„GameStop“: Wie Kleinanleger milliardenschwere Hedgefonds bezwangen

Von Max Roland | Ein 10-Jähriger Junge aus Texas gewinnt gegen große Spekulanten an der Börse. Er ist unwahrscheinlicher Profiteur eines Internetphänomens am Aktienmarkt, welches Medien vor Wut über angebliche „Trumpnazis“ schäumen und Hedgefondsmanager in Panik verfallen lässt.

Als Jaydyn Carr acht Jahre alt war, schenkte ihm seine Mutter zehn Aktientitel des amerikanischen Videospielhändlers „GameStop“. Damals, vor zwei Jahren, kostete eine einzelne Aktie sechs Dollar. Wenn Jaydyn sich damals über Anteile an seinem Lieblingsgeschäft gefreut hat, so wird die Freude am vergangenen Mittwoch wohl noch größer gewesen sein: Dem Tag, an dem Jaydyn seine Anteile an der Firma für 3.200 Dollar wieder verkauft hat, nachdem er an der Börse gegen riesige Hedgefonds-Spekulanten gewonnen hatte.

Zugegeben – der kleine Junge aus Texas verfügt nicht etwa über unwahrscheinliche Trading-Skills. Er ist ein unwahrscheinlicher Profiteur eines Internetphänomens am Aktienmarkt, welches Hedgefondsmanager zur Zeit in wilde Panik verfallen lässt. Denn sie hatten gegen Gamestop gewettet. Doch von Dienstag auf Mittwoch legte die Aktie des Konzerns um über 100% zu und war die mit Abstand meistgehandelte Börse auf dem US-Aktienmarkt, überholte sogar die Tech-Giganten des Silicon Valley. Haben all diese erfolgreichen Marktakteure, wie der New Yorker Top-Hedgefonds „Point74“, sich einfach komplett verwettet? Streng genommen: Ja. Aber jeder Aktienberater hätte vom Kauf von „GameStop“-Titeln abgeraten – der Konzern steckt in Schwierigkeiten, der Kurs entwickelte sich nicht gut. Eigentlich waren sich alle Experten schon lange einig: Das Business-Modell sei veraltet und habe keine Zukunft.

Nachdem ein Hedgefonds im vergangenen Herbst jedoch öffentlich kommunizierte, gegen „GameStop“ zu wetten, beschloss eine Community von Online-Tradern, den Managern einen Strich durch die Rechnung zu machen. Auf der Social-Media-Plattform „Reddit“ organisieren sich Nutzer, die man eigentlich als Hobbytrader bezeichnen könnte. Ihr Forum, den sogenannten „Subreddit“, nennen sie „Wallstreetbets“ – auch ein deutscher Ableger mit dem Namen „Mauerstraßenwetten“ existiert, der Name eine ironische Wort-für-Wort-Übersetzung des englischsprachigen Gegenstücks. Dort und in ähnlichen Foren gibt man sich „Geheimtipps“ und spricht über eigene Erfolge und Misserfolge beim Spekulieren mit Summen, die man in den Chefetagen der Hedgefonds nicht mal mehr als „Peanuts“ bezeichnen würde. Doch wenn Mitglieder einer 5,4 Millionen Nutzer starken Community gemeinsam in eine Aktie investieren, kommen Ergebnisse heraus, die man in der „Augsburger Allgemeinen“ als „durch-die-Decke gehen“ und bei „4investors.de“ als „turbulenten Wahnsinn“ betitelt. Die Kleinanleger kaufen koordiniert „GameStop“-Aktien und tun so angeblich das, was Kritiker den großen Hedgefonds schon seit Jahren vorwerfen – sie machen sich der Marktmanipulation verdächtig oder schuldig. Das Ergebnis: Der Kurs von „GameStop“ stieg an der Börse vom 26. auf den 27. Januar um 242%.

