Von Boris Cherny | Am Sonntag stimmte Chile über eine neue Verfassung ab und die Linke des Landes erlitt eine heftige Niederlage. Denn der Verfassungsvorschlag, unterstützt durch den sozialistischen Präsidenten Chiles Gabriel Boric, fuhr eine desaströse Wahlniederlage ein. Die linksgerichtete Verfassung konnte zwar abgewendet werden, doch die Ergebnisse lassen die politischen Fragen des Landes offen.
Tausende Menschen auf den Straßen Santiagos feierten das Ergebnis. Sie wehten chilenischeFahnen und sangen die Nationalhymne. Knapp 62 Prozent der Wähler lehnten den Verfassungsentwurf ab. Die neue Verfassung sollte ein sozialistisches Experiment in Chile werden. Chilenische Linke priesen das Dokument als die progressivste Verfassung auf der ganzen Welt an. Sie hätte einen exzessiven Wohlfahrtsstaat verankerte und Klima- und Umweltschutz in den Mittelpunkt der Staatspolitik erhoben.Außerdem sollte sie Chile zu einem „plurinationalen Staat“ umerklären und damit auch den chilenischenUreinwohnern Vorrechte im Hinblick auf bestimmte politische Posten und regionaleAutonomie geben. Auch Frauen sollten, statt Gleichberechtigung mit Männern, Vorteile im politischenProzess erhalten, wie z. B. durch Bevorzugung auf Wahllisten. Das Land sollte zu einer „paritätischen“ Republik werden.
Chile ist ein polarisiertes Land. Das liberale Wirtschaftssystem, kreiert vonPinochet in den 80er Jahren, steht unter massiver Kritik vonseiten linker Parteien. Die Rechteder chilenischen Ureinwohner auf Autonomie werden kontrovers diskutiert und dasMisstrauen gegenüber politischen Parteien und dem Establishment ist auf Rekordniveau. Dieaktuelle Verfassung Chiles stammt noch aus der Zeit der autoritären Pinochet Regierung.Viele sehen sie als nicht mehr zeitgemäß an und halten das dort etablierte politische Systemfür veraltet.
2019 brach eine Protestwelle gegen den damaligen Präsidenten Sebastián Piñera von derliberal-konservativen „Vamos Chile“ Partei aus. Die Proteste wurden, oft ausufernd ingewaltsamen Ausschreitungen, durch Sozialisten und Links-Anarchisten angeführt. Zu ihrenHauptforderungen gehörte neben einer linken Reform der Wirtschaft auch eine neueVerfassung. Im Rahmen der Proteste wurde am 25. Oktober 2022 auch die größteDemonstration in der Geschichte Chiles, mit über 3 Millionen Teilnehmern landesweit,veranstaltet. Als Reaktion auf die Proteste gab die Regierung am Tag darauf nach undsetzte ein Referendum über die aktuelle Verfassung an. Die Ergebnisse des genau ein Jahrspäter stattfindenden Plebiszits waren ein Erfolg für die Sozialisten. 80Prozent der Wähler waren für eine neue Verfassung. Auch die darauffolgenden Wahlenfür eine verfassunggebende Versammlung brachten eine sozialistische zwei Drittel Mehrheithervor. Die Wahlen lagen im allgemeinen südamerikanischen Trend der letzten Jahre,sozialistische Politiker zu wählen, wie vor kurzem in Peru oder Kolumbien.
Die linke Tendenz in Chile wurde letztendlich durch die Wahl Gabriel Borics, der sich selbstals „linker als die Kommunistische Partei“ bezeichnet hat, bestätigt. Doch mit der Zeit wurdees für die chilenische Bevölkerung offensichtlich: Statt einem pragmatischen Wechsel, bekamen sie mit der sozialistischen Regierung und verfassungsgebenden Versammlung ideologisierte Kulturreformen. Nachdem anfangs die vorgeschlagene Verfassung hohePopularität in Meinungsumfragen besessen hatte, hatte sie diese bereits bei derVeröffentlichung der ersten kompletten Fassung im Mai 2022 bereits wieder eingebüßt. Die Niederlage der Sozialisten am Sonntag, in der Deutlichkeit zwar unvorhergesehen, warletztendlich erwartet worden.
Mit dem Wahlergebnis ist Chile vor einer sozialistischen Verfassung verschont geblieben. DiePinochet-Verfassung bleibt vorerst in Kraft, auch wenn Präsident Boric und andere Politikerzu einer Neuwahl der verfassunggebenden Versammlung aufgerufen haben. Ein zweiterVerfassungsentwurf wird Chiles Konflikte angemessen adressieren müssen, aber eben pragmatisch und nicht in Form einer linken Wunschliste.
Von Selma Green und Boris Cherny | Die Mädchen wedeln fröhlich singend mit Blumensträußen und tanzen gemeinsam mit den Jungen Hora, das Publikum klatscht begeistert. Hunderte weiße Tauben füllen das Stadion und aus den Lautsprechern schallt es: ”Tauben fliegt und kündet auch ihr davon, dass die Spiele in München eröffnet sind.” Die Eröffnung der Olympischen Spiele 1972 versprachen eine heitere und bunte Zeit. Die Bundesrepublik wollte sich von ihrer Schokoladenseite zeigen, denn es waren die ersten Olympischen Spiele, die nach 1936 in Deutschland stattfanden. Doch das gelang leider nicht. Nur wenige Tage nach der Eröffnung der Spiele stand die ganze Bundesrepublik still vor Entsetzen.
Die Tragödie von Olympia
Am frühen Morgen des 5. September brachen palästinensischen Terroristen des “Schwarzen Septembers“ in das Olympia-Dorf ein. Die Terroristen stürmten die Wohnung israelischer Sportler und hielten elf der jungen israelischen Sportler als Geiseln. Bereits nach wenigen Minuten versuchte einer der israelischen Ringer, als erster zu fliehen, und rannte an den Terroristen vorbei durch den Flur, die Treppe hinunter in die Tiefgarage. In der Wohnung brach ein Chaos aus. Moshe Weinberg, der Betreuer der Ringer und frischgebackener Vater, griff bei dem Fluchtversuch seines Kammeradens zu der Waffe seines Entführers und lenkte so das Feuer der Terroristen auf sich. In einem Kugelhagel musste Moshe Weinberg mit seinem Leben bezahlen und rettete damit das seines Kollegen. Die Terroristen legten wie eine Opfergabe den leblosen Körper von Moshe Weinberg zur Schau vor die Tür des Quartiers. Auch der israelische Gewichtheber Josef Romano nutzte seine Chance und griff einen Terroristen mit einem Küchenmesser an. Auch Romano fing sich eine Kugel ein. Erbarmungslos ließen ihn die Terroristen vor den Augen seiner neun Kameraden verbluten.
Erst drei Stunden nach der Ermordung der beiden israelischen Sportler begann eine erste Verhandlung mit den Terroristen. Die forderten die Freilassung von 234 in Israel inhaftierten “Palästinensern” und der RAF-Mitglieder Andreas Baader und Ulrike Meinhof im Austausch mit den Leben der Geiseln, außerdem ein Passagierflugzeug für ihre eigene Ausreise. Die Israelische Regierung lehnte die Freilassung ab, bot der Bundesregierung jedoch an, Spezialeinheiten aus Israel kommen zu lassen. Die Bundesregierung wiederum lehnte dieses Angebot Israels ab. Die Verhandlungen endeten ohne Erfolg, lediglich die Ablaufzeit des Ultimatums konnte verlängert werden. Jetzt war das Eingreifen der Polizei gefragt. Doch es war der Beginn einer Reihe fataler Fehler – ein einziges Staatsversagen.
