Chinas Null-Covid-Regime führt zu Massen-Exodus

Von Anna Graalfs | Seit Monaten hält China am “Zero-Covid-Regime“ fest, um die weitere Verbreitung des Coronavirus zu verhindern. Das heißt, tägliches Testen, sogar um in den Supermarkt zu gehen; uniformierte, mit Thermometern bewaffnete Männer, die sich vor Apartmentblocks tummeln und noch vieles mehr was sich im Großen und Ganzen als Coronadiktatur beschreiben lässt. Freiheit ist ein völliges Fremdwort für die chinesische Regierung. Es sei denn es geht darum, sich die Freiheit zu nehmen, sein Volk in der Scheinapokalypse verwahrlosen zu lassen. Es ist wohl offensichtlich, dass China mit ständigen lockdownartigen Zuständen Selbstmord begeht. Das chinesische Wirtschaftswachstum erreicht mit Ausnahme des Beginns der Pandemie den tiefsten Stand seit Beginn der Aufzeichnungen 1992. Aber vor Allem stellt das Regime eine dauerhafte mentale Belastung für die Bevölkerung Chinas dar. Deswegen ist es auch kein Wunder, dass immer mehr in China lebende Deutsche, oder andere Emigranten, sich dazu entscheiden in ihr Heimatland zurückzukehren. Doch danach wieder nach China zurückzureisen, könnte schwieriger sein als sie sich erhofft haben.

Nach China zu reisen ist fast unmöglich

Die chinesische Regierung hat internationale Flugverbindungen immer noch über 95 Prozent zurückgestellt. Die steigende Anfrage hat die Flugpreise natürlich in die Höhe getrieben, sodass diesen Sommer fast kein Direktflug nach Shanghai unter 10.000 Euro möglich war. Transitflüge sind verboten, es sei denn man hält sich vor der Einreise nach China drei Wochen in einem Drittland auf. Diese Option ist jedoch auch nicht viel besser: Wenn man sich einmal positiv auf Covid testet, kann es noch Monate dauern bis man schlussendlich in die Volksrepublik einreisen darf, und nebenbei hat man auch noch mehrere Tausend Euro aus dem Fenster geworfen. Doch selbst wenn man negativ bleibt, ist die Einreise-Odyssee immer noch nicht vollendet. Eine Woche vor dem Abflug nach China, muss der Fluglinie jeden Morgen die gemessene Körpertemperatur geschickt werden, drei Tage später das Ergebnis eines Antigen-Tests. Auch das reicht noch lange nicht: Zwei Tage vor der Abreise muss das Ergebnis eines PCR-Tests vorgelegt werden, nur 24 Stunden später, und damit einen Tag vor der Abreise, das Ergebnis eines zweiten PCR-Tests. In China angekommen ist nichts mit Sightseeing. Dann geht es nämlich erstmal für sieben Tage in eines der “Quarantänehotels”, danach kommen noch drei Tage häusliche Isolation hinzu. Es klingt alles wie ein schlechter Witz den sich Karl Lauterbach hätte ausdenken können, doch das ist es nicht. Für alle nach China Einreisenden, und für die chinesische Bevölkerung selbst, ist es die brutale Realität des Regimes. 

Immer mehr reisen aus 

Aus China auszureisen ist dagegen deutlich beliebter. Seit Beginn der Pandemie setzt in der Volksrepublik ein wahrhafter Exodus ein: Grobe Schätzungen gehen davon aus, dass sich die Zahl der ausländischen Manager und Fachkräfte in China halbiert haben soll. Zum einen liegt das daran, dass die Verfolgung von Minderheiten und andere geopolitische Spannungen wie in Hongkong und Taiwan Chinas Ansehen in der restlichen Welt abstürzen lassen haben. Aber das Null-Covid-Regime muss zumindest momentan den triftigsten Grund für die Ausländerflucht darstellen.

