Will uns die Politik zur grünen Askese erziehen?

Von Elena Klagges | Dieser Tage allgegenwärtig sind die Stichworte ,,Verzicht’’ und ,,Einsparungen’’. Wir sollen öffentlich und gemeinsam Leiden, um gleichzeitig für den Frieden zu kämpfen und unser Alltagsleben halbwegs ,,normal’’ fortführen zu können.

So sollen beispielsweise die Swimmingpools nicht mehr mit Gas beheizt werden dürfen. Dies sieht das am Donnerstag vorgestellte Energiespar-Paket vor, doch seien wir mal ehrlich: Wie viele private Pools gibt es in Deutschland? Schätzungen zufolge ca. 2,1 Millionen inklusive Aufstellbecken und diese in der kommenden Zeit nicht mehr zu erwärmen, ist wirklich nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. Der gewünschte Effekt kann vernachlässigt werden und ist im Endeffekt nur eine Maßnahme, um dem glücklichen Teil der Bevölkerung ihren Luxus zu entziehen – reine Symbolpolitik würde ich einschätzen.

Besonders betroffen von den Strom- und Gasbegrenzungen wären auch die Friseurunternehmen. Denn hier würden die Einsparungen bedeuten, dass die Haare mit kaltem Wasser gewaschen werden müssten und man nicht mehr ordentlich föhnen könnte. Viele Menschen haben bei Umfragen schon angekündigt, dass sie dann weniger oder sogar gar nicht mehr zum Friseur gehen wollten. Andersrum befürchten Friseure, dass sie die gestiegenen Kosten überhaupt nicht stemmen könnten und aufgrund dessen ihren Betrieb sowieso schließen müssten. Nachdem das Hairstyling schon zu Coronazeiten unmöglich geworden war, habe ich mich gefragt, ob die Politik uns Deutsche eigentlich verwahrlosen lassen möchte? Ob sie uns alle zu unrasierten Pudeln verkommen lassen möchte – oder viel eher zu Komondoren mit ihrem extremen Zottelfell? 

Und auch an einer anderer Front fühlt man sich zwei Jahre zurück katapultiert: Klopapier-Hamstern. Denn pünktlich zu den Engpässen in anderen Branchen warnen nun auch Stimmen aus der Papierindustrie vor Problemen bei der Versorgungssicherheit. Die Produktion der 750.000 Tonnen Toilettenpapier, die jährlich in Deutschland hergestellt werden, benötige viel Gas und sei bei einem Gasmangel gefährdet. Hinzu kommt, dass das Klopapier ja ,,unverzichtbar’’ sei vor dem Hintergrund, dass man es in allen Lebensbereichen, also privat, im Arbeitsumfeld und auch in der Öffentlichkeit benötige. Da kommen einem doch sofort die Bilder der geplünderten Supermarktregale ins Gedächtnis zurück.

Nicht zuletzt vermitteln die Änderungen im Energiesicherungsgesetz (EnSiG), die sogenannte lex uniper, ein deja-vu Gefühl und zeigen Parallelen zu einer Situation aus der Coronazeit. Damals verschaffte sich der Staat die Möglichkeit, bei der Lufthansa einzusteigen und das Unternehmen vor der Insolvenz zu retten. Jetzt geht es darum, Unternehmen der kritischen Infrastruktur vor dem Ruin zu bewahren, vorausgesetzt, es wird gemäß § 29 EnSiG ein Hilfsantrag gestellt. Dann kämen als Staatshilfen Garantie- und Sicherheitsleistungen, aber eben auch Beteiligungen mit Eigenkapital in Frage.

Laut dpa-Informationen würde zu Zweidritteln das Energieunternehmen Uniper von der Umlage in Höhe von 2,4 Cent pro Kilowattstunde profitieren. Grundgesetzlich soll es gemäß Artikel 19 Absatz 1 jedoch keine Einzelgesetzgebung geben. Unter anderem deshalb hat Wirtschaftsminister Habeck kürzlich in Münster bei den 26. Westfälischen Wirtschaftstagen versprochen, sich das Gesetz zur Gasumlage noch einmal anzuschauen. Ziel sei es, die Lasten und die Umverteilung solidarisch zu stemmen. Auf der einen Seite erklärte er zwar noch, dass alle vor dem Gesetz gleich seien. Ein paar Tage zuvor wies Dr. Robert Habeck bei einer Werksbesichtigung in Gelsenkirchen aber andere Unternehmen darauf hin, es sei vernünftig auf die Umlage zu verzichten, wenn das Unternehmen schon gute Gewinne erziele. RWE hatte zu diesem Zeitpunkt schon angekündigt, freiwillig auf die Umlage, welche als ,,Gratis-Mitnahme-Profit’’ verpönt wird, zu verzichten. Dabei kann man es den Unternehmen selbst nicht verübeln, die Gasumlage zu beantragen, wenn sie die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllen – und zu diesen zählt eben (noch) nicht, dass eine finanzielle Insolvenz droht.

Hier stellt sich die Frage, ob die Politik mit uns in der Entwicklung zurück reisen will und uns zur Askese erziehen möchte. Weg von der Konsum- und Leistungsgesellschaft hin zum moralischen Gutmenschen, wenn man sich der ideologischen Lebensführung und der enthaltsamen Lebensweise anpasst. Also wenn man z.B. ,,freiwillig’’ auf exzessive Weihnachtsshopping-Touren verzichtet, weil der Winter ja naht, die Tage kürzer werden, auch die Zeitumstellung bald wieder bevorsteht, gleichzeitig aber die Rolltreppen in den Kaufhäusern ausfallen, die Klimaanlagen abgeschaltet und auch die Lichter und Leuchtreklame ab einer gewissen Uhrzeit ausgeschaltet werden sollen.

Gefühlt werden wir quasi umerzogen oder in einen ,,Klima-Lockdown’’ geschickt, wobei die Politik dadurch eigentlich ihr Versagen und ihre Fehler zu verdecken versucht und uns suggerieren möchte, wir könnten mit diesem Wandel die Welt retten, zumindest aber erst einmal den Winter überstehen. Solidarischer Verzicht für den guten Zweck – rings a bell, oder?




Meine Abrechnung mit dem Geschichtsunterricht

Von Jonas Aston | Um es gleich vorwegzunehmen: Dieser Artikel richtet sich nicht gegen meine Lehrer und ist ausdrücklich keine Abrechnung mit ihnen. In meiner Schulzeit war ich mit 3 sehr guten Lehrern gesegnet. Zwei von ihnen waren alte DDR-Schule: Wäre ihnen irgendeine Ministeriumstante mit dem Vorschlag gekommen doch mal Gruppenarbeit oder sonstige „moderne Lernpraktiken“ umzusetzen, wäre sie ausgelacht worden. Der dritte Lehrer war bei uns zunächst Referendar und legte in unserer Klasse seine Lehramtsprüfung ab. Auch er war fachlich hervorragend, konnte uns motivieren und schaffte es tatsächlich moderne Technik sinnvoll einzubauen, was man längst nicht über jeden Lehrer behaupten kann.

