Das neue Sprach-Diktat: „Pssscht! Das darf man nicht mehr sagen!“

Von Jonas Aston | Seitdem es Sprache gibt, wird versucht, den Adressaten durch die Wahl der Worte zu lenken. Insbesondere Herrschende wollen so die Meinungen und Ansichten der Beherrschten beeinflussen. Beispiele hierfür gibt es zuhauf. Die legendären Sätze Angela Merkels „scheitert der Euro, dann scheitert Europa“ und „wir schaffen das“ stehen dafür sinnbildlich. Wer den Euro kritisiert, ist gleich gegen Europa. Wer eine stringentere Migrationspolitik anmahnt, macht sich moralisch verdächtig – ist er doch nicht bereit, sich hinter das große Projekt der Integration zu stellen und stört dabei auch noch die gute Ordnung. Solche Sätze dienen dazu, Sachverhalte moralisch aufzuladen und die gewünschte Sicht der Dinge durchzusetzen, ohne inhaltlich argumentieren zu müssen. Sprache wird damit schnell zum Instrument von gedanklicher Bevormundung.


Sprachgebote ohne Sinn und Verstand

Derzeit wird die Kontrolle von Meinungen über die Sprache immer weiter auf die Spitze getrieben. Gewisse Sachverhalte werden beschwiegen und bemäntelt, über andere zerreißt man sich. Sinn und Zweck der Sprache ist die Kommunikation und das Vermitteln von Informationen. Genau das möchte die Politik erschweren und behindern. So bleibt das 100-Milliarden-Sondervermögen von Christian Linder ein Haufen Schulden, auch wenn begrifflich suggeriert wird, dass das Geld vom Himmel gefallen ist. Die gesetzten Sprachgebote haben längst den gesamten politischen Alltag erfasst. Die Wahrnehmung der Realität soll verändert werden – möglicherweise glaubt man sogar über Sprachregelungen die Tatsachen ändern zu können.

So wurde etwa der Begriff „Zigeuner“ aus dem Sprachgebrauch getilgt. Dies war die klassische Bezeichnung für Volksgruppen, die vor rund 1000 Jahren Indien verließen und seitdem in Europa leben. Ersetzt wurde der Zigeunerbegriff durch „Sinti und Roma“. Ein Begriff, der unzutreffend ist, werden mit Sinti und Roma doch nur zwei der zahlreichen Zigeunerfamilien beschrieben. Nach dem Fall des Ostblocks und der Öffnung Osteuropas, gab es eine verstärkte Zuwanderung dieser Volksgruppen nach Mittel- und Westeuropa. Dies brachte auch vermehrte Probleme mit illegaler Prostitution, Diebstahl und Betteln mit sich. Durch die Tilgung des Wortes Zigeuner hoffte man wohl auch das negative Bild dieser Völker tilgen zu können. Doch die grundlegenden Probleme wurden nicht gelöst.


Probleme verschwinden nicht, weil man sie aus der Sprache tilgt

Nach einer kurzen Zeit der Verwirrung etablierten sich die gleichen negativen Assoziationen, die man einst mit Zigeunern verband, auch mit den Sinti und Roma. Interessant ist in diesem Zusammenhang auch, dass nie angestrebt wurde, die Juden anders zu bezeichnen. Und dass, obwohl diese die meist diskriminierte Gruppe des 20. Jahrhunderts waren. Dahinter liegt ein einfaches Prinzip. Jeder gruppenbezogene Begriff, der negativ besetzt ist, wird aus dem Sprachgebrauch verbannt. Und in dem Moment, in dem der neue Begriff die gleichen Assoziationen weckt, wird auch dieser getilgt. Deswegen ist es auch nur eine Frage der Zeit bis man sich für „Sinti und Roma“ einen neuen Begriff einfallen lässt – die Probleme sind schließlich nicht verschwunden.

Ein anderes Beispiel ist die Bezeichnung als „Flüchtling“ von all jenen, die 2015 nach Deutschland eingewandert sind. Zutreffender wäre der Begriff „Wirtschaftsmigrant“ – immerhin hatten die meisten Zuwanderer bekanntermaßen keinen Fluchtgrund im engeren Sinne, sondern sind wegen finanzieller Aspekte ausgewandert. Über jene Zuwanderer sollte man sich nicht moralisch erheben, schließlich übertreffen die wirtschaftlichen Möglichkeiten hierzulande, die ihrer Heimat bei weitem. Aus Sicht deutscher Interessen sollte diese Zuwanderung aber unterbunden werden. Natürlich kann man auch wollen, dass der deutsche Sozialstaat sämtliche Zuwanderer aus aller Welt alimentiert, dann sollte man das aber auch so benennen. Ansonsten werden Tatsachen suggeriert, die nicht der Faktenlage entsprechen.

Besonders lächerlich ist das politisch korrekte Umschreiben von Kinderbüchern. So wurde zum Beispiel Ottfried Preußlers „die kleine Hexe“ weitgehend geändert. Begriffe wie „Chinesinnen“, „Neger“ oder Türken“ sollten ausgemerzt werden. Der Verleger Klaus Willberg erklärte, dass er nur „veraltete und politisch nicht mehr korrekte Begrifflichkeiten“ verbannen wollte. Eine logische Grenze, die es dann verbietet Gemälde von Rembrandt oder Picasso zu übermalen gibt es aber nicht.

 

Willkommen bei Orwell!

In die gleiche Richtung geht die Debatte über die Neuverfilmung von Winnetou. Es sei nicht gestattet, Filme zu drehen, in denen die Ureinwohner Amerikas auch nur Vorkommen. Dies sei gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit, so die Kritiker. Solche Eingriffe sind de facto Eingriffe in das geistige Eigentum der Künstler. Sinn und Zweck kann nur die Umprägung von Kindern sein, die die Welt nicht so sehen sollen, wie sie ist, war oder wie sie zumindest der Künstler gesehen hat.

Zugleich erinnert dieses Vorgehen an Orwells Buch 1984. Dort arbeitet der Protagonist Winston Smith im „Ministerium für Wahrheit“. Seine Aufgabe ist es, Texte der Vergangenheit so umzuschreiben, dass sie in das gegenwärtige Weltbild passen. In dem Roman ist die Sprachverwandlung schon so weit fortgeschritten, dass Sprache nichts mehr ausdrückt. Den Menschen ist es etwa unmöglich, von Freiheit zu sprechen. Jeder Begriff, der dies ausdrückt, wurde getilgt. „Frei“ kann lediglich im Zusammenhang mit „frei von Problemen“, jedoch nicht im Sinne von politischer oder geistiger Freiheit gebraucht werden. „Krieg ist Frieden“, „Freiheit ist Sklaverei“ und „Unwissenheit ist Stärke“, sind die Slogans der herrschenden Partei.

 

Gendern ist Realitätsverweigerung

Die Realität schlicht verweigern wollen auch all jene, die die Gendersprache in der Gesellschaft etablieren wollen. Sie verneinen zwei Fakten: Erstens, dass Menschen ganz überwiegend als Mann und Frau geboren werden, zweitens ignorieren sie die Grammatik und die historische Entwicklung unserer Sprache. In fast allen Sprachen werden Wörter einem Geschlecht zugeordnet (er, sie oder es). Unsere Sprache in dem Sinne umpolen zu wollen, dass letztlich alle zahlreichen Geschlechter, die es angeblich geben soll, ist zum Scheitern verurteilt. Es würde auch in den Lebensrealitäten von Frauen oder Transsexuellen nichts ändern. Die Türkische Sprache kennt lediglich das Neutrum. Nichtsdestotrotz ist die rechtliche Stellung von Frauen und Transsexuellen hierzulande deutlich ausgeprägter als in der Türkei. Richtig ist, dass die europäische Sprache eine vergangene männliche Vorherrschaft abbildet. Doch dies wird ganz von selbst seinen sprachlichen Ausdruck finden, ohne dass dies staatlich verwaltet werden müsste.

So verschwand im Deutschen das Wort „Fräulein“ und im Englischen das Wort „Miss“. Die logische Folge der Entkopplung von Geschlechtsverkehr und Ehe. Sprache wächst und entwickelt sich organisch von unten. Nie können Sprachregelungen und Gebote von oben aufdiktiert werden, zumindest nicht dauerhaft. Dies hat schlicht damit zu tun, dass sich die Sprache den Tatsachen und der gegenwärtigen Situation anpasst und nicht die Realität durch die Sprache gemacht wird. Immer wenn versucht wird auf die Sprache einzuwirken, Wörter zu verbannen und neue zu etablieren, geht es darum die Gedanken der Beherrschten zu steuern. Denn es kann nur das gedacht werden, was ausgedrückt werden kann.


