlich ausgeprägter ist. Verstört von dem Vorfall berichtete sie auf Instagram und erfand weitere anzügliche Komplimente dazu. Es ist nicht das erste mal, dass „AOC“ sich als Opfer von Sexismus inszeniert – dem profilierten konservativen Kommentator Ben Shapiro warf sie „catcalling“, also Belästigung vor, weil dieser sie auf Twitter zu einer Debatte eingeladen hatte. 

Neulich sorgte die radikale Sozialistin erneut für Aufsehen: In einer weiteren von ihr als „ziviler Ungehorsam“ betitelten Aktion wurde sie nach einer Demonstration gegen das amerikanische Supreme Court  zusammen mit 16 weiteren demokratischen Abgeordneten verhaftet. Hintergrund der Aktion war die umstrittene Entscheidung des obersten Gerichtes, das bundesweite Recht auf Abtreibung zu kippen. Republikaner werfen ihr vor, es aussehen zu lassen, als wäre sie in Handschellen abgeführt worden, was nicht der Fall war.

Als weitere Aktion gegen die Gerichtsentscheidung bezüglich Abtreibung verkündete sie in einer Instagramstory, zur Maniküre zu gehen. Diese Maniküre sei eine persönliche Reklamationshandlung. Die klare Absurdität dieser Aktion wirft selbstverständlich Fragen auf bezüglich der Wichtigkeit des Themas. Mutige Maniküre ist das nicht – eher peinliche, persönliche Inszenierung. 

Alle guten Dinge sind drei. Dementsprechend informierte sie auf Twitter ihre 13 Millionen Twitter-Follower, wie man Abtreibungsregeln umgehen kann. Dafür ruft sie jedoch nicht nur auf, in einen anderen Bundesstaat zu reisen oder eine Fehlgeburt vorzutäuschen, sondern weist auf die Organisation AidAccess hin, welche illegale Abtreibungsmedikamente zur Verfügung stellt. Dafür schreiben Ärzte in Europa ein Attest, mit welchem diese Medikamente dann von indischen Apotheken bestellt werden können. Das Ganze soll lediglich um die 105€ kosten.

Eine weitere wichtige Entscheidung des Supreme Court reduziert die Macht der Environmental Protection Agency (EPA). Die darf nun nicht mehr Treibhausgasemissionsgrenzen festlegen und somit tief in die amerikanische Wirtschaft eingreifen. Emissionsgrenzen dürfen laut dem Urteil nur vom Kongress und Senat festgelegt werden. Ocasio-Cortez beschrieb dieses Urteil als Putsch und forderte nichts weniger als die Auflösung des Gerichts. Aus der Perspektive von freiheitsliebenden Menschen ist es ein positives Urteil, denn Entscheidungsgewalt wurde dem Regierungapparat entzogen und zurück an die Repräsentanten des Volkes gegeben – und wer die Auflösung des obersten Organs der unabhängigen Judikative fordert, ist zumindest deutlich näher am Vorwurf eines „Putsches“, als das oberste Gericht es je sein könnte. 

Auch vor Eigennutz macht Ocasio-Cortez keinen Halt. Eine ihrer Kernforderungen ist das Vergeben von Studienschulden. Allerdings hat sie und weitere Demokraten Studienschulden, sie würden sich also direkt mehr Geld ins Portemonnaie zaubern. Zur Einordnung: Mitglieder im Repräsentantenhaus verdienen $174 000 im Jahr. Damit gehören sie zu den amerikanischen Gutverdienern, denn das durchschnittliche Jahreseinkommen von Haushalten liegt gerade mal bei $95 000. Eine Umverteilung von unten nach oben, mit Unterstützung der selbsterklärten demokratischen Sozialisten.

Nicht verwunderlich also, dass Jim Messina, ehemaliger Obama Campaign Manager, sich auf Twitter negativ über Ocasio-Cortez auslässt – und sich nicht zurückhält. Messina kritisiert ihre „progressiven“ Vorstöße besonders in den kommenden Primaries wörtlich als „dumme Scheiße“. Demgegenüber steht ein Kommentar im Politmagazin „The Hill“, laut dem Ocasio-Cortez die vermeintlich besten Chancen gegen Trump in 2024 hätte. Der Ex-Präsident dürfte sich ins Fäustchen lachen, wenn er solche Beiträge liest – selbst gegen Hillary Clinton hatte er es nicht so leicht, wie er es gegen die Lifestyle-Sozialisten AOC hätte. 


