Was, wenn Harry Potters Freunde Impfgegner gewesen wären?

Von Jonas Aston | Die Gesellschaft ist gespalten. Menschen werden kategorisiert und je nach Impfstatus Rechte zugeteilt. Die noch immer drohende Impfpflicht versetzt Millionen Ungeimpfte in Angst und Schrecken. Doch die Situation ist längst nicht so hoffnungslos wie es scheint. Die neue Normalität lässt sich nicht überall durchsetzen: Die Filmindustrie setzt nach wie vor auf die alte Normalität. Selbst in den neuen Blockbustern fehlt von Maske, Abstand und Hygieneregeln jede Spur. Man lässt damit den Zuschauer aus der tristen durchregulierten Realität in eine freie, bessere und einfach normale Welt entfliehen. Jeder Versuch, den CoronaAlltag in Filme zu integrieren, würde auch die absurdesten Blüten treiben. Dabei, würden Corona-Remakes vielleicht auch den letzten klar machen, wie verrückt unsere Lage gerade ist. 

Ron Weasley der Impfverweigerer und James Bond mit 2G-Nachweis

Was wäre zum Beispiel, wenn Ron Weasley und seine Familie sogenannte Impfverweigerer wären? Wie an zahlreichen Unis könnte auch in Hogwarts 2G gelten. In diesem Fall hätte Harry Ron nie kennengelernt und Molly Weasley hätte Harry nicht auf die verzauberte Säule aufmerksam machen können. Harry würde auf der Suche nach seinem Zug ganz verloren am Bahnhof Kings Cross stehen. Wildhüter Hagrid hat sich längst aus dem Staub gemacht und der Schaffner blafft ihn auf die Frage, wo denn das Gleis 9 ¾ sei, nur belustigt an und fordert ihn auf, die Maske richtig aufzusetzen. Die Harry-Potter-Saga würde hier ihr tragisches Ende nehmen und Harry bis zum Ende seiner Tage im Treppenschrank der Dursleys hausen. „Harry Potter und das Virus des Schreckens“, hieße das ganze dann. 

Auch der amerikanische Film „Hangover“ würde ganz anders ablaufen. Im dritten Teil verliert Phil in Tijuana (Mexiko) sein Handy. Aus heutiger Perspektive eine absolute Vollkatastrophe. Wer weiß, welche Einreisebestimmungen in die USA gerade bestehen? So ganz ohne digitales Impfzertifikat hätte Phil schlechte Karten. Doch selbst wenn Phil, Stu und Alan einreisen dürften, würde wohl eine mehrwöchige Quarantäne drohen. Dabei hatten die Freunde doch von Mafia-Boss Marshall den Auftrag, ihm sein Gold im Wert von mehreren Millionen Dollar zurückzuschaffenMarshall hätte wohl längst die Geduld verloren und ihren Freund Doug, den er als Geisel nutzte, erschossen. Nicht auszudenken wäre auch, wenn Alan im ersten Teil zwar „Roofie“-Tabletten, aber eben nicht die Impfung genommen hätte. Der feuchtfröhliche Junggesellenabschied wäre ins Wasser gefallen, genau wie Teil zwei und drei des Films.

In einer coronakonformen Verfilmung hätte Bond nicht nur die Lizenz zum Töten, sondern auch die Lizenz zur Abstandskontrolle

Und wie würden eigentlich die James Bond Filme ablaufen? Unbemerkt in ein Gebäude zu gelangen, um etwa das Informationsnetzwerk Spectre zu bespitzeln, wäre nicht möglich. Schon am Eingang würde die Security sich Impfstatus und Personalausweis vorzeigen lassen. Die Bond-Girls wären vollkommen überflüssig. Mit Hinweis auf die Abstandsregeln, den allgemeinen Hygieneregeln und der Maskenpflicht würde 007 sämtliche Annäherungsversuche freundlich, aber bestimmt ablehnen. Überhaupt stellt sich die Frage, warum ein so ausgewiesener Sicherheitsexperte sich in diesen Zeiten mit profanen Dingen, wie der organisierten Kriminalität beschäftigen sollte. In einer coronakonformen Verfilmung hätte Bond nicht nur die Lizenz zum Töten, sondern auch die Lizenz zur Abstandskontrolle und Maskenverweigerern würde er drohen: „Maske hoch oder ich schieße“.

Solcher Irrsinn hat in den Filmen keinen Einzug gehalten. Filme halten Politik und Gesellschaft einen Spiegel vor und erinnern, dass es auch anders geht. Sie machen Hoffnung auf ein „Zurück in die Zukunft“. Eine Welt ohne stundenlanges Anstehen vor Testzentren, Diskriminierung von Minderheiten und der Grundrechtszuteilung per Zertifikat ist möglich. Wir müssen nur mehr Freiheit wagen. Und irgendwann werden wir das. Auf Dauer ist es noch nie gelungen eine ganze Gesellschaftsgruppe auszugrenzen. Die derzeitige Situation lässt sich nicht schön reden. Doch bessere Zeiten werden kommen. „Am Ende wird alles gut! Und wenn es noch nicht gut ist, dann ist es nicht das Ende.“

 


Wie Inflation und Zentralbanker der Jugend eine Zukunft in Wohlstand verwehren

Von Jonas Aston | Noch vor einem Jahr wurden Inflationssorgen mit einem Lächeln abgewunken. Ganz im Gegenteil: Die Deflation bestimmte die Debatten. Doch nun wird die Politik von der Realität eingeholt. Die Inflation hat beschlossen, sich nicht mehr an das Ziel der EZB „nahe zwei Prozent“ zu halten. Vergangenen September lag die Preissteigerung in Deutschland bei 5,3 Prozent. In den USA liegt sie sogar bei 6,8 Prozent.

Während der Lockdowns zwangsangespartes Kapital sucht sich seinen Konsum und permanente Erhöhungen von Verbrauchssteuern tun ihr übriges. Auch scheint sich Milton Friedmans Erkenntnis doch wieder zu bestätigen. „Inflation ist stets ein monetäres Phänomen“, hat also damit zu tun, wie viel Geld von den Banken in Umlauf gebraucht wird.