Iraner stehen auf gegen das Mullah-Regime – und im Westen will man ihnen das Kopftuch schönreden

Von Jonas Aston | „Für meine Schwester, deine Schwester, unsere Schwestern“ oder „Dafür, ein normales Leben führen zu können, auf der Straße tanzen zu dürfen“ und weiter: „Für all die vielen Student*innen in Haft“, „Für Frauen, Leben, Freiheit!“. Das singen mutige Mädchen in einer iranischen Schule. Der Kamera sind sie mit dem Rücken zugedreht, aus Angst man könnte sie erkennen. Die sechs Schülerinnen nehmen ein großes Risiko auf sich. Sie solidarisieren sich mit der 22-jährigen Mahsa Amini, die von der iranischen Sittenpolizei angehalten, misshandelt und letztlich getötet wurde. Das alles, weil sie ihr Kopftuch nicht richtig getragen hat. Nun hat das iranische Regime mit Massenprotesten zu kämpfen.

Der Iran ist ein besonderes Land und unterscheidet sich in vielerlei Hinsicht von anderen islamischen Staaten. Das Gebiet des heutigen Irans wurde lange Zeit von Hochkulturen bevölkert. Lange Zeit stand für den Fortschritt der Menschheit der „fruchtbare Halbmond“, ein Gebiet, dass vom Jordantal über den Libanon, Syrien, den Euphrat und Tigris bis zum westlichen Iran und zum Persischen Golf reicht. Dort entwickelte sich vor ca. 11.000 Jahren eine Landwirtschaft mit Getreide- Viehzucht. Der „fruchtbare Halbmond“ lieferte die Grundlage für alle Hochkulturen des Nahen Ostens. Nach einiger Zeit breitete sich die Landwirtschaft von dort erst nach Anatolien und später vor etwa 9000 Jahren breitete sich die Landwirtschaftliche Nutzung von Feldern vom Balkan ausgehend über ganz Kontinentaleuropa aus.

Das heutige Staatsgebiet des Irans ist circa 4-mal so groß wie Deutschland und umfasst das historische Kernland des alten Persiens. Kyros der Große gründete als Schah das erste Weltreich der Geschichte und begründete damit der Herrschaft der Achämeniden. 539 v. Chr. Wurde Babylon eingenommen, 14 Jahre später wurde Ägypten eingegliedert. 490 v. Chr. traf das Reich auf das antike Griechenland und wurde letztlich durch den mazedonischen König Alexander den Großen erobert und zerstört. Nach dem Tod von Alexander folgte das Diadochenreich der Seleukiden und später das Reich der Sassaniden. Das Sassanidenreich fiel jedoch den Arabern in die Hände. Diese hatten in einem schnellen Eroberungszug große Teile der abendländischen Zivilisation geschluckt. Die lateinische bzw. griechische Kultur aus Nordafrika, Syrien und Ägypten verschwand und machte Platz für die Islamisierung bzw. die Arabisierung der Gebiete. 

Persien erwies sich da als widerstandsfähiger. Bis heute spricht man im Iran persisch und nicht arabisch. Zudem übernahmen die Araber anders als etwa von den Syrern übernahmen die Araber viele Elemente der persischen Kultur. Dadurch wurde der Mittelmeerraum nicht nur islamisiert, sondern auch orientalisiert. In der Architektur greift die islamische Welt heute im Kern auf die Persische und Oströmische Baukunst zurück. Eine selbstständige Baukunst hat sich tatsächlich nie entwickelt. Die typischen Kuppelbauten der Moscheen greifen als Vorlage etwa auf die Hagia Sophia zurück. Eine ehemals orthodox-christliche Kirche in Konstantinopel. Überhaupt herrscht im Islam künstlerisch ziemliche öde. In der gesamten islamischen Welt haben sich lediglich die Perserteppiche und (wenn auch nicht sehr ausgeprägt) die iranische Dichtkunst behauptet.

1501 wurde der schiitische Glaube endgültig zur Staatsreligion erklärt. Seit dieser Zeit befindet sich das Gebiet im islamischen Siechtum und nimmt am Niedergang der islamischen Welt teil. Der Iran war so rückständig, dass bis 1914 keine festgelegte Grenze zwischen dem damalig noch Persien genannten Land und dem Osmanischen Reich bestand. Erst dann wurde dies mithilfe der Briten und Russen nachgeholt. Im letzten Jahrhundert wurden Versuche einer Modernisierung gestartet. Ölinteressen und zwei Weltkriege führten zu Interventionen von ausländischen Mächten. Der letzte Schah, Reza Pahlavi, war ein autoritärer Herrscher, der jedoch zugleich von einem Modernisierungsgedanken getrieben wurde. Seine Erneuerungsversuche sollten jedoch scheitern. 1979 in der islamischen Revolution wurde Pahlavi gestürzt. In deren Verlauf besiegten die Islamisten schließlich noch ihre kommunistischen und liberalen Verbündeten, sodass am Ende der Revolution eine theokratische islamische Republik stand.

Diese islamische Republik besteht bis heute fort. Die oberste Herrschaft geht vom Wächterrat aus, die sich als Stellvertreter Allahs auf Erden gerieren. Der oberste Führer des Wächterrats ist der Ayatollah, welcher zugleich das Staatsoberhaupt. Dieser Wächterrat legt die gesamte Politik des Staates fest. Bei Wahlen dürfen nur jene Kandidaten gewählt werden, welche zuvor vom Wächterrat zugelassen wurden. Selbst Eingriffe in das Regierungshandeln ist dem Wächterrat möglich. Meinungs- und Medienfreiheit gibt es nur in dem vom Wächterrat gewünschten Rahmen. Die gesellschaftliche Ordnung und das Recht werden durch die Scharia geregelt. Mädchen dürfen ab 9 Jahren verheiratet werden, Homosexualität kann mit dem Tod bestraft werden. Jährlich gibt es im Iran rund 1000 Hinrichtungen, eine Zahl, die nur noch von China getoppt wird. Nirgendwo auf der Welt sitzen mehr Journalisten Im Gefängnis als im Iran und in der Türkei.

Diese repressive Herrschaft führte zu einem Exodus der iranischen Elite. Insbesondere Christen und Juden, die ausdrücklich verpflichtet sind, ein Kopftuch zu tragen, verlassen das Land. Die Christen tragen einen weit überdurchschnittlichen Anteil zum Wirtschaftsaufkommen des Iran bei. Der Iranische Zensus von 1966 ergab, dass in Teheran, Hauptstadt und wirtschaftliches Zentrum des Irans, zwei Drittel aller Christen und Juden des Landes leben. Dort arbeiten sie als Ärzte, Professoren oder Ingenieure. Der Anteil von Christen und Juden nimmt im Iran jedoch stark ab. Insbesondere wandern sie in den Westen ab. Das lässt sich aus Umfragen ablesen, die in Deutschland erhoben wurden, auch wenn diese sicherlich nicht zu 100 Prozent verlässlich sind. Eine Umfrage des BAMF von 2008 ergibt, dass unter den Zuwanderern aus dem Iran gerade einmal 45% Muslime sind. Unter den Zuwanderern, die zwischen Mai 2011 und Dezember 2015 nach Deutschland kamen, sind es sogar gerade einmal 32%. 

Doch auch im Iran selbst geht der Protest gegen das theokratische Regime weiter. Viele Iraner fühlen sich von ihrer Regierung fremdbestimmt, sie halten ihre Regierung für eine Regierung, die nur durch einen historischen Zufall an die Spitze des Staates kommen konnte. Anders als der Wächterrat möchten die stolzen Iraner nicht mit ihrer Geschichte brechen. Das iranische Volk sieht sich den umliegenden Staaten des Nahen Ostens überlegen und eher auf Augenhöhe mit dem Westen.