Um 16:30 begann der erste Befreiungsversuch der Geiseln. Polizisten, verkleidet als Sportler, umzingelten die Wohnung der Geiseln über das Dach, bereit hereinzustürmen und die Terroristen zu überwältigen. Tja, nur hatte jemand vergessen, den Terroristen vorher den Strom abzudrehen, denn das ganze wurde gefilmt und war live auf der ganzen Welt im Fernsehen zu verfolgen, natürlich auch für die Geiselnehmer. Außerdem versammelten sich Schaulustige vor dem Haus.
Deutsche Behörden begingen fatale Fehler
So scheiterte die erste Befreiungsaktion. Wieder verhandelte man. Nun forderten die Geiselnehmer freies Geleit mit einem Flugzeug nach Kairo. Die Polizei ging scheinbar auf die Forderungen ein, und wollte die Entführer am Flughafen abfangen. Vorher mussten die Terroristen allerdings erst dorthin transportiert werden. Während diesem Vorgang müssten sie die Tiefgarage der Athletenunterkunft durchqueren. Die Polizei hoffte in dem verwinkelten Gang einen Hinterhalt organisieren zu können. Der Anführer der Terroristen ging allerdings den vereinbarten Weg vorher mit dem Polizeipräsidenten Münchens, Manfred Gerber, ab. Der Rädelsführer erkannte die Pläne der Polizei sofort, und stellte klar, dass er diesen Weg nicht benutzen würde. Stattdessen wurden die Terroristen samt Geiseln durch einen für sie sicheren Weg zu den Hubschraubern eskortiert, die sie zum Fliegerhorst Fürstenfeldbruck bringen sollten, wo eine Boeing bereitstand. Die Besatzung des Flugzeugs bestand ausschließlich aus getarnten Polizisten. Diese sollten die Geiselnahme im Flugzeug stoppen. Doch kurz vor der Landung der Hubschrauber in Fürstenfeldbruck, sahen die beteiligten Polizisten aufgrund von mangelnder Ausrüstung den Einsatz als hoffnungslos an. Ohne sich vorher mit höheren Stellen zu beratschlagen, brachen sie den Einsatz eigenmächtig ab, und verließen die Boeing.
Nachdem die Entführer das bereitgestellte Flugzeug leer vorgefunden hatten, kehrten sie gegen 22:35 zu den abgestellten Hubschraubern zurück, wo die Geiseln gefesselt lagen. Fünf Scharfschützen der Polizei eröffneten, auf Befehl des bayrischen Innenministers, das Feuer. Ein zweistündiges Feuergefecht entbrannte. Zwei der Geiselnehmer starben. Die desaströse Einsatzplanung der Polizei hatte zur Folge, dass die Polizisten nicht mal über Funk miteinander verbunden waren. Sie standen sich oft gegenseitig in der Schusslinie. Zusätzlich konnten die für diese Situation nicht ausgebildeten Streifenpolizisten die Geiselnehmer nicht wirklich beschießen, ohne gleichzeitig die Geiseln selbst zu gefährden. Außerdem stand die zu spät angeforderte Verstärkung im Stau.
Als gegen 24 Uhr die Situation durch eintreffende Panzerwägen für die fünf verbliebenen Terroristen ausweglos zu werden schien, entschieden sie sich ihre Geiseln zu töten. Nachdem ein Terrorist die Geiseln in einem der Hubschrauber getötet hatte, schafften es die Scharfschützen schließlich, ihn und zwei weitere Terroristen zu töten, die weiteren drei Geiselnehmer ließen sich von der Polizei festnehmen. Die allgemeine Bilanz war trotzdem katastrophal. Die Geiseln im zweiten Hubschrauber waren schon im Laufe des Feuergefechts getötet worden, die genauen Umstände sind umstritten. Alle neun Geiseln waren somit dem palästinensischen Terror zum Opfer gefallen. Ein Polizist wurde durch einen Querschläger tödlich getroffen, ein Weiterer durch andere Polizisten irrtümlich für einen Geiselnehmer gehalten, und schwer verletzt. Elf junge israelische Sportler verloren an diesem Tag ihr Leben – Kinder ihre Väter und Frauen ihre Männer.
Umso schockierender ist es, dass die drei verhafteten Terroristen nur Tage später wieder freigelassen wurden. Palästinensische Terroristen entführten den Lufthansa-Flug 615, mit dem Namen „Kiel“, um die Attentäter aus München freizupressen. Nach der desaströsen Rettungsaktion, entschieden sich die westdeutschen Behörden, den Forderungen der Terroristen ohne Gegenwehr nachzugeben. Die Mörder der elf jungen Israelis kamen frei. Muammar al-Gaddafi gewährte den Attentätern in Lybien Asyl.
Deutschland hat eine Verantwortung
Die fehlende juristische Aufarbeitung und die Inkompetenz der deutschen Polizei belasteten das neugewonnene Vertrauen Israels zu Deutschland stark. Nachdem die letzte Olympiade in Deutschland unter dem Zeichen des antisemitischen, nationalsozialistischen Regimes gestanden hatte, mussten im Jahr 1972 wieder unschuldige Juden in der Bundesrepublik sterben. Dabei müsste sich gerade die Bundesrepublik der besonderen Verantwortung gegenüber den Juden und Israel bewusst gewesen sein. Die palästinensischen Terroristen haben damals in München gewonnen. Das Staatsversagen beim Olympia Attentat stand im weltweiten Fokus und spätestens ab diesem Zeitpunkt hätte man es sich in der Bundesrepublik Deutschland zum Ziel gemacht haben sollen, die Angehörigen rechtmäßig zu entschädigen und jeglichen Antisemitismus in Deutschland zu bekämpfen. Stattdessen lässt Kanzler Scholz zu, dass ein Mahmud Abbas auf deutschem Boden offen antisemitische Parolen skandiert.
Auch jetzt, 50 Jahre später, dürfen terroristischen palästinensischen Organisationen, wie der Schwarze September, im Kampf gegen Israel keinesfalls erfolgreich sein – dafür steht auch Deutschland in der Verantwortung.
Bild: Dr. Avishai Teicher via Wikimedia Commons (Lizenz)
Von Johanna Beckmann | Als ich in den Sommerferien in den Urlaub fliegen wollte, streikte die Lufthansa und am 2. Tag, nachdem die Schule wieder begann, streikten die Verkehrsbetriebe meiner Stadt. Ich bin Schülerin – ich zahle keine Steuern, sitze in keinem Unternehmensvorstand und wähle auch keine Politiker. Und trotzdem scheinen sich die Termine der Streiks nach meinen Schulferien zu richten.
Am 1. Schultag des neuen Schuljahres waren alle aufgeregt und freuten sich, einander wiederzusehen. Denn die meisten von uns hatten sich 6 Wochen lang nicht getroffen. Bekanntlich ist die erste Schulwoche nicht so stressig. Doch das stressfreie Zusammensein sollte nicht lange anhalten – Es hielt genau einen Tag. Schon unser zweiter Schultag startete mit der Frage: „Wie komme ich heute eigentlich zur Schule?“ Denn die Verkehrsbetriebe meiner Stadt hatten sich entschieden, uns schon am 2. Schultag das Leben schwer zu machen, denn sie streikten. Also fuhr von vier bis 24 Uhr keine Straßenbahn. Uns zur Schule zu fahren, würde für unsere Eltern bedeuten, dass sie zu spät zur Arbeit kommen. So fuhren nahezu alle 1000 Schüler meiner Schule mit dem Fahrrad. Die Schüler, die am Stadtrand in einem Dorf wohnen, kamen entweder viel zu spät oder gar nicht. Gleiche Bildungschancen für alle – wie das, wenn manchen Schülern die Möglichkeit genommen wird, zur Schule zu kommen? Genau aus diesem Grund wurde im Juni diesen Jahres sogar die Schulpflicht für einen Tag ausgesetzt.
In den Sommerferien haben die Verkehrsbetriebe meiner Stadt kein einziges Mal gestreikt.