Es ist persönlich geworden

Es sind ähnliche Internet-Communities wie diese, die 2016 durch viele Mainstream-Medien kontrafaktisch als „russische Trump-Trolle“ verkauft wurden. Die dort aktiven User sind häufig jung und erfreuen sich ihres sehr eigenen Nischenhumors. „Wir teilen keine Motive“, erklärt ein Nutzer: „Wir alle haben unsere eigenen Gründe, GameStop und andere Firmen zu unterstützen“. Ein anderer, der sich per Privatchat zum Gespräch bereit erklärt, meint, er habe ursprünglich wegen des Geldes mitgemacht: „Ich möchte meine Studienkredite abbezahlen und für die Rente sparen. Ich bin 36 und habe noch nichts wirklich zurückgelegt“. Doch aus diesen rationalen Motiven heraus entstand dann etwas größeres. Obwohl der Wert seiner „GameStop“-Aktien an einem Tag um rund 13,000 US-Dollar zugenommen hatte, verkaufte er nicht: Er wollte die anderen Käufer unterstützen: „Je länger wir halten, desto stärker können wir das Establishment quetschen. Nun, mit ihren dreisten Manipulationen, haben wir den Anreiz, weiter dranzubleiben“. Nicht wenige Investoren scheint eine Ablehnung der großen Hedgefonds anzutreiben. Insbesondere, seitdem diese massiven Druck auf die Community ausüben. Denn das, was viele vielleicht nicht zu Unrecht als „Marktmanipulation“ bezeichnen, schlägt mittlerweile richtiger Widerstand entgegen. Online-Trading-Anbieter haben den Verkauf von „GameStop“-Aktien gestoppt: Wer dort Titel hält, kann sie zur Zeit lediglich veräußern, was zur Zeit folglich zu Verlusten führt. Einige Nutzer berichten in den sozialen Medien davon, dass ihr Aktienbestand in „Gamestop“-aktien ohne Einwilligung oder ohne ihr aktives Zutun veräußert wurden und posten Screenshots der Mitteilungen. Träfe dies zu, wäre das ein weiterer skandalöser Vorgang. Eine Tradingapp namens „Robinhood“, die von den „Redditern“ gerne genutzt wurde, twitterte 2016 noch großspurig „Let the people trade“ – heute sperrt sie genau diesen Massenhandel der vielen, der sich organisiert hat. Wohl auf Druck großer Hedgefonds wie „Melvin Capital“, die ihren Einfluss auf das junge Unternehmen ausüben.

Vielleicht aber auch, weil das ganze sonst das Zeug zur handfesten Krise hätte werden können, zumindest für einige Hedgefonds. Durch das Floppen der Leerverkäufe gerieten einige Häuser in eine gefährliche Schieflage. Der zuvor erwähnte „Point74“ und sein Besitzer musste „Melvin Capital“ eilig eine Liquiditätsspritze zukommen lassen – bei massiven Leerverkäufen hatte sich nicht nur „Melvin Capital“ gehörig verbrannt und benötigte eine drei Milliarden schwere finanzielle Hilfestellung.

Für die User von „wallstreetbets“ ist die Sache klar: Die Großen haben sich gegen die Kleinen Verschworen. Aber was wie eine E-Börsen-Version von „David gegen Goliath“ klingt, hat jetzt auch den US-Kongress auf den Plan gerufen. Dort, wo die Spaltung zwischen Demokraten und Republikanern eigentlich unüberbrückbar tief erscheint, sind sich jetzt plötzlich Abgeordnete aller Lager und Parteien einig: Dieser „Crackdown“, dieses Vorgehen gegen die einzelnen Normalverbraucher, die vom „GameStop“-Phänomen profitieren wollten, verstößt gegen geltendes Recht. Ein Kongressmitglied verfasste bereits einen Brief an den US-Generalstaatsanwalt, in dem von „wettberwerbswidrig“ motivierten Schritten die Rede ist. Und in der Kritik an „Robinhood“ stehen die sozialistische Linksaußen-Politikerin Ocasio-Cortez der Demokraten und der Trump-Verbündeten und Ultra-Konservativen Ted Cruz, der als Republikaner Texas im Senat vertritt, auf einmal auf einer Seite. Das erfüllt erstere natürlich mit Unbehagen – sie distanziert sich direkt von Cruz, der sie als Verantwortlicher für den „Kapitol-Putsch“ ja habe tot sehen wollen – zeigt aber, dass die Fragen um das, was da an der Wallstreet passiert ist, Parteiübergreifend mit Sorge lauter werden.

In einschlägigen Medien verkennt man das, was man sieht, derweil komplett, und vermutet finstere Kräfte am Werk. Laut „CNN“ sind es „Trumpisten“, die hier „den Eliten“ den Mittelfinger zeigen wollen. Und Nathaniel Weixel, der bei der amerikanischen Newswebsite „The Hill“ arbeitet, vermutet sogar, dass „White Supremacists“, rassistische Neonazis, involviert sind. Doch das sind Spekulationen und Reflexhandlungen einer gewissen Medienkaste, die mit der Realität wenig oder gar nichts gemein haben.