Tatsächlich unterscheidet den Iran vieles von den umliegenden Staaten. So gibt es im Iran einigermaßen funktionierende stattliche Strukturen. Das liegt weniger an der theokratischen Staatsform, sondern vielmehr an der vorherrschenden persischen Kultur und Mentalität. Es gibt ein verhältnismäßig leistungsfähiges Schul- und Hochschulsystem. Zudem ist die Bildung von Frauen in islamischen Staaten nirgendwo so weit fortgeschritten wie im Iran. Die Theokratie schöpft die Möglichkeiten, die die Scharia ihnen im Punkt Gleichberechtigung der Geschlechter gibt, tatsächlich aus. Die Besserstellung der Frau ist aber auch ein Versprechen der Revolution, dem das Regime zumindest annähernd nachkommen muss.

Die Aufwertung der Frau hat nun Folgen für den Iran. Im Iran leben rund 80 Millionen Menschen. Nirgendwo im Islam ist die Geburtenrate so niedrig wie im Iran. Auf 10 Frauen kommen in etwa 8 Töchter. Die iranische Geburtenrate entspricht in etwa der Deutschen. Nichtsdestotrotz werden im Iran mit 1,4 Millionen Kindern fast doppelt so viele Kinder geboren wie in Deutschland. Das liegt an der stark unterschiedlichen Bevölkerungsstruktur. In Deutschland liegt das Durchschnittsalter bei über 45, im Iran bei unter 30 Jahren. Die allermeisten Iraner erkennen den Herrscher nicht als den ihren an und leben in innerer Distanz zu dem Regime. In einem Land mit einer Bevölkerung von 80 Millionen liegt die Auflage aller Presseerzeugnisse bei gerade einmal 200.000. Die Iraner hegen großes Misstrauen gegen den Staat und die von ihm kontrollierte Presse. Beim Ranking der Pressefreiheit liegt der Iran auf Platz 178 von 180.

Dieser stille Protest wird jedoch zunehmend laut. Nach dem Tod der 22-jährigen Mahsa Amini haben Kritiker des Regimes, insbesondere Frauen, den Protest auf die Straße getragen. Sie legen ihr Kopftuch, als das Symbol des islamistischen Staates, ab. Sie kämpfen für die Freiheit und gehen das Risiko ein im Gegenzug ihr Leben oder zumindest ihre Identität, ihre Familie oder ihren Kulturkreis zu verlieren. Sie demonstrieren für die Werte des Westens, ausgerechnet dieser und hier im besonderen Deutschland fällt der Opposition aber in den Rücken. Wenn Salafisten in deutschen Innenstädten Korane verteilen dürfen und im Iran schon der Besitz einer Bibel verboten ist, sehen Politiker hierin kein Problem. Viele Politiker halten das Kopftuch sogar für einen Ausdruck der Emanzipation. Anders ist nicht zu erklären wie man etwa die islamische Gemeinschaft Milli Görus (IGMG) gewähren lassen kann. Diese behauptet: „Sinn dieses Gebotes (dem Tragen des Kopftuchs) ist es nicht die Frau in irgendeiner Form zu unterdrücken, sondern sie dem Diktat des Körperlichen zu entziehen“. Wie das Beispiel Iran zeigt, geht mit dem Kopftuch in aller Regel die Unterdrückung der Frau und/oder ein islamischer Herrschaftsanspruch einher. Mit der Religionsausübung hat das Kopftuch hingegen nur bedingt etwas zu tun. Weder im Koran noch in den Hadithen (Überlieferungen des Propheten Mohammed) wird der Hijab erwähnt.

Wie soll sich die iranische Oppositionsbewegung auf den Westen berufen, wenn dort das Kopftuch über den grünen Klee gelobt wird? Wie sollen sich die Iraner auf den Westen berufen, wenn Politikerinnen wie Claudia Roth, die einer Partei angehört, die vorgibt sich für eine „feministische Außenpolitik einzusetzen, sich im Iran ein Kopftuch überstülpen? Dass es auch anders geht, haben Michelle Obama und Melania Trump in Saudi-Arabien gezeigt, die sich beide nicht an das Kopftuchgebot hielten und stattdessen lieber dem „Diktat des Körperlichen“ unterwarfen. 

Am Ende ist es Aufgabe der Iraner sich ihrem islamistischen Regime zu entledigen, ihr Land zu modernisieren und ein neues Kapitel in ihrer großartigen Geschichte schreiben. Der Westen kann dies von außen nicht leisten. Der Westen sollte es aber tunlichst unterlassen das Kopftuch als ein Symbol der Emanzipation zu feiern. Der iranischen Opposition raubt man damit das Vorbild. Den theokratischen Herrschern liefert man hingegen die besten Argumente an die Hand.


Aufstieg Ade – Wie die Politik unsere Zukunft verspielt

Von Jonas Aston | „Ich möchte, dass du es einmal besser hast als ich“. Jeder von uns hat diesen Satz mindestens einmal im Leben gehört. In diesem Satz steckt liebevolle Zuneigung, aber auch die unterschwellige Drohung, dass man fleißig sein und aus seinem Leben etwas machen soll. Über viele Generationen ging dies auf und den Kindern ging es zumeist besser als den Eltern. Inzwischen ist dies aber alles andere als selbstverständlich. Viele Jugendliche sind froh, wenn sie den Wohlstand, den sie aus dem Elternhaus kennen, zumindest halten können. Der Satz „dir soll es einmal besser gehen als mir“ wird zunehmend zum Wunschdenken. Das Treiben der Politik in den letzten Jahren stellt das Aufstiegsversprechen nachhaltig in Frage.

 

Zwischen 1978 und 2010 ist das verfügbare Einkommen der 25- bis 29-jährigen im Vergleich zum Landesdurchschnitt um 11 Prozent gesunken. Künftig sehen die Aussichten nicht rosiger aus. Ganz im Gegenteil: Der Trend wird sich verstärken und das ist alles andere als verwunderlich. Tatsächlich ist es für junge Menschen heutzutage kaum noch möglich Vermögen aufzubauen. Im europäischen Vergleich haben die Deutschen ein hohes Einkommen. Das Vermögen der Deutschen ist jedoch ausgesprochen gering. Das liegt vor allem an der niedrigen Wohneigentumsquote. Die Ursachen hierfür sind vor allem die beiden verlorenen Weltkriege. Hinzu kommen die Enteignungen auf dem Territorium der ehemaligen DDR und das stark ausgeprägte Mietrecht in Deutschland. 

 

Dadurch sind die Bürger unfassbar abhängig von den Mietpreisen und genau jene wurden in der Vergangenheit massiv inflationiert. Nicht selten zahlt man heute 50% seines Einkommens für die Wohnung. Die Steuer und Abgabenquote ist in Europa nur noch in Belgien höher. Die hohen Mietpreise und die hohe Steuern- und Abgabenquote treffen Jung wie Alt gleichermaßen. Nichtsdestotrotz ist die Hypothek für die Jugend wegen zahlreichen ungünstigen Entwicklungen unverhältnismäßig größer. 

 

Das zeigt sich schon am Haushaltsgebaren der neuen Ampel-Regierung. Im weltweiten Maßstab war Deutschland in puncto Verschuldung stets der Einäugige unter den Blinden und kein Vergleich zu dem Finanzgebaren der Griechen oder Italiener. Auch die USA oder Japan haben eine wesentlich höhere Staatsverschuldungsquote in Höhe von 130 bzw. 260%. Ende 2019 betrug die Verschuldung in Deutschland weniger als 60 % im Verhältnis zum BIP. Nur 2 Jahre später, Ende 2021 betrug diese über 70%. Die Staatsverschuldung hat also in gerade einmal 2 Jahren um über 10% zugenommen. Und hier ist noch nicht einmal die Neuverschuldung, von Finanzminister Christian Lindner als „Sondervermögen“ getarnt, in Höhe von 100 Milliarden Euro eingeflossen. Ebenso nicht mit einberechnet ist der Rückgang des BIP, wodurch die Verschuldungsquote weiter erhöht wird. Obwohl man in diesem Zeitraum nicht gerade von einem Wirtschaftsboom sprechen konnte, leben wir also seit zweieinhalb Jahren völlig über unseren Verhältnissen. Künftig werden wir dafür die Zeche zahlen müssen. Entweder durch höhere Zins- und Tilgungsraten oder durch eine höhere Inflation, im Zweifel durch beides.