Ver.di hatte zu dem Streik zwei Tage nach dem Schulbeginn aufgrund einer Tarifeinigung aufgerufen. Das war nicht das erste Mal in diesem Jahr. Die wirtschaftlichen Auswirkungen dieser Einigung betragen laut eigenen Angaben 3,75 Millionen Euro.
Jetzt wurde angekündigt, dass es zumindest im September keine weiteren Streiks geben wird. Trotzdem kommt die Straßenbahn oft zu spät und durch die erhöhten Gehälter der Arbeitskräfte werden auch die Tickets immer teurer. Das alles, obwohl sie vom Staat unterstützt werden. Das kostenlose Paar Socken, welches man beim Kauf eines Abos erhält, macht die ganzen Unannehmlichkeiten da ganz und gar nicht wieder gut.
Wenn ich Ferien habe, dann streiken nicht mehr die Verkehrsbetriebe mit denen ich zur Schule fahre, sondern die Lufthansa. Als wir aus dem Urlaub zurück nach Deutschland fliegen wollten, hieß es bangen: Werden wir am geplanten Termin wieder zu Hause angekommen? Am 27. und 28. Juli streikten 20.000 Beschäftigte des Bodenpersonals. Der Streit wirkte auch noch ungerechtfertigt, da die Arbeitgeberseite nach eigenen Angaben schon hohe Vergütungsmöglichkeiten angeboten hatte. Das ganze passiert dann, obwohl die Lufthansa nach dem Flugausfall in der Coronapandemie in einer schwierigen Lage ist. Der Konzern schrieb bereits im 2. Quartal diesen Jahres rote Zahlen. Der jüngste Streik bei der Lufthansa war der am 2. September stattfindende Pilotenstreik. Dieser hatte nach Angaben der Lufthansa einen Geschäftsausfall von rund 30 Millionen Euro verursacht. Dort wurden 800 Flüge gestrichen, das betrifft 130.000 Fluggäste, wie die Lufthansa in einem Medienbericht mitteilte. Auch das hat massive Auswirkungen, denn in einigen Bundesländern ist das die Rückreisezeit zum Ende der Sommerferien. Es ist ja nicht einmal so, dass nach einem Tag Streik bei der Lufthansa alles wieder zur Normalität zurückkehren würde, denn noch 2 Tage nach dem Streik kann es zu Flugausfällen und Verspätungen kommen. Die ganzen Unannehmlichkeiten müssen die Bürger tragen, obwohl sich der Staat mit 10% der Aktien an Lufthansa beteiligt. Aber wir können aufatmen, denn jetzt sind erstmal keine weiteren Streiks geplant.
Die Streiks orientieren sich also an der Personengruppe, die keine Steuern bezahlt und keine Politiker wählt. Wenn wir Ferien haben, ist Hauptreisezeit und wenn wir in die Schule gehen müssen, fahren die meisten Personen Straßenbahn. Ich würde mir wünschen, dass ihr die Streiks nicht mehr an unseren Schulzeiten orientiert. Ich weiß, dass man das nicht oft hört, aber: Ich würde gern jeden Tag pünktlich in der Schule ankommen.
Von Martin Cohle | Das Warten hat endlich ein Ende. Die heiß erwartete Serie „The Rings of Power“ ist am 2. September auf Amazon Prime Video erschienen. Zumindest die ersten zwei Folgen. Die restlichen sechs erscheinen in den kommenden Wochen. Aber hat sich das Warten gelohnt?
Die Antwort ist „jein“. Eines muss man der Serie definitiv lassen: Sie sieht fantastisch aus. Aber bei einem Budget von ca. 500 Millionen (nur die erste Staffel) darf man das auch ruhig erwarten. Doch kein Tolkien-Fan kann die Serie gucken, ohne dass sich ihm der Magen umdreht. Schon kurz nach dem ersten Trailer merkte man auf Twitter und anderen Foren, dass die Fans überhaupt nicht glücklich sind. Aber warum genau?
Um das zu verstehen, muss man zunächst vielleicht etwas anderes klären. Wir leben in einer Zeit, in der Bücher immer häufiger adaptiert werden. Um einige Beispiele zu nennen: The Wheel of Time; Dune; Foundation; Harry Potter; A Song of Ice and Fire und auch Lord of the Rings.
Diese Bücher haben Millionen, wenn nicht sogar Milliarden, von Fans. Und was hat Hollywood (die Hauptstadt der neuen, linken Ideologie)? Genau: Geld ohne Ende, das man investieren kann! Was kann schon schieflaufen? Die Antwort ist: sehr viel! Plötzlich gibt es in der neuen Herr der Ringe Serie schwarze Elben, schwarze Zwerge (die übrigens unter der Erde leben) und schwarze Hobbits bzw. Haarfüße! Tolkiens Inspiration für diese Fantasy-Völker waren allerdings europäische Völker und einheimische Stämme. So repräsentieren die Zwerge zum Beispiel keltisch-germanische Stämme, die Elben skandinavische und die Menschen anglo-sächsische Stämme. Tolkien hat diese Völker also nicht ohne Grund so geschrieben, wie sie in den Büchern oder in der alten Peter Jackson Trilogie sind. Dass die neue Serie Tolkiens Werk nicht respektiert und ganze Völker und die Geschichte verändert, ist wie ein Mittelfinger an alle Tolkien-Fans. Und ganz nebenbei: Kann man hier nicht auch von kultureller Aneignung sprechen?
— The Lord of the Rings on Prime (@LOTRonPrime) August 23, 2022
Aber nicht nur Tolkiens Vermächtnis musste wegen Hollywood, der Diversität und „Wokeness“ leiden. Auch in dem neuen Film von Denis Villeneuve „Dune“ wurde ein wichtiger Charakter verändert. Nämlich „Liet Kynes“. Aus dem weißen, männlichen Ökologen wurde eine schwarze Frau. Ähnliche Veränderungen gab es in zahlreichen anderen Adaptationen, die weiter oben schon genannt wurden. Macbeth wurde zum Beispiel vor kurzem von Denzel Washington gespielt. Das muss man sich erstmal vorstellen: ein schottischer König im Mittelalter, gespielt von einem schwarzen Mann. Macbeth ist meine Lieblingstragödie von Shakespeare und ich liebe den Film von Roman Polanski, ABER ein schwarzer Macbeth? Das ist ein schlechter Witz. Man erkennt hier eindeutig ein Muster. Hollywood will die Diversität in Filmen und Serien krampfhaft durchsetzen. Ganz egal ob man von neuen Projekten oder von Bücher-Adaptationen redet. Mittlerweile muss es in JEDEM Film oder in JEDER Serie eine schwarze, asiatische, homosexuelle oder transsexuelle Person geben! Und zwar ohne Ausnahme!
Ein weiteres großes Problem ist die Inkompetenz der Macher und Drehbuchautoren. Sie sind einfach nicht in der Lage gute, diverse Charaktere zu schreiben. Es gibt selbstverständlich Ausnahmen. Aber am Ende läuft es immer darauf hinaus, dass Schwarze und Homosexuelle nur mitspielen, weil sie schwarz oder homosexuell sind und nicht, weil sie gut geschrieben sind oder besser schauspielern können. Die meisten diversen Charaktere sind schlicht und einfach dumm geschrieben oder höchstens mittelmäßig. Sie haben im jeweiligen Film normalerweise nichts zu suchen, siehe The Rings of Power. Es gibt in Tolkiens Mittelerde keine Elben, die schwarz sind. Meine Theorie ist, dass die Unternehmen, die den Film/die Serie finanzieren einfach eine Quote erfüllen wollen. Sie sagen dem Regisseur, dass er so und so viele schwarze/homosexuelle/transsexuelle Personen in den Film packen muss, egal welche Rolle sie spielen. Bin ich der einzige, der das absurd findet?!
Hollywood hat es also wieder mal geschafft, Millionen von Fans zu verärgern. Ich bin gespannt, welche Klassiker als nächstes von der woken Filmindustrie zerstört werden.