Doch die Währungshüter von der Zentralbank sind anscheinend unfähig, die Problematik zu begreifen oder verteilen Beruhigungspillen an die Bürger. Monatelang erklärte das deutsche EZB-Direktoriumsmitglied Isabel Schnabel, dass die höhere Inflation nur von vorübergehender Dauer sein werde. Doch wieder droht der Ausnahmezustand sich zum Normalzustand zu entwickeln. Der neue Bundesbank-Präsident Joachim Nagel sieht „die Gefahr, dass die Inflationsrate länger erhöht bleiben könnte, als gegenwärtig erwartet“.

Nun räumt die EZB sogar ein, dass sie sich verrechnet habe.

Nagels Vorgänger Jens Weidmann ist vor kurzem zurückgetreten. Offiziell aus „persönlichen Gründen“. Es wird aber auch gemunkelt, dass damit zu tun habe, dass Weidmann seine Vorstellungen einer guten, nämlich restriktiven Geldpolitik, nicht durchsetzen konnte. Nun räumt die EZB sogar ein, dass sie sich verrechnet habe. Die Inflationsprognose für 2022 wurde von 1,7% auf 3,1% angepasst. Man habe die explodierenden Energiepreise nicht bedacht.

Die Gewinner und Verlierer der Inflation

Wie immer im Leben produziert die Inflation Gewinner und Verlierer. Gewinner sind Besitzer von Sachwerten und Schuldner, also Personen, Staaten oder Unternehmen, die einen Kredit aufgenommen haben und deren Tilgungsraten durch die Inflation verbilligt werden. Verlierer sind vor allem die Gläubiger, also all jene, die über angespartes Geld verfügen.

Die Jugend sei nicht Verlierer der Inflation. Wer nichts habe, könne schließlich auch nichts verlieren. Dies entspricht jedoch nicht der Wahrheit. Gerade der knappe Geldbeutel der Jugend wird durch die Preissteigerungen enorm belastet. Den Teuerungen stehen keine vergleichbaren Einkommenserhöhungen gegenüber. Da sich die derzeitige Inflation insbesondere auf Grundbedürfnisse bezieht, an denen nicht gespart werden kann, trifft sie die Jugend um so mehr. Noch gravierender wirkt sich die Inflation langfristig aus.

Während sich im Alter unsere Eltern vom Ersparten schöne Urlaube leisten können, werden wir wohl mit einer mickrigen Rente abgespeist.

Auf klassischem Wege kann derzeit kein Vermögen aufgebaut werden. Vielmehr schmilzt das Ersparte bei mehr als 5% Inflation und einem Zins bei 0% auf dem Sparbuch weg.  Anders als unsere Eltern können wir folglich nicht von dem Zinses-Zins profitieren. Unser Geld wird sich also nie einfach so vermehren. Während sich im Alter unsere Eltern vom Ersparten schöne Urlaube leisten können, werden wir wohl mit einer mickrigen Rente abgespeist. Wollen wir nicht auf staatliche Brosamen angewiesen sein, müssen wir auf alternative Anlagemethoden umsteigen.


»Bankier: ein Mensch, der seinen Schirm verleiht, wenn die Sonne scheint, und ihn sofort zurück haben will, wenn es zu regnen beginnt.«
– Mark Twain


 


Die Zukunft des Rechtsstaates – Spaltung, Aufstände, Parallelgesellschaften

Von Jonas Aston | Prognosen sind schwierig, besonders wenn sie die Zukunft betreffen. Das gilt auch für die Zukunft des Rechtsstaates. Stefan Harbarth, Präsident des Bundesverfassungsgerichts, ist um die Zukunft des Rechtsstaates „nicht bange“. Diese Sorglosigkeit finde ich gefährlich. Wenn die Weimarer Republik eins gezeigt hat, dann, dass die Demokratie nicht von einem Stück Papier verteidigt wird, sondern von Bürgern. Bürger, die auf Fehlentwicklungen hinweisen und die sich sorgen. Nur daraus können Verbesserungen resultieren. Wenn Stefan Harbarth sich also nicht für mich Sorgen machen will, dann mache ich mir eben meine eigenen.

In einer Vorlesung wurde mir neulich erläutert, dass sich ein funktionsfähiger Rechtsstaat im Kern auf zwei Elemente stützt: Macht und Legitimität. Ein guter Rechtsstaat kann also Recht durchsetzen und darauf vertrauen, dass die Bevölkerung dies auch richtig findet. Beides steht in engem Zusammenhang. So kann ein Rechtsstaat, der aus Sicht der Bürger illegitim ist, nicht mächtig sein. Der Staat stößt an seine Grenzen, wenn die Bevölkerung den Regeln nicht folgt. Die Legitimität des Staates ist umso größer, je höher das Vertrauen der Bürger in die Regierung ist.

Dieses Vertrauen hat in den vergangenen Jahren Kratzer bekommen. Finanz-, Euro-, und vor allem die Flüchtlingskrise haben Teile der Bevölkerung von der etablierten Politik entfremdet. Das wurde mit dem Aufkommen von Corona kurzzeitig durchbrochen, ist aber inzwischen viel stärker zurückgekehrt. Der Staat, von dem sich viele Bürger innerlich mehr und mehr distanzieren, rückt immer näher. Am liebsten möchte er ihnen bis unter die Haut.

Genau da beginnt die Legitimitätskrise des Staates. Trotz massiven Drucks gehorchen Millionen von Bürgern einfach nicht mehr und geben sich nicht die Spritze. Nun soll die Impfpflicht Abhilfe schaffen. Doch auch die wird das Problem der renitenten Bevölkerung nicht lösen. Sicherlich wird man mit der Impfpflicht noch einige zur Impfung bewegen können. Fraglich ist jedoch, wie man mit dem Rest umgeht. Werden diese für immer vom öffentlichen Leben ausgeschlossen? Haben sie ein regelmäßiges Bußgeld zu entrichten? Kommt ins Gefängnis, wer sich das Bußgeld nicht leisten kann oder die Zahlung schlicht verweigert? Was passiert, wenn die Kapazität der Gefängnisse ausgeschöpft ist? 