Das Problem des Geschichtsunterrichts lag (zumindest bei mir) also nicht an den Lehrern, sondern daran, dass guten Lehrern aus allen möglichen Richtungen Steine in den Weg geworfen werden. Dies liegt unter anderem an sinnlosen und ideologiegetriebenen Forderungen des Kultusministeriums. Meine Klasse hatte schon einige Lehramtsprüfungen durchgemacht und wir ahnten schon, was auch in Geschichte auf uns zukommen würde. Unser Lehrer bereitete uns also darauf vor, dass die Stunde während der Lehramtsprüfung völlig anders ablaufen würde als bisherigen. Wenn ein Lehrer in seiner Lehramtsprüfung nämlich seine Schüler keine Gruppenarbeit machen lässt, kann er das Bestehen so gut wie vergessen.

 Jeder weiß, dass Team für „toll, ein anderer macht´s“ steht. Ich halte also nicht besonders viel von Gruppenarbeit und kenne ehrlich gesagt auch niemanden der Gruppenarbeit super findet. Unser Lehrer war auch alles andere als begeistert. Im Vorfeld der Prüfung regten wir uns darüber auf, dass unser Lehrer sich dieses sinnlosen Vorgaben unterwerfen musste und nicht einfach Unterricht machen konnte, wie er es am besten kann – nämlich frontal. Doch die Ministeriumstanten können von der Gruppenarbeit gar nicht genug bekommen. Unser Lehrer dachte sich also etwas besonderes aus. Unser Thema war die Teilung Deutschlands in Ost und West bzw. die Zeit von 1945-1990. Er teilte unsere Klasse mithilfe der Schulbänke durch eine imaginäre Mauer. Jedem wurde ein Partner zugeteilt und jeder Gruppe bekam einen Zeitabschnitt, den sie bearbeiten musste. Letztendlich bestand unser Lehrer die Prüfung mit Bestnoten. 

Dass ausgerechnet die Nachkriegszeit Thema in der Prüfung gewesen ist, war purer Zufall. In meiner 12-jährigen Schulzeit habe ich kaum etwas über die DDR erfahren und dass obwohl ich aus dem ehemaligen Osten stamme. Der Nationalsozialismus wurde hingegen umso ausgiebiger behandelt. In verschiedenen Klassenstufen wurde er insgesamt 3 Mal durchgenommen. In der 12. Klasse beschäftigen wir uns ein halbes Jahr ausschließlich mit dem NS. Für den Kommunismus dagegen, waren als solches waren laut Lehrplan übrigens sage und schreibe 2 Schulstunden vorgesehen. Es ist unserem Lehrer zu verdanken, dass aus diesen 2 immerhin 4 Stunden wurden.

Am meisten stört mich aber die Art und Weise wie der Geschichtsunterricht ausgelegt ist. Der Geschichtsunterricht ist extrem auf politische Persönlichkeiten zugeschnitten. Dafür werden alle möglichen gesellschaftlichen Entwicklungen komplett ausgeblendet. Demographie, Veränderungen im Geist – wie zum Beispiel die Aufklärung – oder wirtschaftliche kommen fast nicht vor. Glaubt man dem Geschichtsunterricht ist zum Beispiel ein Napoleon völlig vom Himmel gefallen. Er konnte halb Europa nicht etwa wegen der Stärke der Franzosen erobern, sondern schlicht, weil er so ein brillanter Kopf war. So wird es zumindest im Geschichtsunterricht suggeriert. Dass die Franzosen nur deshalb so stark waren, weil ihr nationales Bewusstsein geweckt wurde, wird völlig ausgeblendet. 

In der Deutschen Geschichte tut man so, als ob Bismarck Deutschland im Alleingang vereinigt hat. Letztlich hat Bismarck sich die Einigung Deutschlands aber nicht ausgedacht, sondern kam nur einem tiefen Wunsch der deutschsprachigen Bevölkerung nach, den er selbst als stolzer Preuße teilweise sogar ablehnte. Und nach dem Krieg wurde Deutschland nicht etwa so schnell wieder aufgebaut und wirtschaftlich leistungsfähig, weil die Bevölkerung gebildet, fleißig und motiviert war, sondern einfach nur, weil Ludwig Erhard ein kluger Politiker war, der einige gute Gesetze auf den Weg brachte. 

Diese personengebundene Erklärung von Geschichte verfälscht diese. Stattdessen wird so eine Staatsgläubigkeit in den Schülern ausgebildet.




Agrarwende ins Nichts

Von Katharina Benjamine | In diesem Jahr sind die Ernten unterdurchschnittlich ausgefallen – und das könnte unsere Essensversorgung erheblich reduziert. Dabei ist jedoch nicht nur das Wetter oder die “Klimakrise” Schuld:  Denn die Politik spielt „Schiffe versenken“ mit den deutschen Landwirten. “Für die Umwelt” und “die Rettung des Klimas” wurde die sogenannte Agrarwende ins Rollen gebracht. Diese Ökologisierung der Landwirtschaft hat aber bestimmte Folgen für die Landwirte und schließlich auch für jeden Bürger. In Europa gibt es seit 1962 die gemeinsame Agrarpolitik (GAP), welche die Rahmenbedingungen und Gesetze für die Landwirtschaft in der EU festlegt. Diese werden in Strategieplänen vorgelegt und sollen so umgesetzt werden. Aber zu welchen Kosten?

Ich selbst bin auf einer Landwirtschaft aufgewachsen. Dort lernt man automatisch eine Wertschätzung für das Essen, weil man weiß, wie es auf den Teller kommt. Ich kann mich an viele Gespräche erinnern, in denen erwähnt wurde, welche Betriebe mal wieder aufgegeben werden mussten, aber auch an die Wut gegenüber Menschen, die ohne Erlaubnis in die Ställe geschaut haben, ob auch kein Tier gequält wird. Diese Ahnungslosigkeit ist nicht strafbar, aber aus ihr heraus Entscheidungen zu treffen sollte es fast sein. 

Denn ahnungslos sind auch die zuständigen Stellen in der Politik. Über Düngeverordnungen, Tierschutzauflagen oder die Stilllegung ganzer Flächen scheinen sie keine Grenzen zu kennen. Die bodennahe Gülleausbringung zum Beispiel soll mit Schleppschlauchsystem ausgeführt werden, weil Nitrat im Grundwasser sein soll – für kleine Betriebe eine unfassbar kostspielige Anschaffung. Nicht die einzigen Kosten, die auf Landwirte zukommen, denn auch der Dünger oder die Pestizide kosten Geld. Wenn diese nicht wirklich gebraucht werden würden, würden die Landwirte sie sicher nicht benutzen. Ein Bio-Betrieb auf der schwäbischen Alb hat einen ganzen Acker, der schimmelt, weil er nicht wie konventionelle Landwirte Pflanzenschutzmittel benutzen kann – so viel zur Qualität. Daran kann man erkennen, dass das alles einen Sinn hat und das alles für einen sehr kleinen Gewinn, da die Konkurrenz im Ausland definitiv kostengünstiger produzieren kann. 