Von Sven Justin Verst | Endlich ist es September, endlich ist es weg! Vor drei Monaten, also Anfang Juni, startete das 9€-Ticket. Schnell wurde es als Erfolg gefeiert, vor allem von jener Politikelite, die selten bis nie im ÖPNV reist. Jeder, der auf den ÖPNV angewiesen ist, um von A nach B zu kommen, hat den Horror miterlebt. Volle Züge, sofern die dennabfahren konnten, wurden zur neuen Normalität in der Zeit des 9€-Tickets. Unbekannte Gerüche und eine dazugehörige Dauerbeschallung erzeugen eine abenteuerliche Atmosphäre, die an Mos Eisley Cantina aus Star Wars erinnert.
Der Erfolg lässt sich also nur auf dem Papier genießen. 52 Millionen verkaufte Tickets und mehr Fahrten über Verbundsgrenzen sprechen für ein gesellschaftliches Interesse an einem bezahlbaren und unkomplizierten ÖPNV. Auf die erhöhte Nachfrage war der ÖPNV nicht vorbereitet, mit einer Pünktlichkeitsrate von 88,5 % fiel der Regionalverkehr auf sein bisheriges Jahrestief. Zudem stellte es Menschen im Rollstuhl, mit Rollator oder Kinderwagen vor neue Herausforderungen. Unter anderem wurden diese Menschen an Bahnsteigen stehen gelassen, da es nicht möglich war, Platz zu schaffen. Auch Fahrradfahrer standen häufig vor dem Problem, nicht mitgenommen zu werden. Unter „Respekt für dich“ und Grüner Mobilitätswende litten also jene, die besonders schützenswert sind.
Als Teil des Entlastungspaketes und der Klimaschutzfantasien der Grünen fiel es auch eher nüchtern aus. Lediglich 10 % verlagerten PKW-Fahrten in den ÖPNV, dadurch ergibt sich eine CO2-Ersparnis von 1,8 Millionen Tonnen – hoffentlich lässt sich Greta Thunbergs Gemüt damit für einige Zeit besänftigen.
Mit dem dritten Entlastungspaket wird auch ein Nachfolger für das 9€-Ticket kommen. 49€ wollten SPD und Grüne, 69€ FDP und Verkehrsbünde. Dieses Ticket soll frühstens 2023 verfügbar sein. Noch hat sich die Bundesregierung auf keinen genauen Betrag geeinigt, aber es soll zwischen 49€ und 69€ liegen. Damit entfernt man sich deutlich von dem unverhältnismäßig günstigem 9€-Ticket. Trotzdem bleibt es in einem bezahlbaren Rahmen, besonders im Vergleich mit anderen Tickets.
Fahren wir von Düsseldorf von Köln eine der höchstfrequentierten Strecken Deutschlands. Im DB Navigator können wir ein Einzelticket für 11,30€ kaufen. Alternativ haben Studenten aus NRW das Privileg, mit ihrem Semesterticket zu fahren. Dafür zahlen sie durchschnittlich 200€ im Semester, also 33€ im Monat für ganz NRW. Das Semesterticket gehört zu den bisher günstigsten Angeboten. Wer nicht studiert und trotzdem regelmäßig mit dem ÖPNV unterwegs ist, zahlt deutlich mehr. Abonnenten des Ticket2000 aus dem Verkehrsbund Rhein-Ruhr zahlen monatlich 184,80€. Damit kommen Sie allerdings aus Düsseldorf nicht nach Köln, denn Köln liegt bereits im Verkehrsbund Rhein-Sieg. Ein 49€- oder 69€-Ticket lohnt sich also vor allem für Vielfahrer.
Trotzdem beschweren sich linke Aktivisten, es sei zu teuer. Es gibt Menschen, die sich dies nicht leisten könnten. Überraschenderweise haben sie damit nicht unrecht. Es gibt Menschen, die es sich nicht leisten können, ein Monatsticket für ganz Deutschland zu bezahlen. Zumal der Hart-IV-Satz (2021) für Verkehr nur 40,01€ vorsieht. Es ist nicht schön, aber nun mal Realität, dass ein deutschlandweiter ÖPNV kein Menschenrecht ist.
Spätestens nach dem 9€-Ticket „Erfolg“ ist klar, die Bahn, der ÖPNV allgemein muss sich ändern. Absurde Preise für kleine Verkehrsverbünde und eine Bundesregierung, die Ideologie betreiben, gegen den Individualverkehr agiert, sind keine Lösung. Ein Blick ins Ausland genügt, dort finden sich verschiedene Erfolgsrezepte aus unterschiedlichen Ländern. Die japanischen Bahnen gelten als Gold Standard. Dort schaffen es Privatbahnen, ihre Kunden pünktlich ans Ziel zu bringen. Denn Pünktlichkeit heißt Profit, ein Gedanke der in Deutschland zunehmend fehlt. Derzeit strebt die Bundesregierung Reformen an, welche die DB jedoch stärker an den Staat binden sollen. Dadurch hätte sie dann die Möglichkeit, Missstände anzugehen, heißt es. Ob das funktioniert, bleibt fraglich.
Von Jonas Kürsch | Frankreichs Präsident Emmanuel Macron gilt inzwischen als einer der umstrittensten Staatschefs der westlichen Welt. Während der Pandemie trat er als radikaler Hardliner auf, der auch angesichts wachsender Straßenproteste keine Berührungsängste mit pauschalen Impfpflichten und großen Ausgehverboten hatte. Auch die von ihm geplante Klimasteuer auf fossile Kraftstoffe löste mit der Gelbwestenbewegung eine gewaltige Lawine an gesellschaftlichem Widerstand aus.
Nach der jüngsten Regierungssitzung seines Kabinetts vor einigen Tagen hielt Macron eine Ansprache, in der er das französische Volk auf eine bevorstehende Zeit des Verzichts einschwor. Dabei sprach der Präsident vom „Ende des Überflusses, der Sorglosigkeit und der Gewissheiten“. Sowohl der Ukrainekrieg als auch die Klimakrise würden ein Ende der langandauernden Wohlstandsphase bringen. Das System der Freiheit koste einen Preis, der auch große Opfer erfordern könne. Besagten Preis bezahlen sollen (wie könnte es anders sein) nun die einfachen Bürger des Landes, denen schon jetzt angesichts steigender Energiekosten das Wasser bis zum Halse steht.
Obwohl Macron zu nationaler Einheit aufruft, ist kaum davon auszugehen, dass die Bürger seinem Ruf folgen werden: Die „Opferbereitschaft“ des französischen Volkes ist an einem Tiefpunkt angelangt.
Macron, der illiberale Klima- und Coronafanatiker
2017 bezeichnete die europäische Presse den ehemaligen Wirtschaftsminister des sozialistischen Präsidenten François Hollande noch als liberalen Shootingstar der französischen Politik. Mit seiner Reformpartei sollte er die Wirtschaft in Frankreich ankurbeln und vor allem die Bürger des französischen Mittelstandes entlasten. Es zeigte sich jedoch schnell, dass der „Macron-Hype“ nicht viel mehr als eine gut geplante Werbekampagne war, denn auf die versprochenen Entlastungen warten die französischen Kleinunternehmer und Arbeiter auch heute noch.
Wirklich liberal war die Politik des Emmanuel Macron eigentlich nie. Schon zu Beginn seiner ersten Amtszeit entwickelte der amtierende Präsident sich zu einem der paternalistischsten Staatschefs der fünften Republik. Mit seiner im Jahr 2018 angekündigten „Energiewende“ und den damit einhergehenden Preiserhöhungen für Kraftstoffe, verursachte Macron eine der größten europäischen Protestbewegungen des letzten Jahrzehnts: die Mouvement des Gilets jaunes, die „Gelbwesten“
Doch anstatt auf die Kritik der Bürger einzugehen, verfolgte der Präsident seinen rücksichtslosen Führungsstil ungestört weiter und erhielt schon im Mai 2019 eine erste Quittung für diese Arroganz: Trotz hoher Zugewinne unterlag Macrons Partei dem oppositionellen Rassemblement National von Marine Le Pen und verlor die Europawahl. Auch seine einst positiven Umfragewerte sanken immer tiefer. Heute erreicht Macron nur noch selten Zufriedenheitswerte, die bei mehr als 40% (geschweige denn 50%) liegen.