Das Bundesverfassungsgericht würde, wenn es die Impfpflicht abnickt, den Charakter des Grundgesetzes verändern. 2007 wurde entschieden, dass ein entführtes Flugzeug nicht abgeschossen werden darf. Auch dann nicht, wenn damit insgesamt mehr Menschen das Leben gerettet werden könnte. Im Zweifel überwiegt das Individual- das Kollektivinteresse. Durch die Impfung kam es bereits zu einigen bestätigten Todesfällen. Wird die Impfpflicht durchgewunken, wird zugleich das Individualprinzip des Grundgesetzes aufgegeben.

Hingegen werden sich die Ungeimpften nicht einfach ihrem Schicksal fügen. Die Frage, die bleibt, ist: Wie weit wird der Macht- und Legitimitätsverlust des Staates gehen? 

Den Ungeimpften (und Maßnahmenkritikern) könnte es durch Demonstrationen und Aufstände gelingen, die Regierung abzusetzen oder zum Rücktritt zu bewegen. Die Ungeimpften – vom öffentlichen Leben ausgeschlossen – haben nichts mehr zu verlieren und werden geradezu auf die Straße gedrängt. Andererseits sind sie die klare Minderheit und haben eine Mehrheit gegen sich, die – wenn man Umfragen trauen darf – das staatliche Handeln für richtig und legitim hält. 

Es könnte also eine Parallelgesellschaft der Ungeimpften entstehen. Dort, wo staatliches Handeln für illegitim oder realitätsfern gehalten wird, entsteht eine eigene Ordnung. Dies galt etwa für Schwarzmärkte in der DDR, aber zum Beispiel auch für den Drogenhandel in der Bundesrepublik. Etwas ähnliches könnte sich bei den Ungeimpften etablieren. Hier müsste man dann nicht nur von einem Schwarzmarkt, sondern vielmehr von einem „Schwarzleben“ sprechen. Der Ungeimpfte hat in diesem „Schwarzleben“ nur noch Kontakt zu solchen, die sich den staatlichen Anordnungen entziehen. Dies gilt für das Arbeitsleben, aber auch für das private Umfeld.

Ich habe die Befürchtung, dass diese Spaltung nur beendet werden kann, wenn eine der Gruppen ihren Standpunkt vollends aufgibt. Das Dilemma kann nur aufgelöst werden, wenn plötzlich alle Ungeimpften zur Impfung eilen oder die Politik (beziehungsweise der Teil der Gesellschaft, der hinter den Maßnahmen steht) die Ungeimpften wieder gleichstellen. Beides wird wohl nicht eintreten, da man vor einem unauflösbaren Konflikt steht. Die Ungeimpften (und Kritiker) beharren auf Prinzipien, die Befürworter beharren auf der Notwendigkeit der Situation. Es bleibt nur zu hoffen, dass Corona über Nacht verschwindet.


Warum 10 Jahre Teilnahme am Krippenspiel mindestens 11 zu viel sind

Von Jonas Aston | „Es begab sich aber zu der Zeit, dass ein Gebot von dem Kaiser August… – Martin, Felix könnt ihr bitte aufhören in der Kirche Fußball zu spielen!“ Es war mal wieder eine Krippenspielprobe zum Verzweifeln. Niemand konnte seinen Text, die Technik funktionierte nicht und die Weihnachtsdeko war gerade Martins Fußball zum Opfer gefallen. Ich fragte mich, warum ich mir das Ganze schon wieder angetan hatte.

Alles begann Ende November. Ich kam gerade von der Schule nach Hause und machte noch einen kleinen Umweg zum Briefkasten. Ich ahnte nicht, dass dies der Beginn meines ganz persönlichen Gangs nach Canossa sein sollte. Darin fand ich den Text für das Krippenspiel und einen Zettel, in dem Uhrzeit und Datum der Proben angekündigt wurden. Einen Freund von mir, der im selben Ort wohnt, erwartete das gleiche Schicksal. Wir waren inzwischen 18 Jahre alt und hatten uns – wie jedes Jahr – geschworen nie wieder an dem Krippenspiel teilzunehmen. Alleinverantwortlich für den ersten Ausfall des Krippenspiels seit wahrscheinlich mehreren Jahrhunderten wollten wir aber auch nicht sein. Außerdem hatten wir eine nicht ganz unbegründete Angst mit Mistgabeln aus dem Dorf gehetzt zu werden. Also gaben wir uns – wie jedes Jahr – einen Ruck und sagten zu.

Da standen wir nun mal wieder inmitten einer bunt zusammengewürfelten Truppe in der Kirche. Letztlich konnten drei Gruppen ausgemacht werden. Einmal wären da die Kinder. Darunter waren meine zwei Geschwister und die beiden Randalierer. Außerdem ist die Gruppe der Ü50-jährigen zu nennen. Irgendwann in ihrer Kindheit wurden sie von ihren Eltern verdonnert an dem Krippenspiel teilzunehmen. Aus Angst vor gesellschaftlicher Ächtung haben sie den Absprung bis heute nicht geschafft. Und dann wäre da noch mein Freund und ich. Uns steht der Weg der Ü50-jährigen noch bevor.

In meiner über ein Jahrzehnt andauernden Krippenspielkarriere habe ich inzwischen jede erdenkliche Rolle gespielt. Mir wurden unter anderem die Rollen Hirte, König und Wirt zugeteilt. In den letzten Jahren bin ich in der Hierarchie so weit aufgestiegen, dass ich mir meine Rollen zumindest selbst aussuchen kann. Ich bevorzuge Rollen im Sitzen. Erstens ist es bequemer und zweitens muss ich dann keine Texte auswendig lernen, da dieser auf dem Tisch vor mir liegt. Vor drei Jahren war es sogar noch einfacher. Bei diesem Krippenspiel war ich der Enkel. Ich hatte partout keine Lust auf Weihnachten und wollte mich lieber mit meinem Laptop beschäftigen. Meine Großmutter wollte mich vom „Geist der heiligen Weihnacht“ überzeugen und war gleichzeitig die Erzählerin der Geschichte. Unnötig zu erwähnen, dass ich meinen Text vom Laptop abgelesen habe.