Wie es jetzt weitergeht, ist offen. Auf „wallstreetbets“ wird dazu aufgerufen, die Anteile zu halten und sich nicht in den Verkauf zwingen zu lassen. Doch die Aktie ist jetzt offensichtlich überbewertet – Anfang der Woche kostete ein Titel gerade mal 43 Dollar, Freitagmorgens vor Börsenöffnung liegt der Kurs bei knapp mehr als 197 Dollar. An dem Unternehmen ist nach wie vor nichts von Substanz dran, was einen solchen Kurszuwachs rechtfertigen könnte: Gamestop verzeichnete zuletzt 471 Millionen Dollar Verluste und gehört nicht zu den Zukunftsträgern im Markt. Das wissen auch die Aktionäre von „wallstreetbets“: Vielen geht es jetzt darum, es den Großen zu Zeigen. Für die „Degenerierten“, wie sie sich selbst ironisch nennen, ist es persönlich geworden.

Dieser Artikel von Max Roland erschien zuerst auf TichysEinblick.


„Dann lege ich den Strafbescheid zu den anderen Rechnungen“

Von Max Roland | Bianca Orpel blickt in ihrem Friseursalon in die Kamera. Sie trägt Maske und einen Pullover, auf dem „Es gibt keinen Planet B“ steht. „Rechts“ sieht diese Frau wirklich nicht aus, auch nicht wie einer der medial vorgeführten „Covidioten“, der die Existenz des Virus leugnet und sich irgendwo zwischen „QAnon“-Verschwörungsmythen und Reichsbürgermilieu herumtreibt. „Natürlich gibt es Corona und was gerade in den Kliniken passiert, ist schlimm“, sagt die Friseurmeisterin.

Dennoch wagt sie den Widerstand gegen die Lockdown-Maßnahmen. Sie öffnete ihr Geschäft am Montag wieder und will auch Strafen in Kauf nehmen. Sie habe nichts mehr zu verlieren, erklärt sie im Interview mit der „Ostseezeitung“. „Ich stehe vollkommen mittellos da. Ich bekomme keinen Kredit und weiß nicht mal, wie ich nächsten Monate das Schulgeld für meinen Sohn bezahlen soll.“

Frau Orpel steht symbolisch für die Situation vieler Selbstständiger. Denn dank Lockdown und vergeigter staatlicher Coronahilfen stehen Einzelhändler, Unternehmer, Gastronomen und Hoteliers mit dem Rücken zur Wand. Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband teilte am Montag mit, jeder vierte Unternehmer erwäge, seinen Betrieb aufzugeben. Und laut dem Handelsverband HDE ständen 50.000 Geschäfte mit mehr als 250.000 Arbeitsplätzen vor dem Aus. Zwei von drei Kaufleuten sehen nach einer Schnellumfrage des Handelsverbands unter 700 Händlern ihre wirtschaftliche Existenz in Gefahr. Drei Viertel der Händler gaben an, dass die staatlichen Hilfen nicht ausreichen, um eine Insolvenz abzuwenden. Die „Novemberhilfen“, die mehrere Monate danach noch immer nicht richtig fließen, sind unter Unternehmern nur noch Stoff für beißenden Spott und bitteren Humor.

https://twitter.com/whytongmusic/status/1349273503317553152

Die Initiative „Wir machen auf“ soll als ein Hilferuf verstanden werden. Mit zivilem Ungehorsam wollen Geschäfte gegen den Lockdown protestieren. Auch der Kopf hinter der Aktion, Macit Uzbay, wird dem Namen nach zu vermuten wahrscheinlich kein Nazi sein. „Ich bin einfacher Mensch, ohne jeglichen Politischen Hintergrund. Es geht hier weder um Querdenken, noch irgendwelche anderen Bewegungen, Seiten, Kanäle… Ich bin ein einfacher Kosmetikstudio-Besitzer, der alles umsetzte, was erwartet wurde, und am Ende seiner Existenz ist und die Nase voll hat“, behauptet er.