Gerade jetzt, wo man meint, die Welt fängt endlich an mit dem Virus zu leben, statt sich zu verbarrikadieren, muss das Heimweh bei Chinas Immigranten besonders stark sein. Natürlich, auch in Deutschland ist das Virus noch nicht aus den Köpfen der Bürger, vor Allem der Politiker. Im Fernverkehr und größtenteils auch im ÖPNV gelten weiterhin Maskenpflicht, sowie in Gesundheitseinrichtungen, wo zusätzlich auch ein Antigen-Test vorzuweisen ist. Das klingt lästig — aber im Vergleich zu Chinas Maßnahmen erscheint es wie ein Traum. Wenn man sich in China nicht einmal ohne positiven Test und Temperaturmessen in den Supermarkt begeben kann, sehnt man sich natürlich nach Maßnahmen wie es sie in Deutschland gibt. 

Die Frage ist nur: Bleibt es bei uns dabei oder lässt sich unsere Regierung über den Winter noch ein paar zusätzliche Maßnahmen einfallen, nachdem sie erneut die Hysterie in Deutschland heraufbeschwört? Es heißt, dass die einzelnen Bundesländer Maßnahmen verschärfen könnten, wenn sie dies für nötig halten, 2- oder 3G-Regeln und Kontaktbeschränkungen, wie wir sie noch vom Anfang dieses Jahres kennen, seien aber nicht geplant. Aber mag sein das sich die Regierung noch irgendetwas sicher einfallen lassen, um die Bürger zu Hause zu lassen, wenn ihnen weitere Protesten gegen die momentane Energiepolitik zu Kopfe steigen.




WDR: Wie wäre es mit einmal Duschen pro Woche?

Von Anna Graalfs | Was machen wir eigentlich, wenn die Energiekrise so schlimm wird, dass wir nicht einmal mehr ohne schlechtes Gewissen den Wasserhahn aufdrehen können? Der WDR-Instagram-Kanal “KugelZwei” hat die Lösung: Wir duschen einfach nur noch einmal die Woche! Jetzt fühle ich mich wirklich intellektuell unterlegen: Dass die Lösung so einfach ist – warum ist mir das nicht früher eingefallen? In einem nicht einmal einminütigem Video wird vom WDR aufgeklärt: Tägliches Waschen zur Körperhygiene — das ist ein Mythos. Mit süßen Animationen und belehrenden Beschriftungen wird gezeigt, wie der Alltag des 21. Jahrhunderts perfekt mit den Hygienemaßnahmen des Mittelalters harmonieren kann. 

WDR meint: Wasser ist schlecht für die Haut

Die Begründung für einmal in der Woche unter der Dusche stehen: “Häufiges Duschen und Baden kann laut Dermatolog:innen der Haut schaden.” Dazu wird ein Mädchen beim Haare waschen gezeigt, welches förmlich mit schmerzverzehrtem Gesicht im Badeschaum untergeht. Tja, duschen ist eben mit sehr viel Stress verbunden. Folglich hätten wir bei seltenerem Duschen bessere Haut und Haare. Diesen “Dermatolog:innen” würde ich persönlich nicht vertrauen. Es stimmt zwar, dass zu viel Wasser die Haut austrocknen und den natürlichen Säureschutzmantel der Haut beschädigen kann, aber – und da ist sich zumindest jeder “Dermatologe” einig – das hängt auch von vielen anderen Faktoren ab. Wie heiß ist das Wasser beim Duschen? Wie mild sind die Pflegemittel die benutzt werden? Doch der WDR macht’s für uns ganz einfach: Wasser = schlecht

