Sommer, Sonne und Bikini im Freibad? – Das war einmal.

Von Pauline Schwarz | Ich bin als Kind für mein Leben gerne baden gegangen – vor mir war kein Swimming Pool, kein Froschteich voll Entengrütze und nicht mal eine große schlammige Pfütze sicher. Das mit den Pfützen war aber eine ziemlich schmutzige Angelegenheit und die Entengrütze wieder aus den langen Haaren zu kriegen für meine Mutter jedes Mal eine ziemliche Herausforderung. Also hieß es bei gutem Wetter: Ab ins Freibad! Und ich hatte Glück – das nächste Bad war grade mal zehn Minuten mit dem Auto entfernt. Grüne Wiesen, drei große blaue Becken: eine richtige Oase mitten in der Hauptstadt – zumindest am Anfang. Umso älter ich wurde, desto mehr entpuppten sich die Berliner Bäder als Albtraum.

Das erste Mal, als ich zu spüren bekam, dass das Freibad mehr und mehr zu einem Spießroutenlauf mutierte, war ich vielleicht sieben-acht Jahre alt und wollte mich mit meiner Freundin grade gemütlich ins Kinderbecken setzen, um ein bisschen herum zu planschen. Bevor wir auch nur einen Fuß ins kühle Nass setzen konnten, baute sich aber ein mindestens zehn Jahre älterer türkischer oder arabischer junger Mann vor uns auf und zischte „nich für euch, verpisst euch“. Etwas verängstigt und verwirrt gingen wir zurück – ein anderer Junge hörte nicht sofort, wollte sich an dem Mann vorbei stehlen und wurde dafür brutal zu Boden gestoßen. Während wir etwas traurig die ausgelassene Männerrunde im Kinderplanschbecken beobachteten, ahnten wir noch nicht, dass uns an der Rutsche ein paar Meter weiter dasselbe passieren sollte.

Ab diesem Tag wurde es ungemütlich. Wir bekamen keinen Platz mehr am Beckenrand, weil unsere Sachen einfach weggenommen und achtlos in irgendeine Ecke geworfen wurden – first come first serve war einmal, jetzt galt das recht des Stärkeren. Auf der ehemals schönen Wieso etwas weiter wollte man seine Tasche aber auch nicht liegen lassen, weil man seine Wertsachen sonst nie wieder zu Gesicht bekam. Das schöne grüne Fleckchen vermüllte zunehmend, im Becken schwammen nicht nur Pflaster und Zopfgummis, sondern immer wieder Fäkalien.

Ich versuchte mit meinen kleinen Freunden damals auf andere Freibäder in der Nähe auszuweichen, aber auch da war die Lage nicht besser, sondern eher noch schlechter. Im berühmt berüchtigten Columbia-Bad in Neukölln durften die Kinder nicht mehr auf den Sprungturm, weil er von jungen ausländischen Männern belagert wurde. Sie machten Hahnenkämpfe, denen wir nur hilflos zusehen konnten – wir und der Bademeister, der seine Ordnungsfunktion aufgrund der Übermacht schon lange aufgegeben hatte.

Die jungen Männer pöbelten und schubsten sich zum Spaß gegenseitig herum. Solange, bis die Lage eskalierte – und das konnte sehr schnell gehen. Sobald man irgendwo die Worte „deine Mutter“ hörte, hieß es: schnell weg, gleich bricht die Hölle los. Und das tat sie. Aus dem Streit zweier Hitzköpfe wurde in Sekunden eine brutale Massenschlägerei, in der nicht selten auch Messer zum Einsatz kamen. Dann mussten tausende Badegäste das Gelände per Flucht verlassen – und so geht das bis heute, jedes einzelne Jahr. Immer wenn ich mit dem Auto den Columbiadamm herunterfahre, warte ich nur darauf die Sirenen zu hören und die panischen Badegäste aus dem Gelände strömen zu sehen.

Als ich in die Pubertät kam, war es mit mir und den Freibädern dann endgültig vorbei. Ich war grade mal elf Jahre alt und wusste selbst noch nicht so richtig, was mit mir und meinem Körper passierte – aber ich spürte die Blicke. Und nicht nur die. An einem Tag bin ich innerhalb von grade mal zehn Minuten erst von einem Mitzwanziger und dann von einem zehn-Jährigen brutal im Schwimmbecken begrapscht worden. Das war nicht das erste und nicht das letzte Mal, dass ich diese Erfahrung machen musste – aber das letzte Mal, dass ich ein Freibad von innen gesehen habe.

Ab diesem Tag hatte ich nicht mehr das Gefühl, dass ich als junges Mädchen die Freiheit hatte, in einem Bikini oder zu kurzen Röckchen rumzuspringen, ohne dass ich in bestimmten Gegenden oder an Orten wie dem Freibad Konsequenzen fürchten musste. In Kreuzberg propagierte zwar jeder den freien Körper Kult, die Gleichberechtigung und den Feminismus, die Lebensrealität sah aber zunehmend anders aus.


Japan – Deutschlands heimliches Vorbild?

Von Laura Werz | In den letzten Jahren hat Japan einen unglaublichen weltweiten Hype erlebt. Auf einmal interessierte sich ein Großteil der hippen Jugendszene für die „Kultur“ des kleinen Landes in Süd-Ost-Asien – zumindest für den Teil, der erfolgreich vermarktet wird. So kam nicht nur Sushi, sondern auch Cosplay, Bubble Tea und Macha Latte als erfolgreiche Exportschlager zu uns. Mit der ursprünglichen Kultur und Mentalität hat das allerdings nicht viel zu tun. Zwar kommen die Trenderscheinungen ursprünglich aus dem Land der Samurai. Doch spiegeln sie nichts der Jahrtausende alten Geschichte des Landes oder des tatsächlichen Lebens in Japan wider. Leider erstreckt sich das Interesse der meisten westlichen Japan-Fans nicht auf das wirkliche Japan – den Alltag, die Geschichte, Politik oder das Zusammenleben der Menschen im Land. Unsere Vorstellung von Japan wird durch einen Hype verklärt, der dem in Wirklichkeit vielseitigen Land in keiner Hinsicht gerecht wird. In dieser verrückten, bunten und schnelllebigen Welt meinen sich orientierungslose und kultur-desinteressierte jungen Menschen der westlichen Gesellschaft heute wiederzufinden. Für mich ist Japan aber mehr als Sushi und Bubble Tea – ich möchte euch einen ganz persönlichen Einblick in das Land der aufgehenden Sonne geben.   

Einblicke in die tatsächliche Kultur Japans

Mein eigenes Interesse für Japan wurde wie bei vielen durch einen Anime geweckt. In meinem Fall war es der Anime „Detektiv Conan“. Die Kinder- und Jugendserie handelt von einem Oberschülerdetektiv, der sich durch ein Gift im Körper seines 7-jährigen Ichs wiederfindet und tagtäglich die kniffligsten Kriminal- und Mordfälle löst. Die Fälle sind stets so ausgebufft, dass niemand auf eine vergleichbar geniale Falllösung kommt, wie sie sich der Autor Gosho Aoyama für jede Folge minutiös ausdenkt. Die Serie hat mich lange durch meine Kindheit und Jugend begleitet. Anders als die meisten Kinderserien heute, die sich durch viele Bilder, Szenenwechsel, grelle Farben und rekordverdächtige Sprechgeschwindigkeiten auszeichnen, ist Detektiv Conan eine intelligent gemachte Krimiserie, welche ich mir auch noch 10 Jahre später gerne ansehe. Die Serie ist realitätsnah gestaltet, so werden tatsächlich existierende Orte Japans naturgetreu dargestellt und auch die Kleidung der Figuren und die Schauplätze entsprechen der Wirklichkeit.

Über Jahre hatte ich somit Einblicke in die japanische Welt, den Alltag japanischer Familien und lernte die Kultur des Landes kennen. Musik, Sprache, Darstellungsweise und vor allem die Verhaltensweisen der Charaktere untereinander unterschieden sich sehr stark von meinen eigenen Wirklichkeitserfahrungen. In den Darstellungen der Kinderserie bemerkte ich immer wieder große Verhaltensunterschiede zwischen den Japanern und dem mir bekannten Kulturkreis. Sehr oft konnte ich beispielsweise Reaktionen oder Aussagen meiner Lieblingsfiguren nicht nachvollziehen. Die Menschen schienen distanzierter zu sein, stellten ihre eigenen Bedürfnisse auf mir nicht verständliche Art und Weise zurück und pflegten einen von Grund auf anderen Umgang miteinander in der Öffentlichkeit. Wie authentisch die japanische Mentalität in meinem Lieblingsanime tatsächlich dargestellt wurde, erkannte ich erst später. Mit meinem stetig wachsenden Interesse für das Land, begann ich mich zunehmend mit den kulturellen Unterschieden zwischen Japan und der westlichen Welt zu beschäftigen.

Die Eigenheiten japanischer Umgangsformen

Japaner gelten auch international als sehr höfliches und zurückhaltendes Volk. Wenn wir die japanische Mentalität verstehen wollen, dürfen wir „Höflichkeit“ und „Zurückhaltung“ allerdings nicht nach europäischen Maßstäben messen. Ein Tabu in Japan ist beispielsweise das Wort „Nein“. Man sucht elegantere Wege, seine Abneigung zum Ausdruck zu bringen. Die deutsche Direktheit, die hierzulande untereinander nicht selten geschätzt und sogar erbeten wird, ist in Japan unvorstellbar. Das eigene Anliegen, eine Bitte oder auch eigene Bedürfnisse kommuniziert man subtil und dezent, andernfalls wird man als grob unhöflich wahrgenommen. Die Folge ist nicht selten, dass die eigenen Bedürfnisse nicht berücksichtigt oder gehört werden. Viele Japaner bewältigen ihre Probleme und Ängste mit sich allein. Gefühle zu zeigen, ist äußert unüblich. Sowohl Trauer als auch Ärger oder Wut versuchen Japaner vor der Öffentlichkeit zu verbergen und öffnen sich nur gegenüber ihren engsten Familienangehörigen – wenn überhaupt. Die höchste Tugend ist es, seine Gefühle zu verstecken. Diese Mentalität galt nicht nur zur Zeit der Samurai, sondern überdauert bis heute und drückt sich unter anderem dadurch aus, dass schon Kindern beigebracht wird, sich zu zügeln, Gefühle nicht zu zeigen und Disziplin zu wahren.

In Deutschland wird ganz zum Kontrast eine transparentere und offenere Kommunikation von Gefühlen gewünscht und sogar eingefordert. Nicht nur, dass Männer entsprechend der „toxischen Männlichkeit“ ihre Gefühle angeblich seit Anbeginn der Zeit in westlichen Kulturkreisen unterdrücken mussten und durch neue Verhaltensnormen endlich von diesem Leiden befreit werden. Sondern es wird auch eine allumfassende Rücksicht auf die Gefühle anderer gefordert. Fühlt sich jemand verletzt, diskriminiert oder nicht genug gesehen, dann muss dieses Gefühl kommuniziert und bis ins Bodenlose ausdiskutiert werden. Eine stille Zurückhaltung wie in Japan wäre da manchmal Balsam für jede nicht-woke Seele.