 

Die Situation am Arbeitsmarkt ist ebenso dramatisch. Allerorten ist vom Fachkräftemangel die Rede dabei dürfte der derzeitige Mangel an Arbeitskräften noch ein laues Lüftchen sein zu dem, was künftig bevorsteht. Deutschland ist nach Japan und Italien das drittälteste Land der Welt. 1964 wurden in Deutschland 1,4 Millionen Kinder geboren. In meinem Geburtsjahr, 2001 kamen gerade einmal 700.000 Babys zur Welt. Der wirkliche Fachkräftemangel kommt also erst dann, wenn sich die Jahrgänge um 1964 herum in den wohlverdienten Ruhestand verabschieden. Ein Problem wird dann jedoch nicht das Angebot an Arbeitskräften sondern auch die Finanzierung ihrer Rente. Aus Millionen von Nettozahlern werden in nicht allzu ferner Zeit Nettoempfänger. Finanziert werden sollen diese Scharen an Rentnern dann von meiner geburtenschwachen Generation. Nebenbei muss meine Generation dann auch noch eine zunehmende Anzahl an Menschen finanzieren, die entweder nicht arbeitsfähig oder arbeitswillens sind. 

 

Und hier bin ich noch gar nicht auf die aktuelle Energiekrise zu sprechen gekommen. Offenbar versucht die Bundesregierung den Mangel an Arbeitskräften durch steigende Insolvenzen zu beseitigen. Deutsche Unternehmen haben noch nie so viel Geld wie in China und noch nie so wenig Geld in Deutschland investiert, wie es aktuell der Fall ist. Auch die Wirtschaft sieht die Zukunft offenbar nicht mehr in Europa, sondern in Südostasien.

 

Mit diesem Satz möchte ich sie jetzt aber auch nicht entlassen. Europa hat Asien nach wie vor vieles voraus. Künftig sind in Deutschland viele negativen Entwicklungen angelegt, das heißt aber nicht, dass die Situation zwangsläufig ausweglos ist.  Ich bin der Meinung, dass jede Situation und sei sie noch so schlecht noch schlechter werden kann, aber auch jede Situation und sei sie noch so gut noch verbessert werden kann. Deswegen sollten wir auch hierzulande den Kopf nicht in den Sand stecken. Es kann und wird wieder besser werden. Dafür muss sich aber endlich die Politik ändern!

 

 


„Wutwinter“ is coming – der große Apollo Demo-Check

Von Jonas Aston | Der kalendarische Herbstanfang ist erst eine Woche her und schon steht der „Wut-Winter“ vor der Tür. Der Verfassungsschutz fürchtet „Staatsdelegitimierer“, Baerbock fürchtet Volksaufstände und Olaf Scholz erklärt vorsorglich schon mal, dass man „nicht die Absicht habe“, auf Demonstranten zu schießen.

Doch all den Einschüchterung und den Diffamierungen zum Trotz befinden sich die Proteste schon jetzt auf einem hohen Niveau. Allein diesen Montag wird im Netz zu über 2000 Spaziergängen aufgerufen. In der Realität dürfte diese Zahl nicht ganz erreicht werden, es ist jedoch von einer vierstelligen Anzahl an Protesten auszugehen. Die Proteste knüpfen überwiegend an die Corona-Proteste des letzten Winters, die auch über den Frühling und Sommer ungebrochen, wenn auch mit geringer Teilnehmerzahl stattfanden. Nun ist der Protest mit voller Wucht zurückgekehrt. Woche für Woche werden es mehr Demonstranten.

Bei einer Demo in Hattingen versammelten sich letztes Wochenende 500 Bürger. Stark vertreten ist weiterhin die Kritik an den Corona-Maßnahmen. Zunehmend drängen jedoch Bürger auf die Straße, die um ihre wirtschaftliche Existenz fürchten. Es sind Menschen, deren Arbeitsplatz gefährdet ist und die oft nicht mehr wissen, wie sie die Energiekosten schultern sollen. Deswegen erklären die Bürger in Hattingen: „Wir frieren nicht für eure Politik“.

 

In Ingolstadt versammelten sich in etwa 400 Personen. Sie skandierten: Geht euch erst ein Licht auf, wenn bei euch die Lichter ausgehen.

 

Hunderte Bürger versammelten sich zudem in Düsseldorf. „Schluss mit betreutem Denken“ forderte ein Demonstrant. Unter dem Slogan wurden die Logos von ARD und ZDF abgebildet. Ein weiterer Demonstrant plakatierte das Konterfei von Wirtschaftsminister Robert Habeck, untertitelt mit dem Spruch: „Ich bin nicht insolvent, ich bekomme nur nichts mehr gebacken“.

 

Der größte Protest fand am Wochenende in Plauen statt. Waren es in der vogtländischen Stadt vor vier Wochen noch 2500 Teilnehmer, so demonstrierten nach Polizeiangaben 4200 Personen in Plauen. Die Organisatoren sprechen gar von 6750 Demonstranten. Die Demonstranten plagen Zukunftsängste. Eine 21-jährige Frau bittet etwa um Steuersenkungen, damit sie ihre zwei Katzen und die Miete noch finanzieren kann. Die Demonstrationen verliefen durchweg friedlich.

 

Sehen Sie mehr von den Demos in Hattingen, Ingolstadt und Düsseldorf: 


Die Grünen und ihr dystopischer Traum vom Ende des Wachstums

Von Jonas Aston | „Prognosen sind schwierig, besonders wenn sie die Zukunft betreffen“, das wusste schon Mark Twain. Der Bericht des Club of Rome „Die Grenzen des Wachstums“ erschien vor 50 Jahren und markiert die Geburtsstunde der Umweltbewegung. Der Club of Rome machte auf die Endlichkeit aller Ressourcen aufmerksam und befürchtete den Kollaps der Weltwirtschaft, wenn das Wirtschaftswachstum nicht gestoppt wird. Der Club of Rome ging das Wagnis der Prognose ein und scheiterte grandios. Die weltweiten Ölbestände sollten bis 1990, die Erdgasbestände bis 1992 verbraucht sein. Heute übertreffen die Bestände beider Bodenschätze die von 1970 bei weitem. Metalle wie Zink, Zinn, Wolfram, Aluminium, Kupfer, Gold, Blei und Quecksilber sollten bis spätestens 2013 erschöpft sein. Auch war zu lesen, dass das BIP pro Kopf bis 2000 in Japan doppelt so hoch wie in den Vereinigten Staaten sei. Das BIP der Sowjetunion sollte das der Bundesrepublik überholen und die Volksrepublik China sei – nicht etwa auf drauf und dran die Weltwirtschaft umzukrempeln – sondern noch immer ein armer Agrarstaat. 

Prognosen hängen stets einige Paradoxien an. Sie können sich selbst widerlegen, weil die Menschen in Kenntnis der Prognose anders handeln. Prognosen können aber auch zur selbsterfüllenden Prophezeiung werden. Zum Beispiel animieren Prognosen über steigende Inflationsraten einen höheren Verkaufspreis beziehungsweise. ein höheres Gehalt einzufordern. So entsteht schnell eine Lohn- Preisspirale, die oft nur durch hohen Kraftaufwand durchbrochen werden kann. Prognosen sind Extrapolationen von Trends. Es gibt jedoch nach Joseph A. Schumpeter „die grundsätzliche Unmöglichkeit der Extrapolation des Trends“. Das heißt: Durch die schlichte mathematische bzw. lineare Fortschreibung eines in der Vergangenheit festgestelltem Wachstum kann die Zukunft nicht prognostiziert werden. Dies gelte insbesondere im „wirtschaftlichen Fall“. 

Bei längerfristigen Prognosen ist das Problem noch grundsätzlicher. Schumpeter unterscheidet hier zwischen Wachstum und Entwicklung. Entwicklung ist die Entstehung von neuem. Neues zu prognostizieren ist jedoch eine Anmaßung von Wissen und setzt die Absurdität voraus, das Neue zu kennen, bevor das Neue überhaupt entstanden ist. Auch John Maynard Keynes: „Wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass menschliche Entscheidungen die Zukunft beeinflussen, ob es persönliche, politische oder ökonomische sind. Und diese Entscheidungen sind keine mathematisch berechenbaren Erwartungen, da es keine Grundlage gibt, die solche Berechnungen möglich machen.“ Trends können beschrieben werden, haben aber nur eine eingeschränkte Aussagekraft, da sie von Bedingungen abhängen, die sich jederzeit ändern können.

