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Thai-Markt 5/5 – Fahrraddemo 0/5

Von Laura Werz | Am sonnigen Sonntagmittag des 12. Juni habe ich die geballte Kraft der Fahrradfahrfraktion in Berlin zu spüren bekommen. Ich hatte eigentlich nur vor, mit meiner Mutter, einen kleinen Sonntagsausflug zu machen. Wir wollten mit dem Auto aus dem Norden Berlins nach Wilmersdorf, zum Preußenpark, fahren. Ziel dieser spontanen Unternehmung war der sogenannte „Thai-Markt“, welcher an sonnigen Wochenenden stattfindet. Von dem Markt hatte ich zuvor nie gehört, weswegen ich ihn mir als großer Freund der asiatischen Küche natürlich kurzentschlossen mit eigenen Augen ansehen musste. Doch ich habe die Rechnung leider ohne die jährliche „Sternenfahrt“, eine Demonstration, welche an verschiedenen Orten am Stadtrand beginnt und in Berlin zu einem Meer aus Fahrradfahrern zusammenläuft, gemacht.

40 Minuten habe ich eingeplant, bis ich endlich mein geliebtes Chicken Curry in den Händen halte – mit Parkplatzsuche – wohlbemerkt. Damit konnte die 45-minütige S-Bahnfahrt, auch aus Komfortgründen, nicht mithalten. In unserer guten Bahn verbringe ich unter der Woche sowieso schon mehr als genug Zeit. Wir entschieden uns also für das Auto. So weit, so gut. Mit der Ankunft an der Bismarckstraße, laut Navi 6 Minuten von unserem Ziel entfernt, offenbarte sich jedoch das drohende Unheil. Es gab kein Schild, kein Zeichen oder auch nur einen freundlichen Beamten, der gutgläubige Autofahrer auf die drohende Gefahr hätte aufmerksam machen können. Nichtsahnend fuhren wir, umgeben von unseren ebenfalls ahnungslosen Autofahrgenossen, ins Verderben. Die Ampeln waren aus, der Verkehr lag still und ein Schwarm von Fahrradfahrern raste klingelnd auf der Gegenfahrbahn die Bismarckstraße hinunter. Von jetzt auf gleich ging gar nichts mehr. Kein vor und kein zurück, keine Wendemöglichkeit, nur Schritttempo die Straße entlang.

Schleichend rollten wir also peu à peu die vierspurige Straße hinauf und fügten uns unserem Schicksal. Auf der einen Spur die Autofahrer, auf der anderen Seite die Radler. Ein fast schon lustiges Bild – zumindest von außen betrachtet, wäre man nicht selbst beteiligt. Das Navi versuchte uns verzweifelt jede einzelne Kreuzung als Ausweg zu präsentieren. Aber links abbiegen? Unmöglich. Wir konnten keinem der vielen Vorschläge Folge leisten. Den Autofahrern wurde schlicht keine Möglichkeit gegeben, auf die andere Seite der Stadt zu gelangen. Ein bitterer Moment für mich – ich war meinem Curry so nahe und doch so fern.

Sogar die AUTObahn – welche unsere letzte Hoffnung darstellte, mit dem Auto irgendwie doch noch nach Wilmersdorf zu gelangen – wurde für die Radler gesperrt. Also nix da. Weiter schleichen. Während wir so auf der Straße zwischen unseren Leidensgenossen standen, vertrieben wir uns die Zeit damit, das bunte Völkchen der Zweiradler genauer zu begutachten. Ehrlich gesagt war ich überrascht, welche Menschen sich zwischen mich und mein Essen stellten. Es war weder die Soja-Latte-Charlotte aus dem Prenzelberg, noch der der Phillipp-Sören aus Kreuzberg. Tatsächlich sah ich als erstes ein älteres Ehepaar von ca. 65 Jahren, welches überraschend sportlich in die Pedale trat. Mir fielen außerdem viele Familien auf; so ganz klassische Familien, im Sinne von Mutter, Vater und zwei Kindern. Man hätte denken können, sie wären auf dem Weg zum Freibad falsch abgebogen und hätten sich versehentlich auf einer Demonstration wiedergefunden. Nur punktuell sah ich auch eine Frau mit Batikrock und Bio-Schuhen auf ihrem Lastenrad, die wahrscheinlich gerade vom Filzen kam.