Die Lösung für alles stellt meistens die obligatorische Entschuldigung dar. „Es tut mir leid, ich wollte niemanden verletzen. Jetzt sehe ich es ein. Das werde ich nicht wieder sagen/tun/machen/denken.“ Wie ehrlich diese eingeforderten Bekenntnisse tatsächlich sind, ist fraglich. An dieser Stelle sind wir der japanischen Mentalität wieder einen Schritt näher – auch dort ist eine Entschuldigung à la „Gomen-nasai“ stets gern gesehen. Nebensächlich ist an dieser Stelle, ob man wirklich einen Fehler begangen hat. Solange man sich bei seinem Gegenüber entschuldigt, gilt der gegenseitige Respekt und die Höflichkeit in Japan als gewahrt. Ein wesentlicher Unterschied zu Deutschland ist allerding, dass diese Entschuldigungskultur in Japan über Jahrhunderte gewachsen ist. Obwohl diese Mentalität von den Japanern noch gelebt wird, wird sie doch zunehmend in Frage gestellt und kritisch betrachtet. In Deutschland wiederum führen wir diese Verhaltensnorm selbst herbei und zwingen sie einander auf. Vielleicht sollten wir vorher noch einen Blick auf das Land der aufgehenden Sonne werfen, wo sich eine stetige Sorge, etwas Falsches zu sagen, in der berühmten Zurückhaltung ausdrückt, man sich lieber zwei Mal zu viel entschuldigt und das gesellschaftliche Zusammenleben mehr Schein als Sein ist.

Das japanische Kollektiv

In Japan herrscht ein enormer Gruppenzwang. Schon unter Kindern im Klassenkollektiv, aber auch später unter Kollegen im Berufsleben, spielt die Gemeinschaft eine zentrale Rolle. Man lernt von klein auf sich anzupassen, die eigenen Bedürfnisse zurückzustellen und stets an erster Stelle an das Kollektiv zu denken. Kinder und Jugendliche in Japan sind neben dem sehr hohen Leistungsdruck außerdem enormen sozialem Druck ausgesetzt. Nicht ohne Grund ist ab einem Alter von ca. 10 Jahren Selbstmord in Japan die häufigste Todesursache bei Kindern, Jugendlichen, sowie jungen Erwachsenen. Zunehmend viele Japaner isolieren sich und meiden die Öffentlichkeit, um den Erwartungen und dem enormen Druck zu entfliehen. Die Folge ist nicht selten die absolute soziale Vereinsamung und Isolierung der Betroffenen, wofür es in Japan sogar ein eigenes Wort existiert: „Hikikomori“. Auch die Regierung hat die zunehmende Isolation als Problem der Nation erkannt und möchte sich dieser unter anderem durch die Schaffung eines „Ministers für Einsamkeit“ annehmen. Insgesamt ist die Selbstmordrate Japans eine der höchsten weltweit. Im Oktober 2020 starben in Japan beispielsweise mehr Menschen durch Suizid als insgesamt an Covid-19 bis zu diesem Zeitpunkt. Laut japanischer Polizeibehörden gab es im Oktober 2020 2.153 Suizide und bis Ende Oktober 2020 insgesamt 1.765 Todesfälle aufgrund Covid-19.

Die Gruppendynamik in Japan, welche Menschen zu Marionetten des gesellschaftlichen Konsenses degradiert oder bis in die Vereinsamung drängt, ist beispiellos und ebendiese adaptiert Deutschland zunehmend. In letzter Zeit konnte mit Worten wie „Solidarität“ und „Gemeinschaft“ nahezu alles gerechtfertigt werden. Während einerseits Selbstverwirklichung und Individualismus schon in den Grundschulen gepredigt wird, wurde der übermächtige Kollektivgedanke längst durch die Hintertür eingeführt. Diese Doppelmoral existiert so nicht mal bei den Japanern.

Abweichende Meinungen werden nicht zugelassen

Aber nicht nur das Gemeinschaftsgefühl schauen wir uns von den Japanern ab, sondern auch die Intoleranz gegenüber anderen Meinungen. Japan ist kein Land, das für seine Toleranz bekannt ist. Es gilt seit jeher als konservatives und zurückgezogenes Land, in dem man lieber unter sich bleibt und andere Völker und Kulturen meidet. Diese Mentalität zeigte sich besonders deutlich in der außenpolitischen Abschließung Japans welche von 1630 bis ins Jahr 1853 andauerte. Ziel war es, das Handelsmonopol in Japan zu schützen und dem wachsenden westlichen Einfluss und der Verbreitung des Christentums entgegenzuwirken. Über Jahrhunderte hinweg hat sich Japan isoliert von der restlichen Welt entwickelt und so sind bis heute Eigenarten und eine gewisse Fremdenfurcht im Land präsent. Die Japaner blieben lange weitgehend vor anderen Weltanschauungen und kritischen Stimmen verschont und bauten ihr Land gewissermaßen in einer Blase auf, die erst durch die erzwungene Öffnung 1853 zum Platzen gebracht wurde. Eine Debattenkultur, in der Schubladendenken und Schwarz-Weiß-Malerei peu-à-peu verabschiedet wird, wurde in Japan nie etabliert.

Deutschland wird Japan immer ähnlicher

Die japanischen Verhaltensmuster, welche mir als Kind, als ich meinen Lieblingsanime schaute, noch so fremd erschienen, bemerke ich inzwischen täglich in Deutschland. Ähnlich wie es in Japan schon seit Jahrhunderten gepflegt wird, haben heute viele Menschen auch in Deutschland eine private und eine öffentliche Meinung. Intoleranz wird in Deutschland konsequent unter dem Deckmantel des Minderheitenschutzes getarnt. So ist es kaum noch salontauglich, berechtigte Kritik zu äußern oder eine kritische Frage zu stellen, da sich stets jemand findet, der diese zum Anlass nimmt, sich in der Opferrolle in den Mittelpunkt zu spielen.

Wir laufen Gefahr, ähnliche Fehler wie die japanische Gesellschaft zu machen, indem wir den kritischen Diskurs abschaffen und es nur „die richtige Meinung“ gibt, wodurch Menschen entweder in eine Spirale der Abhängigkeit des Gemeinschaftsgefüges getrieben werden oder in die Einsamkeit bis hin zur Isolation. Nach Sushi und Matcha ist nun also auch die japanische Mentalität samt ihres Kollektivdenkens, der Intoleranz und Scheinheiligkeit in Deutschland angekommen. Hätten wir nicht bei der Begeisterung für Animes bleiben können?

Nichts sagen ist eine Blume –

Japanisches Sprichwort


Der Uber-Skandal offenbart das wettbewerbsfeindliche Weltbild einiger Liberaler

Von Jonas Kürsch | In der vergangenen Woche kamen kamen aufgrund eines massiven Datenlecks diverse Dokumente an die Öffentlichkeit, die eine Reihe von lobbyistischen Aktivitäten zugunsten des US-amerikanischen Konzerns Uber innerhalb der Europäischen Union ans Tageslicht gebracht haben. Aufgrund der gegenwärtigen Gesetzeslage des deutschen und europäischen Taxi-Marktes war es für das Unternehmen nur schwermöglich, in Deutschland so erfolgreich Fuß zu fassen wie in den Vereinigten Staaten. Um das öffentliche Meinungsbild sowie die bestehende Gesetzeslage zum eigenen Vorteil zu verändern, strebte der amerikanische Big Player nach der Unterstützung einflussreicher Politiker, die ihm bei diesem Unterfangen helfen könnten: sowohl der französische Staatspräsident Emmanuel Macron als auch der haushaltspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion Otto Fricke werden im Rahmen des Datenpakets namentlich mehrmals erwähnt. 

Dass sich gerade die selbsternannten Anhänger des „Neoliberalismus“ an derartig aggressiven Lobby-Kampagnen beteiligen, ist schon lange kein Geheimnis mehr. Gerade auch der FDP wurde in den vergangenen Jahren immer wieder vorgeworfen, sie ließe sich widerstandslos von wirtschaftlich starken Firmen mit großzügigen Geldgeschenken einkaufen (z.B. sponserte die chinesische Firma Huawei der FDP bereits mehrere Parteitage und auch einflussreiche Funktionäre der Firma Mövenpick brachten die Parteispitze mit millionenschweren Spenden in große Erklärungsnöte). Auch der jetzige Skandal zeigt daher einmal mehr, dass gerade das europäische Establishment der Scheinliberalen (sprich Frankreichs LREM und Deutschlands FDP) sich von den marktwirtschaftlichen und urkapitalistischen Werten wie der Fairness im Wettbewerb oder der Transparenz im politischen Betrieb entfernt hatten.

Lobbyismus für unfaire Vorteile ist unmoralisches Verhalten

Eine freie Marktwirtschaft und die damit einhergehende kapitalistische Lebensweise des Westens basieren nicht auf reiner Profitgier und dem unanständigen Verlangen nach einer ständigen Erweiterung der eigenen Macht, so wie es die Neulinken gerne behaupten. Das kapitalistische Wirtschaftssystem ist auf dem Grundsätzen einer moralzentrierten Philosophie aufgebaut ist. Schon Adam Smith erklärte in seiner Abhandlung „The Wealth of Nations“, dass die Marktwirtschaft dass Ziel hat, den allgemeingesellschaftlichen und individuellen Nutzen einer jedweden Aktion durch vernunftgesteuertes Handeln zu maximieren. Er beschreibt dieses Phänomen mit dem Konzept der „unsichtbaren Hand“, dem zufolge ein Individuum durch das Verfolgen eines eigenen Wirtschaftsziels die gesellschaftlichen Bestrebungen auf wesentlich nachhaltigerer Art und Weise erreichen würde, als wenn es seine eigenen Bedürfnisse zum Wohle der Allgemeinheit zu unterdrücken versuchte.

Doch ein moralischer Kapitalist, wie Smith schon damals festhielt, ist sich auch der ethischen Spielregeln bewusst, der die Wettbewerbsteilnehmer in einer freien Marktwirtschaft zwangsweise unterliegen müssen. Vor allem liegt hier die Wettbewerbsgerechtigkeit im Fokus. Ist dieses Element nicht länger vorhanden, dass heißt, versucht eine Firma mit unfairen Mitteln ihre eigene Position im Wettbewerb zu stärken, so schadet sie damit der Marktwirtschaft und der Gesellschaft. 

Parteien wie die FDP und LREM sind daher zunehmend zu einer Belastung für den Kapitalismus geworden. Sie vertreten nicht mehr den anständigen, klassisch-liberalen Wähler, der sich eine moralisch-kapitalistische Wirtschaftsordnung wünscht. Neoliberale Politiker wie Macron, denen der jüngste Skandal „Am Sack vorbeigehen“ (O-ton), sind keinesfalls die Geisteskinder, im Gegenteil, mit ihrem Verhalten sind sie mindestens genauso antikapitalistisch wie die grünen Planwirtschaftler. 