Durch die Inflation braucht man sich demnächst auch nicht mehr über Billiglebensmittel beschweren – die Kostenexplosion wird dem verhassten Billig-Mett oder erschwinglichen Kartoffeln ohnehin den Gar ausmachen. Vor diesem Hintergrund  ist auch die 4% Flächenstilllegung keine gute Idee. Angesichts der schlechten Ernte in Deutschland und der Ernte, die aus der Ukraine und Russland wegfallen, werden bestimmte Produkte bei uns knapp werden. Europas fruchtbaren Boden trotz einer drohenden Hungerkatastrophe in anderen Ländern also nicht zu bewirtschaften, ist nicht empfehlenswert und wurde deswegen auch verschoben – leider aber nicht aufgehoben. 

Auch die Tierschutzauflagen machen es dem ein oder anderen Landwirt schwer. Ob nun neuere, größere Ställe, die sehr viel Geld kosten, oder der geschützte Wolf, der auf den Feldern die Tiere reißt. Dem Grünen Chef des Umweltbundesamtes, Dirk Messner, scheint nur ein Tier besonders am Herzen zu liegen – die Kuh. Aber diese stoßt zu viel Methan aus und deswegen möchte Messner eine Furz-Steuer. Ein Zeichen ihn nicht so ernst zu nehmen. Vielleicht brauchen sie mal wieder Urlaub – wie wäre es mit Ferien auf dem Bauernhof?


Sprengt Polen die EU-Kommission?

Von Jonas Kürsch | Die europäische Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) könnte unter Umständen im Rahmen einer internen Revolte als de facto Regierungschefin der Europäischen Union entmachtet werden. Ihre vermehrte Kritik an den angeblichen Brüchen des Europarechts durch die polnische PiS-Regierung und die Ankündigung, man würde neben den üblichen Sanktionsmechanismen gegen Polen nun auch eine Nichtauszahlung der dem Land zustehenden Gelder aus dem Corona-Wiederaufbaubonds als Strafoption betrachten, führten jüngst zu einem hochangespannten Verhältnis zwischen der Kommissionschefin und der polnischen Regierung.

Nun hat der Vorsitzende der polnischen PiS-Partei angekündigt, man wolle gegen Von der Leyen „alle Geschütze auffahren“ und würde fortan sämtliche EU-Entscheidungen per Veto blockieren, sollte die Kommission ihren Zahlungsversprechen nicht nachkommen. Der polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki warnte im Rahmen dieses Konfliktes gar, man dürfe Europa nicht zur Basis eines „Vierten Deutschen Reiches“ werden lassen. Sollten die Polen diesen radikalen Schritt umsetzen und den EU-Rat langfristig beschlussunfähig machen, so könnte diese Vertrauenskrise das politische Karriereende der Präsidentin Von der Leyen bedeuten.

 

Wenn Polen sich verweigert, sind neue EU-Reformen kaum zu erreichen 

Im EU-Rat (also jener europäischen Institution, in der die europäischen Staatschefsgemeinsam die politische Leitlinie der Union vorgeben) herrscht grundsätzlich ein Wahlmodus der Einstimmigkeit. Alle Staatschefs müssen einem Reformpaket oder einem vom europäischen Parlament beschlossenen Gesetzesentwurf zustimmen, um diesen zu ratifizieren. Auch im Ministerrat ist – je nach Politikfeld – häufig eine Konsensentscheidung notwendig. Polens Ankündigungen sollten von der Kommission daher durchaus ernst genommen werden: würden die polnischen Vertreter diesen Plan umsetzen, so ließen sich die von Von der Leyen erwünschten Umstrukturierungspläne der europäischen Gemeinschaft auf lange Zeit nicht verwirklichen. Die Kommission wäre somit in ihrem Kern entmachtet.

Einer der Hauptvorwürfe gegen Polen lautet, das Land würde sich nicht an die Überlegenheit des europäischen Rechts halten und die nationale Verfassung über das Europarecht stellen. Besonders ein Urteil des polnischen Verfassungsgerichts aus dem letzten Jahr, dem zufolge die souveräne Staatsverfassung nicht mit dem EU-Recht vereinbart werden könne, sorgte für große Unruhe in der zunehmend zentralistisch ausgerichteten EU. Dabei wurden in der europäischen Geschichte weder ein gemeinschaftlicher Vertrag noch eine europäische Strukturreform umgesetzt, die wortwörtlich das Europarecht über nationales Recht stellen. Im Gegenteil, der EU-Gründungsvertrag von Amsterdam sichert den einzelnen Mitgliedsstaaten im zweiten Paragraphen des vierten Artikels sogar zu, dass die Union die „grundlegenden politischen und verfassungsmäßigen Strukturen“ der einzelnen Nationen achten müsse. Es war letztlich eine undemokratische und in vielerlei Hinsicht willkürliche Aneinanderreihung von Gerichtsbeschlüssen des Europäischen Gerichtshofes, durch die man das Europarecht außerhalb des vertraglichen Regelwerks über die nationale Rechtssprechung gestellt hat.

Daher sind sich auch Rechtsexperten keineswegs so einig, wie es die Vertreter der EU gerne sehen würde, was den vermeintlichen „Rechtsbruch“ durch das polnische Gericht angeht. Vielmehr stellt sich – angesichts der voranschreitenden Entmachtung nationaler Entscheidungsträger durch die EU – vermehrt die Frage, ob es nicht eher die Union gewesen ist, die das eigene Recht im Rahmen unzähliger Kompetenzüberschreitungen in
den letzten zwei Jahrzehnten mehrfach gebrochen hat.

 

Von der Leyen ist angezählt – und das ist auch gut so!