Zu woke für Hollywood: DC cancelt seinen Batgirl-Film

Von Boris Cherny | Das Hollywood der letzten Jahre ist für seine Neigung zur politischen Korrektheit und linker Identitätspolitik bekannt. Keine Preisverleihung vergeht, ohne eine Rede, in der uns ein Schauspieler mit Sektglas in der Hand auffordert, dem Klima zuliebe weniger zu konsumieren. Ein Monat, in dem nicht einem Regisseur oder Darsteller entweder Rassismus, Transphobie, Sexismus oder alles gleichzeitig vorgeworfen wird, ist zur Seltenheit geworden. Außerdem kommt kaum noch ein Film ohne politische Agenda aus. Die meisten solcher Streifen gehen vor dem Publikum gnadenlos unter, doch das scheint bisher den Studios und Drehbuchautoren herzlich egal gewesen zu sein.

Doch nun ist es nach dem jahrelangen Trend von woken Filmen zur Katastrophe gekommen. Der fast fertiggestellte woke Superheldenfilm „Batgirl“ wird gar nicht erst erscheinen, wie das Studio Warner Bros. am 2. August bekannt gab. Der Film sollte auf der Streamingplattform von Warner Bros. HBO Max erscheinen. Einen gedrehten Film noch vor Streaming-Start zu verwerfen, ist eine äußerst drastische und seltene Entscheidung, die für Hollywood-Studios einem Super-Gau gleichkommt.

Batgirl sollte von einer Latina gespielt werden

Die Bibliothekarin Barbara Gordon alias Batgirl ist, wie der Name schon verrät, eine Heldin im Fledermauskostüm aus der Welt der Superhelden von DC. Bisher überwiegend in der Rolle als Helferin von Batman bekannt, sollte sie endlich einen eigenen Blockbuster bekommen. Selbstverständlich konnte der Film über diese feministische Ikone nicht ohne eine ordentliche Portion Diversität auskommen. Batgirls beste Freundin ist transsexuell und die Superheldin selbst wird von der Latino Schauspielerin Leslie Grace verkörpert. Auch wenn sonst nicht viel über die Story bekannt ist, kann man sich eines Films voll von politischer Korrektheit sicher sein, vor allem wenn man den Ergebnissen der Probevorführungen des Films Glauben schenken darf. Denn neben einer allgemein unterirdischen Qualität soll der Film für die Testaudienzen hauptsächlich viel zu politisch gewesen sein. Zwar bestreitet Warner Bros., dass der Film aufgrund seiner Qualität nicht erscheint, gleichzeitig beteuert CEO David Zaslav jedoch, man bringe keinen Film heraus, an den man nicht glaube. Die genaue Bedeutung dieses Satzes ist unklar, doch einen Film mit einem 90 Millionen Dollar Budget zu verwerfen, ohne dass es einen Mangel an Qualität gibt, wäre eine wirtschaftlich nur bedingt sinnvolle Entscheidung von Warner Bros. Gewesen – insbesondere da schon die letzten DC Filme floppten und Warner Bros. einen Erfolg mit dem Franchise dringend braucht.

Rassismusvorwürfe gegen Warner Bros

Der erwartete Aufschrei der englischsprachigen Mainstream-Presse kam sofort. NBC betitelte die Aufgabe des Films als „unvernünftigen Schlag für diverse DC Comic Fans“ und brachte das Fiasko mit vermeintlichem Rassismus und Sexismus des Managements von DC und Warner Bros. in Verbindung. Auch in einer Online-Kolumne des Film-Magazins „Variety“ wurde Warner Bros. Entscheidung kritisiert und dem Studio vorgeworfen, aufgrund von Rassismus nicht an Latinos und ihre filmischen Geschichten zu glauben. Dass Zuschauer möglicherweise nicht den tausendsten Film durchtränkt von Themen wie Feminismus, Rassismus und Homophobie sehen wollen könnten, und das unabhängig von der Hautfarbe der Schauspieler, kam den Journalisten nicht in den Kopf.

Die Rassismusvorwürfe können allerdings nicht über das Ergebnis hinwegtäuschen: Erstmals ist ein woker Hollywood Film nicht erst in den Kinos gescheitert, sondern bereits vor der Veröffentlichung. Das Ereignis lässt ein Umdenken in der Branche erhoffen, sodass wir vielleicht öfter die positiven Beispiele von alter unpolitischer Unterhaltung, beispielsweise „Top Gun: Maverick“ zu sehen bekommen.