Viele sehen das ähnlich: Telegramkanal und -gruppe der Aktion „Wir machen auf“ zählen tausende Mitglieder. Die Angst vor Anzeigen und Verfolgung scheint bei vielen groß zu sein: Nicht ganz unbegründet. Auf Twitter bildete sich als Reaktion auf #WirMachenAuf der Gegen-Hashtag #WirMachenEuchDicht. Dort wird geifernd gehofft, dass möglichst bald das Ordnungsamt mit tausenden Euro Strafe vor der Tür stehe – natürlich um „tausende Tote“ zu verhindern. Vor allem, so scheint es, äußern sich dort diejenigen, die von der Situation der Betroffenen keine Ahnung haben.

Die Häme der Twitter-Musterbürger steht in krassem Kontrast zu dem, was Unternehmer berichten. So zum Beispiel Udo Siebzehnrübl. Der Bayer betreibt fünf Sportfachgeschäfte und beschäftigt knapp 100 Mitarbeiter. Wie der 60-Jährige berichtet, liege sein Corona-Schaden bei 1,5 bis 2 Millionen Euro. Dem Gegenüber stehen die nur 15.000 Euro Hilfszahlungen, die der Selbstständige seit März vom Staat erhalten habe. Seine Teilnahme an #WirMachenAuf zog er trotzdem wieder zurück: Aus Angst vor Konsequenzen, nachdem es Zuspruch aus der „rechten Szene“ gab.

Die Sorge um negative Reaktionen aus einer Öffentlichkeit, die weitgehend hinter den Maßnahmen zu stehen scheint, oder gar vor Antifa und Co., scheint zumindest weitgehend schwerer zu wiegen, als die Angst vor den Strafzahlungen von bis zu mehreren zehntausend Euro, die bei der Öffnung des Geschäfts drohen. Friseurin Bianca Orpel erklärte auf die Frage, was sie im Falle einer Strafzahlung machen würde, ganz einfach: „Dann lege ich den Bescheid zu den anderen Rechnungen, die ich auch nicht bezahlen kann.“

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Die amerikanische Linke wickelt die Trump-Ära ab

Von Max Roland | Bereits seit Tagen gehen die Democrats mit allen möglichen Mitteln gegen den noch amtierenden US-Präsidenten vor. Nancy Pelosi, Sprecherin des Repräsentantenhauses, sprach sogar schon mit dem Generalstab im Pentagon, um Donald Trump den Zugang zu den Nuklearcodes zu entziehen – allein das ist ein einzigartiger Vorgang, der laut New York Times von Mitarbeitern des Verteidigungsministeriums mit einem „Putsch“ verglichen wird. Doch den finalen Schritt haben sie in der Nacht zum 9. Januar umgesetzt: Ein weiteres Trump-Impeachment. Der weitgehend unbekannte Abgeordnete David Cicilline hat sich an die Spitze einer Gruppe von Democrats gesetzt, der unter anderem auch die radikal-linken Sozialisten Alexandria Ocasio-Cortez und Ilhan Omar angehören. Die Abgeordneten wollen noch vor der Machtübergabe am 20. Januar einen Prozess gegen Trump eröffnen – mit einer pikanten Anklageschrift.

Der vorgelegte Entwurf würde den Präsidenten nicht nur wegen „schwerer Verbrechen und Vergehen“ – soweit die Standardformulierung in einem Impeachmentverfahren – aus dem Amt entheben, sondern auch konkret der „Vorsätzlichen Anstiftung zur Gewalt gegen die US-Regierung“ anklagen. Gemeint ist der Mob unter seinen Anhängern am Kapitol: Er habe bei seiner Rede zu den Demonstranten, die später das Gebäude besetzten, willentlich Aussagen getätigt, die  zu Gewalt ermutigt hätten. Sein Handeln habe im Einklang mit seinen Bemühungen gestanden, die offiziellen Ergebnisse der US-Wahl anzufechten und für ungültig zu erklären. Damit, so die Democrats, habe er die Sicherheit der Institutionen und die Vereinigten Staaten gefährdet. Die Resolution erklärt Präsident Trump zu einer „bleibenden Gefahr“ für die nationale Sicherheit, die Demokratie und die Verfassung, sollte er weiterhin im Amt bleiben. Außerdem enthält sie eine Klausel, die ihn für jedes öffentliche Amt disqualifiziert – und somit eine mögliche Trump-Kampagne 2024 ausschließen würde. Dass auf Trumps Veranstaltung, auf die sich der Antrag bezieht, explizit dazu aufgerufen wurde, vor dem Kapitol stehenzubleiben, wird dabei ignoriert.