Die fleißigen Strampler fuhren bei allerbestem Wetter fröhlich, laut klingelnd zu Musik die abgesperrte Straße entlang und genossen ihr Sonntagsprogramm sichtlich in vollen Zügen. Ich glaube, dass die wenigsten aus großer Überzeugung an dieser Massenveranstaltung teilnahmen. Für die meisten stellte es vermutlich ein willkommenes Event dar, gemeinsam, mit Freunden und Familie in Gesellschaft etwas Rad zu fahren. Dass sie damit nicht nur ein Zeichen für neue Fahrradwege setzen, sondern den Verkehr behindern und anderen Menschen das Leben unnötig erschweren, war wohl den wenigsten wirklich bewusst. Jene wiederum, die sich in ihrer Rolle als Verkehrsbehinderer scheinbar selbst zu verwirklichen glaubten, erkannte man daran, dass sie den Autofahrern provokant zuwinkten oder sie kollektiv ausbuhten. Und das waren ebendiese Leute, von denen man normalerweise Solidaritätspredigten gewöhnt ist.

Den einzigen Lichtstrahl in dieser dunklen Welt der Zweiradfahrer stellten die Polizisten dar, welche verstörten Autofahrern beschwichtigend zuredeten. Sie standen, in ihren Uniformen der prallen Sonne ausgesetzt, sichtlich leidend, zwischen den Fahrbahnen und trennten Auto- und Radfahrer. Ein Polizist sprach uns mit einem schwachen Lächeln an: „Sie lachen ja wenigstens noch“. Für die Beamten schien es eine willkommene Abwechslung zu sein, mit den wartenden Autofahren Smalltalk zu führen, während sie der Fahrradseite ab und zu einen belustigten Blick zuwarfen. Ein kleiner Trost. Nach einiger Zeit des Wartens und langsamen Rollens konnten wir mit dem Autostrom die Bismarckstraße schließlich wieder verlassen – in die Richtung, aus welcher wir gekommen sind, versteht sich.

Es waren 75.000 Teilnehmer für die Radtour durch Berlin angemeldet, wie ich später in den Nachrichten las. Das Motto lautete: „Rauf aufs Rad – #Verkehrswende jetzt umsetzen“. Die Radfahrer seien glücklich, wieder ein deutliches Zeichen gesetzt zu haben. Es fragt sich nur wofür. Ob diese Zumutung für Autofahrer, Anwohner, Fußgänger und sogar für die Nutzer der öffentlichen Verkehrsmittel, schlicht für alle, die sich gerade nicht auf einem Rad im Fahrradschwarm befanden, ein gelungenes Zeichen für neue Fahrradwege ist, bleibt mehr als fraglich. Es wurden viel eher mal wieder Auto- und Radfahrer gegeneinander ausgespielt. Mit diesem Verkehrslockdown wurde ein politisches Statement, im Sinne der rot-rot-grünen Bewegung, auf Kosten der Allgemeinheit, gesetzt. Man sollte sich zwei Mal überlegen, ob man mit der Teilnahme an diesem „Event“ gedankenlos mit dem politischen Mainstream radeln – und Teil einer ebenso sinnlosen wie dissozialen Behinderung seiner Mitmenschen sein möchte – oder eine Fahrradtour zum See, für einen Sonntagsausflug, nicht doch die bessere Wahl wäre.

PS: Kaum zu glauben, aber: Ich habe mein Thai-Curry am Ende doch noch bekommen. Diese Erfahrung hat uns zwar schlappe 1,5 Stunden des Tages gekostet, aber das Curry war sehr lecker.  Der Thai-Markt kriegt von mir 5 von 5 Sterne – die Fahrraddemo hat keinen Einzigen verdient.  

 

 


Die Frau der 20er Jahre – sexy und emanzipiert

Von Laura Werz | In den 20er Jahren, geprägt von politischen Unruhen, Inflation und Armut, hat sich die „moderne Frau“ in einer neuen gesellschaftlichen Rolle wiedergefunden. Berlin war die Symbolstadt des neuen Lebensgefühls – der Inbegriff des „Tanzes auf dem Vulkan“. Das bis heute stark romantisierte Jahrzehnt hat nie an Faszination verloren. Zwischen den Trümmern des vergangenen Krieges, verdrängte die Arbeiterklasse nachts bei Exzess in Varietés und Bars ihre Sorgen. Frauen tanzten erotisch in verruchten Kellern, gingen abends allein aus und arbeiteten tagsüber in der Stadt. Nie zuvor gab es in der deutschen und europäischen Moderne so viele Freiheiten für Frauen, wie in den 20er Jahren. Nachdem sich die Frauen das Wahlrecht erkämpft hatten, sollte auch eine neue gesellschaftliche Position folgen. Obwohl diese kurze Periode zu schnell von der Weltwirtschaftskrise und dem Krieg beendet wurde, bleibt dieses unvergessene Jahrzehnt aufgrund seiner historischen Einzigartigkeit bis heute legendär.