Gottfried Wilhelm Leibniz war der erste der erklärte, dass sich sowohl die physikalische als auch die geistige Welt durch stete „Verwandlung“ auszeichnen. Die Vorstellung eines „Wandels“ konnte im abendländischen Denken schon im späten 17. Und frühen 18. Jahrhundert Fuß fassen. In gewisser Weise nahm Leibniz damit Darwins Begründung der Evolutionstheorie vorweg.  

Die Entstehung und Entwicklung des Menschen ist keinem Schöpfer zu verdanken. Aus diesem Grund ist der Mensch auch nicht vollkommen. Die Evolution des Menschen – wie auch der Natur und des Lebens als solches – erfolgte wildwüchsig. Ordnung ergab sich durch die natürliche Selektion, die alles abstieß, was dem Selektionsdruck nicht standhielt. Überleben konnte nur derjenige, der an die natürlichen Umstände gut angepasst war und wandlungsfähig war, um sich auch an geänderte Umstände anzupassen. Ebenso wurde Kultur und Zivilisation nicht von oben „kreiert“, sondern entwickelte sich pfadlos und spontan ganz ohne Wegweiser oder Plan aus sich heraus. 

Die Sprache als Kommunikationswerkzeug entstand nicht, weil ein Stammesführer seinen Stamm anwies sich mit Lauten zu verständigen. Die Erfindung des Rads war sicherlich nicht Folge einer Versammlung von Dorfversammlung, auf der beschlossen wurde, die Mobilität ihrer Bürger zu erhöhen. Ebenso wenig hat Nikolaus August Otto den Verbrennungsmotor auf Befehl von Reichskanzler Bismarck entwickelt. Wohl aber wurde er angetrieben von einem geistigen Klima des Aufbruchs. In „Über die Freiheit“ schreibt John Stuart Mill: „Die menschliche Natur ist keine Maschine, die nach einem Modell gebaut wird und die eine genau vorgeschriebene Arbeit verrichten kann; sie gleicht vielmehr einem Baum, der wachsen und sich nach allen Seiten ausbreiten möchte“. 

Wachsen und nach allen Seiten ausbreiten, ist jedoch genau das, was Grüne verbieten wollen, nur sagen sie das oftmals nicht deutlich. Zum Glück ist nun jedoch ein neues Buch von Ulrike Herrmann mit dem Titel Das Ende des Kapitalismus: Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind – und wie wir in Zukunft leben werden“, erschienen. Herrmann ist Wirtschaftsexpertin der taz und außerdem Mitglied bei den Grünen. In ihrem „Werk“ macht sie den gleichen Fehler wie der Club of Rome und glaubt basierend auf einigen Prognosen nun Forderungen nicht nur nach dem Ende des Wachstums stellen zu müssen. Herrmann möchte die Wirtschaft schrumpfen. Damit hängt sie einer totalitären Ideologie an. 

Die Wirtschaftsleistung ist stets ein Ergebnis aus der eingesetzten Arbeitsmenge (abhängig von Zahl und Arbeitszeit der Erwerbstätigen) und ihrer Produktivität. Die Wirtschaftsleistung kann (vereinfacht) folglich nur dann wachsen, wenn die eingesetzte Arbeitskraft oder die Arbeitsproduktivität erhöht wird. Produktivitätszuwächse ergeben sich aus dem menschlichen Erfindergeist. Wirtschaftswachstum wird also unvermeidlich dann entstehen, wenn mehr Menschen einer bezahlten Arbeit nachgehen, wenn Erwerbstätige ihre Arbeitszeit verlängern oder wenn durch menschliche Erfindung neue Produkte entwickelt oder Produktionsmethoden vereinfacht werden.. Auch dies ist jedoch nur teilweise richtig. Fakt ist, dass bei steigender Nachfrage steigende Preise registriert werden. Der Bericht „Die Grenzen des Wachstums“ ist nichts weniger als ein Plädoyer für die geschlossene Gesellschaft. Grundlage für eine offene Gesellschaft ist ihre Ergebnisoffenheit, das ewige Spiel von Versuch und Irrtum. 

Wer Wirtschaftswachstum verhindern will, wird nicht umhinkommen, die Bürger zu zwingen entweder weniger zu arbeiten oder weniger zu erfinden. Dies würde massive Eingriffe in die individuelle Handlungsfreiheit bedeuten. Ein Versuch ihrer Umsetzung würde auf ein totalitäres System hinauslaufen. Nach außen müsste der Staat hermeneutisch abgeriegelt werden, damit Innovation nicht durch das Ausland in den Staat dringen können. Nach innen müsste die Wirtschaft geplant werden, um die Arbeitsmenge zu kontrollieren und Erfindungen zu unterbinden. Der Versuch ein solches System zu errichten würde scheitern. Es ist wider der menschlichen Neugier, wider seinem Erwerbstrieb, wider seiner menschlichen Natur. Das Wirtschaftswachstum kann nicht einfach ausgeschaltet werden. Dem Erfindergeist des Menschen kann kein Staat und keine Obrigkeit Grenzen setzten. Grenzen setzen kann dem Menschen nur sein Geist und dieser ist unbegrenzt. 




Markus, wir müssen reden!

Von Jonas Aston | „Long live the King“ postete Markus Söder vor wenigen Tagen auf seinem Twitter-Profil. Damit nahm er Bezug auf den Tod von Queen-Elizabeth. Untermalt wurde der Tweet von einem gemeinsamen Foto von Söder und King Charles. Die beiden Frauen der Männer, die auf dem ursprünglichen Foto zu sehen waren, schnitt Söder aus. Charles blickte selbst für seine Verhältnisse bedröppelt, nur Söder blickte stolz und mit geschwollener Brust in die Kamera. Den Zuschauern möchte er damit wohl sagen: „Seht her, ich bin der wahre König“. Und wenn es schon für Großbritannien nicht reicht, dann immerhin für Bayern. 

Aber Markus, du bist kein König, du bist auch kein Prinz und nicht einmal für den Knappen reicht es nicht. Meiner Meinung nach bist du ein Hofnarr und ein Gaukler. Jahrzehntelang hingst du am Rockzipfel von Merkel und den Grünen. Ewigkeiten hast du dich an das woke Milieu herangewanzt und gleichzeitig dem Wähler vorgegaukelt, du seiest konservativ. Nun versuchst du verzweifelt dich von deiner Vergangenheit loszulösen. 2011, als die CDU und die FDP sich nicht auf ein Ausstiegsdatum für die Atomenergie einigen konnten, bestandst du auf dem Ausstiegsjahr 2022. Nun erklärst du aus heiterem Himmel: „Mit ihrer zögerlichen Tiki-Taka-Politik zur Kernenergie hat die Bundesregierung wegen der Grünen bereits sehr viel Zeit verloren.“ Plötzlich erklärst du den Turnaround, aber das natürlich ohne dich von deinen Äußerungen vor über 10 Jahren zu distanzieren.

Aber es fehlt dir nicht nur an politischer Weitsicht, sondern selbst an deiner politischen Kurzsicht mangelt es. Ich werde nie vergessen, wie du vergangenen Dezember bei Anne Will gefordert hast, Karl Lauterbach als Gesundheitsminister zu berufen. „Er kann das aufjedenfall“, hast du gesagt. Du hast erklärt, du würdest „es begrüßen“, vor allem da man in dieser Lage jemanden brauche, der „keine 100 Tage Einarbeitung“ braucht. Damit hast du auf Olaf Scholz weiteren Druck aufgebaut, der sich ganz offensichtlich davor gesträubt und lange gezögert hat Lauterbach zum Gesundheitsminister zu nennen. Ob du es nun also wahrhaben willst oder nicht, lieber Markus, Karl Lauterbach ist dein Gesundheitsminister.

Markus, der Wähler kauft dir dein Herumlamentieren nicht mehr ab. 50 Prozent plus X? Das wird wohl nichts! Die Zeiten, in denen die CSU die absolute Mehrheit erringen konnte, sind ein für alle Mal vorbei. Die Zielmarke von 5 Prozent plus X dürfte künftig die realistischere sein. Die Koalition von Freien Wählern und CSU könnte 2023 auch Geschichte sein, doch was tut Markus dann? Steigt er mit Habecks Grünen ins Bett oder holt er sich doch lieber die Lauterbach-SPD ins Kabinett?