Während der Pandemie versuchte Macron sich dann mit harten Freiheitseinschränkungen und tiefen Eingriffen in die Grundrechte als „starker Mann in Europa“ zu präsentieren. Neben der Drangsalierung umgeimpfter Arbeiter im Gesundheitswesen und der Einführung drastischer Lockdownregelungen, wollte Macron zuletzt sogar mit einer flächendeckenden Impfpflicht das Coronavirus bekämpfen. Aus wissenschaftlicher Sicht deutet nur wenig darauf hin, dass seine Maßnahmen wirklich erfolgreich waren, denn trotz Ausgangssperren, FFP2-Maskenpflicht und anderen irrsinnigen „Sicherheitskonzepten“ musste Frankreich mehr Todesfälle pro 100.000 Einwohner im Zusammenhang mit Corona vermelden als Schweden mit seiner wesentlich liberaleren Coronapolitik.
Vor einigen Tagen gab der Präsident dann fast schon kleinlaut bekannt, dass die Pandemie beendet sei und die von ihm verhängten, teils widersprüchlichen Zugangsbeschränkungen im öffentlichen Raum wieder aufgehoben werden würden. Der ehemalige Präsident des französischen Corona-Expertenrates, Jean-François Delfraissy, bedauert inzwischen, dass Macrons Coronapolitik zu häufig „die Gesundheit über die Menschlichkeit gestellt“ habe. Im Volksmund sprach man häufig davon, dass Frankreich unter seinem Einfluss in ein „autoritäres Absurdistan“ verwandelt wurde. Vor allem zielt diese Aussage auf die fatalistischen Brandreden des Präsidenten ab, der mehrfach ankündigte, er wolle den Ungeimpften „bis zum bitteren Ende auf die Nerven gehen“.
Macron arbeitet mit der Rhetorik eines Tyrannen
Der fünfte Artikel der französischen Verfassung definiert den Aufgabenbereich des Präsidenten klar. Vor allem ist es Macrons Pflicht, die Funktionstüchtigkeit des französischen Staats sicherzustellen und dafür Sorge zu tragen, dass die nationale Verfassung zu jeder Zeit eingehalten wird. Ganz egal, ob Corona oder Klima: mit seiner radikalen Interventionspolitik hat er nicht nur vermehrt die von der Verfassung garantierten Freiheitsrechte seiner Bürger angegriffen, sondern auch den wirtschaftlichen Totalzusammenbruch seines Landes billigend in Kauf genommen.
Seine jüngsten Aussagen passen ebenfalls in das Bild eines Präsidenten, dem seine Amtsverantwortungen im Grunde völlig egal sind. Und es wird angesichts der steigenden Unzufriedenheit im Land deutlich, dass die Franzosen genug von seiner überheblichen Mentalität der Aufopferung haben.
Von Laura Werz | Dem Slogan „Gemeinsam für den Energiewechsel“ ist derzeit in ganz Deutschland nicht zu entkommen – einer Energiespar-Kampagne des Wirtschaftsministers Robert Habeck. Auf riesigen Werbetafeln und Anzeigen wird die deutsche Bevölkerung eindringlich dazu „ermuntert“ Energie zu sparen. Dem nichtsahnenden Bürger werden dabei ungefragt gleich konkrete Sparmaßnahmen an die Hand gegeben, die es nur noch umzusetzen gilt. So sollen wir von der Regierung lernen uns solidarisch-sparsam zu verhalten. Begeisterten Duschern wird sogar eine eigene Werbeanzeige gewidmet. Mit dem Slogan „Liebe Duschfans, ein Energiespar-Duschkopf spart 30% Energie für Warmwasser“ wird der verantwortungsvolle Duscher dazu aufgefordert, sein Duschverhalten grundlegend zu überdenken.
Geht es nach Habeck sitzen wir bald ungewaschen und stinkend in unserer 19 Grad kalten Wohnung im Dunkeln. Das nennt sich dann „Bestes Deutschland aller Zeiten“. Dabei haben wir eigene Atomkraftwerke im Land, die wir langfristig wieder in Betrieb nehmen könnten. Die Zeit bis zur Wiederinbetriebnahme wäre auch kein Problem – die könnten wir durch die drei noch betriebenen AKW´s Deutschlands überbrücken. Dafür dürften sie allerdings nicht abgeschaltet werden – und das würde unserem Wirtschaftsministers gar nicht gefallen. Selbst davon dass AKW´s jüngst auch von der EU als nachhaltig eingestuft wurden, lässt sich die grüne Front um Habeck wenig beeindrucken. Es wird lediglich eine leidliche Diskussion über die Verlängerung der letzten drei AKW´s bis zur vollständigen Umstellung auf regenerativen Energien geführt.
Würden wir wieder zur Atomkraft zurückkehren, befänden wir uns in guter Gesellschaft mit unseren Nachbarn Frankreich und Großbritannien, die ebenfalls an den Kraftwerken festhalten – ja sogar neue Kraftwerke bauen wollen. Unser Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz hofft aber offenbar, die Notwendigkeit von AKW´s noch durch ihre zahlreichen Energiespar-Kampagnen abwenden zu können.
Wir haben mal beim Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz nachgefragt: Für alle „kommunikativen Maßnahmen rund ums Energiesparen einschließlich Webseite, Publikationen, Social-Media-Kommunikation, Motiventwicklung, Mediaschaltungen etc.“ stehen im Jahr 2022 bis zu 40 Millionen Euro zur Verfügung. 40 Millionen! Was man damit alles schönes machen könnte – zum Beispiel Papier für Schulen kaufen, die Infrastruktur verbessern oder so verrückte Sachen wie die Strom- und Gaskrise in Angriff zu nehmen. Auch wenn man die Krise mit 40 Millionen Euro natürlich nicht Lösen könnte, wäre das Geld hier doch wesentlich besser investiert als in die Waschlappen- und Pullover-Propaganda.
Außerdem ist die Initiative nicht nur inhaltlich völlig daneben. Es ist auch fraglich, ob sie überhaupt ihrer eigenen Ideologie entspricht oder es sich nicht doch nur um von Doppelmoral triefende, übergroße Werbetäfelchen handelt. Die Initiative „Hamburg Werbefrei“ hat den Finger in die Wunde gelegt und schlägt die Duschkritiker mit ihren eigenen Waffen. Sie kritisieren den hohen Energieverbrauch der Kampagne durch die großen digitalen Werbetafeln. Für den 24-Stunden-Betrieb eines einzelnen zehn Quadratmeter großen „City Light Boards“ würden mehr als 40.000 Kilowattstunden Strom im Jahr benötigt, was in etwa dem Verbrauch von dreißig Single-Haushalten entspricht. Bevor das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz also eindringlich für Energiesparen wirbt und das Stadtbild mit ihrer geschmacklosen Sparpropaganda zupflastert sollte es damit beginnen, sich an die eigene Nase zu fassen. Damit würden die Deutschen nicht nur vor der Doppelmoral der Regierung sondern auch vor geschmackloser bonbonfarbener Einschränkungsverherrlichung verschont bleiben.
Lesen Sie hier: Das große Debattenduell. Berlin-Basher Roland gegen Lokalpatriot Jerome. Ist Berlin wirklich die Schandstadt für die sie immer gehalten wird oder ist unsere Hauptstadt doch nicht so schlecht, wie Nicht-Berliner behaupten? Für wen fiebert ihr mit: Team Berlin oder Team Hauptstadtslum?