Polen ist nicht das einzige Land, dessen Regierung mit der Arbeit von Ursula von der Leyen unzufrieden ist. Auch die ungarische Fidesz-Regierung unter Ministerpräsident Orban, dem die Präsidentin in der Vergangenheit „rassistische Diskriminierung“ und damit einen Bruch des Europarechts vorgeworfen hat. Politikexperten vermuten daher, dass Orban die PiS-Regierung vermutlich unterstützen würde, sollte diese einen institutionellen
Putschversuch gegen Von der Leyen unternehmen. Das politische Ende der Ursula von der Leyen käme nicht unverdient. Unter ihrer Präsidentschaft wurde die Europäische Union im Rahmen von Corona-Wiederaufbaufonds, einer fast schon zentralistisch gesteuerten EU-Impfpolitik und der

Entwicklung radikaler Strukturreformen immer stärker zu einer supranationalen und antiföderalen Machtinstitution aufgebaut. Die vertragsrechtlich garantierte Souveränität der einzelnen Mitgliedsstaaten wurde im Rahmen dieser paneuropäischen Agenda immer radikaler eingeschränkt. Hinzu kommen die ominösen Umstände ihrer einstigen Ernennung zur Kommissionschefin. Man sollte es immer wieder erwähnen: Frau Von der Leyen wurde nicht vom europäischen Volk gewählt. Sie wurde von Altbundeskanzlerin

Merkel im Rahmen eines der Öffentlichkeit weitestgehend unbekannten Deals mit den anderen Staatschefs der EU in diese Position fast schon hinein gezwängt. Vermutlich gab man ihr das Amt damals auch, um sie vor den Konsequenzen ihrer brenzligen Berateraffäre im Verteidigungsministerium zu beschützen.

Vor allem aber gäbe Von der Leyens Rückzug aus der Politik den Europäern die Chance, nach dem Chaos der drei vorangegangenen Jahre endlich wieder an die Wahlurne zu treten, den illiberalen EU-Bürokraten einen Denkzettel zu verpassen und freiheitliche Selbstbestimmung zu wählen.


Goethe Uni Frankfurt verschickt über 200 falsche Medizinstudiums-Zulassungen

Von Sebastian Thormann | Die Johann Wolfgang-Goethe-Universität in Frankfurt am Main hat wohl 282 Medizinstudiums-Zulassungen zu viel herausgeschickt als sie Plätze hat, wie die Bild-Zeitung berichtet. Dieser „Übertragungsfehler“ ist nun der Grund dafür, dass hunderte zukünftige Medizinstudenten eine nachträgliche Absage bekamen.

Der vermeintlich kleine Rechenfehler hat dabei für die fast 300 angehenden Studenten schwere Folgen. Die Betroffenen haben teilweise Wohnungen und Arbeitsplätze gekündigt in Aussicht auf das Medizinstudium in Frankfurt. Manch ausländische Studenten hatten bereits Flugtickets gekauft. All das nun umsonst. Ebenso können nun Zulassungen anderer Unis nicht mehr angenommen werden, nachdem der Rückzieher der Goethe-Universität Frankfurt zu spät kam und entsprechende Plätze anderswo schon vergeben wurden. Keine Wohnung, kein Job, kein Studienplatz bedeutet das nun erstmal für einige.

Manche haben jahrelang auf einen der begehrten Studienplätze gewartet, begeistert die Zulassung erhalten nur um dann zuerst aus der Presse davon zu erfahren, dass es einfach nicht genug Plätze gibt und sich die Uni bei einem so wichtigen Vorgang schlicht verrechnet hatte. Die Lebensplanung Vieler ist damit in sich zusammengefallen.

Von einer der größten Universitäten Deutschlands kann man eigentlich besseres erwarten. Dieses Desaster ist ein Fehler der nicht passieren darf. Aber trotzdem kam es dazu. Und leider ist er beispielhaft für ein Pannen-behaftetes und an manchen Stellen teilweise völlig dysfunktionales Bildungssystem in diesem Land. Häufig auf Schulebene, aber eben teilweise auch in den Unis. Wenn die Goethe-Uni in Frankfurt nicht mehr richtig rechnen kann, wie wird das dann bei Fünftklässlern aussehen?

Natürlich können Rechenfehler einmal passieren, aber bei solchen Dingen hat jeder nur zu gut das Recht von der Universität zu erwarten, dass man so etwas sensibles wie Studienzulassungen gerade in hoch nachgefragten Studiengängen doppelt und dreifach überprüft bevor man sie verschickt und dann die Betroffenen noch tagelang im Unwissen bleiben, dass ihre Zulassungen völlig wertlos ist. Gerade hier muss eine Bildungsinstitution eine hohes Maß an Sorgfalt an den Tag legen, was ganz offensichtlich nicht der Fall war.

Was ist das für ein Vorbild für die Studenten, wenn ihre eigene Universität solch einfache Dinge nicht auf die Reihe bekommt? Solche Fehler können sich die meisten Studenten wohl kaum in ihrem späteren Beruf leisten, und gerade bei Medizin-Studenten dürfte es wohl eine Erwartungshaltung zu äußerster Sorgfalt geben. 

Die Bildungsnation Deutschland scheint auf dem absteigenden Ast zu sein. Selbst wenn einige deutsche Unis es auf Top-Ranglisten schaffen, dann oft nur hinter solchen aus nicht nur den USA oder China, sondern auch Großbritanniens und der Schweiz. Bei hochpeinlichen Skandalen wie jenem aus Frankfurt ist das auch kein Wunder.

Der Unmut der betroffenen Beinahe-Studenten ist auf jeden Fall nun verständlich groß. Auf change.org haben sie nun eine Petition gestartet um doch noch irgendwie einen Platz an der Goethe-Uni in Frankfurt zu bekommen. Fast 20.000 haben bereits unterschrieben. 


Explosion der Strompreise – von der Gaskrise zur Stromkrise

Von Leon Hendryk | In den letzten Wochen entfaltete sich in Europa, von der Öffentlichkeit noch bis vor wenigen Tagen unbemerkt, eine dramatische Krise: Die Strompreise an der Europäischen Energiebörse EEX explodieren regelrecht, und stiegen auf inzwischen 600€ bis 800€ pro Megawattstunde – also rund 60 Cents pro Kilowattstunde. Zum Vergleich: Vor einem Jahr lag der Preis noch bei rund 90€ pro Megawattstunde, oder 9 Cents pro Kilowattstunde. Was sind die Gründe für diesen plötzlichen, dramatischen Anstieg der Strompreise? Und was bedeutet er für uns, den Endverbraucher?

Kurz gefasst gibt es für den Preisanstieg zwei Hauptgründe. Zum einen das momentane Unterangebot an Strom auf dem Markt, verursacht durch einen Mangel an Stromerzeugungskapazitäten. Zum anderen, die Art in der sich der Strompreis an der Energiebörse berechnet. 

 

Zu wenig Produktion, zu hohe Preise

Den ersten Grund zu erläutern ist im Prinzip recht simpel: In Europa wird aktuell schlichtweg zu wenig Strom erzeugt, denn viele Kraftwerkskapazitäten werden im Moment nicht genutzt. In Frankreich produziert nur die Hälfte der 56 Atomreaktoren des Landes Strom, da die andere Hälfte gewartet wird. Überall in Europa laufen Wasserkraftwerke aufgrund der diesjährigen Dürre mit verminderter Kapazität. Kohlekraftwerken hingegen machen die hohen Temperaturen zu schaffen, sie operieren mit einem reduzierten Wirkungsgrad. Und als ob dies noch nicht genug wäre, verteuern die hohen Gaspreise die Energieerzeugung in Gaskraftwerken enorm.