Lieber Markus, du hast dich verzockt. Beende also endlich das Trauerspiel und mach Platz für Leute, die es vielleicht besser können, sofern davon noch welche übrig geblieben sind. Ganz nach dem Motto: „Der Hofnarr ist Tod! Es lebe der Hofnarr!“.




Zwischen Schießbefehl und Volksaufständen: Warum die Politik die Proteste diffamiert

Von Jonas Aston | Baerbock, Faeser, Scholz & co wird es langsam zu bunt. Das liegt nicht etwa daran, weil die Bundesregierung die Straßen farbenreich bestrahlen lassen möchte. Vielmehr liegt es an der Bevölkerung, die angesichts ihrer bald hineinflatternden Stromrechnungen mit den Hufen schart.  Die Bundesregierung hat zunehmend Angst vor „Volksaufständen“ und fürchtet sich vor einer „Delegitimierung des Staates“. Wer also heute von seinem per Grundgesetz gewährten Recht Gebrauch macht und auf die Straße geht, der ist ab sofort kein Demonstrant mehr, sondern ein „Delegitimierer“.

An dem Delegitimierungsbegriff wurde vieles zurecht kritisiert. Es bleibt festzuhalten, dass der Staat sich am Ende nur selbst delegitimieren kann. Fakt ist aber auch, dass immer mehr Bürger diese Regierung nicht mehr für legitim halten. Ich habe bei Apollo schon vor 6 Monaten einen Artikel über die Macht und die Legitimität des Staates geschrieben. Beide Begriffe gehören zueinander: niemals gibt es Macht ohne Legitimität und Legitimität nie ohne Macht. In diesem Sinne sinkt die Legitimität der Bundesrepublik schon seit einigen Jahren und hat insbesondere im letzten Corona-Winter abgenommen.

Damals hat der Staat die Kontrolle über Millionen von Bürgern verloren. Viele ließen sich nicht impfen, und dass obwohl den Ungeimpften über Monate die Luft abgeschnürt wurde, obwohl ein Klima von Hass und Hetze aufgebaut wurde. Jeden Montag gingen sogar weit über 100.000 Bürger auf die Straße. Die Bundesregierung hat vergangen Herbst und Winter einen Geist aus der Flasche gelassen, den sie nicht mehr einfangen kann. Für Ungeimpfte wurde künstlich eine existenzbedrohende Krisensituation aufgebaut, die viele weit vom Staat entfremdet, aber dafür umso mehr zusammengeschweißt hat. Inzwischen gibt es Demonstrationsstrukturen in jeder Kleinstadt. Menschen haben sich vernetzt, Routinen wurden etabliert. Hierdurch könnten in diesem Herbst und Winter die Proteste sehr schnell sehr hohe Dimensionen annehmen.

Im Umgang mit diesen Protesten hat die Politik im Kern nur zwei Möglichkeiten. Entweder man tritt mit den Demonstranten in den ernsthaften Dialog und ändert die Politik oder man versucht die Proteste mit allen mitteln zu diffamieren. Aus diversen Gründen wird die Politik nicht den inhaltlichen Austausch mit den Demonstranten suchen. Dafür ist die geäußerte Kritik viel zu grundsätzlich. In nahezu sämtlichen Themenbereichen haben die beiden Parteien, Demonstranten und Bundesregierung, die genau gegensätzliche Meinung. Wenn die Bundesregierung auch nur in einem Punkt Recht gibt, wäre dies zugleich ein Geständnis grundlegende Fehler gemacht zu haben. Das passt aber nicht in das Kontinuitätsprinzip und den inneren Logiken, den die Parteien anhängen. So werden natürlich immer mal wieder kleinere Fehler gemacht, im großen und ganzen habe man seine Sache aber gut gemacht. Und wenn doch mal etwas nicht klappt, dann liegt das natürlich nur an den Umständen… Putin zum Beispiel.

 

Die Politik macht sich also daran, die Demonstranten zu diffamieren und den Druck auf sie zu erhöhen. Nur so kann sie (versuchen) ihre eigenen Fehler zu kaschieren. In dieses Bild passt es, dass Nancy Faeser forderte, Protest ohne Demonstration auszudrücken. Der Verfassungsschutz erklärt die Demonstranten zu „Delegitimierern“ und Annalena Baerbock macht deutlich, dass man bloß nicht demonstrieren solle, weil dort mit „Volkasuafständen“ zu rechnen sei. Zum Glück haben wir noch Olaf Scholz. Der erklärte: „Niemand in diesem Land hat vor, dass auf Demonstranten geschossen wird“. Hoffen wir, dass es dabei bleibt. Bis dahin werde ich mir noch einige Walter Ulbricht-Reden anhören.




Meine Abrechnung mit dem Geschichtsunterricht

Von Jonas Aston | Um es gleich vorwegzunehmen: Dieser Artikel richtet sich nicht gegen meine Lehrer und ist ausdrücklich keine Abrechnung mit ihnen. In meiner Schulzeit war ich mit 3 sehr guten Lehrern gesegnet. Zwei von ihnen waren alte DDR-Schule: Wäre ihnen irgendeine Ministeriumstante mit dem Vorschlag gekommen doch mal Gruppenarbeit oder sonstige „moderne Lernpraktiken“ umzusetzen, wäre sie ausgelacht worden. Der dritte Lehrer war bei uns zunächst Referendar und legte in unserer Klasse seine Lehramtsprüfung ab. Auch er war fachlich hervorragend, konnte uns motivieren und schaffte es tatsächlich moderne Technik sinnvoll einzubauen, was man längst nicht über jeden Lehrer behaupten kann.

Das Problem des Geschichtsunterrichts lag (zumindest bei mir) also nicht an den Lehrern, sondern daran, dass guten Lehrern aus allen möglichen Richtungen Steine in den Weg geworfen werden. Dies liegt unter anderem an sinnlosen und ideologiegetriebenen Forderungen des Kultusministeriums. Meine Klasse hatte schon einige Lehramtsprüfungen durchgemacht und wir ahnten schon, was auch in Geschichte auf uns zukommen würde. Unser Lehrer bereitete uns also darauf vor, dass die Stunde während der Lehramtsprüfung völlig anders ablaufen würde als bisherigen. Wenn ein Lehrer in seiner Lehramtsprüfung nämlich seine Schüler keine Gruppenarbeit machen lässt, kann er das Bestehen so gut wie vergessen.

 Jeder weiß, dass Team für „toll, ein anderer macht´s“ steht. Ich halte also nicht besonders viel von Gruppenarbeit und kenne ehrlich gesagt auch niemanden der Gruppenarbeit super findet. Unser Lehrer war auch alles andere als begeistert. Im Vorfeld der Prüfung regten wir uns darüber auf, dass unser Lehrer sich dieses sinnlosen Vorgaben unterwerfen musste und nicht einfach Unterricht machen konnte, wie er es am besten kann – nämlich frontal. Doch die Ministeriumstanten können von der Gruppenarbeit gar nicht genug bekommen. Unser Lehrer dachte sich also etwas besonderes aus. Unser Thema war die Teilung Deutschlands in Ost und West bzw. die Zeit von 1945-1990. Er teilte unsere Klasse mithilfe der Schulbänke durch eine imaginäre Mauer. Jedem wurde ein Partner zugeteilt und jeder Gruppe bekam einen Zeitabschnitt, den sie bearbeiten musste. Letztendlich bestand unser Lehrer die Prüfung mit Bestnoten. 

Dass ausgerechnet die Nachkriegszeit Thema in der Prüfung gewesen ist, war purer Zufall. In meiner 12-jährigen Schulzeit habe ich kaum etwas über die DDR erfahren und dass obwohl ich aus dem ehemaligen Osten stamme. Der Nationalsozialismus wurde hingegen umso ausgiebiger behandelt. In verschiedenen Klassenstufen wurde er insgesamt 3 Mal durchgenommen. In der 12. Klasse beschäftigen wir uns ein halbes Jahr ausschließlich mit dem NS. Für den Kommunismus dagegen, waren als solches waren laut Lehrplan übrigens sage und schreibe 2 Schulstunden vorgesehen. Es ist unserem Lehrer zu verdanken, dass aus diesen 2 immerhin 4 Stunden wurden.