Ein toller neuer Alltag

Für den Rest des Videos wird veranschaulicht wie wunderbar unser neuer Alltag wäre nachdem wir zu stinkenden Höhlenmenschen mutiert sind. Als erstes kommt ein ganz wichtiger Punkt: Wir hätten viel mehr Zeit für anderes, weil wir nicht mehr so viel Zeit im Bad verbringen würden. Natürlich! Hätte ich heute nicht meine Dusche ausfallen lassen, hätte ich nie die Zeit dazu gehabt diesen Artikel erst zu schreiben! Dann kommt das Beste: Wir hätten vielleicht mehr Toleranz bei natürlichen Körpergerüchen. Und jeder weiß, dass Toleranz in unserem Zeitalter von ganz wichtiger Bedeutung ist. Jetzt wird auch endlich der fehlenden Toleranz bei Körpergerüchen Aufmerksamkeit geschenkt. Die Frage ist jedoch, was denn der WDR als “natürliche” Körpergerüche definiert. Was ist, wenn Rainer aus der Redaktion die nackten Füße aus seinen Schuhen nimmt und sie auf dem Bürotisch ausbreitet? Man bekommt so den Eindruck Angestellte beim WDR hatten noch nie das Glück im prallvollen Bus unter die Achsel eines schwitzenden 1,90-Typen gequetscht zu sein.

Glauben Sie mir, lieber WDR, dann sind Sie nicht mehr tolerant bei Körpergerüchen. Doch “KugelZwei” macht uns selbstverständlich auch mit ein paar Vorschlägen bekannt, wie man die “1-Duschen-pro-Woche“-Kultur im Alltag einbetten kann. In Fitnessstudios könnte es dann zum Beispiel nur noch Waschbecken statt Duschkabinen geben. Waschbecken sind ja auch schließlich alles was es braucht, nach einem anstrengenden Händeworkout, nachdem die WDR-Redakteure sich wieder schlagfertig zurück vor ihre Computertastaturen setzen können. Und wenn Karen aus dem Recherche-Team ihr Kniebeugen-Hampelmänner Workout macht, reicht es danach auch vielleicht aus sich einen Waschlappen ins Gesicht zu klatschen. Außerdem könnte es zu einem richtigen Highlight werden, wenn man nur einmal in der Woche duscht.

Das glaube ich gern, wenn ich nach einer Woche vom WDR verhängtem Duschverbot endlich wieder duschen darf. Wir würden Duschrituale zusammen mit “Freund:innen” in öffentlichen Badehäusern zelebrieren. Moment, das sagt mir etwas… Ach ja, Badehäuser gab es vor Allem vom 13. Bis 16.Jahrhundert und teilweise auch weiter, weil sich gerade die Arbeiterklasse kein eigenes Badezimmer leisten konnte. Aber wir geben gerne freiwillig ein Stück von unserem riesigen Luxus ab. Schließlich freut man sich doch immer, sich nackt zwischen den Bierbäuchen von Hans-Günther und Klaus-Joachim zu tummeln. 

Ich könnte dem WDR nicht dankbarer sein, dieses Video im Internet verbreitet zu haben. Endlich wird darüber aufgeklärt, dass einmal die Woche duschen völlig ausreicht. Egal ob man gerade einen Marathon gelaufen ist und man einen Tag lang bei 35 Grad im Büro saß, überlegt es euch lieber zweimal unter die Dusche zu springen! Denn wer nachhaltiger leben will, muss eben auch die Körperhygiene etwas reduzieren. Wer sich noch mehr zur Natur verbunden fühlen will, dem empfehle ich es mit saftigen, grünen Blättern statt Duschgel zu probieren. Einfach in die Hand nehmen und über den Körper reiben – das Ergebnis ist fast dasselbe!




Filmstar Ingrid Bergman: Sie spielte noch Frauen, keine feministischen Kämpferinnen 

Von Anna Graalfs | „If you knew how much I loved you… How much I still love you”. Als Ingrid Bergman diese Worte in „Casablanca” (1942) sprach, verliebte sich die ganze Welt in sie. Aus der schüchternen Schwedin wurde eine 3-fache-Oscarpreisträgerin und ein Weltstar, der das Kino grundlegend veränderte. Am 29. August hat sich ihr Todestag zum vierzigsten Mal gejährt – also habe ich mir gedacht: Wann gibt es einen besseren Anlass, um den Apollo-Lesern eine meiner Lieblingsschaupielerinnen vorzustellen?