„Ungerechtigkeit wirkt […] mit Notwendigkeit dahin, die Gesellschaft zu zerstören.“

– Adam Smith


Trump back for President – das große Apollo-Battle

Lesen Sie hier: Das große Debattenduell. Anti-Trump Simon vs. Redneck-Jonas. Sollte Donald Trump für eine zweite Amtszeit kandidieren? Brauchen wir einen neues „Make America Great Again“ oder doch lieber einen neuen Kandidaten – wer überzeugt Sie mehr?

ACHTUNG: Dieser Beitrag könnte Spuren von Humor enthalten. Keine Trumpianer oder Anti-Trumper wurden bei der Produktion dieser Kolumne ernsthaft verletzt. Dieser Austausch spiegelt in keiner Weise das Arbeitsklima bei Apollo News wieder, sondern dient schlichtweg Unterhaltungs- und Ausbildungszwecken. Seelsorgerische Unterstützung stand den Autoren zu jeder Zeit zur Verfügung.


Zweite Amtszeit für „The Donald“? – lieber nicht!

Von Simon Ben Schumann | Ich geb’s ja zu, 2016 war auch ich für Donald Trump. Nicht zuletzt, weil Hillary Clinton als US-Präsidentin vermutlich eine absolute Katastrophe gewesen wäre. Als Donald Trump am 20. Januar 2017 vereidigt wurde und seine Antrittsrede hielt, saß ich mit meiner Familie vor dem Fernseher. Der Schock in den Gesichtern meiner Eltern, als „We will make America great again!“ vom US-Kapitol in unser Wohnzimmer schallte, rief bei mir ein zufriedenes und etwas hässliches Grinsen hervor. Ich dachte nur: „Tja, ich hab’s euch ja gesagt.“ Fünf Jahre später sehe ich das Ganze aber etwas anders.

 
Donald Trump: Zwei Seiten eines Präsidenten

Wenn wir herausfinden wollen, ob eine zweite Amtszeit für Donald Trump eine gute oder schlechte Sache wäre, können wir uns ja erstmal seine bisherige Präsidentschaft anschauen. Da gibt es meiner Ansicht nach tatsächlich ein paar gute Aspekte, die Gegenposition überwiegt aber doch deutlich. Erstmal: Ich stimme unserem Redneck Jonas zu –  so schlecht war Trump nicht.

Zum einen – und das ist vielleicht das Beste – hat er keinen Krieg gestartet. Er ist weder im Irak einmarschiert, noch hat er „Rocket Man“ Kim Jong-Un attackiert oder sonstige Konflikte vom Zaun gebrochen. Trump äußerte selbst, dass manche seiner Berater ihn zu militärischen Interventionen drängten; die Fraktion der „Falken“ in Washington ist einflussreich. Statt auf sie zu hören, entließ Trump z. B. den langjährigen Berater des Weißen Hauses John Bolton, der schon für Ronald Reagan arbeitete. Trump tweetete: „What would Bolton, one of the dumbest people in Washington, know?“, nachdem dieser die „libysche Lösung“ für Nordkorea vorschlug. Pluspunkt für Trump: Er setzte sich für den Frieden ein. Seine Verhandlungen mit Kim Jong-Un sind, trotz streitbaren Erfolgs, ein Meilenstein der Zeitgeschichte.

Außerdem fuhr er eine pro-israelische Politik und erkannte Jerusalem Ende 2017 als Hauptstadt Israels an. Damit stellte er sich explizit auf die Seite des einzigen jüdisch geprägten Staates der Welt. Trump machte sich auch verdient, indem er während der Corona-Krise nicht bei Hass und Hetze gegen nicht Geimpfte oder Kritiker des Geschehens mitmachte. Stattdessen fuhr er einen liberalen Kurs, zumindest im Vergleich zu anderen Politikern. Das halte ich ihm persönlich sehr zugute.

Doch es gibt auch eindeutige Schattenseiten. Zum einen ist Trumps obsessive Nutzung des Nachrichtendienstes Twitter nicht sehr präsidentiell. Im Gegenteil: er beschädigte meiner Meinung nach das Image des mächtigsten Amtes auf unserem Planeten. Gerade die Nutzung von Vulgärsprache und direkte Attacken auf Gegner hätte er sich sparen können.

Auch seine Rhetorik ist mir zu populistisch. Statt mit guten Argumenten zu überzeugen, bediente er sich immer wieder Verleumdungen („crooked Hillary“), Beleidigungen und sonstigen Eskapaden. Diese konnten zwar lustig sein – so bezeichnete er Elizabeth Warren vor echten Indigenen als „Pocahontas“, da sich die blond-blauäugige Demokratin mit ca. 1,6% indigener Abstammung als „Ureinwohnerin“ ausgab -, doch andererseits lieferte er so das Bild eines ungebildeten, unfreundlichen Amerikas.

 

DeSantis for the win!

Leider übte Trump sein Präsidentschaftsamt so taktlos aus, dass ich eine zweite Amtszeit allein für die westliche Kultur verheerend fände. Jetzt wird Jonas von seinem Stammplatz auf dem NRA-Schießübungsplatz aufspringen und die Semi auf mich richten. „Ist das alles, verdammter Democrat?!“ 

Nein ist es nicht, es gibt noch zwei weitere Argumente: Trump ist 76 Jahre alt, am Ende seiner nächsten Amtszeit wäre er 82 (!). Allein der gesunde Menschenverstand spricht dafür, dass ein jüngerer Kandidat der Republikaner besser wäre – oder wollen wir einen neuen Onkel Joe?

Außerdem gibt es gute Alternativkandidaten zu Donald Trump. Floridas Gouverneur Ron DeSantis ist gemäßigt konservativ, nicht verrückt (heutzutage wichtig) und kein Höriger des Mainstreams, auch nicht während Corona. Ob er antreten wird, ist noch unklar. Wenn ja, haben wir die Chance, einen guten Mann als US-Präsidenten zu bekommen und es in politisch ruhiges Fahrwasser zu schaffen. Jonas – du hättest dann zwar nicht Trump bekommen, aber ich bin sicher: Auch du wärst zufrieden.

 


Make Donald Great Again! 

Von Jonas Kürsch | Es ist erst einige Tage her, dass US-Vizepräsidentin Kamala Harris die bislang viel spekulierten Ambitionen von Joe Biden auf eine zweite Amtszeit als US-Präsident bestätigt hatte. Die Reaktionen fielen gemischt aus, manche Umfragen ergaben sogar, dass eine breite Mehrheit der eigenen Parteigenossen Biden’s Namen kein zweites Mal auf dem Wahlticket im Jahr 2024 sehen möchte. 

Infolge dieser Ankündigung stellen sich viele Menschen nun die Frage, ob und wann der ehemalige US-Präsident Donald Trump eine weitere Kandidatur für die republikanische Partei in Erwägung ziehen könnte. Eine mögliche Rückkehr in das weiße Haus von Trump wird – auch in großen Teilen der Grand Old Party – hochkontrovers diskutiert. Obgleich ich die Sorge vieler Menschen, er würde die Republikaner zu sehr an seine Person binden und klassisch-konservative Wähler mit seinem unkonventionellen Auftreten vergraulen, durchaus nachvollziehen kann, bin ich der festen Überzeugung, dass eine erneute Kandidatur Trumps sowohl für die Republikaner als auch für die Bürger der vereinigten Staaten von Amerika die besten Zukunftsaussichten mit sich bringen würde.

Trump hat die Republikaner reformiert

Für mich ist unstrittig, dass Donald Trump die republikanische Partei mit seiner “Make America Great Again“-Bewegung von Grund auf erneuert hat. Denn eines muss man klar sagen: vor Trump ließen sich die elitären Republikaner in ihrem Auftreten kaum von der demokratischen Partei unterscheiden. In den vordersten Reihen standen typische Berufspolitiker wie Liz Cheney (Tochter des Ex-Vizepräsidenten Dick Cheney), Marriott-Lobbyist Mitt Romney oder Floridas Ex-Gouverneur Jeb Bush (Bruder von Ex-Präsident George W. Bush und Sohn des Ex-Präsidenten George H. W. Bush), die in höheren Positionen vermutlich die gleiche, bürgerunfreundliche Politik wie Barack Obama oder Joe Biden gemacht hätten. “Drain the swamp!“ war eine von Donald Trump’s markantesten Forderungen: „Trocknet den Sumpf aus!“ Und genau das hat er getan.

Mit seiner MAGA-Bewegung konnte Trump Millionen von Menschen wieder für Politik begeistern, die sich nach den zwei gescheiterten Bush-Kriegen im nahen Osten sowie der sozialistischen „Wirtschafts- und Finanzpolitik“ Obamas von der amerikanischen Elite im Stich gelassen fühlten. Trump war vom ersten Tage an anders: er kannte die Demütigungen, mit denen sich die einkommensschwachen und mittleren Schichten des wirtschaftlich angeschlagenen Landes tagtäglich konfrontiert sahen. Er begegnet diesen einfachen und anständigen Menschen seit jeher mit einem Respekt, den sie durch die etablierten Politiker schon lange nicht mehr erfahren hatten – und das schließt auch die vielen Lobby-Republikaner mit ein.

Zudem muss man ganz klar sagen: Trump hat als Präsident geliefert wie kaum ein anderer. Er verließ, wie er es zuvor versprochen hatte, das konfuse Klimaschutzübereinkommen von Paris, er senkte die Steuern in den USA massiv herab und konnte die Wirtschaft mit seiner „America First“-Doktrin schnell wieder ankurbeln. Das Wirtschaftschaos am Ende seiner Amtszeit lässt sich meiner Auffassung nach kaum als Folge der Politik des Ex-Präsidenten erklären, vielmehr waren es die teils totalitären Alltagseinschränkungen der demokratisch geführten Bundesstaaten (Kalifornien, Michigan, etc.), die Maßnahmenlockerungen und eine Aufhebung der  wirtschaftsfeindlichen Lockdowns während der Coronapandemie vehement ablehnten. Die republikanisch geführten Staaten – gerade solche mit Anhängern des „Trumpismus“ – wie Florida oder South Dakota kamen mit einer Leitlinie der Selbstverantwortung und des gesunden Menschenverstandes hingegen viel besser aus der Coronakrise hervor. 

 

Die freiheitlichen Kräfte müssen geeint bleiben

Viele „Republicans in Name Only“ – sprich diejenigen, die eine genauso freiheitsfeindliche Corona- und Sozialpolitik wie die Demokraten verfolgen – kämpfen mit aller Kraft gegen Donald Trump und den libertären MAGA-Flügel der Partei, um zur alten Tagesordnung zurückkehren. Ein Beispiel dafür wäre die Republikanerin Karin Taylor Robson, die mit linksliberalen Positionen versucht das Gouverneursamt als Republikanerin in Arizona zu übernehmen. Ihre parteiinterne Hauptkonkurrentin ist die ehemalige Nachrichtensprecherin Kari Lake, welche sich aktiv für die von Trump verfolgte, kontrollierte Einwanderungspolitik sowie für eine allgemeine Rückkehr zur politischen Selbstverantwortung des einzelnen Bürgers ausspricht. 