 

Die neue Rolle der Frau

Mit der zunehmenden Berufstätigkeit von Frauen erfuhr die Emanzipation einen Aufschwung. Zur Zeit der 20er Jahre ist jede dritte Berlinerin erwerbstätig – mehr als je zuvor. Die wirtschaftliche Unabhängigkeit der Frauen gründete allerdingsnicht in einem Aufbegehren gegen die männerdominierte Arbeitswelt oder einem Verlangen nach ökonomischer Freiheit. Nach dem Krieg, in dem viele Männer gefallen, oder so schwer verwundet worden waren, dass sie nicht mehr arbeiten konnten, blieb für die meisten Haushalte keine andere Option. Dazu kam die Inflation, welche für Unter- und Mittelklasse schwer zu ertragen war. Viele Frauen blieben zunächst sogar ledig, um in der Stadt zu arbeiten und Geld zu verdienen. Trotz der Notwendigkeit für die Frau, sich einen der begehrten und angesehenen Arbeitsplätze als Sekretärin, Verkäuferin oder Telefonistin zu suchen und der prinzipiell vergleichsweise schlechten Bezahlung, entstand mit der Berufstätigkeit eine bis dato unbekannte Angleichung der sozialen Rolle von Frau und Mann. Darüber hinaus erlangte ‘frau‘ gewisse wirtschaftliche Freiheit. Das neue Recht zu arbeiten war dementsprechend Ausdruck des Aufkommenseiner zuvor unbekannten Selbstbestimmung.

 

Die Zigarette – Ein neues Accessoire

Wer es sich leisten konnte, ging abends aus. Man traf sich in Bars und Clubs, um dem Alltag für wenige Stunden zu entfliehen. Dafür tauschten die Frauen ihre adrette Arbeitskleidung gegen kurze Kleider und Miniröcke. Die Kleidung war nicht mehr figurbetont und einzwängend à la Korsett, sondern entsprach der neuen modischen Vorstellung: praktisch und auffällig. Das Schönheitsideal war nun androgyn und sportlich. Gleichzeitig zeigten sich die Frauen aber erotisch. Zum „It-Piece“ wurde die Zigarette. Es war nicht mehr verpönt in der Öffentlichkeit zu rauchen und die Zigarette wurde zu einem der beliebtesten Accessoires. Sie symbolisierte für viele das neue Lebensgefühl und es entwickelte sich ein regelrechter Kult um ihre Inszenierung. Dabei war sie nicht nur ein Symbol der Erotik, sondern auch der Befreiung der Frau von alt-bürgerlichen Normen.

Kritiker der Frauenbewegung verachteten die „moderne Frau“. Sie sahen in ihrem Auftreten die Vermännlichung der Frauen so wie die Auflösung jeglicher Sittlichkeit und Anstandes. Diese Betrachtungsweise lässt sich an vereinzelten Modeerscheinungen besonders gut illustrieren.

Es wurden gerade geschnittene Kleider und auch flache Schuhe getragen, dazu der ikonische Bubikopf. Auf der Bühne sah man Frauen sogar in Hosen oder mit Zylinder. Die in den 20er Jahren aufsteigende Marlene Dietrich revolutionierte mit ihrem Hosenanzug am Ende des Jahrzehnts die Modewelt und polarisierte auch privat, indem sie mit stereotypischen Geschlechterrollen brach.

Kleidung und Mode entsprach in weiten Teilen gesellschaftlichen Vorstellungen, Normen und Erwartungen. Die meisten der noch vor 100 Jahren vorherrschenden Kleiderordnungen und Tabus sind heutzutage bereits abgeschafft und die damals polarisierende Klamotte, wie eine Hose für Frauen, zur Normalität geworden. Die „moderne Frau“ der 20er Jahre kleidete sich feminin, aber praktisch, androgyn und gleichzeitig erotisch. Die Mode polarisierte, sie ist politisch geworden und damit zum Symbol der neuen Freiheit.