Am meisten stört mich aber die Art und Weise wie der Geschichtsunterricht ausgelegt ist. Der Geschichtsunterricht ist extrem auf politische Persönlichkeiten zugeschnitten. Dafür werden alle möglichen gesellschaftlichen Entwicklungen komplett ausgeblendet. Demographie, Veränderungen im Geist – wie zum Beispiel die Aufklärung – oder wirtschaftliche kommen fast nicht vor. Glaubt man dem Geschichtsunterricht ist zum Beispiel ein Napoleon völlig vom Himmel gefallen. Er konnte halb Europa nicht etwa wegen der Stärke der Franzosen erobern, sondern schlicht, weil er so ein brillanter Kopf war. So wird es zumindest im Geschichtsunterricht suggeriert. Dass die Franzosen nur deshalb so stark waren, weil ihr nationales Bewusstsein geweckt wurde, wird völlig ausgeblendet. 

In der Deutschen Geschichte tut man so, als ob Bismarck Deutschland im Alleingang vereinigt hat. Letztlich hat Bismarck sich die Einigung Deutschlands aber nicht ausgedacht, sondern kam nur einem tiefen Wunsch der deutschsprachigen Bevölkerung nach, den er selbst als stolzer Preuße teilweise sogar ablehnte. Und nach dem Krieg wurde Deutschland nicht etwa so schnell wieder aufgebaut und wirtschaftlich leistungsfähig, weil die Bevölkerung gebildet, fleißig und motiviert war, sondern einfach nur, weil Ludwig Erhard ein kluger Politiker war, der einige gute Gesetze auf den Weg brachte. 

Diese personengebundene Erklärung von Geschichte verfälscht diese. Stattdessen wird so eine Staatsgläubigkeit in den Schülern ausgebildet.




Die Vereinigten Staaten von Europa: Warum sie ein Traum bleiben

Von Jonas Aston | Schon 2011 als Ursula von der Leyen noch Arbeitsministerin war, forderte sie als Konsequenz aus der Euro-Krise den Ausbau der politischen Union in Europa: „Mein Ziel sind die Vereinigten Staaten von Europa“, erklärte sie voller Überzeugung. Heute ist von der Leyen Kommisionspräisdentin und arbeitet mit Hochdruck an ihrer Vision. Und natürlich hängt auch die Ampel-Regierung dem Traum des europäischen Bundesstaates an. Laut Koalitionsvertrag möchte die Bundesregierung sich für einen verfassungsgebenden europäischen Konvent einsetzen, um die Europäische Union „zu einem föderalen europäischen Bundesstaat“ weiterzuentwickeln. Doch die deutsche Politik und auch weite Teile der Gesellschaft jagen einer Chimäre nach.

Der Historiker Heinrich August Winkler schreibt, dass Europa nach dem zweiten Weltkrieg für viele Deutsche eine Art Ersatzvaterland geworden ist. Aus der Selbstzerstörung des eigenen Staates habe man geschlussfolgert, dass der Nationalstaat als solches obsolet ist. Die Deutschen versuchen sich der Schmach von zwei verlorenen Weltkriegen und der Auslöschung von 6 Millionen Juden durch die Flucht nach Europa zu entfliehen

Die Definition dessen, was Europa ist, stammt aus der Antike. Der Grieche Herodot bezeichnete im 5. Jahrhundert damit das Territorium der damals bekannten Welt zwischen Asien und Afrika. Der Begriff hatte eine rein geographische Konnotation. Eine politische oder kulturelle Identität ging mit dem Begriff Europa nicht einher. Zwischen den europäischen Völkern gibt es keinerlei einenden Kitt. Das zeigt paradoxerweise auch die Einführung des Euros. Im Römischen Reich war das Abbild des Kaisers Augustus auf den Münzen Symbol für Zusammenhalt und Zusammengehörigkeit. Die Konstrukteuere des Euros fanden offenbar kein vergleichbar symbolkräftiges Gebäude, geschweige denn eine in ganz Europa angesehene Persönlichkeit.  

Zusammenhalt stiftete die Religion, zumindest in einem gewissen Maße. Europa ist das christliche Abendland. Dennoch trennte sich das orthodoxe Byzanz vom katholischen Weströmischen Reich nicht zuletzt aus religiösen Gründen. Die Grenze zwischen griechisch-othodoxen und römisch-katholischem Glauben ist heute noch spürbar. Eine zweite kulturelle Grenze erstarkte durch die Reformation. Bis heute sind die protestantischen Staaten wirtschaftlich erfolgreicher als die katholischen Staaten. In der Entwicklung war der Norden dem Süden Europas stets einige Jahrzehnte voraus.

Die Feindschaft zwischen den christlichen europäischen Staaten ging sogar soweit, dass gelegentliche Kooperationen (z.B. Frankreich) mit dem Osmanischen Reich zustanden kamen. Aus zwei Schlachten könnten die Europäer heute aber eine gemeinsame Identität ziehen. Bei der Schlacht von Tours & Poitier und der Belagerung Wiens standen die Europäer zusammen und verhinderten die Arabisierung und Islamisierung des Abendlandes.

Doch bei wachsenden muslimischen Minderheiten in Westeuropa und diversen Parteien, die genau diese Zuwanderung befürworten (und zwar gerade jene, welche die Einigung Europas anstreben), ist eine Einigung Europas als christlicher Okzident als Gegenmodell zum islamischen Orient völlig undenkbar. 

1945 war die Chance für die Einigung Europas so hoch wie nie zuvor. Mitte des 20. Jahrhunderts standen die Zeichen in ganz Europa auf Neuanfang. Hinzu kommt, dass die EU der 6 ziemlich genau in den Grenzen des einstigen Frankenreichs liegt. Als die Franzosen sich dann aber den Plänen zur Errichtung einer gemeinsamen Armee verweigerten wurde klar, dass es mit der europäischen Einigung schwer werden würde. 1973 wurde die Möglichkeit mit der Erweiterung von Großbritannien, Irland und Dänemark dann endgültig ausgeräumt. Die EU der 6 war mit diesen Ländern nie zuvor staatlich vereint.

Die nun in aller erster Linie stark aufkeimenden Wünsche nach einem vereinten Europa widersprechen dem seit dem 19. Jahrhundert anhaltenden Trend in Europa völlig. Im Abendland erwachte das Nationalbewusstsein. 1821 probten die Griechen den Aufstand gegen die osmanische Herrschaft. Später strebten auch die Serben, Bulgaren und Rumänen ihre Loslösung aus dem Vielvölkerstaat an. 1866 endete die Dreiteilung Italiens in sizilianisches Königreich, Kirchenstaat und den nördlichen Staaten (die abgesehen von Venedig einst zum Heilig-Römischen-Reich deutscher Nation gehörten. 1871 machte Bismarck es Grimaldi (dem italienischen Einiger) nach und ermöglichte den Deutschen durch sein geschicktes Handeln die Reichseinigung. 

Auch im hohen Norden war der Wunsch nach nationaler Selbstbestimmung groß. Norwegen lebte seit über 500 Jahren entweder in einer Union mit den Schweden oder mit den Dänen. 1905 entschied sich Norwegen dann für die Unabhängigkeit und löste sich aus der schwedischen Personalunion. Nach dem ersten Weltkrieg zerfielen die Vielvölkerstaaten von Österreich-Ungarn und dem osmanischen Reich in ihre nationalen Einzelteile. Böhmen und Mähren, die seit 895 erst Teil des ostfränkischen Reiches, dann Teil des Heiligen Römischen Reich deutscher Nation und seit 1526 lebte Böhmen und Mähren in einer Personalunion mit den Habsburgern. Nichtsdestotrotz strebten die Tschechen seit Ende des 19. Jahrhunderts die nationale Souveränität an, die sie 1918 auch erreichen sollten.

Tschechien ist auch ein gutes Beispiel dafür, dass der Trend zur Selbstbestimmung und eher kleinen staatlichen Einheiten ungebrochen ist. Die Tschechoslowakei, die in Folge der Pariser Vorortverträge entstand, wurde 1993 wieder aufgelöst. Der Vielvölkerstaat Jugoslawien scheiterte und zerfiel in Folge eines blutigen Krieges. Spanien kämpft heute mit Autonomiebewegungen in Katalonien und Im Baskenland. In Belgien wollen die Wallonen nicht mit den Flamen in einem Verbund leben. Nachdem sich 1921 bereits Irland von Großbritanien abspaltete, gibt es Schottland rund 100 Jahre später dieselben Bestrebungen. Die heutige Lega-Partei entstand einst aus Unabhängigkeitsbestrebungen von Norditalien.