Es ist daher wichtig, dass gerade die konservativen Protagonisten auf föderaler Ebene (u.a. Kari Lake, Kristi Noem oder auch Ron de Santis) vorerst in ihren jeweiligen Staaten bleiben und dort die Freiheitsrechte der Bürger vor Ort verteidigen. Aufgrund des föderalen Systems in den USA ist es – anders als in Deutschland – tatsächlich von großer Bedeutsamkeit, dass die einzelnen Staaten von freiheitlich und demokratisch geprägten Gouverneuren regiert werden, da diese im Zweifel gegen die illiberalen Maßnahmen einer potenziellen Bundesregierung unter einem demokratischen Präsidenten opponieren und sich dem Zeitgeist widersetzen können. Man stelle sich nur vor, dass bekennende BLM-Sozialisten und Zero-Covid-Ideologen wie Alexandria Ocasio-Cortez, Nancy Pelosi oder Gretchen Whitmer ins weiße Haus einziehen würden. In diesem Fall macht es einen großen Unterschied, ob im State Capitol von Florida ein klassischer Lobby-Republikaner oder ein idealistischer Vertreter der MAGA-Bewegung sitzt. 

 

Eine zweite Amtszeit von Trump bietet die Chance auf eine langfristige Weiterentwicklung

Die erneuerten Republikaner haben unter Donald Trump die amerikanischen Urwerte wiederentdeckt. Dieses Erbe könnte durch eine abrupte Abkehr vom Trump-Kurs und die Wahl eines anderen Präsidentschaftskandidaten stark geschädigt, wenn nicht gar vollständig revidiert werden. Eine mögliche Spaltung der Republikaner wäre dann nicht länger ausgeschlossen und das wäre angesichts der katastrophalen Politik der Demokraten eine gewaltige Katastrophe. 

Ich glaube nicht nur, dass die Republikaner mit einer zweiten Amtszeit von Donald Trump innerparteilich befriedet werden könnten, sondern denke auch, dass Trump und seine Partei in dieser Zeit seine politischen Nachfolger aufbauen können, beispielsweise im Rahmen der damit einhergehenden Vizepräsidentschaft. Die Partei darf nicht auf den “Business-As-Usual“-Politikstil der alten Tage zurückfallen, sondern muss eine standhafte Opposition für die vernünftigen Bürger des Landes bilden. Denn letztlich ist die Situation genauso wie sie schon 2016 war: Donald Trump bleibt die einzige Hoffnung der arbeitenden Bevölkerung in den USA.


Lieber Schulsportfest als Umweltschutzprojekt

Von Johanna Beckmann | Während des Umweltschutzprojekts an meiner Schule wären sogar meine links-grünen Klassenkameraden lieber zum Schulsportfest gegangen. Jeder von uns rechnete damit zu lernen, feste Shampoos zu benutzen, mehr Zug zu fahren oder nur aus wiederverwendbaren Bechern zu trinken. Doch wir lernten nichts davon, der Inhalt des Projekts war nicht einmal nah an diesen realitätsbezogenen Tipps.

An meiner Schule findet jedes Jahr ein Sportfest statt. Dort beteiligen sich die fünften bis neunten Klassen. Aus diesem Grund mussten wir, zehnt Klässler, nicht teilnehmen. Anfangs freuten wir uns sehr, da keiner von uns gern bei dreißig Grad sprintete, sprang oder warf. Ein großer Teil meiner Lehrer nahm an dem Sportfest teil. Aus diesem Grund lud meine  Schule extra ein Team aus Halle ein, welches uns das Thema Umweltschutz näher bringen sollte. Meine grünen Klassenkameraden könnten das Projekt kaum erwarten. Die ganze Woche freuten sie sich, endlich zu erfahren, wie sie ihr leben noch grüner gestalten können. Ich weiß wirklich nicht, was sie erwarteten, vielleicht ja, dass man mit Bienenwachstüchern als Ersatz für Aluminiumfolie die Welt rettet. Um ihnen nicht die Vorfreude zu nehmen, nahm ich mir vor gut gelaunt in das Projekt zu gehen. Vielleicht würde ich ja doch etwas Sinnvolles lernen.

Doch schon nach der Vorstellungsrunde wurde mir klar: Dieses Projekt kann nicht sinnvoll werden. Der Leiter des Projekts stellte sich so vor: Hallo ich habe diesen Verein gegründet, da mir in meinem Maschinenbaustudium aufgefallen ist, dass schon alles erfunden wurde und wir die Dinge nur noch umsetzen müssen. Genau aus diesem Grund entschied ich mich meine Zeit  in die Bildung zu investieren.Das war für mich der erste Schock: Wenn die Menschen im 19. Jahrhundert gedacht hätten, dass als die Pferdekutschen erfunden wurden, schon alles entwickelt war, dann könnten wir heute nicht in ein paar Stunden im warmen Süden sein. Doch ich dache, dass ich nach diesem Schock, das schlimmste hinter mir gehabt hätte.

Papprollen balancieren und der Krieg der Daumen 

Als dann die erste Aufgabe kam, fühlte ich mich in dieser Annahme bestätigt. Wir sollten eine Papprolle auf unserer Hand balancieren. Zuerst guckten wir die Stelle der Rolle an, die unsere Hand berührte, dann das Ende und zum Schluss die Decke des Raums. Die Aussage dieser Aufgabe war, dass man die Ursache eines ökologischen Problems beheben muss und nicht bei den Folgen anfangen sollte. Wieso wir das mit einer Papierrolle machten, erschloss sich mir nicht, aber die These machte Sinn.

Doch meine Vermutung das, dass Projekt nach der Vorstellungsrunde besser werden würde, war falsch, denn schlimmer geht wirklich immer. Unsere zweite Aufgabe war: Spielt mit einem Partner Daumencatchen. Der, der die meisten schafft, gewinnt. Ihr habt dreißig Sekunden Zeit Hier dachte ich: Beim Daumencatchen muss mir doch niemand erklären.Doch ich lag falsch. Aus diesem Grund hier noch einmal die Regeln: Das Ziel des Spiels ist es, den Daumen des Gegners zu besiegen. Dies ist erreicht, wenn der Daumen des Gegners heruntergedrückt und fixiert wird. Das machten wir auch.

Als wir nach dreißig Sekunden fertig waren, sagte jedes Team, wie vieleGewinne sie geschafft hatten. Alle antwortete eins, zwei oder drei. Als dann die Projektleiter 27 sagten, waren wir natürlich alle verwundert. Eine laute Diskussion in der alle durcheinander schrieen und die Projektleiter als Schummler bezeichneten, wurde entfacht. Das konnten die Leiter gar nicht verstehen, denn sie hatten natürlich alles richtig gemacht. Das ist meiner Meinung nach nur die halbe Wahrheit. Sie hatten ganz schnell, die Finger getauscht und sich mit Absicht immer abwechselnd nach Unten drücken lassen. Dann erklärten sie, dass sie das Spiel gewonnen hätten. Wir behaupteten, dass sie uns betrogen hatten. Doch sie machten deutlich, dass sie in der Aufgabe nicht behauptet hätten, dass wir gegeneinander spielen sollten. Das ist richtig, aber wenn wir sagen wir spielen Mensch Ärger dich nicht, dann spielen auch nicht zwei zusammen, damit sie doppelt würfeln können. Und auch bei diesem Spiel wäre niemand auf die Idee gekommen, sich die Regeln erklären zu lassen. Was wir aus dem Daumencatchen lernen sollten war, dass man gegen Muster ankämpfen sollte und einen größeren Wert auf Teamwork legen sollten. Wenn man während des Teamwork andere Menschen reinlegt, dann ist das trotzdem kein soziales Verhalten .

Die dunklen Machenschaften der Auto-Mafia

Dann erklärten sie auch, dass die Muster in der Schule schlecht für das Lernklima wären. Doch wie stellen sie sich den Ablauf des Unterrichts vor, wenn alle durcheinander rennen und sprechen? Es kann niemand konzentriert arbeiten, wenn sich keiner meldet oder auf einem Stuhl sitzt. Soll die Bildung in Deutschland noch schlechter werden, als sie jetzt schon ist?

Dann berichteten sie, dass wir von Konzernen reingelegt werden. Diese wollen uns nur E-Autos verkaufen, damit sie mehr Geld verdienen. Der Tipp zur Umsetzung in unserem Alltag war es, dass wir lieber alte Autos fahren sollten, da E- Autos in der Produktion sehr große Umweltschäden verursachen. Man darf in Deutschland aber erst ab 18 alleine Auto fahren, deswegen hat niemand in der zehnten Klasse ein altes oder ein E- Auto. Das war  der einzige realitätsbezogene Tipp im gesamten Projekt, nicht einmal diesen konnten wir in unserem Alltag umsetzen.

Doch auch im weiteren Verlauf des Projekts wurde es nicht besser. Die dritte Aufgabe war: Sagt mir die Zahl, die ich an die Tafel schreibe.Dieser Auftrag war einfach zu erfüllen, hier konnte man nichts falsch verstehen, dachten wir zu mindest. Er malte also immer wieder Zahlen an die Tafel, damit lenkte er uns ab und zeigte die eigentlichen Zahlen mit seinen Händen neben der Tafel. Dort guckte natürlich niemand hin. Und wieder legte er uns rein. Was er damit aussagen wollte? Konzerne legen die Menschen rein, in dem sie Autos herstellen die nach 10 Jahren kaputt gehen. Als wir nach einem Beweis für diese These fragten, antwortete er nur: Das habe ich in meinem Maschinenbaustudium gelernt.“  Einen richtigen Beleg bekamen wir nicht.

Dann war das Projekt zum Glück vorbei und wir konnten endlich aufatmen. Als wir Feedback geben sollten, wurden uns Fragen gestellt: Beschreibe deine jetzige Stimmung in einem Wort! Was hast du für dein Leben mitgenommen? Was hat dir am besten gefallen? Was hat dir nicht gefallen?

Die durchschnittliche Antwort sah so aus: Ich bin besorgt. Ich habe gelernt alte Autos zu fahren. Mir hat gefallen, das es mal etwas anderes als Unterricht war. Mir hat nicht gefallen, dass sie uns beim Daumencatchen betrogen haben.Im Klartext: Alle waren froh, dass wir an diesem Tag keinen Unterricht hatten, fühlten sich betrogen und verändern in ihrem Leben nichts, da sie eh kein Auto fahren können. Nach dem Projekt waren sich alle einig. Wir wären lieber zum Schulsportfest gegangen, denn da hätten wir wenigstens etwas für die gute Figur getan.


Diversität statt Spannung. Die Krimis von heute kann man in der Pfeife rauchen!

Von Anna Graalfs | Bei meinem wöchentlichen Krimiabend habe ich mir neulich „Rechnung mit einer Unbekannten” angeguckt und war dabei in Dauerspannung an meinen Sessel gebunden. Josef Rosenkötter gibt sich als Witwer bei einem Partnervermittlungs-Inserat aus und lädt die reiche Roswitha Mattusch zu sich nach Hause ein. Dort erschießt er sie und täuscht einen Einbruch vor. Vor der Polizei identifiziert Rosenkötter die tote Frau Mattusch als seine Ehefrau, mit dem geheimen Plan die Lebensversicherung seiner Frau zu kassieren, um seine Firma vor dem Bankrott zu retten. Doch er rechnet nicht damit, dass seine Frau, die eingeweiht ist, schlussendlich von einer Affäre zwischen ihrem Mann und seiner Untermieterin erfährt und dann ihren Mann mit der Tatwaffe erpresst. Die ganzen 85 Minuten werden musikalisch ausgeschmückt mit Rock-Banger “The Raven” von The Alan Parsons Project und Pink-Floyd-Knüller „Shines On You Like A Diamond”.