 

Anita Berber – Der lebende Skandal Berlins

Eine der berühmtesten und skandalösesten Figuren der Zeit ist die Berliner Tänzerin und Schauspielerin Anita Berber, deren Popularität bis nach Amerika reichte. Berühmt wurde sie bereits in sehr jungen Jahren für ihre exzentrischen und skandalösen Auftritte in Nachtclubs und Varietés. Sie symbolisierte wie keine andere das überdrehte Nachtleben Berlins, mit all seiner Freiheit und Freizügigkeit, aber auch den Schattenseiten, die es mit sich bringen konnte. Anita tanzte leicht bekleidet, stark geschminkt und verführte ihr Publikum mit ihren weiblichen Reizen. Sie lebte die Extravaganz und liebte es, zu polarisieren. So rasierte sie sich ihre Augenbrauen, bemalte ihren Körper und präsentierte auf der Bühne nackt einen Spagat – angeblich, ohne anstößig zu wirken. Besucher ihrer Auftritte trugen zum Teil Masken, um nicht erkannt zu werden.

Auf der anderen Seite, der feminin-erotischen Eigeninszenierung völlig zum Kontrast, trug sie Anzüge, pflegte ungesittete Manieren – prügelte sich sogar und setzte sich androgyn und maskulin in Szene. Sie ist die erste Frau gewesen, die Herrenhosen trug und etablierte eine Mode, die „à la Berber“ genannt wurde, von welcher sich später auch Marlene Dietrich inspirieren ließ. Ihre Tänze trugen Namen wie „Kokain“ und „Morphium“ was bereits ein erstes Zeichen für die Abgründe war, in welche die Tänzerin fallen sollte. Drogen veränderten ihren Charakter und führten schließlich zu ihrem beruflichen Ende. Sie wurde aggressiv, unkooperativ und ihre Ehe zerbrach. Schließlich starb sie an ihrer Drogen- und Alkoholsucht im Alter von nur 29 Jahren. Inzwischen ist Anita Berber Sinnbild des verrückten Lebensstils und der berühmt-berüchtigten Nachtwelt Berlins der goldenen 20er geworden. Sie personifiziert wie keine andere die Verzweiflung und Einsamkeit einer Frau des goldenen Jahrzehnts in der Großstadt, welche nach Erfolg und Anerkennung strebt und dabei auf dem schmalen Grat des Aufbegehrens gegen gesellschaftliche Normen, Selbstverwirklichung und Selbstzerstörung wanderte.

 

Die Emanzipation – Eine Angleichung der Geschlechter?

Armut, Verzweiflung und eine gewisse Endzeitstimmung ebneten den Weg zu dem „goldenen Zeitalter“, in welchesich Frauen in historisch einzigartiger Weise inszenierten. Mit modischen Statements und dem Brechen alter Tabus und traditioneller Verhaltensweisen, erkämpften sich Frauen in der instabilen Nachkriegsgesellschaft mit zerbrechlicher Demokratie eine neue soziale Stellung. Nicht zuletzt aufgrund des Wahlrechts, ihrer Möglichkeit zu arbeiten, sowie neuakzeptierter (beziehungsweise geduldeter) Verhaltensweisen, wurden stereotypische und alte Rollenbilder aufgeweicht. Die Entwicklung der sozialen Stellung der Frau spiegelte sich stark in der Damenmode wieder. Dabei verzichteten Frauen tagsüber ganz bewusst auf auffälliges Make-Up, oder zu kurze Röcke am Arbeitsplatz, um in der männerdominierten Welt zu bestehen.

Die konservative Kleidung wurde abends dennoch gegen moderne, kurze Kleider getauscht und ‘frau‘ spielte bewusst mit ihrer Weiblichkeit. Ein femininer Auftritt bedeutete eben nicht das Zurückkehren in alte Geschlechterrollen, sondern war gerade Ausdruck der neu gewonnenen Freiheit. Heute wird unter dem „Deckmantel des Feminismus“ ein ungepflegtes Äußeres nicht selten als Ausdruck der Selbstbestimmung und des Fortschritts der Gleichberechtigung betrachtet. Marlene Dietrich, die von Zeitgenossen aufgrund ihres Auftritts sogar als non-binär beschrieben wurde, kann jedoch sicherlich nicht als Vorbild heutiger Modeerscheinungen betrachtet werden. So waren ihre Anzughosen hoch geschnitten, die Haare ordentlich frisiert und ihr Auftreten stets elegant.

Sie spielte bewusst mit den vermeintlichen Grenzen von Herren- und Damenmode, ohneje ihre Weiblichkeit zu kaschieren. Und auch Anita Berber präsentierte sich zeitgleich feminin und emanzipiert. Weiblichkeit und die Unabhängigkeit der Frau schlossen sich nicht aus, sondern bedingten gerade einander. Mit Blick auf das Emanzipationsverständnis vor 100 Jahren, ist es schwer nachvollziehbar, dass feminine Kleidung heute oft als verstaubt und rückständig aufgegriffen wird. Dabei sollten doch gerade Geschmack und Klasse niemals aus der Mode kommen. Sind Jogginghosen und „Messi Dutt“ eher Ausdruck von Freiheit, als Kleider und frisierte Haare? Oder ist die heutige Mode nur Resultat von Verwahrlosung und geistiger Armut?