Wer also heute fordert, dass die Tschechen mit den Zyprioten in einem Staat leben sollen, obwohl die nicht einmal mit den ihnen sehr ähnlichen Slowaken zusammenleben, der rennt einer Utopie nach. Jürgen Habermas schreibt: „Die anhaltende politische Fragmentierung in der Welt und in Europa steht im Widerspruch zum systemischen Zusammenwachsen in einer multikulturellen Weltgesellschaft und blockiert Fortschritte verfassungsrechtlichen Zivilisierung der staatlichen und gesellschaftlichen Gewaltverhältnisse“.

Damit verkennt Habermas die Realität, denn Völker und Menschengruppen fühlen sich nicht aus objektiven Gründen zueinander zugehörig, sondern aus Gründen der Sprache der Ethnie und/oder gemeinsamen Geschichte. Und das wird sich auch nicht ändern, wenn sogenannte Intellektuelle dies für rückschrittlich und ewiggestrig halten.




Ein Jahr Fall von Kabul: Unzähmbares Afghanistan

Am 15. August 2022 jährte sich der Fall von Kabul von 2021 zum ersten Mal, Apollo bringt daher diese Woche eine Artikelserie zum Rückblick auf die Geschehnisse von damals und ihren Konsequenzen. 

Von Jonas Aston | Rückständig, wild, reformresistent: Anders lässt sich Afghanistan wohl kaum beschreiben. Erst 1919 wurde Afghanistan zu einem unabhängigen, souveränen Staat erklärt. Von wirklichen staatlichen Strukturen konnte jedoch zu keiner Zeit die Rede sein. Auf dem afghanischen Territorium versammelt sich eine bestenfalls lose zusammgehaltene Ansammlung von persischen, pastunischen und türkischen Stammesgemeinschaften.

An der Zivilisierung der zentralasiatischen Völker beißen sich die Mächte der Welt seit jeher die Zähne aus. Die Araber als islamische Eroberer konnten im heutigen Afghanistan nicht dauerhaft Fuß fassen. Zwar wurde der islamische Glaube übernommen, gegenüber Modernisierungsversuchen der ohnehin eher rückständigen Araber erwies sich man sich jedoch immun. 

Mitte des 19. Jahrhunderts bereiste der Ungar Hermann Vámbéry Zentralasien. Der sprachbegabte Orientalist verkleidete sich als türkischer sunnitischer Derwisch und durchquerte die Region mit einer Gruppe religiöser Pilger. Vámbéry zeigte sich schockiert von den wahnsinnig grausamen und vormodernen Verhältnissen in Zentralasien. Er schrieb: „So musste ich mich langsam gewöhnen an schroffe Gegensätze von Tugenden und Lastern, von Menschenliebe und Tyrannei, von skrupulöser Redlichkeit und abgefeimter Schurkerei, die im Orient überall, aber in Mittelasien am meisten, anzutreffen sind“. 

Die turkmenischen Völker sicherten damals ihre Existenz überwiegend durch Raub. In den Grenzgebieten wurden massenweise Perser entführt und versklavt, wenn ihre Familien sie nicht durch ein Lösegeld zurückkauften. Das Osmanische Reich und das Persien des 19. Jahrhunderts erschienen dem Ungarn vergleichsweise als Inbegriff der Zivilisation. Ohne seine Tarnung wäre Vámbéry als Ungläubiger und damit nicht angehöriger der Umma (der islamischen Religionsgemeinschaft) zum Tode verurteilt gewesen.

1897 nahm der junge Kavallerieleutnant Winston Churchill an einem Feldzug im paschtunischen Bevölkerungsgebiet teil. Churchill weiß ähnliches zu berichten wie Vámbéry: Inmitten einer Berglandschaft „von großartiger Wildheit lebt eine Bevölkerung, deren Wesen mit ihrer Umgebung übereinstimmt. Ausgenommen zur Erntezeit, wenn das Gebot der Selbsterhaltung zu zeitweiligem Waffenstillstand zwingt, leben die Pathan-Stämme ständig im Krieg von Mann zu Mann oder Gemeinschaft zu Gemeinschaft. Jeder einzelne ist Krieger, Politiker und Theologe. Jedes größere Haus ist eine Festung für sich, hergestellt zwar nur aus getrocknetem Lehm, aber vollständig ausgebaut mit Zinnen, Türmchen, Schießscharten, Flankierungsgewehren, Zugbrücken usw. Jedes Dorf hat seine Verschanzung. Jede Familie unterhält ihre Vendetta, jeder Clan seine Feinde. Alle die zahlreichen Stämme und Gruppen von Stämmen haben Rechnungen miteinander zu begleichen. Nichts wird vergessen, und höchst selten einmal bleibt eine Schuld unbezahlt.“

In dieser Gemengelage versuchte das Britische Empire zu operieren und die abendländische Kultur in das heutige Afghanistan zu importieren. Zivilisatorische Fortschritte konnten jedoch nicht verbucht werden. Bis 1919 stand Afghanistan unter britischem Einfluss. Heute ist von dem einstigen Einfluss der Engländer (ganz anders als zum Beispiel in Hongkong) nichts mehr zu spüren. Die Russen intervenierten 1979 in den afghanischen Bürgerkrieg und versuchten ihrerseits Herrschaft über das Gebiet auszuüben. Doch auch ihr Eingreifen war zum Scheitern verurteilt. 1989 wurden die erfolglosen sowjetischen Truppen zurückgezogen. 

12 Jahre später, nach dem Terroranschlag von 9/11, machte dann der Westen dort Jagd auf Terroristen – aber beließ es nicht dabei, sondern versuchte auch sein Glück dabei Afghanistan zu reformieren. Der Einsatz sollte rund zwei Jahrzehnte andauern. Deutschland investierte Milliarden und opferte dutzende Soldaten. Nach dem Abzug der westlichen Staaten benötigten die Taliban nur wenige Tage, um das Machtvakuum zu füllen, dass die westlichen Verbündeten hinterließen. Eine stabile Ordnung nach westlichem Vorbild wurde nicht errichtet. Moderne Wertvorstellungen konnte der Westen wie zuvor die Briten, Russen und im abgeschwächten Maße die Araber, nicht in das rückständige und tiefreligiöse zentralasiatische Land importieren. 

Stattdessen erfolgte vergangenen Jahres der chaotische Abzug aus Afghanistan. Ohne die Streitkräfte der USA hätte nicht einmal der Kabuler Flughafen abgesichert werden können. Ortskräfte, die die Graswurzelarbeit leisteten und die Errichtung von Stützpunkten erst möglich machten, wurden im Stich gelassen. Wegen der Zusammenarbeit mit Ungläubigen wird ihr Leben nun von den fundamental-islamistischen Taliban bedroht.  Die deutschen Geheimdienste hatten die Lage vor Ort völlig falsch eingeschätzt. Die Taliban konnten viel schneller Vordringen, als es erwartet wurde. Der Widerstand durch die Kräfte der afghanischen Zentralregierung war schwach, gerade in der ländlichen Zivilbevölkerung war er oft fast gar nicht vorhanden. Die Geheimdienste hatten weder auf die Befürchtungen der Ortskräfte gehört noch aus der Geschichte gelernt.

Am 15. August vor einem Jahr wurde Kabul durch die Taliban erobert. Das Regime erklärte diesen Tag nun zum nationalen Feiertag. Das Land steht heute wieder unter straffer islamistischer Führung. Menschen werden öffentlich hingerichtet und Frauen, die sich unverschleiert vor die Tür wagen, müssen um ihr Leben und das ihrer Familie fürchten. In Afghanistan ließen 59 deutsche Soldaten ihr Leben. Die Regierungen der letzten 2 Jahrzehnte sind dafür verantwortlich, dass ihr Tod sinnlos war. Es ist nun Aufgabe der Politik das eigene Versagen aufzuklären, zu dokumentieren und das Schicksal der Soldaten in gebotenem Maße zu würdigen. Dass dies geschieht, muss leider bezweifelt werden, denn dann müssten die Verantwortlichen sich selbst zur Rechenschaft ziehen.