ACHTUNG: Dieser Beitrag könnte Spuren von Humor enthalten. Weder verbitterte Berlin-Hasser noch voreingenommene Hauptstadtkinder wurden bei der Produktion dieser Kolumne ernsthaft verletzt. Dieser Austausch spiegelt in keiner Weise das Arbeitsklima bei Apollo News wieder, sondern dient schlichtweg Unterhaltungs- und Ausbildungszwecken. Seelsorgerische Unterstützung stand den Autoren zu jeder Zeit zur Verfügung.
In Berlin regiert der Wahnsinn!
Von Max Roland | Als Jerome fragte, wer sich denn mit ihm um „meen Berlin“ battlen wollte, konnte ich nicht Nein sagen – das Moloch an der Spree zu kritisieren, ist wie ein Elfmeter ohne Torwart.
Fangen wir mit dem Namen „Berlin“ an. Die Berliner glauben gerne, dass der Name etwas mit dem Bär zu tun hat, der ihr Stadtwappen ziert. Tatsächlich kommt der Name aber von einem altslawischen Wort für „Sumpf“. Einen passenderen Stadtnamen könnte es für diese Stadt nicht geben: Denn Berlin ist wirklich ein Sumpf. Mitten in Brandenburg – also in der Mitte des Nichts – liegt diese Stadt, die eigentlich nichts weiter als das historische Überbleibsel einer anderen Zeit ist. Früher war Berlin mal die zentral liegende Hauptstadt Preußens und des des deutschen Reiches. Doch die Zeiten sind vorbei. Jetzt ist Berlin ein seltsamer Fleck im Osten, der von anderen deutschen Städten wie München, Frankfurt oder Hamburg weit entfernt liegt. Selbst nach Dresden brauchst du zwei Stunden mit dem Auto. Mitten ins märkische Nirgendwo haben wir uns also nach 1990 die Hauptstadt gepflanzt. Toll.
Berlin hat einen viel zu guten Ruf
Der Sowjetchef Nikita Chruschtschow nannte Berlin gern den „Hoden des Westens. Jedes mal, wenn wir ihn drücken, heulen die Vereinigten Staaten auf“. Je länger ich über diese seltsame Äußerung nachdenke, desto mehr stimmt sie, finde ich. Berlin ist wirklich ein Hoden – überall stinkt es nach Sack und die Wichser sind auch nicht weit.Ich bin Anfang August nach Berlin gekommen und habe, glaube ich, noch keinen freundlichen Menschen in dieser gottverlassenen Stadt getroffen. Vielleicht liegt das am Dialekt, der so passiv-aggressiv klingt, dass selbst der unfreundlichste Badener oder der verstimmteste Sachse im Vergleich wie ein Engel wirkt. Wer sich das Wetter hier anguckt, versteht allerdings, warum die Berliner so sind – selbst unter Norddeutschen, die ja so manches „Schietwetter“ gewohnt sind, warnt man sich vor dem grau-nassen Berlin
Aus mir völlig unerklärlichen Gründen hat Berlin einen viel zu guten Ruf. Gefühlt mein halber Abi-Jahrgang ist nach Berlin gezogen, wie hunderttausende junge Leute auch. Die Zugezogenen sind aber fast noch unerträglicher als die Ur-Berliner. Während der deutschen Teilung zogen alle möglichen Gesellschaftsversager nach (West-) Berlin: Linksalternative Hippies, Wehr- und Sozialdienstverweigerer, bis zu RAF-Terrorist Andres Baader. Der wollte, wie so viele nach Berlin ziehende Versager, Künstler werden (da das nicht klappte, wurde er zu einem kommunistischen Bombenleger – Berlin verändert dich halt). Um Geld musste sich Berlin nie Gedanken machen – das „Schaufenster des Westens“ hinter dem Eisernen Vorhang wurde immer üppig subventioniert. Diese Gratismentalität hat man in Berlin nur nie abgelegt. Die Stadt Berlin, die auch Bundesland ist, steht mit 60 Milliarden in der Kreide und schafft es dennoch, Abermilliarden zu verbrennen – und wofür eigentlich? In die öffentliche Sicherheit oder die Verbesserung der Straßen wird es jedenfalls nicht gesteckt.
Berlins Versagen an so vielen Stellen ist offensichtlich. Der Flughafen BER mit seiner Bau-Geschichte ist das bizarrste Symbol der Überforderung – das Versagen der Integrationsbemühungen ist ebenso offensichtlich wie das unheimliche Wuchern der organisierten Kriminalität. Asoziale und übergriffige Drogendealer im Görlitzer Park bekämpft die Stadt mit „Informationszelten“ – kein Witz. Davon ab sorgt sich die örtliche kreuzberger Politik um die vermeintlich rassistische Stigmatisierung der meist schwarzen Dealer. Berlin ist ein linksgrünes Luftschloss, in dem sich die Politik völlig von der Realität verabschiedet hat. Dass in der Stadt der Mauertoten und der SED-Diktatur eben jene SED, heute in „die Linke“ umbenannt, seit Jahren regiert, setzt dem Wahnsinn wirklich die Krone auf.
„Reichshauptslum“ – nicht ohne Grund
Berlin ist wie einer seiner stereotypen Bewohner:Der blauhaarige, linksradikale Student, der Gender Studies oder soziale Arbeit studiert, nie gearbeitet hat und seine konservativen Boomer-Eltern zwar verachtet, ihre 2000 Euro im Monat aber trotzdem entgegennimmt.In diesem Fall sind Bayern und Baden-Württemberg die konservativen Boomer-Eltern, die den ganzen linksradikalen Bumms in dieser Stadt finanzieren (müssen) – Länderfinanzausgleich sei dank.Geld verdienen ist hier nicht. Als Google in Berlin-Kreuzberg einen Start-up-Campus eröffnen wollte, protestierten die linksradikalen Anwohner und besetzten das Gebäude. Google gab nach. Statt einer Jobschmiede entsteht dort jetzt ein „Haus des sozialen Engagements“. Besser kann man diese Stadt nicht beschreiben – Linksradikale verhindern Wirtschaftswachstum und bauen stattdessen lieber einen Hotspot, der das Geld anderer Leute verteilt.
Trotz üppiger Zuwendungen aus Süddeutschland, Hessen oder Hamburg (wo man übrigens zeigt, wie man Stadtstaat besser macht), ist Berlin fast ein Entwicklungsland. Mit seinem Drogen- und Obdachlosenproblem, dass irgendwie auch keiner richtig zu lösen vermag, erinnern weite Teile der Stadt ans Frankfurter Bahnhofsviertel. Das Internet ist in Albanien um welten besser – und das ist keine Übertreibung. Und wehe, jemand will mal ein Haus sanieren! Dann kommen ungeduschte linksradikale und besetzen das Gebäude – nicht, dass sich hier noch was verbessert! Nicht ohne Grund hat Berlin den wenig charmanten Spitznamen „Reichshauptslum“.
Die Sicherheitspolitik wirkt jedenfalls wie aus der Favela – Berlin dürfte die einzige Stadt der Welt sein, in der ein führender Clan-Krimineller die 27. Duldung erhält, anstatt abgeschoben zu werden. Die Kriminalitätsrate ist extrem hoch, die berühmt-berüchtigte U-Bahn-Linie 8 gleicht eher Kabul 2001 als einer zentralen Verkehrsachse in einer europäischen Hauptstadt. Die Einzigen, die die harte Hand der Berliner Justiz gnadenlos zu spüren bekommen, sind zu-schnell-Fahrer oder Falschparker. Währenddessen ereignen sich, statistisch gesehen, jede Stunde 55 Verbrechen in Berlin. Ein Rot-Rot-Grüner Senat tut dagegen freilich nichts – öffentliche Sicherheit ist eben nicht progressiv genug für Berlin.