Dass die Legislaturperiode kurz vor ihrem Ende steht, verschafft dem Verfahren eine weitere Besonderheit, die es in sich hat: Es könnte nach Trumps Amtszeit noch fortgesetzt werden. Zur Zeit macht der scheidende Mehrheitsführer im US-Senat, Republikaner Mitch McConnell, keine Anzeichen, eine schnelle Abstimmung anstreben zu wollen. Doch sobald die Fraktion der Democrats am 20. Januar die Mehrheit dort übernimmt, könnten sie den Beschluss des Repräsentantenhauses aufnehmen und ein erfolgreiches Impeachment-Verfahren einleiten. Dann würde dem „Zivilisten“ Donald Trump der Prozess vor dem Senat gemacht werden. Ein völlig anderes Bild als im ersten Impeachment-Verfahren: Hier säße ein Trump auf der Anklagebank, der in keinster Weise durch das Präsidentenamt geschützt wäre. Rechtliche Präzedenz oder Regelungen für ein Verfahren gegen einen ehemaligen Amtsinhaber gibt es nicht.

Verschiedene Republicans, auch solche, die sich nach den Randalen seiner Anhänger von Trump distanziert haben, äußerten sich kritisch gegenüber dem Verfahren. Senator Lindsey Graham sagte, es würde „mehr schaden als nützen“. Doch Sprecherin Pelosi soll laut CNN auch an mehrere Republican-Senatoren herangetreten sein – gerade an solche, die Trump als mögliche Konkurrenz 2024 vielleicht gerne aus dem Weg geräumt sehen würden. Deswegen könnte Rückhalt, sogar breiter Rückhalt unter den Republicans für ein Impeachment dieses mal denkbar sein.

Das Wording der Trump-Gegner, ob dies- oder jenseits des Atlantiks, ist auffallend scharf. Von einem „Putschversuch“ ist die Rede. President-elect Biden spricht von einem „Aufstand“, und die Impeachment-Vorlage klagt den Präsidenten der Anstachelung eines solchen gegen die US-Regierung an.

Die unentschuldbaren Handlungen der Trump-Anhänger auf dem Capitol Hill sollen jetzt offenbar der Anlass sein, um den Präsidenten und die, die ihn in den vergangenen Jahren unterstützt haben, auf politischer Ebene zu vernichten. Da ist alles erlaubt. Der Sender CNN hat sogar bereits US-Fernsehanbieter aufgefordert, den konservativen Sender Fox News aus ihrem Angebot zu verbannen und damit die wichtigste mediale Stimme der Konservativen auszuschalten. Und das, obwohl so ziemlich alles von Rang und Namen bei Fox die Ausschreitungen scharf verurteilt hat.

Auch die Social-Media Giganten haben in einer scheinbar koordinierten Aktion jegliche Präsenz des Präsidenten aus ihren Netzwerken getilgt. Nach einem Brief der Twitter-Mitarbeiter an CEO Jack Dorsey sperrte der Konzern den Account des Präsidenten, welcher bis dahin sein Hauptkommunikationsmedium darstellte, dauerhaft. Auch Facebook-Chef Mark Zuckerberg erklärte, sein Konzern habe Trump von all seinen Plattformen entfernt. Im 21. Jahrhundert wird ein Politiker von den sozialen Medien, welche ein unverzichtbarer Teil von Meinungsbildung und politischem Diskurs unserer Zeit geworden sind, verbannt – eine ungekannte Form von Zensur und ein Präzedenzfall.

Der bekannte russische Oppositionelle Alexej Navalny hat das in einer Reihe von Tweets kritisiert: „Ich glaube, dass das Verbot von Präsident Trump auf Twitter ein inakzeptabler Akt der Zensur ist. (…) Dieser Präzedenzfall würde von Feinden der Freiheit auf der ganzen Welt genutzt werden: Jedes Mal, wenn sie etwas blockieren müssen, werden sie sagen: Dies ist Weltpraxis, sie haben Trump auf Twitter blockiert.“ Trumps Verhalten, so Navalny, sei, wie geschehen, an der Wahlurne abzustrafen, nicht durch Willkürjustiz seiner Gegner.