Wenn Ungepflegtheit en vogue ist und mit politischer Überzeugung, einem Aufbegehren gegen die Mehrheitsgesellschaft und nicht zu vergessen mit Individualität begründet wird, drängt sich die Frage auf, was mit einer derartigen Selbstdarstellung tatsächlich bezweckt werden soll. Heute ebnen diese politischen Mode-Statements nicht mehr den Weg in weitere Freiheit und Fortschritt, sondern sind Ausdruck von Mitläufertum, Unreflektiertheit und Orientierungslosigkeit. Die Folge ist eine ausufernde Gruppendynamik, welche sich in der kategorischen Ablehnung abweichender Meinungen und anderer Lebensweisen abzeichnet. Die heutige hoch intolerante Gesellschaft, in welcher Begriffen wie „Solidarität“, „Ausgrenzung“, oder „Toleranz“ missbraucht werden, um gegen kritische Stimme vorzugehen, lässt die 20er Jahre, mit seinem Aufbegehren nach Freiheit und dem Kämpfen um neue Rechte progressiver und freigeistiger erscheinen, als das Heute.

Trotz dessen, dass in den folgenden Jahrzehnten wieder gewohnte Muster zurückkehren sollten und man in der Tradition nach Stabilität suchte, bot das goldene Jahrzehnt einen unvergleichlichen Vorgeschmack auf stilsichere Gleichstellung, Selbstbestimmung und die Unabhängigkeit der Frau – vielleicht finden wir in Zukunft ja auch wieder zur Stilsicherheit zurück.


Die selbstsichere Frau verwischt nicht den Unterschied zwischen Mann und Frau – sie betont ihn.

Coco Chanel


Das Schleudersitz-Karussell: Welcher Minister fliegt als nächstes?

Von Laura Werz | Hochverehrtes Publikum,

wir präsentieren Ihnen nun unser legendäres ministrables Karussell. Jeder der befähigt ist, Minister zu werden, ist herzlich eingeladen Platz zu nehmen. Fragt sich nur wie lange!

Von unseren 16 sehr komfortablen (Monatsgehalt 16.440 Euro) Schleudersitzen sind wieder alle mit prominenten Gästen besetzt. Unsere bisherige Bundesfamilienministerin, Anne Spiegel, hatte es als Erste aus der Kurve getragen. Fliehkraft war hier größer, als die fehlende eigene Einsicht.

An dieser Stelle sind Sie, liebes Publikum, wieder gefragt, zu entscheiden, wer unseren Zirkus als nächstes verlassen soll. Sie haben zum Beispiel die Qual der Wahl zwischen unserem bald ehemaligen Gesundheitsminister Karl Lauterbach, der noch-Verteidigungsministerin Christine Lambrecht und unserer Bundes-Nancy, der Innenministerin Feaser.

Obwohl unsere Kandidaten wohl bekannt sind, hier noch einmal ihre jeweiligen Schlüsselqualifikationen, mit denen sie im Rampenlicht „glänzen“.

Karl überzeugt als erste Wahl vor allem durch seine mediale Dauerpräsenz und die damit geschürte Angstpandemie. Vergessen wir nicht, dass seiner fundierten Meinung nach, bereits alle Ungeimpften bis zum Frühjahr diesen Jahres geimpft, genesen oder bereits gestorben sind. Oha, lauter Zombies da draußen? Auch die im Bundestag gescheiterte Impfpflicht, wird ihn nicht aufhalten, weiter für sein Lebensprojekt zu kämpfen. Für den Fall, dass die Angst vor der Pandemie nachlässt, bedient er sich der vermeintlichen Gefahr von Long Covid. Hauptsache die Panik in der Bevölkerung wird weiterhin genährt. So werden wir auch zukünftig das angstverzerrte Gesicht unseres Gesundheitsministers im Fernsehen sehen. Wählen Sie jetzt schon, oder wollen Sie sich die weiteren Kandidaten vorher nochmal kurz ansehen?

Christine Lambrecht würden Sie mit Ihrer Wahl wohl den größten Gefallen tun, indem sie von ihrem Amt erlöst werden würde. Sie scheint mit ihrer Aufgabe die Militärangelegenheiten in Kriegszeiten zu leiten, absolut überfordert zu sein. Äußerungen und Handeln fallen weit auseinander und führen zur Unglaubwürdigkeit in beide Richtungen. Gönnen Sie der heimlichen Pazifistin doch eine baldige Auszeit!