Nein, leider ist das nicht die zuletzt erschienene Tatortfolge, sondern eine Episode der ARD-Krimireihe aus dem Jahr 1978. Einen derart fesselnden Krimi, mit so raffinierter Komplexität, sucht man heute vergeblich. Als Krimi-Fan stelle ich fest: das Genre ist ausgelutscht, die Fälle ähneln sich immer mehr, und vor allem: Krimifolgen sind zur linken Meinungsmache geworden. Viel zu oft ist das Tatmotiv: Rassismus, Ausländerfeindlichkeit, Frauenfeindlichkeit oder, noch besser, er war einfach ein Psychopath. Man bekommt den Eindruck, dass die Tatort-Autoren gar nicht erst versuchen, ihre politischen Sympathien zu verstecken. Erst letztes Jahr kam heraus, dass die Produktionsfirma für die NDR-Tatorte linksextremen Gruppen 3000 Euro gezahlt hat, um in einem linken Zentrum (der Monkrystraße) den Hamburger Tatort drehen zu können.

Zuschauerzahlen des Tatorts sinken zurecht

Lauert denn wirklich hinter jedem Stein ein blutrünstiger Frauenfeind? Und wäre es nicht spannender, sich kompliziertere Motive und Tatabläufe auszudenken? Das Beeindruckende an den alten Krimis ist doch, dass nicht nur die normalsten Menschen zu Tätern werden – im Affekt oder durch die verrücktesten Motive -, sondern dass diese Figuren auch noch von brillanten, aus dem Theater kommenden Schauspielern wie Peter Matic verkörpert wurden. Matic ist für die Synchronisierung des britischen Charakterdarstellers Ben Kingsley (Hauptrolle in „Gandhi” von 1982) bekannt. Ich glaube diejenigen, die sich Sonntagabend allein mit ihrem Müsli vor dem Fernseher einen Tatort reinziehen, weil sie nichts Besseres zu tun haben, wären im absoluten Krimi-Himmel, wenn sie in der goldenen Fernsehzeit eine Folge „Ein Fall für Zwei” gesehen hätten. Es gibt kein besseres Ermittlungsduo als der bodenständige Rechtsanwalt Dr. Renz und der ewig-junge Lederjacken-Privatdetektiv Josef Matula.

Der hoch-psychologische Tatort „Reifezeugnis” aus 1977, der eine Schülerin, die eine Affäre mit ihrem Lehrer hat, im Affekt zur Täterin werden lässt, hat mit 25,05 Millionen Zuschauern bei seiner Erstausstrahlung die zweitgrößte Zuschauerzahl ALLER Tatortfolgen erreicht. Die durchschnittliche Zuschauerzahl bei einem Tatort beträgt inzwischen nur noch ca. 9 Millionen (Stand 2016). Die große Krimi-Zeit ist vorbei, die Zuschauerzahlen sind insgesamt gesunken und Rekordzahlen wie Ende der 70er werden sie wohl nie wieder erreichen. Natürlich liegt das an dem momentanen Überangebot an Krimiserien (in den 70ern und 80ern gab es einfach längst nicht so viele Fernsehsender wie heute), aber es hat auch zweifellos etwas mit der Qualität der Krimis zu tun.

Sinnlose Gewalt erzeugt keine Spannung

Um die langweiligen Psychopathen-Mörder-Krimis aufzupushen und händeringend Zuschauer vor den Fernseher zu locken, wird neuerdings einfach grundlos unfassbar viel Gewalt angewendet. Kaum hat der Krimi richtig angefangen, schwenkt die Kamera in ein düsteres Zimmer, dessen Boden dem reinsten Blutbad nicht ähnlicher sein könnte. Die Schimanski-Tatorte hingegen (von 1981 bis 1991 ermittelte Kommissar Schimanski, gespielt von Götz George, insgesamt 29-mal im Ruhrgebiet), haben es immer geschafft, für einen spannenden, mit Verfolgungsjagden gefüllten Krimi zu sorgen, ohne dass den Zuschauer dabei die brutalsten Massaker bis ins Jenseits verfolgen. 60 oder 90 Minuten lang wird man heute mit ekligen Bildern bombardiert, sodass man gar nicht mehr dazu kommt, sich genauer über den Krimiplot Gedanken zu machen. Scheinbar „gruselige” Szenen sind viel zu direkt, sie erzeugen nicht mehr das schaurige, langsam aber sicher aufkommende Unbehagen beim Zuschauer. Wenn man gezwungen ist, die immer größer werdende Spannung auszuhalten, zum Beispiel bei alten Hitchcock-Klassikern wie Psycho, durch unscheinbare Andeutungen, Musik oder die Kameraführung, ist der Schockmoment umso haarsträubender, wenn er dann eintritt. In modernen Krimis wird man dagegen einfach in Dauerschleife mit abscheulichen Bildern überladen – bis man völlig überreizt und abgestumpft ist.

Aber was mich am meisten aufregt, ist die gezwungene Diversität in modernen Krimis. Es darf heute offenbar auf keinen Fall mehr so schlagfertige Kommissare wie „Derrick” (aus der gleichnamigen Krimiserie) geben. Dabei ist es legendär, wenn er mit zurückgegelten Haaren und ernstem Blick aus dem Polizeipräsidium kommt und zu seinem Assistenten sagt: „Harry, hol’ schon mal den Wagen.” Doch oh nein – er ist nun mal ein weißer, privilegierter, alter Mann. Natürlich wäre es komisch, gäbe es keine einzige weibliche Kommissarin in der ganzen Krimilandschaft, aber das ist nicht der Fall. Sigrid Göhler wurde als erste weibliche Kriminalistin im deutschen Fernsehen (beziehungsweise in der DDR) durch die Krimiserie „Polizeiruf 101” bekannt. Und alte, geliebte Detektivinnen wie Miss Marple sind natürlich auch nicht zu vergessen. Also waren auch in den 80ern All-Men-Besetzungen nicht die Regel, obgleich die Krimis mit Männern als Kommissaren insgesamt mehr Erfolg hatten.

Gezwungene Diversität nervt

Doch daran erinnert sich wohl keiner mehr. Heute ist das nervtötende Motto jedes Tatorts: Wir brauchen unbedingt mehr lesbische Kommissarinnen, deren Migrationshintergrund immer zum Thema werden muss! NDR schreibt Vielfalt im Tatort ganz groß. Seit Neustem machen sie sich sogar selbst Vorschriften, die vom „Inclusion-Rider-Concept“ der US-Unterhaltungsindustrie inspiriert sind. In der Tatort-Folge „Schattenleben” aus dem Juni dieses Jahres sind 17 % der an der Produktion beteiligten Personen „BIPOC” (Black, Indigenous and People Of Colour, die neue korrekte Bezeichnung). Außerdem sind ganze 65 % der Führungspositionen mit Frauen besetzt. Der Grund dahinter soll „äußere Repräsentation” sein, entschuldige den Kraftausdruck, aber: was ein Bullshit. Man wird nie jeden repräsentieren können. Und wenn man einmal damit anfängt, verrennt man sich schnell. Ich finde es gibt nicht genug rothaarige Kommissarinnen mit Sommersprossen, deswegen fühle ich mich nicht ausreichend repräsentiert. Das ist strukturelle Rotschopf-Feindlichkeit. Vielleicht sollten Krimiautoren sich einfach mal wieder neue, spannende Geschichten ausdenken, statt zu überlegen, welchen der Filmcharaktere sie noch trans- oder homosexuell machen können. Könnte es sogar sein, dass diese penetrante Diversität im deutschen Fernsehen eigentlich nur dazu dient, die Ideenlosigkeit der Drehbuchautoren zu kaschieren? Der „Wir sind divers!”-Ausruf in modernen Krimiserien ist nichts anderes als die erhobene weiße Flagge: Der Krimi ergibt sich, er hat nichts Besseres zu bieten, als seine ach-so-schöne Diversität.

 

Die Fähigkeit, ein guter Kommissar zu sein, hat doch nichts damit zu tun, welche Geschlechtsorgane oder welche Hautfarbe jemand hat. Ich gucke wöchentlich die alten Krimis und dabei fällt mir auf: Ich möchte auch so ein cooler Detektiv wie Matula sein. Und dass er ein vierzig-jähriger Frauenschwarm ist, hält mich nicht davon ab. Ob ich mich mit einem Kommissar identifiziere oder ihn als Vorbild betrachte, hängt nicht von seinem Geschlecht ab – sondern allein davon, wie der Charakter durch den Schauspieler dargestellt wird. Wie er spricht, wie er sich bewegt und gibt. Alles, was ich mir für moderne Krimis wünsche, ist weniger erzwungene Diversität. Also, liebe Tatort-Autoren: Statt gezielt nach schwarzen Schauspielern zu suchen, solltet ihr vielleicht lieber mal nach guten Schauspielern suchen – und wenn diese schwarz sind, dann sind sie schwarz – na und? Außerdem fände ich es cool, ein bisschen weniger sinnlose, brutale Gewalt zu sehen. Vielleicht ist dann – aber auch nur dann – endlich wieder Platz für neue, kreative und vor allem spannende Krimifilme.


Sarah Palin: Die Anti-Kandidatin ist zurück

Von Jonas Kürsch | Lange herrschten in den US-Medien wilde Spekulationen über ihr Comeback, jetzt ist es gewiss: die republikanische Politikerin Sarah Palin will zurück auf die politische Bühne. Im Rahmen der diesjährigen Wahlen zum US-Kongress will sie den einzigen Sitz ihres Heimatstaates Alaska im Repräsentantenhaus übernehmen. Die Chancen der umstrittenen Anti-Establishment-Ikone stehen durchaus gut. Sowohl Präsident A. D. Donald Trump als auch die konservative Parteivorsitzende Nikki Haley sprachen ihre Unterstützung für Palin aus. Doch was ist so besonders an dieser umstrittenen Kandidatin?

Mit kontroversen Sprüchen an die Spitze

Palin übernahm erstmals in den 1990er Jahren für die Republikaner ein Mandat im Lokalrat ihrer Heimatstadt Wasilla, zu deren Bürgermeisterin sie einige Jahre später gewählt werden würde. Zu jener Zeit überzeugte sie, ähnlich wie Donald Trump es viele Jahre später tun würde, nicht mit den üblichen Politikerfloskeln. Mit radikalem Selbstbewusstsein sprach sie sich gegen die damals noch neuaufkeimenden Urbewegungen des heutigen Linksliberalismus auf. Besonders die heftig debattierte Verschärfung des Waffenrechts sowie die Legalisierung von Abtreibungen lehnte sie schon damals vehement ab. Ihre kapitalistisch motivierte Wirtschafts- und Steuerpolitik führte zu einem großen Boom in der Kleinstadt. Größere Unternehmen und Einkaufszentren ließen sich nun vorzugsweise in Wasilla nieder und machten die Stadt für Neuanwohner zu einem attraktiveren Wohnort. Die Stadtbevölkerung wuchs während ihrer Amtszeit somit um knapp ein Viertel an.