Bergmans Weg nach Hollywood

Ihre Anfänge im Kino hatte Bergman schon mit knappen 17 Jahren in ihrem Heimatland Schweden. 1932 machte sie ihre erste Erfahrung als Statistin im schwedischen Film „Landskamp” und war begeistert. Doch Hollywood war noch meilenweit entfernt. Es war eine Kundin des Blumenladens ihres Onkels, die schließlich Schwung in ihre Karriere brachte: Die schwedische Schauspielerin und Regisseurin Karin Swanström führte Bergman in die Welt der Schauspielerei ein – und schließlich war es so weit: Der legendäre Produzent David O. Selznick entdeckte ihr Talent und nahm sie mit in die USA. Aber eine Sache stand Ingrid Bergman noch im Weg: Sie entsprach nicht dem Schönheitsideal Hollywoods. Selznick meinte, man müsse grundlegend was an ihrem Aussehen verändern, wenn sie den Durchbruch in Hollywood erreichen wolle. Schließlich sei ihre Nase zu groß, ihre Augenbrauen seien zu buschig und ihr Name höre sich zu Deutsch an. Sie müsse auch viel mehr Make-up tragen. Doch das ließ Bergman nicht mit sich machen. Entschlossen feuerte sie zurück: „Auf gar keinen Fall! Mein Name ist Ingrid Bergman und das ist mein Look.” Hollywood wusste, dass sie das junge Talent an das schwedische Kino verlieren würden, wenn sie sie nicht doch so akzeptierten wie sie eben war. Und Gott sei Dank war das auch der Fall. Denn gerade die Natürlichkeit in Bergmans Auftreten macht doch ihren unvergleichbaren Charm aus.

Die größten Filme ihrer Karriere

Mit „Casablanca” (1942) gelang ihr der Durchbruch. An Seite von Humphrey Bogart verkörpert Ingrid Bergman hier die loyale Ehefrau eines tschechischen Widerstandkämpfers im Zweiten Weltkrieg. Ilsa Lund steht vor einem Dilemma: Sie muss mit ihrem Mann von den Nazis flüchten, doch der Einzige, der ihnen helfen könnte, Casablanca zu verlassen, ist ihr ehemaliger Liebhaber Rick Blaine, für den sie noch Gefühle hat… Guckt man den Klassiker heute, fällt einem sofort auf: Im Gegensatz zu heutigen weiblichen Hauptdarstellerinnen, ist Bergman als Illsa Lund keine makellose feministische Powerfrau, die immer alles besser weiß und deren einziges Problem ist, dass sie von sexistischen Männern unterdrückt wird. Nein, Bergman hält in einem Moment wie wahnsinnig die Waffe in der Hand und im anderen liegt sie weinend im Arm ihres Geliebten. Bergman verkörperte Frauen, die selbstbewusst, mutig und gewitzt sind – und sich dennoch verirren können. Sie zeigte eine Verletzlichkeit der Frau, die heute nicht mehr sein darf, aber doch eigentlich viel lebensechter ist, als das männliche Gehabe der Hollywood-Schauspielerinnen von heute.

Ein gutes Beispiel dafür ist auch der Film „Gaslight” („Das Haus der Lady Alquist” auf Deutsch), für den sie zum ersten Mal mit einem Oscar belohnt wurde. In diesem Psychothriller wird Paula Alquist, Ingrid Bergman, von ihrem Ehemann so psychisch manipuliert, bis sie glaubt, sie sei wahnsinnig geworden. Ihr Mann, gespielt von Charles Boyer, nutzt Paulas labilen Zustand aus, um ungestört auf dem Dachboden des Hauses nach Juwelen von Paulas Tante zu suchen, die er Jahre zuvor ermordet hatte. Jede Nacht hört Paula Geräusche auf dem Dachboden, doch ihr Ehemann versichert ihr, dass sie sich alles nur einbildet und es am besten sei, wenn sie sich zu Hause ausruht, abgeschottet von aller Welt… Der Film ist nicht ohne Grund mein Lieblings-Bergman-Film. Sie spielt diese Rolle so gut wie keine andere: In ihrem Gesicht kann man jede Emotion ablesen – als würde man mit ihr verschmelzen spürt man ihre Verunsicherung, ihre Angst und die sich aufdrängende Frage: Wem kann sie noch vertrauen? Es ist wirklich so: Wenn man Ingrid Bergman Paula spielen sieht, stürzt man gemeinsam mit ihr in den Wahnsinn.