Last but not least steht unsere Ministerin für Inneres und Heimat, Nancy Feaser, zur Auswahl. Nancy würde am liebsten die Deutschlandfahne durch die Regenbogenfahne ersetzen. Überhaupt erweckt sie den Eindruck, ihre Aufgabe als deutsche Innenministerin bestünde darin, das bisschen verbliebene innerdeutsche Nationalbewusstsein mit allen Mitteln abzuschaffen. Bewahrt unsere Heimatministerin unsere Heimat mit diesem Verhalten? Überhaupt ist es fraglich, ob Sicherheit und Ordnung gewahrt werden, wenn Feaser auf dem linken Auge vollkommen blind ist.

Diese drei Kandidaten, die uns durch clowneske und bühnenreife Fehlentscheidungen überzeugt haben, sollen Ihnen noch ein Weilchen der täglichen Unterhaltung dienen? Auch kein Problem! Zögern Sie nicht – Sie können sich gar nicht falsch entscheiden!  

 


Welcher Bunker passt zu mir? Der große Apollo-Persönlichkeitstest

Von Laura Werz | Unterhaltsam, gemütlich oder doch eher minimalistisch und sicher? Wir haben für jeden den passenden Bunker dabei – mach jetzt den Test und finde heraus, welcher für dich geeignet ist! *

Untergang oder die versprochene Zeitenwende? Was für einen historischen Herbst uns Olaf Scholz und Karl Lauterbach doch versprechen. So geschichtsträchtig und übermächtig wie dieses Jahr begonnen hat, wird es garantiert auch weitergehen. Zum Bedauern unseres Gesundheitsministers wird es möglicherweise nicht die Pandemie, sondern die jüngste Ostentwicklung sein, welche uns geradewegs in einen Bunker führt – aber in welchen? So oder so, die Apokalypse wird kommen und Sie haben die Qual der Wahl. Um Sie optimal vorzubereiten, haben wir unsere Berliner Bunker etwas genauer unter die Lupe genommen. Denn was ist schon ein Weltuntergang, wenn man ihn nicht von den besten Plätzen verfolgen kann?


Fragen:

Wie alt sind Sie?

A. Über 40 (+ 10)
B. Unter 40 (+ 5)

Was ist Ihnen bei einem Hotelaufenthalt besonders wichtig?

A. Komfort (+ 10)
B. Privatsphäre (+ 15)
C. Sicherheit (+ 25)
D. Unterhaltung (+ 5)
E. Nichts davon (+ 20)

Womit haben Sie sich im Lockdown beschäftigt?

A. Musizieren (+ 15)
B. Kunst/Kultur (+ 10)
C. Spiel/Spaß (+ 5)
D. Naturwissenschaften oder Geschichte (+ 20)
E. Ich brauche keine Beschäftigung (+ 25)

Welches ist Ihr Sternzeichen?

A. Fische, Skorpion, Krebs (+1)
B. Waage, Wassermann, Zwilling (+3)
C. Stier, Steinbock, Jungfrau (+4)
D. Löwe, Schütze, Widder (+2)



 

Der Bunker für Kulturfans und die ganz Intellektuellen (25-35 Punkte)

Sie sind an Kunst und Kultur interessiert! Minimalistisch und klein entspricht nicht ihren Vorstellungen. Ihr Bunker ist kein geringerer als der BASA-Bunker am Halleschen Ufer. Der ab 1942 gebaute Telekommunikationsbunker sollte zum Schutz der Deutschen Reichsbahn dienen. Den Namen erhielt der Bunker übrigens Dank der von Siemens & Halske seit 1914 entwickelten „Technik der Bahnselbstanschlussanlage“ (BASA). Mit dieser konnte die Deutsche Reichsbahn ab 1928 ihr eigenes Telefonnetz aufbauen. Heute befindet sich im Bunker ein Museum, welches die „Feuerle Collection“ beherbergt, in der Künstlerpositionen kaiserlich-chinesischer Möbel und alte Kunst aus Südostasien gegenübergestellt werden. Während der Apokalypse können Sie somit Khmerskulpturen des 7.-13. Jahrhunderts und kaiserlich-chinesische Lack- und Steinmöbel verschiedenster chinesischer Dynastien bewundern. Auf 7350 m² Ausstellung wird jeder Asien-Fan und Kunst-Interessierte auf seine Kosten kommen und so eine unvergessliche Weltuntergangserfahrung machen.