Von 2003 bis 2004 war Palin Mitglied der Kommission für die Öl- und Gasvorkommen in Alaska, den sie eigenen Angaben zufolge aufgrund von lobbyistischen Amtsverfehlungen ihrer Parteigenossen nach kurzer Zeit wieder verließ. 2006 setzte sie sich dann während der republikanischen Vorwahlen gegen Alaskas Gouverneur Frank Murkowski durch und wurde anschließend zur ersten weiblichen Gouverneurin des Bundesstaats gewählt. Ihre dreijährige Amtszeit gilt als starkumstritten. Zum einen wird sie für ihre wirtschaftsfreundlichen und teils ungewohnt sozialen Investitionsprogramme auch heute noch hochgelobt. Zum anderen wird ihr nachgesagt, sie habe unliebsame Beamte versucht mit unlauteren Mitteln aus dem Dienst zu entlassen und die in Alaska florierende Öl- und Gaslobby geradezu hofiert. 

Im Jahr 2008 erreichte Palin den (jetzigen) Höhepunkt ihrer Karriere: der republikanische Präsidentschaftskandidat John McCain will mit ihr als Running Mate Barack Obamas erste Amtszeit verhindern. Im Falle eines Scheiterns McCains galt Palin in manchen Kreisen sogar schon als gesetzte Präsidentschaftskandidatin für die nächste Wahl im Jahr 2012. Doch der Wahlkampf wurde zu einer regelrechten Aneinanderreihung von Pannen: so musste die dezidiert christlich auftretende und Sex vor der Ehe ablehnende Palin ihren religiösen Anhängern nun erklären, warum die eigene, minderjährige Tochter ein uneheliches Kind erwarte. Auch ihre außenpolitische Unerfahrenheit schreckte viele Wähler vor der kontroversen Kandidatin ab. 

Auch die von Sarah Palin verwendeten Wahlkampfslogans sorgten häufig für großes Kopfschütteln, da sie eher an billige Werbesprüche erinnerten, kaum aber als echte politische Visionen ernstgenommen wurden. So versuchte sie unter anderem mit dem Spruch “Drill, baby, drill!“ für das umstrittene Fracking zur Erdgasgewinnung zu werben. Im Zusammenspiel mit der durch die Bush-Administration starkvorangetriebenen Wirtschafts- und Finanzkrise versanken die Republikaner letztlich in einem fatalen Umfragetief: das McCain-Palin-Ticket verlor die Wahl haushoch. 

Palins Abkehr vom Partei-Establishment

Infolge der immer stärker ausufernden Wohlfahrtspolitik des frischgewählten Präsidenten Obama wurden staatliche Wirtschaftseingriffe zur gängigen Praxis. Besonders die nationale Neuverschuldung stieg unter Obama in seit den 1970er Jahren nicht mehr gekannte Höhen an (obwohl George W. Bush im Zuge der Weltwirtschaftskrise für solche Maßnahmen bereits die Weichen gestellt hatte). Als Gegnerin dieses immer größer werdenden Etatismus entfernte Palin sich endgültig vom politischen Establishment der USA. Ab 2010 wurde sie zu einer Galionsfigur der libertären Tea-Party-Bewegung, die eine kollektivistische Vergemeinschaftung von Schulden, wie von den Demokraten propagiert wurde, auch heute noch mit lautstarkem Protest ablehnt.

In die aktive Politik kehrte Palin seit der verloreneren Vizepräsidentschaft allerdings nicht mehr zurück. Es wurde still um den einstigen Shootingstar der Republikaner. Dies änderte sich erst mit dem Tod von Alaskas Kongressabgeordneten Don Young, den Palin nun zu beerben versucht. 

Die Anti-Harris und Anti-Baerbock

Nun hat Palin sich in den republikanischen Vorwahlen durchgesetzt und wird in diesem Jahr erstmals für die Republikaner als Kandidatin bei den midterm elections ins Rennen gehen. Ihre Chancen zum Sieg stehen gut, schließlich gilt Alaska als einer der konservativen Red States. Auch die meisten Umfragen gehen hier von einem republikanischen Sieg bei den Kongresswahlen aus. Allerdings sehen linke Vertreter der Mainstream-Presse (in den USA und auch in Deutschland) in ihren radikalen, manchmal auch unrealistischen Forderungen seit jeher eine große Gefahr für die Demokratie. Besonders für ihre teils recht offensichtliche Unerfahrenheit im Bereich der Außenpolitik kritisierte man Palin schon immer mit aller Schärfer. Diese Doppelmoral ist höchstinteressant, denn schließlich erfüllt Palin doch das einzige Kriterium, das für die Neuen Linken heute noch von Bedeutung ist: sie ist eine Frau.  

Warum gilt bei Palin auf einmal wieder die Kompetenz als wichtiges Kriterium zur Vergabe von politischen Ämtern? Bei Annalena Baerbock und der inzwischen häufig als „unbeliebteste Vizepräsidentin aller Zeiten“ betitelten Kamala Harris reichte das weibliche Geschlecht doch auch aus. Vor allem drängt sich die Frage auf, weshalb Zeitungen wie die WELT Sarah Palin als „Grande Dame des republikanischen Irrsinns“ bezeichnen, dann aber ohne Probleme behaupten, dass die wesentlich unerfahrenere und schon jetzt an der Realität gescheiterte Grünen-Außenministerin Annalena Baerbock „einen guten Job“ mache? Und weshalb haben die US-amerikanischen Medien im Rahmen von Joe Bidens Wahlkampf im Jahr 2020 ausnahmslos positiv von seiner Vizepräsidentschaftskandidatin berichtet, während Palin im Jahr 2008 sich vom ersten Tag an mit einer unüberwindbaren Mauer aus journalistischen Schimpftiraden konfrontiert sah?

Auch die nicht enden wollende Dämonisierung ihrer (und das gebe ich gerne zu!) teilweise wirklich abenteuerlichen Statements ist ein weiteres Beispiel dieser medialen Doppelzüngigkeit. Ihr Spruch “The only thing that stops a bad guy with a nuke is a good guy with a nukewird von Journalisten als dumm und unwissend diffamiert, aber wenn Annalena Baerbock intellektuelle Ergüsse wie „Das Schwert, was nach dem härtesten klingt, muss nicht immer das cleverste sein“ von sich gibt, sei das Ausdruck ihres außenpolitischen Fachwissens. Geht’s noch? 

Es ist gut möglich, dass Palin keine ideale Politikerin ist, aber wenigstens ist sie ihrer politischen Leitlinie treugeblieben und setzt sich auch heute noch für die wirtschaftliche Unabhängigkeit des einzelnen Bürgers ein. Zudem trat sie in den vergangenen Jahren vermehrt als Kämpferin gegen die im Rahmen der Coronakrise weitervorangetrieben Grundrechtseinschränkungen auf und machte sich einen Namen als Skeptikerin der verfassungswidrigen Pandemiebekämpfungsmaßnahmen. Sie ist für viele Menschen zu einem Symbol gegen politische Korrektheit und den kollektivistischen Wokeismus unserer Zeit geworden. Sie steht für all jene Werte des normalen Bürgers, die von den Kamala Harrises und Annalena Baerbocks dieser Welt mit arroganter Selbstgerechtigkeit verachtet werden. 

In Anbetracht der Tatsache, dass die amerikanische Bevölkerung allen Umfragen zufolge genug von Joe Biden, Kamala Harris und der ideologischen Planwirtschaftspolitik der Demokraten hat, könnte der Geist der antisozialistischen Tea-Party-Bewegung in den nächsten Jahren aufblühen. Und wer weiß: Donald Trump hat bislang noch keine Äußerungen über einen möglichen Vizepräsidentschaftskandidaten an seiner Seite für die kommende Präsidentenwahl gemacht. Vielleicht wird es ja Zeit für eine Frau in diesem Amt – nur dieses Mal für eine mit republikanischem Parteibuch.

„I am a conservative Republican, a firm believer in free market capitalism. A free market system allows all parties to compete, which ensures the best and most competitive project emerges, and ensures a fair, democratic process.“ – Sarah Palin

Bildquelle: Sarah Palin CPAC 2015 via Wikimedia Commons


Hauptstadtgöre vs. Dorfprolet – Runde III

Lesen Sie hier: Das große Debattenduell. Soja-Latte-Pauline und Mistgabel-Jonas steigen wieder in den Ring – und tragen den Stadt-Land-Konflikt auf der virtuellen Bühne aus. Für wen fiebert ihr in Runde drei mit: Team Kuhkaff oder Team Assikiez? 

ACHTUNG: Dieser Beitrag könnte Spuren von Humor, Satire und Klischees enthalten. Keine Dorfproleten oder Hauptstadtgören wurden bei der Produktion dieser Kolumne ernsthaft verletzt. Dieser Austausch spiegelt in keiner Weise das Arbeitsklima bei Apollo News wieder, sondern dient schlichtweg Unterhaltungs- und Ausbildungszwecken. Seelsorgerische Unterstützung stand den Autoren zu jeder Zeit zur Verfügung.


Disco-Pogo in der Kuhscheune? – Nein, danke.

Von Pauline Schwarz | Wenn unser Apollo-Dorfprolet nicht grade gegen Städter hetzt, lässt er es sich da draußen auf dem Thüringer Ländle richtig gut gehen: er liegt auf grünen Wiesen, umgeben von prachtvollen Wäldern und genießt die Stille. Wenn es nach Jonas geht, dann ist im besten Fall weit und breit kein Mensch in Sicht – dann gibt es nur ihn, seine Mistgabel und den süßen Duft nach frischer Schafskotze. Sollte ihn aber doch mal der Wunsch nach etwas mehr Action, fernab vom täglichen Kampf mit dem örtlichen Keiler packen, hat der Jonas ein Problem. Was zur Hölle tut man in der dörflichen Einöde, wenn alle Ställe ausgemistet, alle Heuballen gerollt und der Henne Gerda erfolgreich alle Eier unterm Hintern weggemobst wurden? Und vor allem: Was macht ein 21-jähriger Kerl wie Jonas, wenn er abends mal mehr will als die Zapfanlage seines Vaters leer zu trinken und seinem Spiegelbild zu zuprosten?

Die Möglichkeiten sind begrenzt. Vor allem wenn wir davon ausgehen, dass der Jonas nicht nur das nächste Bierfass erobern will, sondern auch die ein oder andere Dorfschönheit. Im Kuh-Kaff meines Apollo-Kollegen gibt es dreihundert Einwohner – wie viele davon sind wohl ein guter Grund die Mistgabel fallen zu lassen und in ein schickes Hemd zu schlüpfen? Wenn wir davon ausgehen, dass dreiviertel der Leute entweder auf die Senilität zusteuern oder noch in die Windel pupsen, bleiben vielleicht so um die 70-75 junge Leute übrig (ist jetzt nur so ne Schätzung, ist bestimmt noch zu nett). Abzüglich Geschlechtsgenossen, zu jungen, zu alten und Damen, denen man das Charakteristikum „Gesichtsgulasch“ zuordnen könnte, kann Jonas die potentiellen Abend-Eroberungen wahrscheinlich an zwei Händen abzählen – und viel Fluktuation hat´s da mitten im Nirgendwo auch nicht grade.