Wiederaufbau ihres Images

Doch wie bei jeder guten Schauspielerin dauerte es nicht lange, bis Bergmans Karriere durch Veröffentlichungen aus ihrem Privatleben in die Krise geriet. 1949 wurde medial bekannt, dass Bergman eine Affäre mit dem italienischen Regisseur Roberto Rossellini hatte und von ihm schwanger geworden war. Eine verheiratete Frau, schwanger von einem Mann, mit dem sie nicht verheiratet war – damals einer der größten Skandale in Hollywood! Erst mit ihrer Titelrolle in „Anastasia” (1956) schaffte es Bergman langsam wieder zurück in die Herzen der Amerikaner und gewann dafür sogar ihren zweiten Oscar. Heute kann man diesen Wahnsinn kaum noch nachempfinden. Ich finde Ingrids Verhältnis zu Rossellini, welches nachher zur Ehe wurde, hat das Kino nur noch mehr bereichert. Schließlich hat sie durch ihn italienisch gelernt und sogar in einer Handvoll italienischen Filmen mitgespielt. Aber nicht nur italienisch konnte sie, Bergman war ein erstklassiges Sprachtalent: Sie konnte Schwedisch, Deutsch, Englisch, Italienisch und Französisch fließend sprechen. Sie hat außerdem in all diesen Sprachen geschauspielert. Auch darum ist sie für mich ein riesiges Vorbild.

Nach ihrem zweiten Oscargewinn feierte Bergman noch weitere Erfolge zusammen mit Cary Grant in „Indiscret” (1958) oder in der Adaption von Friedrich Dürrenmatts „Besuch der alten Dame” namens „The Visit” (1964). Und als würden ihr zwei Oscars noch nicht reichen, gewann sie 1974 ihren dritten, diesmal in der Kategorie der Nebendarstellerin in „Murder On The Orient Express” (1974), der Verfilmung des gleichnamigen, 40 Jahre zuvor erschienen Kriminalromans Agatha Christies. Dort spielt Bergman eine schüchterne, gottergebene Frau – doch die Rachsucht bewegt auch sie dazu, Teil eines schrecklichen Mordes zu werden…

In all den Jahren, die Berman von der Kamera stand merkte man immer: Sie war leidenschaftlich ins Schauspielern verliebt. Bis zu ihrem Todesjahr 1982, als sie an ihrem Geburtstag an Brustkrebs verstarb, spielte sie noch in zahlreichen Filmen und im Theater mit. Ihr Vermächtnis an uns sind 48 Filme einer 47-Jahre-langen Karriere, in denen man Zeuge puren Schauspieltalents wird. Ich habe „Gaslight” (1944) jetzt schon unzählige Male gesehen, doch jedes Mal, wenn ich einen emotionalen Ausbruch Paulas auf dem Bildschirm erlebe, zieht sich eine Gänsehaut über meinen ganzen Körper. Ich bin mir sicher: Ingrid Bergman wird als eine der bedeutendsten, außergewöhnlichsten Schauspielerinnen des 20. Jahrhunderts für immer unvergessen bleiben.