Ich gebe gerne zu: Als junger Mensch kann man hier viel Spaß haben. Aber das war’s auch. Berlin ist eine Stadt, die von innen heraus vergammelt – und niemand tut etwas. Im Gegenteil – dieser Verwesungsgeruch wird uns noch als „Charme“ oder „Sexy“ verkauft.Berlin – und dieser Spruch ist für dich, Jerome –ist irgendwie wie sein zweitbester Fußballclub Hertha BSC. Der wollte vergangene Saison als „Big City Club“ ganz groß rauskommen, auf Augenhöhe mit Clubs wie Arsenal London oder Real Madrid stehen und verbrannte dafür Millionen. Am Ende stieg man fast in die zweite Liga ab. Arrogant, aber quasi zweitklassig – dit is Berlin.
Goodbye Langeweile, Wilkommen in der Hauptstadt!
Von Jerome Wnuk | So Roland, erstmal herzlich Willkommen und Glückwunsch, dass du’s jetzt auch endlich hier nach Berlin geschafft hast. Hat ja nen´ bisschen gedauert bis auch du dich endlich mal aus deinem verschlafenen Fischerdorf getraut hast. Du wirst schon noch einsehen, dass du in der aufregendsten Stadt der Welt angekommen bist.
Und bis auf ein paar komische Angewohnheiten, die scheinbar noch aus deiner traumatischen Zeit aus Bremen kommen, hast du dich in der kurzen Zeit ja auch ganz gut assimiliert, find ich. Über dein regelmäßiges E-Roller fahren (und die Tatsache, dass du dabei aussiehst, als wär das Ding nur für dich gemacht worden) werd ich jetzt mal hinwegsehen – darüber können wir ja nochmal sprechen.
Bei uns geht immer die Post ab!
Mir ist gänzlich unerklärlich, warum du jetzt schon wieder was zu meckern hast. Gut, generelle Unzufriedenheit wird euch lebensverneinenden Norddeutschen ja nachgesagt, aber komm schon, du genießt das hier in echt doch schon. Dat seh ick in deinem griesgrämigen Blick und den zusammengekniffenen Augen. Warum dann also motzen? Sieh´s doch mal so:
Endlich ist dein langweiliges Leben außerhalb der Hauptstadt vorbei – das Kapitel, nur Schnee von Vorgestern mitzubekommen ist beendet. Jetzt bist du inmitten des Geschehens. „Genau im Mittelpunkt der Welt, hat dich der Herr Gott hingestellt“ besingt Hildegard Knef unsere Hauptstadt – und was die Dame da singt, das stimmt. Glaub mir.
In Berlin ist jeder und alles. Und ja, das heißt natürlich auch viele Bekloppte – aber alles was cool ist, kommt eben auch aus Berlin oder ist in Berlin. An uns geht kein Trend vorbei – die verrückten und die guten. Jede wichtige Persönlichkeit hat hier schonmal ihre Zeit verbracht – die ganze Welt war schon mal hier. Denn ohne uns wär nicht viel los, auch wenn du dir das nicht eingestehen möchtest.
Jeder der in Berlin war bestätigt den einzigartigen Charme der Stadt. Berlin kann verdammt hässlich sein, strotz aber gleichzeitig nur so vor Kultur und Kunst. Wir sind Museumshauptstadt, keine Stadt der Welt hat so eine Künstler- und Kulturszene wie wir – Straßenkünstler, freie, unabhängige Ateliers, das vielleicht berühmt-berüchtigte Nachtleben Europas.Berlin ist ein Erlebnis, die Achterbahnfahrt unter den Städten. Jeder Bezirk ist wie eine eigene Welt. Du kannst Berlin niemals ganz entdecken, egal wie lange du hier lebst – irgendwo gibt immer etwas Neues.
Berlin verbindet tausende Kulturen in einer Stadt
Bei uns kannst du morgens schick französisch frühstücken im Prenzlberg, Mittags wie ein echter Berliner Original Currywurst snacken und Abends Köfte wie in Istanbul essen. Eine Bahn Fahrt reicht um von Berlin nach Bagdad, von Istanbul nach Klein-Vietnam und nach Bangladesh zu reisen. In der Bahn sitzen Ossis neben Arabern und Türken neben Prenzlberger Öko-Tanten – das gibts nur in Berlin.
Und auch wenn das, zugegebenermaßen, einige Problem mitbringt, eine solche Möglichkeit andere Kulturen kennenzulernen hat man nur in Berlin. Und: (über den Wahnsinn) soviel Lachen wie hier, kannst du auch nirgendwo anders. Du beklagst dich zwar immer mit deinem „Ich kann nicht mehr“, wenn du mal wieder was skurriles gesehen hast, aber lachst dich heimlich jedes mal schlapp. Wat haste denn in Bremen zum Lachen? Die Stadtmusikanten und Fischkutter geben nicht viel her. Aber das was an Berlin elendige ist, habt ihr dort auch.
Bei euch ist man froh, wenn man als Abwechslung vom Dauer-Fisch irgendwo auch mal eine schlechte Pizza herbekommt.Als Berliner kannst du von Schawarma bis Chai-Latte alles haben. Kulinarisch lernt man hier nie aus Roland. Dann kannst du auch mal was anderes essen als pure Avocados.
Dazu ist die Stadt grün: wir haben tausende Parks, Seen und Spielplätze. Entspannen an der Spree, im Gras liegen am Tempelhofer Feld – hier alles drin. Das Beste an der Stadt sind aber immer noch die Berliner selbst. Wir mögen zwar auf den ersten, vielleicht auch noch auf dem zweiten Blick, ein bisschen kantig und unmotiviert sein, aber innerlich sind wir sehr herzlich. Außerdem hält uns Berliner nichts auf, wir sind tough, kämpferisch, authentisch – Berliner Schnauze halt. Wir wissen wie wir mit der Welt umgehen müssen, sind unbeeindruckbar.
Berlin kann man also durchaus in sein Herz schließen, Roland. Vermutlich tust du es auch bald. Natürlich ist es eine Hass-Liebe die man zu seiner Stadt hat, aber irgendwie ist jeder Berliner im Herzen Lokalpatriot- warte mal nen paar Wochen dann spürst du’s auch Roland.
Peter Fox, ein Idol meiner Jugend, fasst es eigentlich perfekt zusammen: „Und ich weiß, ob ich will oder nicht. Dass ich dich zum Atmen brauch.“
Von Johanna Beckman | An Weihnachten funkeln die Kinderaugen, wenn sie unter dem geschmückten Baum viele Geschenke von Eltern und Großeltern sehen. Doch werden Kinderaugen in diesem Jahr wirklich funkeln oder feiern wir schon wieder Corona-Weihnachten?
Schon im letzten Jahr verbrachten wir Weihnachten unter Corona Bedingungen. Laut Sachsens Ministerpräsident Kretschmer, da die Gefahr für Leib und Leben nicht mehr von der Hand zu weisen war. Enkelkinder trafen auf Großeltern, eine Katastrophe drohte. Denn was, wenn die Enkelkinder symptomlos und trotzdem krank sind? Dann könnten sie ihre Großeltern, trotz deren Impfung, anstecken. Aus diesem Grund empfahl Karl Lauterbach eine Booster-Impfung noch vor Weihnachten und das wichtigste: Eine mehrere Tage andauernde Isolation, für alle die am Fest teilnehmen wollen. Vor allem für Alleinstehende war diese Isolation eine wahre Freude. Und auch schon im letzten Jahr konnte das ein oder andere Weihnachtsgeschenk nicht geliefert werden, da es Chaos bei den Lieferketten gab. 2020 dachte die Bevölkerung noch, dass wir uns in einem Ausnahmezustand befinden und im nächsten Jahr alles wieder zur Normalität zurückkehren würde – aber falsch gedacht.
Was, wenn uns in diesem Jahr der gleiche Schlamassel noch einmal erwartet? Wie es schon viele Menschen vorhergesehen hatten, als wir in den vergangenen Lockdowns saßen, hören die Corona-Regelungen nicht einfach auf. Ab dem ersten Oktober diesen Jahres sollen die Regeln schon wieder verschärft werden. Laut Karl Lauterbach wird es, wenn wieder vermehrt Corona-Fälle auftreten, eine Maskenpflicht in Innenräumen geben, nur wer getestet oder frisch geimpft ist, wird möglicherweise ausgenommen.