Das beste an den Krippenspielproben war immer ihr Ende. Dann gab es nämlich Plätzchen und Glühwein. Die pure Verzweiflung darüber, dass auch nach zahlreichen Proben nichts funktionierte und Heiligabend immer näher rückte, konnte in Alkohol ertränkt werden. Doch jeder wusste: nach der Krippenspielprobe ist vor der Krippenspielprobe.

Dieses und letztes Jahr gab es kein Krippenspiel. Eigentlich wäre das ein Grund zur Freude. Doch Weihnachten ohne Kirche und ohne Krippenspiel ist irgendwie nicht dasselbe. Trotzdem sollte es irgendwann wieder ein Krippenspiel geben, bin ich auf gar keinen Fall mehr dabei! Dieses Mal wirklich…ganz bestimmt nicht…


Die Breitscheidplatz-Tragödie – geblieben sind nur unbeantwortete Fragen und die Poller

Von Jonas Aston | 19. Dezember 2016, 20:02 Uhr, Berlin Breitscheidplatz. Anis Amri rast mit einem Sattelzug in eine Menschenmenge. 13 Personen sterben, mindestens 67 werden verletzt. Der islamistische Terror erreicht die Hauptstadt. Geblieben ist die Frage nach dem Warum. Warum mussten so viele Menschen sterben? Warum konnte der Anschlag nicht verhindert werden? Warum sind viele Hintergründe der Tat weiterhin ungeklärt? Warum konnte das passieren?

Klar ist, dass der marokkanische Geheimdienst die deutschen Behörden bereits im Herbst vor Anis Amri warnte. Demnach pflegte Amri Kontakte zum IS und sei bereit einen Terroranschlag durchzuführen. Amri pendelte in dieser Zeit zwischen Berlin und Dortmund. Im Mai 2017 wurde bekannt, dass den Berliner Behörden Beweise vorlagen, dass Amri „gewerbsmäßigen, bandenmäßigen Handel mit Betäubungsmitteln“ betrieb. Laut Innensenator Andreas Geisel (SPD) hätte das ausgereicht, um Amri zu verhaften. Der damalige nordrheinwestfälische Innenminister Ralf Jäger (SPD) gab zur Aussage, dass man den „Eindruck“ gehabt habe, dass Amri sich vom radikalen Islamismus eher weg bewege, um sich der Drogenkriminalität zuzuwenden. Ein folgenschwerer Irrtum.

Tatsächlich radikalisierte sich Amri. Am 10.11.2016 wurde ihm ein IS-Dokument mit dem Titel „die frohe Botschaft zur Rechtleitung für diejenigen, die Märtyrer-Operationen durchführen“ zugespielt. Die Auswertung seines Mobiltelefons ergab, dass er vor der Tat mit dem IS in Verbindung stand. Demnach wollte Amri zum IS ausreisen. Der Kontaktmann bestand jedoch auf der Durchführung des Anschlags. Die Identität des Kontaktmanns blieb lange im Verborgenen, konnte aber vor Kurzem aufgeklärt werden. Nicht durch Ermittlungen der Behörden, sondern auf Recherche des rbb. Der Untersuchungsausschuss zum Terroranschlag am Breitscheidplatz machte „individuelle Fehleinschätzungen und Versäumnisse wie auch strukturelle Probleme in den zuständigen Behörden“ für die Tat verantwortlich.

Spekulationen ranken sich auch um den Namen Bilel Ben Ammar. Focus Online berichtete, dass dieser sich einen Tag vor dem Anschlag mit Amri getroffen habe und auch selbst bei der Tat vor Ort gewesen, wie ein unter Verschluss gehaltenes Überwachungsvideo zeige. Auf diesem soll zu sehen sein, wie Ammar „einem Mann mit einem Kantholz seitlich an den Kopf schlage, um dem flüchtenden Amri den Weg freizumachen“. Der geschädigte Mann starb im Oktober 2021 in Folge des Schlages. Außerdem habe Ammar Fotos vom zerstörten Weihnachtsmarkt an eine bisher nicht identifizierte Nummer geschickt. Neun Tage nach dem Anschlag sei auf Bestreben der Politik entschieden worden, Ammar abzuschieben. In einer E-Mail an die Bundespolizei soll geschrieben worden sein: „Seitens der Sicherheitsbehörden und des Bundesinnenministeriums besteht ein erhebliches Interesse daran, dass die Abschiebung erfolgreich verlaufen soll“. Der damalige FDP-Politiker Marcel Luthe behauptete, dass hiermit Ammar als Zeuge und Ermittler für einen Untersuchungsausschuss verhindert werden sollte. Das Bundesinnenministerium wies die Anschuldigungen zurück und auch die Online-Präsenz der Tagesschau bezeichnete die Berichte als „wohl falsch“.

Mindestens so skandalös wie das Behördenversagen ist der Umgang mit den Hinterbliebenen. Entschädigungsleistungen ließen lange auf sich warten, bürokratische Hürden taten ein Übriges. Die Mutter des ermordeten polnischen Spediteurfahrers, dessen LKW Amri nutze, warte bis heute etwa auf ein Kondolenzschreiben. In einem Gespräch mit der deutschen Welle äußerte sie: „Ich möchte Frau Merkel sagen, dass sie das Blut meines Sohnes an ihren Händen hat“. Im Dezember 2017 wandten sich Angehörige mit einem offenen Brief an die damalige Kanzlerin. Darin wurden ihr Untätigkeit und politisches Versagen vorgeworfen. Am 18. Dezember kam es daraufhin zu einem Treffen mit der Kanzlerin. Der Bundestag beschloss höhere Entschädigungen für die Hinterbliebenen und vereinfachte die Verfahren.

Der Terroranschlag am Breitscheidplatz jährt sich nun das fünfte Mal. Dem Weihnachtsfest wurde eine Spur Trauer zugefügt. Geblieben ist die Angst – verschwunden ist die Unbeschwertheit, denn fast jeder Weihnachtsmarkt beginnt und endet nun mit Pollern.