Impfkritische Plakate in Frankreich: „Eine Bedrohung“

Von Anna Graalfs | “1 schwere Nebenwirkung bei 100 Impfungen – Und wenn es Ihr Kind wäre?” lautet einer der Plakatsprüche einer Organisation namens “Réinfocovid” in Frankreich. Seit Juli 2022 wurden in Toulouse und Umgebung ca. zehn große Plakate mit Ausrufen gegen die Covid-Impfung aufgehangen. Ein anderer Spruch lautet zum Beispiel: “1 Impfkomplikation bei 100 Injektionen – die Gesundheit unserer Kinder ist mehr wert als experimentelle Impfstoffe”. Die Zahlen auf diesen Plakaten scheinen ein bisschen aus dem nichts gegriffen zu sein. Und das sind sie auch: Ende 2021 zählt die ANSM (“Agence National de Sécurité du Medicament”) 110.000 Meldungen von Impfnebenwirkungen. Zu dem Zeitpunkt haben in Frankreich schon ca. 52 Millionen Menschen ihre Erstdosis erhalten. Wenn ich mit meinem Dreisatz aus der siebten Klasse richtigliege, sind das umgerechnet ca. 0,212 Fälle von Impfnebenwirkungen pro 100 Impfungen. Die Schwere der Impfnebenwirkungen ist hier natürlich nicht berücksichtigt, aber um es sicher besser vorstellen zu können: ungefähr 2 von 1000 Impfungen haben sicher Nebenwirkungen. Natürlich ist die Dunkelziffer größer: Wer weiß wie viele Fälle von Impfnebenwirkungen es noch gibt, die nicht gemeldet wurden, aus welchen Gründen auch immer?  Trotzdem liegt “Réinfocovid” mit seinen Zahlen weit daneben. Aber das ist nicht einmal das größte Problem…

Zehn Plakate bringen die Medien ins Schwitzen

Ich wiederhole es handelt sich hier um zehn Plakate: Und die französischen Medien gehen durch die Decke. Ob online, in Zeitungen, im Fernsehen – die “Impfgegner-Plakate” sind eine der Topstories von der Bretagne bis ins Elsass. Und anstatt Zahlen zu korrigieren, um das Volk eines Besseren zu belehren, wird dramatisiert, gecancelt und Impfnebenwirkungen werden als Ganzes geleugnet. Hart ausgedrückt: Propaganda wird mit Propaganda bekämpft. Dr. Jérôme Marty, ironischerweise Präsident der französischen Gewerkschaft für freie Medizin, erklärt “France Bleu Toulouse”, dass die Plakate in Toulouse ein Risiko darstellen, da sie möglicherweise Menschen zum Zögern bringen könnten, wenn es um die Impfkampagne geht. Egal was auf den Anti-Impfplakaten steht, wie kann einem bei solchen Worten nicht unwohl werden? Was wäre denn so schlimm, wenn man länger darüber nachdenkt, ob man sich wirklich eine Impfung spritzen will, für die noch keine Langzeitstudien vorliegen? “Le Point” schreibt die Plakate in Toulouse “propagieren anscheinende Nebenwirkungen der Impfung”. Die Reaktionen der französischen Massenmedien geben das knallharte Impfregime Frankreichs wieder und unterstreichen ganz nebenbei Präsident Macrons unvergessliche Worte: “Ich werde die Ungeimpften bis zum bitteren Ende nerven”.

Wie so oft gewinnt die Doppelmoral 

Genau wie in Deutschland gibt es in Frankreich aber auch viele Pro-Impfkampagnen, die meisten vom Staat selbst veranlasst sind. Als jemand der jedes Jahr in Frankreich ist, kann ich sagen, dass diese Kampagnen sogar noch verbreiteter und vielseitiger als in Deutschland sind. Es begrenzt sich nämlich nicht nur auf “Sich impfen, sich schützen”-Plakate in den Straßen (natürlich auch in mehreren Sprachen), nein, es gibt auch 1-minütige Werbeklips die auf einmal freitagabends vor deiner Lieblingssendung auf dem Fernseherbildschirm auftauchen. Da werden dann zum Beispiel dramatische Klips von einem Rugbyspieler und seiner Rugby-Freundesklique  gezeigt, um kurz danach die Kamera in ein Krankenzimmer zu schwenken, in dem der Rugbyspieler gerade geimpft wird. Das Wiedersehen mit seinen Freunden hat er nur geträumt. Danach kommt die eindringliche Nachricht der französischen Regierung: “Weil wir alle davon träumen uns wiederzutreffen, lassen wir uns impfen” 