Als stolze Vertreterin der weiblichen Spezies sehe ich da ein Problem: Die zehn Weiber sind untereinander mit Sicherheit befreundet. Wenn eine von denen mit dem Jonas in der Dorfdisse geknutscht hat, erzählt die das den anderen weiter. Damit steigt die Hürde an die Nächste ranzukommen, denn Weiber teilen nicht so gerne. Aber selbst, wenn wir davon ausgehen würden, dass das keine der Damen juckt – was utopisch ist -, dann ist man spätestens nach ein paar Jahren Pubertät und feucht-fröhlichen Teeny-Partys einmal die Runde durch. Was macht man dann? Fängt man einfach wieder von vorne an? Kann ich mir nicht vorstellen, das klingt langweilig. Der Mann ist doch ein Jäger und Sammler – der will neue, frische Beute und nicht an irgendwelchen alten Knochen knabbern. Also muss Jonas sein Jagdrevier wahrscheinlich auf die nächsten Käffer ausweiten.

Um nach Hintertupfingen und Kleinkleckersdorf zu gelangen, brauch man aber einen fahrbaren Untersatz und jede Menge Zeit. Und da kommen wir dann auch gleich zum nächsten Problem und zurück zur Debatte, dass das Dorfleben ja angeblich sooo viel ungefährlicher wäre als in der Stadt. Aber ne ne Jonas, mich kann´nste nicht austricksen: Es ist kein Geheimnis, dass hinter den sieben Bergen bei den sieben Bauerntölpeln eine Disko auf fünf Dörfer kommt – und auch nicht, in welchem Zustand ihr dann meint noch nachhause fahren zu können. Selbst in Berlin wurde uns mahnend das Bild von den weißen Kreuzen am Rande, von Bäumen umsäumter, ländlicher Alleen eingeprügelt. Ich weiß Berlin ist für dich so ungefähr das El Dorado der Hölle, aber: In Sachen „Don´t drink and drive“ wart ihr unser Abschreckungsbeispiel.

Ich geh jetzt einfach mal davon aus, dass der Jonas ein vernünftiger Kerl ist und sich hier positiv von seinen Artgenossen unterscheidet. Auch wenn die Story letztes vom Camping (apropos was macht der Dorfprolet in seiner Freizeit…) irgendwie ein anderes Licht auf ihn geworfen hat – was hat dir am nächsten Morgen nochmal alles gefehlt? Dein Portemonnaie, dein Handy und was noch, außer deiner Erinnerung…? Aber vergessen wir das wieder, war bestimmt nur die gierige Elster, der noch ein paar glitzernde Schmuckstücke für ihr Nest gefehlt haben. Ich stell mir also vor der Jonas kommt gesund, munter und zurechnungsfähig zur Dorfdisse – aber was findet er da vor? Die Disko besteht doch wahrscheinlich aus einem kleinen Raum im Keller irgendeines Kreisvorstandes, der den muffigen Laden mit ein paar bunten Lichtern und einer mehr oder weniger funktionstüchtigen Musikbox ausgestattet hat. Oder irre ich mich da?

Wenn du wirklich mal was erleben und ein bisschen Auswahl haben willst, bist du in Berlin immer herzlich willkommen. Zugegeben: Bei Läden wie dem Berghain, KitKat, Suicide Circus oder dem Watergate, habe ich manchmal das Gefühl man kann sich in Berlin zwischen Pest, Cholera, Ebola und den Affenpocken entscheiden, wenn man in einen Club gehen will. Aber hey: Berlin ist so groß, da kann man immer wieder was Neues entdecken und wenn man Glück hat, ist es manchmal sogar ganz nett. Und sollte man sich von all den Hipstern, Assis und sonstigen Gruselgestalten in der Berliner Club-Kultur mal überrollen lassen und temporär das klassische Ausgehen an den Nagel hängen, hat man in Berlin immer noch tausend andere Unterhaltungsmöglichkeiten. Bei uns wirst du immer ein Theater, ein Kino, irgendwelche Vortragsveranstaltungen, Straßenfeste, Märkte, Messen, ne Mofa-Rally oder ein Restaurant finden, wo du nachts um vier noch leckere Maultaschen oder ´ne Curry-Wurst serviert bekommst. Du kannst ja viel sagen, aber langweilig wird’s bei uns aber mit Garantie nie!


Lieber Garagenbier als Stadtaffen

Von Jonas Aston | Neulich habe ich mich wieder mit meiner Apollo-Kollegin und Hauptstadtgöre Pauline unterhalten. Sie schwärmte von irgendeiner Buchstaben+-Community und spuckte Worte wie „Diskriminierung“, „Patriarchat“ und „white Privileges“ aus. Beim Sprechen machte sie komische Klick-Laute und schwenkte eine Regenbogenfahne. Sie redete sich so lange in Rage, bis es mir sprichwörtlich zu bunt wurde. Mit viel Mühe gelang es mir endlich sie auf einer Sprache, die einst als Hochdeutsch bezeichnet wurde, zu beruhigen. Für einen Augenblick konnte ich sie auf den Boden der Tatsachen holen und normale Themen wie Feiern und Freizeitgestaltung anschneiden. Pauline erklärte mir stolz, dass sie regelmäßig die Großstadt unsicher mache.

Damit meinte sie jedoch nicht ihr Fahrrad, mit dem sie den Kudamm rauf- und runterbrettert – das kann sie nämlich oft nicht benutzen. Einmal berichtete sie davon, dass ein Nachbar direkt vor ihre Tretmühle sein Geschäft verrichtet hat. Aber da soll sie sich mal nicht so aufregen, immerhin war er so nett und hat das Fahrrad nicht geklaut – das soll in der Hauptstadt ja auch ab und an vorkommen. Nein, Pauline spielte vielmehr darauf an, dass sie regelmäßig Clubs besucht. Wenn Pauline also nicht gerade Regenbogenfahnen schwenkt oder „Unrat“ von ihrem Fahrrad kratzt, treibt sie sich in der Berliner Partyszene herum.

Der typische Ausgehabend muss bei Pauline wohl ungefähr so aussehen:  Es ist mitten im Sommer, den ganzen Tag scheint die Sonne und bis tief in die Nacht zeigt das Thermometer über 20 Grad an. Pauline wirft sich in Schale, macht sich die Haare, zieht sich ein Kleid an und trägt ihr teuerstes Parfüm auf. Die Partynacht kann beginnen und Pauline ist sich sicher: Heute wird sie endlich ihren Traumprinzen finden. Sie verabredet sich mit ihrer besten Freundin und besorgt sich beim Späti noch zwei Wegbier. Die Vorfreude ist riesig und die Spannung steigt mit jedem Schritt. Pauline weiß, dass an diesem Abend etwas in der Luft liegt. Jetzt sind es nur noch 5 Minuten Fußweg, bis sie endlich beim Club angekommen sind. Doch dann passiert es: BRRRUUUMMM. AMG-Achmad rast in der verkehrsberuhigten Zone mit 150 km/h an Pauline vorbei. Die Frisur ist zerstört und das Kleid zerknittert, aus Parfüm wurde Benzin und aus Rouge wurde Ruß. Der Abend ist gelaufen und Pauline muss weiter auf ihren Traumprinzen warten.

Auch wenn Paulines Abende zumeist so oder ähnlich ablaufen dürften, räume ich ja trotzdem ein, dass sie in Sachen Club-Kultur vielleicht knapp die Nase vorn haben könnte. Wenn man Masse statt Klasse bevorzugt, ist man in Berlin jedenfalls an der richtigen Adresse. Wer zum Beispiel asozial feiern und sich mit Drogen richtig zudröhnen will, der kann ins Berghain, ins Matrix oder in so ziemlich jeden anderen x-beliebigen Club in Berlin gehen. Aber Pauline zufolge gibt es auch einige wenige Clubs, die „wenn man Glück hat“ ganz nett seien. Und das nimmt sie natürlich direkt zum Anlass über unsere Dorfdissen herzuziehen.

Aber da sag ich dir nur eins Pauline: Noch fühlst du dich überlegen und hast laut zu lachen. Aber was machst du, wenn der Herbst anbricht und die Killervariante endgültig zuschlägt? Die Clubs werden dann leider leider schon bald wieder schließen müssen. Dann hat es sich ausgefeiert und du wirst ganz verloren in deiner Zwei-Zimmer-Wohnung sitzen. Dir bleibt nur noch die Dealer auf der Straße und die Regentropfen an der Fensterscheibe zu zählen. Und genau dann kommt meine Zeit. Während du in deinen vier Wänden versauerst, werden wir weiter unsere Partys feiern. Dafür braucht man erst einmal einige gute Freunde und Bier. Das bekommt man vielleicht sogar noch in Berlin hin. Daneben braucht es aber noch eine geräumige Garage und Nachbarn, die einen weder wegen Ruhestörung noch wegen Nichteinhaltens der Ausgangssperre anschwärzen. Und daran wirst du wohl scheitern.

Vielleicht bist du aber auch eine ganz mutige und wagst dich trotz der Ausgangssperre vor die Haustür. Verübeln könnte ich es dir nicht. Wer von uns ohne Sünde ist werfe den ersten Stein (aber bitte nicht auf einen Polizisten liebe Berlinerin). Aber wie dann weiter? Die Shisha-Bar um die Ecke hat mit Sicherheit geöffnet. Aber willst du dann wirklich mit bärtigen Männern über Gender-Sternchen und das Patriarchat debattieren? Möglicherweise beschließt du auch in einen Park zu gehen und ein bisschen zu raven – also zu elektronischer Musik völlig gestört herumzuhampeln. Kaum begonnen findet der Spaß aber schon nach kurzer Zeit sein trauriges Ende und der illegale Rave wird aufgelöst. Während du vor der Polizei wegrennst (bitte trotzdem keinen Stein schmeißen) sitzen wir in der Garage und machen uns das nächste Bier auf. Aus Mitleid stoßen wir sogar auf dich an.


Meine Grundschulzeit – ich habe vielleicht nicht viel gelernt, aber dafür lauter tolle Zertifikate

Von Pauline Schwarz | Meine Einschulung war für mich ein großer Tag – und das nicht nur wegen der gigantischen Schultüte mit all den köstlichen kleinen Leckereien, die ich mir erhoffte. Ich hatte ein Jahr lang meine ältere Schwester genervt, ob ich nicht auch mal ihre Hausaufgaben machen könnte, und nun stand ich endlich davor, auch zu den Großen zu gehören, und meine eigenen Schulaufgaben zu kriegen. Ich war wahnsinnig aufgeregt und hatte ziemlich Angst, als ich das große Schulgelände betrat – alles war neu, voller fremder Kinder und Erwachsener. Während ich mich fest an meine Schultüte klammerte und versuchte, mich zu entscheiden, ob ich das jetzt schrecklich oder schön finden sollte, kam ein fremder Erwachsener auf mich zu und drückte mir als Einschulungsgeschenk eine grüne Brotbüchse mit der Aufschrift „Bündnis 90 – Die Grünen“ in die Hand. Damals konnte ich mit dem Namen nicht besonders viel anfangen – dieses kleine Geschenk sollte aber symbolisch für die nächsten sechs Jahre meines Lebens voll von Öko-Propaganda, Esoterik und blindem Toleranzgehabe stehen.