Der zweite Grund ist etwas komplexer: Wenn an der Energiebörse der Preis für eine Megawattstunde Strom ermittelt wird, geschieht dies indem der höchste im Markt erzielte Preis als Berechnungsgrundlage genutzt wird. Das Problem ist, dass dieser höchste Preis im Moment immer extrem hoch ist, da der zu diesen Preisen verkaufte Strom, aufgrund der oben erklärten Knappheit, von sehr teuren Gaskraftwerken stammt. Da diese für ihr Gas vielfach höhere Preise als noch vor Ausbruch des Ukraine-Kriegs zahlen, schießt der Höchstpreis auf dem Strommarkt steil nach oben. Dieser Preis gilt dann übrigens auch für Stromerzeuger, die den Strom deutlich günstiger produzieren und ihn demnach theoretisch günstiger verkaufen könnten. Die Differenz zwischen ihrem Erzeugerpreis und dem Verkaufspreis können sie als Gewinn verbuchen. 

 

Drei Vorschläge, aber alle zielen nur auf die Regulierung des Marktes

Für den Endverbraucher sind das schlechte Nachrichten. Denn die Energieversorger, die an der Strombörse kaufen, müssen ihre nun extrem gestiegenen Einkaufspreise langfristig an ihre Kunden weitergeben. Dies wird für Stromkunden nur eines bedeuten: Steigende Preise! Zwar wird der Strompreis für den Endverbraucher nicht so stark steigen wie der Preis auf dem Strommarkt, da viele Energieversorger einen großen Teil ihres Stroms selbst produzieren oder in langfristigen Verträgen kaufen. Doch Preissteigerungen im zweistelligen Prozentbereich sind trotzdem zu erwarten. Besonders hierzulande wird dies für viele schmerzhaft werden. Denn Deutschland hat bereits die zweithöchsten Strompreise der Welt, nur übertroffen von Dänemark. Dazu kommt, dass auch der stark gestiegene Gaspreis die Haushaltskassen vieler Deutscher beuteln wird, zumindest wenn sie vorhaben im kommenden Winter ihre Heizung zu benutzen oder ab und an warm zu duschen. Zur Gaskrise gesellt sich nun also noch eine Stromkrise. 

Auch in der Politik wird man sich dieser Problematik allmählich bewusst. Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) etwa, momentan im Wahlkampfmodus, fordert ein beherztes Eingreifen des Staates. So zieht er beispielsweise in Erwägung, den Stromhandel auszusetzten oder den Preis durch staatliche Stellen zu regulieren. Ähnlich argumentiert Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne), der allerdings stattdessen eher auf eine Übergewinnsteuer setzt. Diese würde einen Teil der Gewinne abschöpfen, die viele Stromerzeuger aufgrund der extrem hohen Preise momentan erwirtschaften. Eine grundlegende Reform des Strommarktes sieht er hingegen kurzfristig als nicht sinnvoll an, da es zu viel Zeit in Anspruch nähme und nun schnelles Handeln gefragt sei. 

EU Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sieht das anscheinend etwas anders, und kündigte am Montag eine „Sofortmaßnahme“ an, die in den Strommarkt eingreifen soll. Parallel dazu soll an einer Reform des Strommarktes an sich gearbeitet werden. Wie diese „Sofortmaßnahme“ aussehen wird, ist allerdings noch völlig unklar. Ob sie den erwünschten Effekt erzielen wird, ist ebenfalls offen. Schließlich waren in der Vergangenheit nicht alle Unternehmungen der EU Kommission von Erfolg gekrönt.

Was auffällt ist auch, dass die Bestrebungen der Politik fast ausschließlich auf die Regulierung des Strommarkts abzielen. Über die Lösung des zweiten großen Problems, dem Unterangebot von Kraftwerkskapazitäten, wird hingegen kaum gesprochen.

 

Wir bleiben dran!

Apollo News bleibt am Thema und wird über die weitere Entwicklung der Stromkrise berichten. Es wird sich zeigen, welche der oben genannten Maßnahmen in den nächsten Tagen tatsächlich in die Tat umgesetzt werden.




Keine Maskenpflicht im Regierungsflieger – Soll der Pöbel doch die Maske tragen

Von Boris Cherny | „Für Flieger, die in Deutschland starten oder landen, gilt §28b des Infektionsschutzgesetz (…) in allen Flugzeugen, die in Deutschland starten oder landen, gilt die Maskenpflicht.“ Das stellt kürzlich eine Sprecherin des Bundesgesundheitsministeriums klar.

Wer jetzt denkt, damit würde der maskenlose Flug der deutschen Bundesregierung nach Kanada wenige Tage zuvor kritisiert werden, irrt sich. Das Bundesgesundheitsministerium echauffierte sich stattdessen über die Abschaffung der Maskenpflicht – unter Berufung auf Schweizer Recht – bei der Lufthansa Tochter Swiss. Das Statement legt das komplette Ausmaß der Doppelmoral der Regierung frei.

Am 21. August flogen Kanzler Scholz und sein Wirtschaftsminister Habeck, samt elitärer Entourage Richtung Kanada. Der Flug an sich wäre nicht weiter spannend, hätten sich nicht alle Regierungsmitglieder und Wirtschaftsbosse nicht heldenhaft gegen die laut Infektionsschutzgesetz geltende Maskenpflicht hinweggesetzt. Die Bilder der Tagesschau aus dem Flugzeug gingen auf Twitter viral. Der Shitstorm begann. Nicht nur, dass die Regierung nun unter Verdacht stand gegen das Infektionsschutzgesetz verstoßen zu haben, auch die Maskenpflicht selbst drohte nun von allen Seiten infrage gestellt zu werden als sprangen rasch zahlreiche Journalisten der Mainstream-Presse der Regierung zur Seite.

Die Mitgeflogene T-Online-Korrespondentin Miriam Hollstein bezeichnete die Regierungskritiker als Trolle, und merkte, wie mehrere andere an, dass beim Flug Testpflicht galt. Allerdings genehmigt das Infektionsschutzgesetz gar keine solchen Ausnahmen.

Die Reaktion auf die Bilder der Tagesschau ließ rasch eine Stellungnahme des Bundesverteidigungsministeriums folgen. Da das Flugzeug zur Luftwaffe gehöre, und diese die Maskenpflicht auf Flügen bereits im Juli aufgehoben habe, sei das Vorgefallene kein Verstoß gegen das Infektionsschutzgesetz gewesen, hieß es dort. Leider deckt sich die offizielle Erklärung nicht mit der Rechtfertigung mehrerer Journalisten. Zudem steht die Luftwaffe eigentlich genauso wenig über dem Gesetz.