Wie weit die Maßnahmen der amerikanischen Linken noch gehen, bleibt offen. Joe Biden hat erklärt, er werde dem Justizministerium nicht sagen, gegen wen sie ermitteln sollten. Der designierte Justizminister Merrick Garland, dem die Republicans durch ein politisches Manöver einen Sitz als Richter am Supreme Court verwehrten, wird wahrscheinlich so oder so motiviert genug sein, seine Arbeit aufzunehmen. Doch der moderate President-elect hat kaum Einfluss darauf, was seine radikalen Verbündeten in Partei und Presse anstreben werden. Die Forderung, Trump-treue Senatoren und Abgeordnete ihrer Ämter zu entheben, wurde bereits mehrfach geäußert. Das wäre nicht nur demokratisch fragwürdig, sondern könnte das Land auch weiter spalten.

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BBC stellt Programm auf Homeschooling um – beim ÖRR läuft nur Pilawa

Von Max Roland | Vor dem Hintergrund des Lockdowns in Großbritannien startet die BBC das größte Bildungsangebot in ihrer Geschichte. Die britische Rundfunkanstalt will Familien, insbesondere sozial schwache ohne Internetanschluss, so beim Homeschooling der Kinder unterstützen. Auf zwei Kanälen soll ein dreistündiges Programm für Grundschüler sowie ein zweistündiges Programm für Schüler von weiterführenden Schulen gesendet werden, welches sich an Stundenplänen und schulischen Curricula orientieren soll. Das ganze ergänzt das bisherige Bildungsangebot der BBC, welches über die Mediathek abrufbar ist. „Die BBC hat der Nation durch die schwierigsten Momente des letzten Jahrhunderts geholfen, und in den nächsten Wochen wird sie unseren Kindern lernen helfen, während wir zuhause bleiben, das Gesundheitssystem schützen und Leben retten“, erklärte Oliver Dowden, der britische Kulturminister. Das bemerkenswert schnell aufgestellte Programm wurde bereits einen Tag nach der Verkündung des erneuten Lockdowns auf den Inseln bekanntgegeben und soll am Montag, dem 11. Januar auf Sendung gehen.

Ganz anders hier in Deutschland. Schaltet ein Schüler hier am 11. Januar um Neun Uhr den Kinderkanal der Öffentlich-Rechtlichen ein, verbringt er drei Stunden mit Sendungen wie „Feuerwehrmann Sam“, „das Dschungelbuch“ oder „The Garfield Show“. An der Qualität dieser Serien ist gar nichts auszusetzen: Als Kind habe ich genau das auch immer geguckt, wenn ich nicht in die Schule ging und krank machte – also nicht lernen wollte. Von einem „Bildungsauftrag“, mit dem sich ARD, ZDF und Co. eigentlich sonst immer legitimieren wollen, ist da wenig zu erkennen. Auch im Ersten findet sich am 11. Januar nicht viel, was einem Schulkind das Wissen vermitteln könnte, welches es sich sonst im Klassenzimmer aneignen würde: Abgesehen von zwei Quizshows mit Kai Pflaume und Jörg Pilawa wird auch hier nichts gesendet, was einem Schüler auch nur Ansatzweise etwas vermitteln könnte. Allein diese zwei Moderatoren als Vertretungslehrer versinnbildlichen „Bildungskatastrophe“ relativ deutlich. Nur die Sendung „Verrückt nach Meer: Tanz durch den Ärmelkanal“ könnte den Schülern eine Hilfe sein – wenn sie einen Guide enthielte, wie man über das Meer nach Großbritannien kommt, um britisches Bildungsfernsehen gucken zu können.

Ob es daran liegt, dass ARD und ZDF – nach eigener Aussage, wenn es um die Erhöhung des Rundfunkbeitrages geht – knapp bei Kasse sind? Wohl kaum. Denn während die BBC 2019 umgerechnet rund 5,5 Milliarden Euro einnahm, kassierten die deutschen Öffentlich-Rechtlichen etwas mehr als 8 Milliarden Euro allein durch Rundfunkgebühren – die Werbeeinnahmen sind dort noch nicht eingerechnet. Bei solchen Summen fehlt das Verständnis dafür, dass die Sender kein ähnliches Programm auf die Beine stellen und endlich mal ihre Relevanz konkret unter Beweis stellen. Vor allem, weil sie doch sonst immer so gerne versuchen, ihre Zuschauer zu erziehen.

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