Willensbrecherpolitik statt Wellenbrecherpolitik

Von Jonas Aston | Eigentlich wollte ich mich Ende des Sommers gegen Corona impfen lassen. Nicht aus persönlichen gesundheitlichen Gründen, sondern vor allem, um meine Großeltern zu schützen. Eine Impfung verhindere das Risiko der Infektion und Übertragung, so hieß es. Dies stellte sich als Märchen heraus. Das Risiko der Infektion und Übertragung ist bestenfalls marginal geringer. Mit steigender Impfquote werden die Freiheiten steigen, so hieß es. Für mich als Ungeimpten stellte sich das genaue Gegenteil heraus. Die Einführung einer Impfpflicht werde es nicht geben. Auch nicht durch die Hintertür. Personen, die dies behaupteten, seien Verschwörungstheoretiker und würden „böswillige Unterstellungen“ verbreiten, so hieß es. Ein weiteres Märchen. Inzwischen sind wir von Verkündung einer allgemeinen Impfpflicht nur noch eine Ministerpräsidentenkonferenz entfernt.

Ich möchte nicht Teil eines Systems sein, in dem entrechtet wird, wer sich dem staatlichen Willen nicht fügt, auch nicht mittelbar durch eine Impfung.

In der Impfdebatte wird das Narrativ von den solidarischen Geimpften und den egoistischen Ungeimpften gesetzt. Meine Entscheidung, mich nicht impfen zu lassen, fiel am 10.08.2021. An diesem Tag wurde verkündet, dass die Tests kostenpflichtig werden. Fortan hieß es nicht mehr impfen für die Gesundheit, sondern impfen für den Geldbeutel, impfen für Rechte, impfen für die Freiheit. Ich stehe hinter dem Ziel, Corona zu bekämpfen, aber nicht hinter den Methoden. Die Impfung wird zu einem Akt der Gehorsamkeit hochstilisiert, der über gut und böse entscheidet. Meine Angst vor dem Staat ist mittlerweile viel größer als die vor Corona. Ich möchte nicht Teil eines Systems sein, in dem entrechtet wird, wer sich dem staatlichen Willen nicht fügt, auch nicht mittelbar durch eine Impfung.

Markus Söder sagte kürzlich, er freue sich über jeden, der sich impfen ließe, ihn könne man dann in der „Gemeinschaft willkommen heißen“. Bisher bin ich davon ausgegangen, durch meinen Nationalpass einer Gemeinschaft anzugehören. Doch ohne Impfpass bin ich anscheinend ein Aussätziger. Dies spüre ich auch jeden Tag. Der Alltag gleicht einem Spießrutenlauf. Mit der S-Bahn benötige ich fünf Minuten bis zur Uni. Der 3G-Regel sei Dank benötige ich nun 25 Minuten – zu Fuß. Den ÖPNV kann ich faktisch nicht mehr nutzen und das, obwohl mein Semesterbeitrag zu einem nicht unerheblichen Teil in ein Bahnticket fließt. An der Uni angekommen, heißt es dann testen. Erst anstellen und dann noch einmal 15 Minuten auf das Ergebnis warten. Wird man in einer Vorlesung ohne 3G-Nachweis „erwischt“, droht laut Uni-Website ein Bußgeld von bis zu 25.000€. In den Semesterferien habe ich ein Gerichtspraktikum absolviert. Dort wurde ein Mann wegen Körperverletzung verurteilt – zu einer Geldstrafe von 10.000€. Abseits der Uni und von Supermärkten wird Deutschland für mich zum Freiluftgefängnis erklärt. Ich komme zwar raus – jedoch nirgendwo rein. Dies gilt aber auch nur von 5 bis 22 Uhr. Dann gilt die Ausgangssperre und selbst die Freiluft fällt weg.

Ebenso belastend sind die Unsicherheiten, mit denen man zu kämpfen hat. Wer garantiert mir, dass die Tests von meiner Uni weiterhin gestellt werden müssen? Wer garantiert mir, dass meine Uni nicht auf 2G umstellt? Leben und Schicksal hängen vom erlauchten Kreis der Ministerpräsidentenkonferenz ab. Ich würde gerne ein Auslandssemester machen. Dafür benötige ich jedoch ein Empfehlungsschreiben meines Dozenten. Dieser ist bisher nicht durch besondere Toleranz gegenüber Ungeimpften aufgefallen. Erhält er Kenntnis über meinen Impfstatus (diesen darf er abfragen), kann ich mir eine gute Note und das Empfehlungsschreiben abschminken.

Der Druck, sich impfen zu lassen, wird mit jedem Tag größer. Wenn Weltärztepräsident Montgomery von einer „Tyrannei der Ungeimpften“ spricht, dann spricht aus seinem Munde der pure Hass. Dass in einem System, in dem per Mehrheitsentscheid regiert wird, eine Minderheit tyrannisieren könnte, erscheint mir absurd. Ich halte es da eher mit Tocqueville, der die „Tyrannei der Mehrheit“ als die große Gefahr der Demokratie bezeichnet hat.

Ich habe das Gefühl, dass es Gesellschaft und Politik nicht darum geht Wellen, sondern Willen zu brechen. Ich musste in den letzten Tagen oft an Orwells „1984“ denken. Im dritten und letzten Teil landet die Hauptfigur Winston Smith als politischer Gefangener im Ministerium für Liebe. Dort wird er mit grausamen Methoden umerzogen und sein Widerstand gegen das autoritäre System gebrochen. Am Ende liebte er den großen Bruder. Dieser personifizierte den Staat. Heute gibt es keine politischen Gefangenen. Nur außergewöhnlich viele Menschen, die wegen Urkundenfälschung verurteilt werden. Ein Ministerium für Liebe gibt es auch nicht. Doch im Alltag spürt man in jeder Minute seine Andersartigkeit und den Druck, der auf einem lastet. Die Impfung ist dann das einzig legitime Bekenntnis, sich des kollektiven Ziels der Bekämpfung des Virus zu verschreiben. Zugleich ist sie Erlösung, nach der man in der „Gemeinschaft“ wieder „willkommen geheißen“ wird.