Die Rechtmäßigkeit des Kanada-Flugs der Bundesregierung ist im Endeffekt aber irrelevant, zeigt er doch abermals eine maßlose Gleichgültigkeit der Politiker gegenüber dem normalen Bürger auf. Der Pöbel soll bei über 30 Grad in vollgestopften Zügen (ohne Klimaanlage) bestenfalls mit FFP2-Maske stehen. Regierungsmitglieder haben Wichtigeres zu tun, als die vermeintlich lebensrettenden Masken anzuziehen. Derweil schweigt der wichtigste Befürworter von Maskenpflichten, Karl Lauterbach, zum Verhalten seiner Regierungskollegen. Als jedoch wie vorher erwähnt die zivile Airline Swiss dem Beispiel der Bundesregierung folgte, und ankündigte, die Maskenpflicht auf ihren Flügen nicht mehr durchsetzen zu wollen, war die Empörung im Gesundheitsministerium groß.

Diese weitere blamable Episode für die Ampelregierung hat sogar noch ein gerechtes Ende gefunden. Als sowohl CDU- als auch FDP-Politiker begannen, als Konsequenz des Fluges das Ende der Maskenpflicht in Flugzeugen zu fordern, zog Kanzler Scholz schnell die Konsequenzen und führte die Maskenpflicht auf seinen Flügen wieder ein. Eine generelle Abschaffung der Maskenpflicht wäre sicherlich die humanere Entscheidung gewesen, doch wenigstens müssen Politik und Wirtschaft die Maske nun hoffentlich genauso aushalten wie wir.




Fall Gerstetter: Hass gegen jüdische Konvertiten oder berechtigte Kritik?

Von Simon Ben Schumann | Avitall Gerstetter, Kantorin in Berlin, wurde gefeuert. Der  Grund: Sie schrieb einen Artikel in der „Welt“ – mit explosivem Inhalt. Am 9. August, also vor drei Wochen, veröffentlichte Gerstetter ihren Kommentar.  Überschrift: „Warum die wachsende Zahl der Konvertiten ein Problem für das Judentum  ist.“ In dem Meinungsstück beschreibt die einzige weibliche Vorbeterin Deutschlands,  warum sie Konvertiten zum Judentum als „Problemauslöser“ betrachtet. Ihr wachsender  Einfluss verändere den ihr aus Kindertagen bekannten Gottesdient.  

Eine kontroverse Ansicht

Gerstetter schildert, dass Menschen unter anderem aus zwei Gründen zum Judentum  konvertierten. Einerseits gäbe es eine gewisse Orientierungslosigkeit unter Christen,  möglicherweise der mangelnden Nachwuchsarbeit der Kirchen geschuldet. Spirituell  heimatlose Menschen würden sich daher dem Judentum anschließen.  

Diese Sicht kann man hartherzig nennen oder realistisch – viel kontroverser aber ist der  zweite Grund: Das Wechseln von der „Täterseite“ auf die „Opferseite“, sozusagen auf die  richtige Seite der Geschichte durch Konversion. Avitall Gerstetter ist mit Sicherheit nicht  die erste Person, welche diesen Vorwurf äußert – aber dass er sehr verletzend für  Konvertiten sein muss, ist naheliegend. Auch beklagt Gerstetter, dass konvertierte Juden zu oft in Führungspositionen wären und  überhaupt einen zu großen Anteil in Betergemeinschaften ausmachten. Sie nennt die Zahl  von teilweise „80%“. 

Die Reaktion: „You’re fired!“ 

Nach der Veröffentlichung schlug der Artikel prompt Wellen. Viele Juden, ob geboren  oder konvertiert, führten eine eigentlich „innerjüdische“, emotionale Debatte nun in der  Öffentlichkeit. Tatsächlich beginnt Gerstetter ihren Kommentar in der „Welt“ mit der  Feststellung, man solle über den „Giur“, hebräisch für „Übertritt“, eigentlich nicht  sprechen. Wahrscheinlich genau wegen dem, was jetzt passiert. 

Denn die Diskussion war nicht mehr aufzuhalten. Die Synagoge in der Oranienburger  Straße (Berlin), in der Gerstetter Vorbeterin war, ist religiöse Heimat vieler Konvertiten,  inklusive der Rabbinerin Gesa Ederberg. Gerstetter legte sich also in gewisser Weise mit ihrer Chefin an, was zumindest Respekt verdient. Gut ging es für sie aber nicht weiter. 

Die Gemeinde erhielt aufgeregte Mails von Konvertiten und Nicht-Konvertiten, die sich  zum Artikel äußerten. So schrieb eine betroffene Frau, dass sie „in Wirklichkeit immer  schon“ Jüdin gewesen und mit ihrer Konversion nur ihre wahre Identität öffentlich  bezeugt habe. Der Vorwurf der „Ablasskonversion“, wie Gerstetter es nennt, sei ähnlich  wie der Vorwurf, Ausländer kämen nur für Sozialleistungen nach Deutschland. 

Differenzierter sieht das Ganze Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden in  Deutschland. Einerseits kann er die Kritik Gerstetters nachvollziehen, da Konvertiten in  Führungspositionen durchaus Probleme verursachen könnten. Andererseits wollte er sich dem umstrittenen Punkt der „Ablasskonversion“ nicht anschließen.

Am 16. August wurde Avitall Gerstetter von der Jüdischen Gemeinde Berlins freigestellt,  jetzt ist sie gekündigt. Sie will rechtliche Schritte einleiten, da die Entlassung nicht  gerechtfertigt sei.  

Innerjüdische Konflikte 

Nach der „Halacha“, dem jüdischen Gesetz, ist Jude, wer eine jüdische Mutter hat. Nun  gibt es aber eine Menge Leute, die nur väterlicherseits jüdisch sind – also der Vater hat  eine jüdische Mutter. Sie werden in Amerika zwar von liberalen Gemeinden anerkannt,  von allen anderen Gemeinden aber nur nach einem Übertritt vor einem rabbinischen Gericht. 

Für Betroffene kann das belastend sein. Die Autorin Mirna Funk schreibt im Deutschland  Archiv der Bundeszentrale für politische Bildung über ihre Erfahrungen. So hänge es  immer vom „guten Willen“ anderer Familienmitglieder ab, ob man nun dazugehört oder  nicht. Interessanterweise war auch der Vater von Avitall Gerstetter, trotz des jüdisch klingenden Nachnamens, konvertiert. Ihre Mutter nicht, womit sie dem jüdischen Gesetz  gerecht wird. 

Ich persönlich frage mich, ob Gerstetter dieselbe Meinung hätte, wenn ihre Mutter keine  Jüdin wäre. Auch sie hätte dann konvertieren müssen, um dazu zu gehören. Mir selbst geht es  da ähnlich, weil ich getauft bin und keine jüdische Herkunft besitze, die für eine  Anerkennung ausreichend wäre. Höchstens in der allerliberalsten Gemeinde von Miami  würde man mich als Juden willkommen heißen – in diesen Kreisen aber wohl erst nach einer gemeinsamen Bong und nachdem meine Pronomen geklärt sind. 