 

Perfekt für Musikfreunde und die Gemütlichen (35-45)

Sie mögen es beschaulich, gemütlich und ein wenig intellektuell? Wir auch! Deswegen empfehlen wir Ihnen, den Hochbunker in der Friedrich-Karl-Straße in Berlin-Tempelhof. Der als ziviler Luftschutzbunker gebaute Bunker bietet größten Komfort und verspricht eine erholsame Zeit. Er wurde erst im April 2019 grundlegend saniert. Wer Privatsphäre wünscht, wird von den 50 Schlafräumen überzeugt sein. Sogar mit WCs und Heizung (aufgrund notwendiger Kriegssanktionen kann die Funktionalität leider nicht garantiert werden) kann der Bunker dienen. Musikfreunde kommen beim Hochbunker, welcher auch Musikbunker genannt wird, absolut auf ihre Kosten. Die Räume des Bunkers werden schon länger als Probe-Ort für Musiker genutzt. Wir wünschen Ihnen im Hochbunker Friedrich-Karl-Straße einen unvergesslichen Weltuntergang mit großartigem Musikprogramm und einer ruhigen Nacht im privaten Schlafzimmer.

 

Quadratisch, praktisch, gut – viel braucht es nicht (45-50)

Sie wollen nicht unter der Erde verweilen und verfolgen den Weltuntergang dennoch lieber von einem Bunker aus? Kein Problem, wir empfehlen Ihnen den Hochbunker Heckeshornam Wannsee. Der 1943 gebaute Hochbunker auf dem Gelände der ehemaligen Reichsluftschule in Heckeshorn wurde als Kommandobunker für den Stab des „Luftwaffenbefehlshabers Mitte“ errichtet. Sie werden sich an dem Ort befinden, von wo die gesamte Luftverteidigung in einem Umkreis von etwa 250 Kilometern um Berlin koordiniert wurde. Aber nicht nur Geschichtsfreunde, auch Medizininteressierte werden hier auf Ihre Kosten kommen. Nachdem der Bunker der Pathologie und als Leichenhalle diente, wurde er 1985 zum OP-Bunker als „Notkrankenhaus“ ausgebaut. Somit ist auch eine medizinische Erstversorgung stets gewährleistet und sie können dem Weltuntergang beruhigt ins Auge blicken.

 

Mit Spiel und Spaß in den Weltuntergang (0-20)

Sie wollen etwas erleben und eine aufregende Zeit während der Apokalypse verbringen? Egal ob sportlich oder rätselfreudig, Ihr Aufenthalt in der Lasertech-Arena Berlin wird ein unvergessliches Erlebnis werden! Die Lasertech-Arena Berlin befindet sich in einer Bunkeranlage, die Spiel und Spaß für jedes Alter verspricht. Sowohl mit Lasertech, als auch Escape Games können Sie Ihren Aufenthalt ganz nach Ihren Wünschen gestalten. Sie besitzen Kampfgeist und wollen nicht stillsitzen? Wie wäre es dann mit einer Runde Laser-Tech? Falls Sie Rätsel mehr ansprechen, können Sie bei einem Live Escape Game in 13 Leveln die Stadt vor der völligen Zerstörung Retten – naja zumindest im Spiel :).

 

Sicher und desinfiziert für alles gewappnet (55-60)

Herzlichen Glückwunsch, Sie verbringen die Apokalypse im Herzen Berlins – am Ku’Damm. Die Mehrzweckanlage Kudamm-Karree ist die perfekte Bunkeranlage für Hypochonder und Überlebensfanatiker. Sie mögen es lieber sicher und praktisch, als gemütlich und schick? Dann ist dieser, während des Kalten Krieges errichtete zivile Schutzraum, genau das Richtige für Sie. Ihren Aufenthalt werden Sie mit 3592 anderen Personen verbringen. Bei Ihrer Ankunft müssen Sie Ihre Kleidung gegen Einheitskleidung tauschen, bevor ihnen eine Pritsche zugeordnet wird. Da die vierstöckigen Betten einen Großteil der Fläche einnehmen, wird der Aufenthalt grundsätzlich liegend stattfinden, aufstehen ist nur mit Erlaubnis des Personals gestattet. Aber lassen sie sich davon nicht abschrecken! Dieser Bunker beruhigt Ihre Nerven. Es wird viel Wert auf Hygiene gelegt und er überzeugt mit hohen Sicherheitsstandards. So soll er beispielsweise einer Kernwaffenexplosion in 1,5 Kilometer Entfernung standhalten können. Natürlich verfügt die Anlage auch über Waschräume, Toiletten, sowie Personal- und Krankenräume und eine Notküche. Zwar bestehen die Mahlzeiten ausschließlich aus kalten Speisen aus der Konservendose und die Duschen befinden sich in den Krankenzimmern, aber Trinkwasser und eine gefilterte Frischluftzufuhr sind gesichert; zumindest für 14 Tage. Danach muss der Bunker leider verlassen werden, da für Frischluft nicht mehr garantiert werden kann. Aber nicht nur die hohen Sicherheits- und Hygienestandards überzeugen hier. Der Bunker genießt auch einen Promibonus, den wir Ihnen nicht vorenthalten wollen: wir rechnen fest mit dem Aufenthalt von Karl Lauterbach.