Neulich saß ich in einer Grundrechtsvorlesung. Unser Professor führte wortgewaltig über den Allgemeinen Gleichheitsgrundsatz aus. Dieser sei das Fundament, auf dem die westliche Welt stehe, meinte er. Seit der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung sei der Mensch „born equal“. Er werde gleich geboren. Deswegen stünden jedem Bürger sämtliche Menschen- und Grundrechte von Geburt an zu – durch seine schlichte Existenz, ohne weitere Voraussetzungen. Zehn Minuten vorher wurde einem Kommilitonen der Zutritt zur Vorlesung verwehrt. Er konnte keinen 3G-Nachweis vorbringen. Entweder bin ich verrückt oder hier läuft etwas gewaltig schief.


Jonas Aston, 20 Jahre alt, Student der Rechtswissenschaften in Jena. Hofft darauf später als Richter Regierungsgesetze für verfassungswidrig erklären zu dürfen. Treibt Kommilitonen mit seinem ewiggestrigen Geschwätz zur Weißglut. Schreibt über Politik, Recht und Gesellschaft.



Liberal, trotz alledem – eine Leidensgeschichte

Von Jonas Aston | Liberal, was ist das eigentlich? Liberal ist zu einem Wort der absoluten Beliebigkeit verkommen. Jeder hält sich irgendwie für liberal – und sei es in der Drogenpolitik oder beim Thema Einwanderung. Für mich gehören die Begriffe Liberalismus und Freiheit untrennbar zusammen. Ich bin Liberaler, weil ich die Freiheit liebe und sie für mich das höchste Gut allen Handelns ist. Für die Freiheit gibt es aber mindestens so viele Definitionen wie für den Liberalismus.

Das letzte Mal richtig frei gefühlt habe ich mich an meinem 18. Geburtstag. Zahlreiche Regeln waren für mich plötzlich nicht mehr existent. Ich kam ich auf jede Party und in jeden Club. Ich durfte (im wahrsten Sinne des Wortes) Alkohol kaufen bis zum Umfallen – und ohne Begleitung Autofahren, so lange bis mich mein Reservetank im Stich gelassen hat.

Freiheit bedeutet für mich, sich nicht von außen einschränken lassen zu müssen. Meine Familie ist in der DDR aufgewachsen. Von ihnen kenne ich zahlreiche Geschichten, wie staatliche Repression Freiheiten einschränkte. Meine Mutter durfte nicht studieren, da sie von der „Intelligenz“ (von Akademikern) abstammte. Meine Oma, eine Lehrerin, erzählte mir, wie eine ihrer Kolleginnen vor den Augen der Schüler von der Stasi abgeführt und zur politischen Gefangenen wurde. Sie nutzte Unterrichtsmaterialien aus dem Westen. Mein Opa verzichtete auf unzählige berufliche Vorteile, da er sich partout weigerte, als Spitzel für die Stasi zu agieren. Über Politik wurde außerhalb des Verwandtenkreises und engster Freunde nicht gesprochen – aus Angst, man könne auf Staatskonforme treffen.

An meiner Uni habe ich zunehmend die Sorge, dass sich meine Impfentscheidung negativ auf meine Noten auswirkt.

Nach Rosa Luxemburg ist Freiheit „die Freiheit der Andersdenkenden“. Ich würde dabei noch weiter gehen. Freiheit ist nicht nur die Freiheit der Andersdenkenden, sondern auch die Freiheit der Andersentscheidenden. An meiner Uni habe ich zunehmend die Sorge, dass sich meine Impfentscheidung negativ auf meine Noten auswirkt. Ein Dozent, bei dem ich eine Prüfung und eine Seminararbeit schreibe, verkündete uns inbrünstig, dass er geimpft sei – und bemerkte augenzwinkernd, dass er uns zwar nicht nach unserem Impfstatus abfragen dürfe, er sich aber sicher sei, es mit „vernünftigen Menschen“ zu tun zu haben. Dabei schaute er uns durchdringend an. Um mich nicht gleich ins Abseits zu schießen, nickte ich pflichtschuldig. Wenige Tage später lief er ausgerechnet an dem Testzentrum vorbei, an welchem ich gerade auf mein Testergebnis wartete. Der Maske sei Dank bemerkte er mich jedoch nicht. Andernfalls hätte ich mir eine gute Note in dem Seminar wohl abschminken können. Freiheit ist für mich auch das Recht darauf, sich nicht verstellen zu müssen.

Der Liberalismus sucht die Gleichheit nur in der Freiheit, er erstrebt die Gleichheit vor dem Gesetz. Der Autoritarismus ersucht die Gleichheit im Zwang und in der Knechtung. Hier gilt der Mensch als frei, wenn er gleich ist. Der Mensch ist jedoch verschieden und dieser Individualität muss man Raum geben. Der Autoritarismus spricht dem Individuum seinen Eigenwert ab und erklärt es zum Funktionär der Gesellschaft. Der Liberalismus garantiert ihm die freie Entfaltung der Persönlichkeit. Deswegen bin ich liberal.

 


ÖPNV? Nein Danke! Ohne Moped bewegt sich auf dem Land nichts

Von Jonas Aston | „Mama fährst du mich“? An fast keinem Tag kam mein 14-jähriges Ich an dieser Frage vorbei. Wollte ich Freunde treffen oder zum Fußballverein – ohne fahrwilliges Elternteil war ich auf dem Land verloren. Tagsüber kommt der Bus nach Plan theoretisch alle zwei Stunden. Ich schreibe theoretisch, da der Bus nur dann fährt, wenn das Busunternehmen einen Tag zuvor informiert wird, dass eine Transportmöglichkeit benötigt wird. Abends werden die Bordsteine sowieso mitsamt der Bushaltestelle hochgeklappt.  

An meinem 15. Geburtstag wurde ich aber schlagartig unabhängiger. Um die Mobilität von Jugendlichen zu erhöhen, wird in den neuen Bundesländern ein Modellversuch durchgeführtDemnach kann die Führerscheinklasse AM (für Mopeds) schon mit 15 und nicht erst mit 16 Jahren erworben werden. Der Modellversuch wird sehr gut aufgenommen. In meiner Klasse hatte jeder dritte diesen Führerschein gemacht.

Die Simson-Mopeds sind für die ostdeutsche Jugend also nicht nur fahrbarer Untersatz. Sie stehen für Freiheit, Identität und ein Lebensgefühl.