Als insofern Außenstehender kann ich beide Seiten verstehen. Einerseits glaube ich, dass  man als aus Völkermord und Verfolgung kommender Mensch vorsichtig ist, wen man in  seine traditionsgebundene Gemeinschaft aufnimmt. Das ist nur nachvollziehbar. Noch  verständlicher ist das, wenn es um Führungspositionen mit Gestaltungsmacht geht.  Andererseits hätte ich mir von Avitall Gerstetter eine differenziertere und empathischere  Kritik gewünscht.  

Am Ende bleibt es beim alten Spruch: „Wer Jude ist, entscheiden immer die anderen.“ Vielleicht sollte deswegen mehr der innere Weg zählen – und nicht so sehr, was jetzt  formell und politisch richtig ist, egal aus welcher Sicht.


Mit woker Ideologie geht es in den USA zurück zum nach Hautfarbe segregierten Leben

Von Sven Justin Verst | Mit dem Abschluss des akademischen Jahres erhielten auch diesen Sommer wieder unzählige Studenten ihre Abschlüsse. Derzeit ziehen neue Studenten in Wohnheime und machen sich mit ihrem neuen Zuhause, der Universität vertraut. Während dieser stressigen und aufregenden Zeit muss man jedoch vermehrt darauf achten, welches Gebäude man betritt und welche Abschlusszeremonie man besucht.

Bei dem Begriff „Thematisiertes Wohnen“ denken viele wohl zunächst an den einzigartigen Einrichtungsstil der 70er-Jahre, dem ist nicht so. Vielmehr handelt es sich um den Stil der 50er-Jahre, in welchen Menschen nach Herkunft und Hautfarbe von offizieller Seite segregiert wurden. Diese Rassentrennung wird allerdings nicht von rassistischen Weißen gefordert, sondern einer oft radikalen Minderheit der damaligen und heute vermeintlichen Opfern, den Schwarzen. Unterstützer dieser „progressiven“ Idee argumentieren damit, dass segregierte Leben schade nicht beim Lernen und nicht nur das, es mache es sogar stressfreier für Minderheiten, da vermeintliche störende „Unterdrücker“ verbannt werden. Dieser klare Widerspruch zu der sonst geforderten Diversity in allen anderen Lebensbereichen wird ignoriert. Des Weiteren behaupten solche „Aktivisten“, dass die Kritik an„Thematisiertes Wohnen“ als Rückschritt zu Segregation bloße Angstmacherei sei mit dem Ziel, die Gesellschaft zu spalten.

Wild, wie die Jugend von heute sagt. Aber die Verdrehung der Realität und Kontrolle von Wörtern ist ein allbekanntes Mittel der politischen Linken und vor allem der neuen woken Ideologie. Denn erst durch das Aufheben von der gesetzlichen Segregation hat man den ersten Schritt gemacht, die Spaltung der Gesellschaft zu lösen.

Nach einem erfolgreichen Studium darf man sich auf die feierliche Überreichung des Abschlusses freuen. Insbesondere in den USA wird das traditionell groß gefeiert. Doch auch dieses feierliche Ereignis wird zunehmend segregiert. So fand dieses Jahr bereits die 26. segregierte Abschlusszeremonie statt. Auch hier wird damit argumentiert, dass die Präsenz Weißer den Schwarzen „emotional“ schaden würde – und man daher lieber wieder nach Hautfarbe segregiert. 

Grundsätzlich versuchen paradoxerweise gerade woke Aktivisten mit all dem Schwarze aus der amerikanischen Identität herauszubrechen um eine zweite, afrikanische Identität zu schaffen, die mit der amerikanischen konkurrieren soll. Sie unterstützen die Idee, dass die USA eine weiße Nation sind und Menschen anderer als nordeuropäischer Herkunft keine Amerikaner sein können – etwas was die wohl auch selbst die schlimmsten Klu-Klux-Klan-Anhänger untschreiben könnten. Mit dieser Identitätspolitik zerstört man den amerikanischen Leitsatz „e pluribus unum“ (aus vielen eines). 

Eigene Wohnheime und Abschlussfeiern unterstreichen das woke Weltbild, dass Schwarze herausgehoben werden müssen, da sie sonst im Schatten von Weißen (und Asiaten) stünden. Dabei gibt es ein reales Problem, das vor allem Schwarze betrifft, die Rate der Studienabbrecher. Dabei spielen auch die „Affirmative Action“-Programme eine Rolle. Um die Verteilung der Studenten in den Universitäten an die Verteilung der Gesamtbevölkerung anzupassen, werden für „unterrepräsentierte Gruppen“ die Bewerbungskriterien gesenkt. Desaster ist da vorprogrammiert, Studenten brechen ab und sind demoralisiert. All das, obwohl sie an anderen Universitäten zu den Besten gehören könnten. „Affirmative Action“ schadet also auch vor allen den Gruppen, den es helfen soll. 

Statt korrekter Problemdiagnose wird ein struktureller Rassismus für alles herangezogen. Aus dieser falschen Diagnose lassen sich Problem jedoch nicht behandeln. Im besten Fall passiert nichts, im Schlimmsten werden existierende Probleme verschärft. Eine erneute Segregation und herkunftsbasierte Absenkung von Einstiegskriterien sind keineswegs hilfreich, sondern extrem schädlich und stehen im völligen Widerspruch zum Einsatz für Gleichheit vor dem Gesetz.




Die Winnetou-Debatte: Zwischen Hitler und „weißer Identitätspolitik“

Von Marius Marx | Mittlerweile sind wir in Deutschland in Sachen woker Cancel-Culture ja schon an allerlei Absurditäten und irrwitzige Verbotsbegründungen gewöhnt, sodass man beinahe meint, von keiner absurden Hexenjagd mehr geschockt werden zu können. Doch die  Debatte um mehrere Publikationen rund um den Film „Der junge Häuptling Winnetou“ hat die vorher schon schwindelerregend hohe Lächerlichkeits-Messlatte zweifellos noch um einige Zentimeter angehoben.