Wenn wir in diesem Jahr also entspannt mit der Familie Weihnachten feiern wollen und uns auch ohne Maske in Innenräumen aufhalten möchten, dann sollten wir auf dem Weg zum Weihnachtseinkauf einen Zwischenstopp beim örtlichen Impf- oder Testzentrum einlegen. Am besten merken sie sich diesen Weg gut, denn sie sollten diesen vor dem Osterfest wiederholen.
Leider machen den funkelnden Kinderauge nicht nur die Corona-Regeln einen Strich durch die Rechnung: „Manche Produkte wie elektronische Geräte, Spielwaren und Textilien aus Asien dürften an Weihnachten knapper sein.“, berichtete Stefan Genth der Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands in einem Interview mit den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Potentielle Geschenke sollen oft verspätet oder in der falschen Anzahl geliefert werden. So kann es schwierig werden die Wünsche der Kinder zu erfüllen, denn dann gibts es statt eines Tablets oder einer Autorennbahn, eher ein Buch. Auch sind zwei Jahre nach Pandemiebeginn immer noch 3.000 Stellen im Einzelhandel mehr als vor der Pandemie unbesetzt. Was in diesem Jahr dazu kommt ist, dass wir neben Geschenken und Kerzen am besten auch einen schicken knallbunten Weihnachtspullover kaufen sollten, da wir möglicherweise kein Gas zum Heizen haben werden – und, wenn es noch schlimmer kommt, auch kein Strom.
Wir sollten also wohl schon dankbar sein, wenn die Politik so gnädig ist, uns nach einer kalten Dusche, in der Isolation vor Weihnachten, ein Fest mit Maske, frisch geimpft, mit Weihnachtspullover und womöglich ohne Geschenke im Kerzenschein zu erlauben.
Von Sarah Victoria | Michail Gorbatschow wurde 91 Jahre alt. Am 30. August starb der ehemalige Staatschef der Sowjetunion, am Wochenende findet seine Beerdigung statt. In die deutsche Geschichte wird er als Wegbereiter der Einheit eingehen – als Visionär, der mit dem zwei-plus-vier-Vertrag den Weg zur Wiedervereinigung ebnete und durch seine Diplomatie das Ende des Kalten Krieges einleitete. Die politische Bühne verließ Gorbatschow schon vor einer ganzen Weile, gerade nach dem Tod seiner Ehefrau Raissa verbrachte er seine Zeit vor allem mit seiner Familie – etwa am Tegernsee, wo Gorbatschow bis vor kurzem das „Hubertus Schlössl“ gehörte.
Während die Nachrufe im Westen Gorbatschow als Helden zeichnen, fallen die Reaktionen im östlichen Europa reservierter aus. In Litauen etwa stößt das Narrativ des friedlichen Staatsmannes auf Widerstand. Als Oberbefehlshaber der Streitkräfte verhinderte Gorbatschow nicht, dass am 13. Januar 1991 Panzer nach Litauen losgeschickt wurden um Protestbewegungen niederschlagen zu lassen („Blutsonntag von Vilnius“). In der Ukraine wird sich an die Tschernobyl-Katastrophe von 1986 und an Aussagen Gorbatschows erinnert, in denen er die ukrainische Unabhängigkeitsbewegung kritisiert. Und gerade in Russland wird das Trauma des Zerfalls der Sowjetunion auf Gorbatschow projiziert. Als „Totengräber der Sowjetunion“ soll er Russland endgültig ins Chaos gestürzt und dem Westen ausgeliefert haben. Veranschaulicht wurde dieser Vorwurf unter anderem in diesem legendären PizzaHut-Werbesport, an dem Gorbatschow persönlich mitgewirkt hat:
Während der Werbespot natürlich ein positives Resümee aus der Gorbatschow-Ära zieht, nehmen ihm einige Menschen bis heute den Zerfall der Sowjetunion übel. Die eigentliche Ursache des Problems, eine totalitäre Diktatur mit systematischen Schwächen, wird dabei ausgeblendet und auf eine einzelne Person übertragen – den „Landesverräter Gorbatschow“. Dieses Narrativ nutzten schon jene KpdSU-Funktionäre, die im Augustputsch 1991 verzweifelt versuchten, ihre Macht zu sichern. Und auch Putins Aussagen lassen vermuten, dass er 1991 wohl kein Plakat von Gorbatschow in seinem Petersburger Zimmer hängen hatte.
Gorbatschows Politik wa nicht ohne Schattenseiten. Aber Gorbatschows Reformen schufen auch zumindest ein gewisses Fundament für ein demokratisches Russland, das in der globalen Gemeinschaft verankert sein sollte. Selbst als überzeugter Sozialist blickte er am Ende der Wahrheit ins Gesicht. Er erkannte, dass das sowjetische System zerfiel und versuchte nicht verzweifelt, diesen Zerfall im großen Stil gewaltsam zu verhindern. Er scheiterte politisch – jedoch mit so viel Einsicht, dass genau dieses Scheitern zum Vermächtnis wurde: Aus Satellitenstaaten konnten freie Staaten werden, ein geteiltes Deutschland wurde wieder ganz. Gorbatschow nahm Friedensgespräche auf, stimmte der nuklearen Abrüstung zu und erhielt 1990 sogar den Friedensnobelpreis. Tragisch nun, dass sein Todesjahr einen erneuten Krieg markiert – und dann auch noch mit der Ukraine, dem Herkunftsland seiner Mutter. Das Statement der Gorbatschow-Stiftung zum Ukrainekrieg erschien drei Tage nach Kriegsbeginn. Natürlich wird der amtierende Präsident nicht persönlich erwähnt, die Botschaft ist allerdings eindeutig:
„Im Zusammenhang mit der am 24. Februar begonnenen Militäroperation Russlands in der Ukraine bekräftigen wir die Notwendigkeit einer baldigen Einstellung der Feindseligkeiten und der sofortigen Aufnahme von Friedensverhandlungen. Es gibt nichts Wertvolleres auf der Welt als Menschenleben. Verhandlungen und Dialog auf der Grundlage gegenseitiger Achtung und Anerkennung der Interessen sind der einzig mögliche Weg, um die schärfsten Widersprüche und Probleme zu losen. Wir unterstützen alle Bemühungen, die auf die Wiederaufnahme des Verhandlungsprozesses abzielen.“
Putins Pressesprecher ließ schon verkünden, dass der russische Präsident bei der Trauerfeier nicht anwesend sein wird. Anders als der Tod Schirinowskis ist Gorbatschows Ableben anscheinend nicht mit seinem Terminkalender vereinbar. Ein paar rote Rosen am offenen Sarg und ein distanziertes Kondolenzschreiben des Kremls müssen ausreichen, immerhin hat der Präsident Wichtigeres zu tun. Wie Schulklassen in Kaliningrad zu besuchen und Kindern von einer Spezialoperation zu erzählen – wichtige Staatsaufgaben halt.
Man stelle sich nur vor, wie die Beerdigung wohl ohne Krieg ausgesehen hätte. Vielleicht hätte es ein großes Staatsbegräbnis gegeben, zu dem Politiker und Botschafter aus aller Welt nach Moskau gereist wären. Die Beerdigung hätte ein internationales Großereignis werden können. Stattdessen offenbart sich am Tod Gorbatschows einmal mehr, wie weit sich die politische Elite in Russland vom Reformgeist entfernt hat.
Gerade Gorbatschows Leben lehrt uns, wie wichtig es ist, dass man einsieht, wenn die eigene Zeit an der Macht vorbei ist und der Veränderung nicht im Weg steht – und dass es immer Hoffnung auf Veränderung gibt.