 

* Bitte bedenken Sie, dass sich die Empfehlungen ausschließlich an Personen mit vollständigem Impfschutz richten. Wir garantieren nicht für den Einlass von Personen ohne 5-fachen Impfschutz. Bitte setzen Sie sich rechtzeitig mit der zuständigen Behörde ihres Bezirks in Verbindung und frischen sie ggf. Ihre Impfung auf, um von unserem Bunkertest maximal profitieren zu können.


Songbird (2020): Ein Maßnahmen-skeptischer Hollywoodfilm?

-Achtung Spoiler-

Von Laura Werz | „Es ist schön zu wissen, dass es noch was da draußen gibt, dass einen töten kann“ – ein zentraler Satz in dem US-amerikanischen Film „Songbird“ aus dem ersten Pandemiejahr 2020. Der Science-Fiction-Thriller ist weniger aufgrund der schauspielerischen Leistungen oder des Unterhaltungswertes interessant, sondern wegen des dargestellten fiktiven Zukunftsszenarios. Bei der Produktion wurden die bis dato erlebten Pandemieerfahrungen bis in „irreale“ Sphären weitergesponnen, welche erschreckende Parallelen zu unseren Wirklichkeitserfahrungen der letzten Monate aufweisen.

Wir befinden uns bereits im vierten Jahr der Corona-Pandemie, an welcher inzwischen über 100 Millionen Menschen gestorben sind. Infizierte werden gegen ihren Willen in sogenannte „Q-Zones“, vergleichbar mit Slams oder Konzentrationslagern, gebracht. Die Handlung spielt in Los Angeles, das einer Geisterstadt gleicht. Niemand darf seine Wohnung oder sein Haus verlassen, da sich das Virus über die Luft überträgt. Nico, der sich als Genesener, sogenannter „Imuni“, frei bewegen darf und als Fahrradkurier arbeitet, lernt während des Dauerlockdowns Sara kennen. Sara, die gemeinsam mit ihrer Großmutter die gemeinsame Wohnung nicht verlassen darf, verbringt ihre Jugend ordnungsgemäß hinter verschlossenen Türen mit täglichen vorgeschriebenen Fiebermessungen. Liebe im Jahre 2024 ist schwer und von absoluter körperlicher Abstinenz geprägt. Als Saras Großmutter in kürzester Zeit an dem Virus stirbt, ist klar, dass Sara vom Hygieneschutz abgeholt und in ein Lager gebracht werden wird.

Die Hygieneabteilung von Los Angeles ist die alleinige Exekutivgewalt, welche totalitär und willkürlich die Lockdownregelungen durchsetzt. Die menschenverachtende Regierungsgewalt wird in dem Leiter der sanitären Einrichtungen Harland personifiziert. Harland, vor Pandemiebeginn noch Müllwagenfahrer bei der Behörde für Hygieneschutz, hat mit der Pandemie einen rasanten Aufstieg erlebt. Parallelen zum derzeitigen hiesigen Chef des Gesundheitsressorts sind erschreckend. Hat sich nicht auch hier ein Hinterbänkler durch Talkshowsitzungen und Selbstinszenierung auf der Coronawelle in die Regierung tragen lassen? Die tatsächliche Gefährlichkeit des Virus bleibt auch im Jahre 2024 im Dunkeln. Es stellt sich heraus, dass Sara immun ist und somit keine rechtliche Grundlage besteht, sie zu deportieren. Harland ordnet dies dennoch an und beweist an dieser Stelle die alleinige Despotie der Exekutive. Notwendige Maßnahmen und tatsächliche gesundheitliche Zustände spielen keine Rolle bei der Machtausübung. Als deutscher Zuschauer wird man fast zwangsläufig wieder an die hiesige Verkürzung des Genesenenstatus erinnert.

Der Film zeigt eine internationale Metropole in ca. zwei Jahren. Eine tote Stadt, Menschen ohne Zukunft, umgeben von Düsternis, Einsamkeit und Hoffnungslosigkeit.