Die meisten fuhren ein Moped der Marke „Simson“, Roller werden eher verpönt und das nicht nur weil man mit den Simson-Mopeds 60 statt 45 km/h fahren darf. In den neuen Bundesländern werden zahlreiche Simson-Treffen und gemeinsame Ausfahrten durchgeführt. Außerdem kann an den Mopeds sehr einfach “gebastelt“ werden. So lernte man einiges über Motoren und hat sich nicht immer an die zugelassenen 50 ccm gehalten (Ich natürlich schon!). Die Simson-Mopeds sind für die ostdeutsche Jugend also nicht nur fahrbarer Untersatz. Sie stehen für Freiheit, Identität und ein Lebensgefühl.

Das Mopedfahren wird jedoch immer mehr zu einer Luxusangelegenheit. Simson wird seit dem Ende der DDR nicht mehr produziert, erfreut sich aber weiterhin großer Beliebtheit. Hierdurch sind die Preise für Mopeds in der Vergangenheit massiv gestiegen. Die Politik wirft uns Jugendlichen weitere Steine in den Weg. Die hohen Rohstoffpreise schlagen auf die Kosten von Ersatzteilen durch, die gerade bei Mopeds massenweise benötigt werden. Die Spritpreise tun ihr Übriges. Denjenigen, die nicht doch auf das Lastenfahrrad umsteigen wollen, wird damit Nostalgie und ihre Unabhängigkeit geraubt.

 


Alle reden über die Impfpflicht – aber ist die überhaupt rechtlich zulässig? (Spoiler: nö)

Von Jonas Aston | „Geht das denn nicht?”, fragte Jan Josef Liefers mit großen Augen. Seiner Frage zuvorgegangen war ein Gedankenspiel von Maybrit Illner, ob es nicht „fairer“ sei eine Impfpflicht einzuführen, da das Impfen die Menschheit erlöse“. Dass ausgerechnet der Vatikan als einziger europäischer Staat eine Impfpflicht für alle Erwachsene eingeführt hat, scheint Illners Erlösungsargument zu bestätigen. In anderen europäischen Ländern wie Frankreich, Italien oder Griechenland gilt eine Impfpflicht für bestimmte Gruppen. Da stellt sich die Frage, ob eine (teilweise) Impfpflicht auch hierzulande juristisch zulässig wäre.

In der Debatte um eine Corona-Impfpflicht, wird oft darauf verwiesen, dass es bereits gesetzlich verankerte Impfpflichten, namentlich die Masern-Impfpflicht gebe. Folglich handele es sich um eine gewöhnliche staatliche Maßnahme. Tatsächlich gilt seit dem 01.03.2020 eine Impfpflicht gegen Masern für Personen, die in Gemeinschaftseinrichtungen, wie dem Kindergarten oder der Schule, betreut werden oder beschäftigt sind. Ob die Masern-Impfpflicht mit dem Grundgesetz vereinbar ist, ist jedoch nicht abschließend geklärt, hierzu ist noch eine Entscheidung beim Bundesverfassungsgericht anhängig. Doch selbst wenn die Masernimpfpflicht mit dem Grungesetz vereinbar sein sollte, kann hiervon nicht auf eine Vereinbarkeit der Corona-Impfpflicht mit dem Grundgesetz geschlossen werden. Die Coronaimpfung unterscheidet sich nämlich wesentlich von der Masernimpfung (hierzu später mehr).

Eine Impfpflicht schränkt zahlreiche Grundrechte ein. Insbesondere zu nennen ist das Recht der freien Entfaltung der Persönlichkeit, der körperlichen Unversehrtheit und der Berufsfreiheit. Eingriffe in Grundrechte sind unter hohen Anforderungen grundsätzlich zulässig. Hierzu muss der Eingriff einen legitimen Zweck verfolgen, geeignet, erforderlich und verhältnismäßig sein.

Die Corona-Impfung auf dem juristischen Prüfstand 

Zweck der Impfpflicht ist der Schutz des gemeinschaftlichen Guts der Gesundheit. Dieser Zweck könnte als legitim gelten.

Bei der Geeignetheit wird es hingegen schon kniffliger. Geeignet ist die Impfpflicht dann, wenn sie die weitere Ausbreitung eines gefährlichen Virus eindämmt. Hierzu müssten die Impfstoffe wirksam sein und weitere Übertragungen verhindern. Die in der Europäischen Union zugelassenen Impfstoffe sollen schwerere Verläufe verhindern können. Allerdings kann mit den vorherrschenden Impfstoffen – im Gegensatz zur Masernimpfung – keine Herdenimmunität erreicht werden. Damit ist die Impfpflicht nicht geeignet.

Die Impfpflicht müsste außerdem erforderlich sein. Die Erforderlichkeit liegt dann vor, wenn ein milderes Mittel zum Erreichen des Zwecks nicht ersichtlich ist. Als milderes Mittel sind Maßnahmen des Hygieneschutzes, wie dem Tragen von Masken, Abstand halten und das Einhalten allgemeiner Hygieneregeln denkbar (ob man dies zum jetzigen Zeitpunkt noch für erforderlich hält, ist eine andere juristische Frage). Die Einführung einer allgemeineImpfpflicht ist somit nicht erforderlich. Man könnte jedoch argumentieren, dass eine Impfpflicht für Risikogruppen erforderlich ist. Dafür müsste das Gesundheitssystem aufgrund dieser Gruppe dem Risiko der Überlastung ausgesetzt sein. Das Überlasten der Gesundheitssysteme erscheint bei der vorherrschenden Immunisierungsquote und den bisherigen Erfahrungen jedoch als sehr unwahrscheinlich. Somit ist die Einführung einer Impfpflicht für bestimmte gesellschaftliche Gruppen ebenfalls nicht erforderlich.

Um eine Impfpflicht zu begründen, müsste das Risiko einer Erkrankung weit über dem von potenziellen Impfschäden liegen. Dies kann zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht behauptet werden.