 

Inklusion um jeden Preis

Meine Grundschule galt damals als eine der besten Schulen Kreuzbergs und rühmte sich „so bunt, lebendig und vielfältig“ zu sein, wie der Kiez um sie herum. Ich verstand das Konzept einer Inklusionsschule mit meinen sieben Jahren noch nicht, wusste aber, dass wir eine „Schule für alle“ waren. Dass mindestens die Hälfte meiner Klassenkameraden ausländische Wurzeln hatte, wunderte mich nicht – als Kreuzberger Zögling war das für mich das normalste der Welt. Und alle, das waren eben alle aus meinem Kiez. Ich sollte aber schnell lernen, dass „alle“ nicht nur verschiedene Herkünfte und Einkommensklassen meinte. Es bedeutete, dass in jede einzelne Klasse mehrere verhaltensauffällige Schüler und mindestens ein geistig oder körperlich schwer behindertes Kind gesteckt wurden. Dann sollten wir zusammen Unterricht machen, als gäbe es keinerlei Unterschiede zwischen uns – doch das fiel mir, zumindest am Anfang, sehr schwer.

Das behinderte Mädchen in meiner Klasse konnte weder sprechen, noch laufen. Sie konnte kaum ihren Kopf grade halten oder ihren Mund schließen und schrie manchmal plötzlich völlig unverständlich herum – das machte mir Angst. Ich hatte in meinem kurzen Leben noch nie mit einem so schwer behinderten Menschen zu tun, wusste nicht, was das bedeutet, und wie ich damit umgehen sollte. Doch danach fragte mich niemand. Ich sollte mich, wie jeder in meiner Klasse, ab sofort und teilweise auch ohne die Hilfe von Erwachsenen um das Mädchen kümmern. Den „Selin-Dienst“, wie wir ihn nannten, fand ich am Anfang grauenhaft. Ich war dazu verdonnert, Zeit mit einem Kind zu verbringen, mit dem ich nichts anfangen konnte – wir konnten uns weder unterhalten, noch toben oder zusammen malen. Und nicht nur das: Ich musste ihr helfen, zur Toilette zu gehen, und ihr Essen geben, dass sie mir -unbeabsichtigt- wieder entgegen spuckte – ich fand das, um ehrlich zu sein, ziemlich eklig und verinnerlichte statt Toleranz immer mehr Abneigung durch meinen Zwangsdienst. Aber trotzdem gewöhnte ich mich daran und war irgendwann sogar richtig scharf darauf – denn dann durfte man endlich auch mal Fahrstuhl fahren und gratis in der Mensa essen. Um Selin ging’s dann zwar kein bisschen, aber so erkauften sich die Lehrer unsere Mitarbeit.

 

Staatlich zertifizierter Gemüseaktivist

Rückblickend bin ich ziemlich erstaunt, dass wir für unseren unermüdlichen Einsatz und die stupide Gleichmacherei damals keine Urkunden zum vollausgebildeten Integrations-Schüler bekommen hatten – sowas bekam man an meiner Schule nämlich wirklich für jeden Scheiß. Nur nicht für sinnvolle Dinge, wie eine erfolgreiche Mathe-Olympiade oder hervorragende sportliche Leistungen. Aber wer brauch sowas auch? Statt Mathe hatten wir vom Senat geförderte „Schulobst- und Gemüseprogramme“. Um unsere Auszeichnung zum „5 am Tag“-Kid zu bekommen, wurden wir eine Woche lang durch die Bio-Höfe und Markthallen unserer Stadt gejagt. Ich musste mir zig Vorträge darüber anhören, welche grauenvollen Krankheiten mich schon bald ereilen, dass ich fett werde und mit dreißig tot umfalle, wenn ich nicht genug Grünzeug in mich reinfuttern würde.

 

Meine neu gewonnene Leidenschaft – ich fand Gemüse zwar immer noch widerwärtig, aber die Urkunde klebte immerhin ein paar Tage lang in meinem Zimmer – sollte ich dann kurze Zeit später mit der Teilnahme am Wettbewerb „Bio find ich kuh-l“ beweisen. Bei dem vom Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz ausgerichteten Schülerwettbewerb stellte sich meine Klasse dem bundesweiten Wettkampf um das beste Öko-Propaganda-Video. Wir fuhren für unsere Aufnahme extra zum Bio-Bauernhof in Dahlem und ließen uns dort zunächst in Stimmung bringen – wir liefen herum und bekamen ausführlichste Informationen darüber, wie man die armen kleinen Tierchen in der Massentierhaltung quälen, sie schlagen, ihnen jeden Knochen brechen und sie verelenden lassen würde. Bei den Gedanken an die kleinen lustigen Ferkelchen, die ihrer Mutter entrissen werden, und die armen putzigen Küken, die man mit Haut und Federn in den Schredder warf, brach mein kindliches Herz. Danach war ich Feuer und Flamme für das Projekt.

 

Brotbüchsenkontrolle im Spalier

Der Öko-Aktivismus meiner Lehrer beschränkte sich aber nicht nur auf Bildungsprogramme vom Berliner Senat – man setzte auf härtere Bandagen, um zu überprüfen, ob wir wirklich fest an der Gemüsefront standen. Das bedeute, dass wir uns auf Kommando alle paar Tage in Reih und Glied aufstellen und unsere Brotbuchsen vorzeigen mussten. Jede einzelne wurde streng begutachtet. Ich hatte eine höllische Angst, wenn ich bei der Brotbüchsenkontrolle dran war, denn es wurde immer mindestens ein Kind angebrüllt und vor den anderen dafür gedemütigt, dass es ungesundes Essen dabeihatte – Todsünden wie Weißbrot, Nutella oder Süßigkeiten. Meine Hände zitterten jedes Mal vor Angst, obwohl ich sowieso nur langweiliges Graubrot mit Salat in meiner grünen Brotbüchse hatte. Mir fiel jedes mal ein Stein vom Herzen, wenn meine Lehrerin nach einem skeptischen Blick weiter zum nächsten Kind schritt – und es zornentbrannt dabei erwischte, mit seinen Leckereien die Kollektivmoral der ganzen Klasse zu gefährden.

In unserem Unterricht ging es generell sehr viel um Disziplin – aber nicht um solche, die man an einer Schule erwarten und für angemessen halten würde. Ich weiß von einer Freundin aus Bayern, dass die Kinder dort immer aufstehen und den Lehrer förmlich begrüßen mussten, sobald er in die Klasse kam. Verhielt sich jemand respektlos oder machte seine Schulaufgaben nicht, gab es jede Menge Ärger. Das alles sah bei uns etwas anders aus. Leistung war nicht so wichtig, dafür legte meine Lehrerin großen Wert darauf, dass wir morgens fehlerfrei dem Sonnengott Aton huldigten. Mir wurde so intensiv eingetrichtert, dass ich die Sonnenhymne fühlen und meinem ganzen Körper präsentieren sollte, dass ich bis heute manchmal spontane Flashbacks bekomme und von meinem Ohrwurm gezwungen werde zu murmeln: „Strahlend steigst du am Rand des Himmels, Aton, der du lebst seit Anbeginn…“.

 

 

Die „Porno-Nonne“, das Chakra und die Aura

Als wäre das alles noch nicht skurril genug, sollten wir nur kurze Zeit später mit Atemübungen beginnen – die uns von der „Porno-Nonne“, einer kleinen merkwürdigen Frau beigebracht wurden. Sie hatte sich ihren Namen durch ihre Kutten-ähnliche Kleidung und die Übungen verdient, bei denen wir immer wieder in die Hocke gehen und dabei laut stöhnen mussten. Das fanden wir sehr sexuell und damit extrem peinlich – auch wenn wir mit neun-zehn Jahren in echt natürlich keine Ahnung von Sexualität hatten. Um mich aus der unangenehmen Situation irgendwie zu befreien, versuchte ich immer wieder das ganze ins Lächerliche zu ziehen, in dem ich die Übungen absichtlich falsch machte und blöde Grimassen zog. Aber das ließ ich bald wieder, denn es hagelte nicht nur der Zorn der Porno-Nonne, sondern auch jede Menge Strafarbeiten.

Was blieb mir übrig, als mich den Atemübungen und der darauffolgenden Lehre von der Energie und den Chakren zu fügen. Ich war damals mindestens genauso verstört, wie fasziniert, als die kleine graue Frau ihre Augen weit aufriss und voller Inbrunst anfing über Energiefelder zu sprechen, die wir in uns sammeln und mit viel Konzentration an unseren Nachbar weiterreichen konnten. Sie sprach von der Macht der Chakren und über die Aura, die einen jeden von uns umgibt. Unter keinen Umständen durften wir die Aura eines anderen unerlaubt berühren und verletzen – das wäre, als würden wir direkt und unerlaubt in seine Seele greifen. Wir sollten sie schätzen und respektieren.

So viel zur Theorie – in der Praxis interessierte es niemanden, ob wir uns gegenseitig respektierten oder an die Gurgel gingen. Auf dem Pausenhof gab es beinah täglich Schlägereien. Meine Lehrer wussten, dass wir uns regelmäßig zur Schlacht der Geschlechter verabredeten, wo Jungs und Mädchen gegeneinander aufmarschierten und dann aus Spaß an der Sache aufeinander einprügelten – aber es schien sie nicht zu besorgen. Ein blaues Auge, eine blutige Nase? Das sind doch nur Spielerein und hat noch keinem geschadet. Je nach Situation nahm man es mit seinen Moralvorstellungen und seinem pädagogischen Auftrag einfach nicht mehr so eng – wenn Türken und Kurden aufeinander einschlugen, kniff man einfach ganz fest die Augen und Ohren zu, tat so, als würde man nichts mitbekommen, und sang das Lied von der Toleranz. Schon war alles wieder gut.

 

Am Ende kommt die Quittung

Am Ende haben sechs Jahre links-grünes Brainwashing leider seine Spuren an mir hinterlassen – während meiner Oberschulzeit war ich eine ziemliche Nervensäge, die an jeder Ecke Rassismus und Intoleranz witterte. Und ich hatte ein Problem: Ich sollte plötzlich Englisch-Arbeiten schreiben, obwohl ich bisher nur Lieder von Farmer Richiburg und Old McDonald gesungen hatte – meine Lehrerin nahm mich damals aus der Klasse, um mir zu sagen, dass mir jegliche Grundlagen fehlten und ich den Unterricht so nicht schaffen würde. Da stand ich nun: Ich hatte all die Jahre nichts gelernt, aber dafür mindestens fünf Urkunden, die sagten, was für ein tolles Anti-Rassismus-, Vielfältigkeits- und Öko-Toleranz-Kid ich doch bin.