Entzündet hatte sich die Debatte kürzlich an der Entscheidung des Ravensburger-Verlag, den Verkauf von Winnetou-Kinderbüchern einzustellen bzw. diese zurückzurufen. Dabei handelt es sich wohlgemerkt um völlig freie Neuinterpretationen der von Karl May Ende des 1900 Jahrhunderts geschaffenen Romanwelt. Doch allein der bloße Bezug zu May reichte aus, um postkoloniale, woke aktivistische Mobs auf den digitalen Plattformen gegen die Bücher und den Verlag zu mobilisieren. Ravensburger knickte schließlich ein und begründet seinen ungewöhnlichen Schritt nun mit „vielen negativen Rückmeldungen“ und erheblicher Kritik und Rassismusvorwürfen in den sozialen Medien. Dort hätten Kommentare gezeigt, dass „wir mit dem Winnetou-Titeln die Gefühle anderer verletzt haben“. Zudem verbreite das Buch unzulässige und „verharmlosende Klischees“ und zeichne ein „romantisierendes Bild“ von „der geschichtlichen Wirklichkeit der indigenen Bevölkerung“, das weit davon entfernt sei, „wie es der indigenen Bevölkerung tatsächlich erging“.

Diese Argumentation erscheint umso abstruser, hält man sich vor Augen, dass dem Werk sogar extra ein Disclaimer für hypersensible Zeitgenossen vorangestellt würde, der klarstellt, dass das Buch nicht als historisch korrekte Darstellung des Lebens indigener Völker, sondern viel mehr als fiktive Geschichte zu verstehen sei. Völlig zurecht erklärte deswegen der Kunstpädagogikprofessor und Karl May-Experte Andreas Brenne, dass es falsch sei „ein solches Buch nur aufgrund eines Shitstorms aus dem Verkehr zu ziehen“ und warnte vor dem Vorwurf der kulturellen Aneignung, der „schon das Verkleiden als Indianer (…) als rassistischen Akt“ brandmarke.
Auch die Karl-May-Gesellschaft e. V. und Karl-May-Stiftung haben entschieden Stellung gegen den Verkaufsstopp der Winnetou-Artikel – ebenfalls betroffen sind ein Winnetou-Puzzle sowie eine Erstleserbuch – bezogen. In einem gemeinsamen offenen Brief verteidigen sie die Werke Karl Mays und betonen, dass seine Besonderheit gerade darin bestehe, „dass in seiner Darstellung des ›Wilden Westens‹ von Anfang an die Sympathie des Erzählers der leidenden indigenen Bevölkerung“ gelte. Und weiter: „Ihre Würde und ihre menschlichen Qualitäten verkörpern sich in Idealfiguren wie Winnetou, dem Häuptling der Apachen, und die tragische Vernichtung ihrer materiellen und kulturellen Existenz grundiert alle May’schen Nordamerika-Erzählungen“. Außerdem könne nicht bezweifelt werden, dass er durch seine Werke „über mehrere Generationen hinweg als Erzieher zu Toleranz und Weltoffenheit gewirkt“ hat.

Zu dieser Einsicht konnten sich der woke politische Mainstream und die öffentlich-rechtlichen Medienanstalten gemäß ihres „progressiven“ Weltbildes freilich nicht durchringen. Ganz im Gegenteil: So teilte die „ARD“ auf Anfrage der „BILD“ mit, dass der Sender bereits vor zwei Jahren die Film-Lizenzen auslaufen lies und fortan keine Winnetou-Filme mehr zeigen werde. Nina Paysen in ihrer Funktion als „Sandmännchen“-Redakteurin beim RBB ging sogar noch weiter und kündigte an, keine Folgen mehr ausstrahlen zu wollen, in denen das „I-Wort“ benutzt werde.
Die deutschen Winnetou-Fans und Bücherliebhaber zeigen sich von alldem offensichtlich ziemlich unbeeindruckt: Ebenso wie im Rahmen der Layla-Debatte – als ich deswegen noch halbironisch weitere Verbote forderte – scheint gerade der Rückruf und die sich daran anknüpfende Debatte die allgemeine Beliebtheit der Werke noch zu steigern. So ist die Ausgabe der drei Winnetou-Bände – wohlgemerkt im Anaconda-Verlag – Amazon Bestseller und dort nach wie vor das meistverkaufte Buch in der Kategorie „Wildwestromane“.
Dennoch bleibt letztlich die wenig erfreuliche Feststellung, dass fanatische, woke aktivistische Mobs auf Instagram und Twitter mittlerweile bereits in der Lage sind ganze Verlage und dessen Unternehmenspolitik nachhaltig zu beeinflussen. Und diese Entwicklung ist gefährlich. Denn wenn jetzt plötzlich die (geschichts-)wissenschaftliche Präzision und ein modernes Verständnis politischer Korrektheit zum obersten Gütekriterium jahrhundertealter Klassiker der europäischen Literatur erhoben wird, stellt sich nicht mehr die Frage, welche Bücher deswegen vom Markt genommen werden sollten, sondern welche überhaupt gelesen werden dürfen. Gott behüte uns vor dem Tag, an dem diese Leute in den Werken abendländischer Geistesgrößen wie Schiller, Goethe oder Lessing heute verpönte Wörter wie „Muselmann“, „Mohr“ „Neger“, „Zigeuner“, „Rasse“ oder „Volk“ ausfindig machen und daraus ihre bekannten Schlüsse ziehen.
Gespannt darf man dann auch darauf sein, wann Konzerte der deutschen Pop-Band „Pur“, die mit dem Song „Indianer“ einen ihrer größten Erfolge gefeiert hat, das erste Mal Gegenstand woker Boykottforderungen wird.

Aber zurück zu Winnetou und Karl May: Den Vogel in der aufgeheizten Debatte vollständig abgeschossen hat zweifellos ein „Experte“ der beim „Bayerischen Rundfunk“ zu Wort kommt: Der Hamburger Kolonialismus-Forscher Jürgen Zimmerer bringt dort das unwahrscheinliche Kunststück fertig, Karl May gewissermaßen zum gedanklichen Vorreiter der nationalsozialistischen Ideologie vom „Lebensraum im Osten“ zu erklären und eine direkte Verbindung von seinen Werken zur NS-Ostbesatzungspolitik herzustellen. Zimmerer hält die Winnetou-Reihe außerdem nicht nur für durch und durch rassistisch, sondern überdies auch für antisemitisch, frauenfeindlich und natürlich durch „weiße Identitätspolitik“ geprägt. Und als wäre das alles noch nicht genug, holt er dann die ganz dicke Keule raus und behauptet: „Es ist kein Zufall, dass Adolf Hitler und SS-Chef Himmler große Karl-May-Fans waren“.
Bei solch einer stichhaltigen Beweisführung bleibt mir mit Gedanken an alle Liebhaber der Bayreuther-Festspiele nur noch übrig, zu wünschen, dass bloß nicht publik wird, dass Hitler neben May- auch ein glühender Wagner-Fan war. Und für meine zahlreichen vegetarischen Freunde hoffe ich, dass die Tatsache, dass Hitler Vegetarier war, in Zukunft möglichst nicht allzu hohe Wellen schlagen wird. Wir wollen doch schließlich nicht, dass der Vegetarismus noch durch Hitler in ein schlechtes Licht gerückt wird oder gesellschaftlich in Ungnade fällt.