Die Einführung einer Impfpflicht ist auch nicht verhältnismäßig. Wie schon oben beschrieben, kann mit der Impfpflicht keine Herdenimmunität erreicht werden. Darüber hinaus ist die Coronaimpfung – etwa im Vergleich mit der Masernimpfung – mit deutlich mehr auftretenden Nebenwirkungen behaftet. Auch liegen bisher kaum Studien vor, die die Langzeitnebenwirkungen einer mRNA-Impfung untersuchen. Um eine Impfpflicht zu begründen, müsste das Risiko einer Erkrankung weit über dem von potenziellen Impfschäden liegen. Dies kann zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht behauptet werden. Zudem genügt bei der Masernimpfung eine einzige Impfung, um ein Leben lang voll immunisiert zu sein. Die Wirksamkeit der Coronaimpfung lässt nach einiger Zeit nach. Folglich würde der Bürger im Rahmen der Impfpflicht zu einem mehrmaligen staatlichen Eingriff gezwungen werden.

Die Coronaimpfung ist überwiegend Individual-, nicht Kollektivschutz. Es ist nicht Aufgabe des Staates die Bürger vor sich selbst zu schützen. Daher ist der Eingriff in die Grundrechte weder geeignet, noch erforderlich, noch verhältnismäßig.

Die Antwort ist also nein, Herr Liefers. Die Einführung einer Impfpflicht und sei es nur für bestimmte Gruppen geht nicht!

 


Der Green-New-Deal – Die Klimarettung ist die eigentliche Bedrohung [Teil 3/3]

Von Jonas Aston | Flankiert werden, soll der Green-New-Deal von geldpolitischen Maßnahmen. „Green Bonds“ sollen eingeführt werden und auf „Klimawandel, Umweltschutz und Nachhaltigkeit“ abzielen. Unter „Green Bonds“ ist dabei die gemeinsame Schuldenaufnahme der EuroStaaten durch die EZB zu verstehen. Dabei sollte kein Staat für die Verbindlichkeiten eines anderen aufkommen und die monetäre Staatsfinanzierung – die Finanzierung des Staates durch die Druckerpresse – verboten. So wurde es auch in Artikel 123 und 125 AEUV fixiert. Doch die Klimanot kennt kein Gebot und so weicht die Herrschaft des Rechts dem Recht der Herrschaft.

Dass die expansive Geldpolitik unter dem Deckmantel der „Eurorettungspolitik“ die Europäer verarmen lässt, zeichnet sich bereits seit längerem ab. Nach dem Motto „vorwärts immer, rückwärts nimmer“ soll nun durch den Green-New-Deal der Geldsozialismus vollendet werden. Christine Lagarde und dem erlauchten Kreis des EZB – Direktoriums (ein Apartheidsapparat in dem die Stimme der Malteser, Zyprioten und Luxemburger zusammendreimal so viel Wert ist wie die der Deutschen) kommt dann die Aufgabe zu, wie einst König Artus und der Tafelrunde über Leben und Schicksal der Menschen zu entscheiden. Dabei scheint die EZB dem Voodoo anzuhaften, man habe den Stein der Weisen entdeckt und dieultralockere Geldpolitik sei in einer globalisierten Welt ungestraft, ohne Nebenwirkungenmöglich. Wie Karl Schiller, erster Wirtschaftsminister der SPD, liegt die EZB wohl dem Glauben auf: „Die Inflation ist tot, sie ist tot wie ein rostiger Nagel“. Doch Karl Schiller irrte sich, wie sich in der folgenden ÖlKrise zeigte. Und auch die EZB irrt sich. Immer mehr Menschen können sich aufgrund steigender Immobilienpreise kaum noch die Miete leisten und inzwischen steigen auch die allgemeinen Verbrauchspreise stark an.

Der Green-New-Deal schreibt sich nichts weniger auf die Fahne, als die schiere Existenz des menschlichen Lebens zu retten, welches durch den Klimawandel auf dem Spiel stehen soll. Doch der Green-New-Deal macht deutlich, dass die größte Bedrohung nicht von der Klimaerwärmung, sondern von der Klimarettung ausgeht.

Einfalt statt Vielfalt

Das anvisierte Ziel, das Weltklima zu retten, ist eine reine Hybris. Weltweit sind nur 8 Prozent der CO2-Emmissionen auf die Staaten der Europäischen Union zurückzuführen. Japan und Australien wollen, Russland muss nach dem Pariser Klimaabkommen keine weiteren „Klimaziele“ erreichen. China darf seine CO2-Emmissionen bis 2050 sogar um über 60 % erhöhen, ungeachtet dessen, dass China schon jetzt für mehr als 25% des ausgestoßenen CO2 verantwortlich ist. Weltweit wachsen die CO2-Emissionen durchschnittlich um jährlich 2% und das, obwohl der CO2-Ausstoß in der EU seit Jahren rückläufig ist.

Doch in den letzten 20 Jahren hat keine Region auf der Welt ein so schlechtes Wirtschaftswachstumverzeichnet, wie die Staaten der Europäischen Union.

Die Rettung des Klimas wird nur eine weitere Versprechung sein, die von der EU nicht eingehalten wird bzw. gar nicht erfüllt werden kann. Der Euro sollte Frieden und Wohlstand schaffen. Doch in den letzten 20 Jahren hat keine Region auf der Welt ein so schlechtes Wirtschaftswachstumverzeichnet, wie die Staaten der Europäischen Union. Gleichzeitig haben sich Spannungen zwischen den Nord und Südländern aufgebaut, die die jahrzehntelange europäische Integration zu großen Teilen zunichtemachte. Helmut Kohl sagte 1992 „Wir wollen keinen europäischen Leviathan, sondern Einheit in Vielfalt“. Aus diesem Grund sollte die Europäische Union durch das Subsidiaritätsprinzip eingeschränkt werden. Doch längst ist dieses Prinzip vergessen. Die einst hochgepriesene Vielfalt gilt inzwischen als Einfalt, stattdessen soll „harmonisiert“ werden.

Die EU hat 24 Amtssprachen, geschlossen spricht sie aber nur mit einer Sprache, der Sprache der Verdrehung. Sie muss endlich ihre Versprechen einhalten und ihrer Kernaufgabe, der Gewährleistung des freien Binnenmarkts, nachkommen. Die Europäische Union sollte sich das Johannesevangelium zu Herzen nehmen. Dort steht geschrieben: „Die Wahrheit wird euch frei machen“.