Ich finde man sollte generell nicht Werbung für einen Impfstoff machen, als handelte es sich um eine Zahnbürste – ob Coronaimpfung oder irgendeine andere. Aber wenn man schon so viel Werbung für die Impfung macht, mit allen Mitteln versucht die Menschen dazu zu animieren sich zu impfen, kann man dann gleichzeitig, sozusagen, “Werbung gegen die Impfung” verbieten? Ich denke nicht, aber die altbekannte Doppelmoral hat sich auch hier mal wieder durchgesetzt. Denn, breaking news: Sonia Backes, Staatssekretärin für Staatsbürgerschaft, hat am 19.August bekanntgegeben, dass bald die “antivax”-Plakate in Toulouse ohne Kompromisse verboten werden sollen. Der französische Ärzterat habe sie darauf aufmerksam gemacht, dass eine derartige Plakatierung falsch und gefährlich sei. “Gefährlich”, weil es sich auf den Plakaten um Impfnebenwirkungen handelt, über die sich sonst niemand zu sprechen traut?

 

 

Beitragsbild: Screenprint via Twitter


Geschichtsfälschung à la Netflix. Jane Austen ist jetzt woke

Von Anna Graalfs | Netflix hat es mal wieder geschafft. Mein geliebter Jane Austen Roman „Persuasion“ ist auf der Streaming-Plattform brandneu als wokes Feministen-Drama zu sehen. Der Video-Schuppen ist mittlerweile ja dafür bekannt, die Crème de la Crème in Sachen Wokeness zu produzieren, aber dass sie jetzt auch noch schöne Romanklassiker in den Dreck ziehen, geht mit als Leseratte gehörig zu weit! Doch eins nach dem anderen:

Die Schönheit von Persuasion

In „Persuasion“, zu deutsch „Überredung”, geht es um Anne Elliot, die vor Jahren von ihrer Patentante überredet wurde, den Heiratsantrag des mittellosen Marineoffiziers Frederick Wentworth abzulehnen. Doch acht Jahre später kehrt der mittlerweile wohlhabende Captain zurück und die beiden treffen sich wieder… Wie alle Bücher von Austen ist auch Persuasion unfassbar fortschrittlich für seine Zeit und das auch noch in wunderschönem Englisch:

„I hate to hear you talk about women as if the were fine ladies instead of rational creatures. We none of us expect to be in smooth water all our days.” (Mrs. Croft) 

Es liegt nahe, warum ich Austens Werk gerne als „den wahren Feminismus” bezeichne, oder? In Persuasion geht es um nicht weniger als die Selbstbestimmung der Frau. Anne Elliot realisiert im Laufe des Buches, dass Rat von Freunden und Familienmitglieder wertvoll ist, sie jedoch letztendlich nur selbst die besten Entscheidungen für ihr eigenes Leben treffen kann. Viele Menschen lesen das Buch heute, ohne sich in die Lage der Frau zu dieser Zeit hineinzuversetzen. Zur Info: Das Buch wurde 1818 veröffentlicht. Damals war es geradezu revolutionär, dass Jane Austen lieber selbstständig Geld mit Romanen verdienen wollte, als sich nach einem Ehemann umzusehen. Dass die meisten Menschen zu blöde sind, um Geschichten in ihrem historischen Kontext zu lesen, haben die Macher der „Persuasion“-Verfilmung sichtlich für sich ausgenutzt. Der Film wurde hypermodernisiert – und der alte Feminismus Austens in den heutigen Woke-Feminismus übersetzt. 


Persönlichkeitswendung um 360° – mit welchem Ziel?

Beispielsweise gibt es eine Szene, in der sich Frederick bei Anne für seine „Überfürsorglichkeit” entschuldigt – 10.000 Meilen weit weg von der Buchvorlage und abgesehen davon: historischer Unsinn. Kein Mann hätte sich 1818 dafür entschuldigt. (Gott sei Dank!) Aber was mich viel mehr aufregt: Die Filmfutzis haben die Hauptfigur Anne charakterlich so sehr verändert, dass sie kaum wieder zu erkennen ist. Anstatt zu zeigen, dass Romanheldinnen auch ruhigerer Natur sein können (so ist Anne nämlich im Buch), haben sie Anne zur frechen 2022-Feministin gemacht. Allein dass Anne im Film eine Art Erzählerrolle einnimmt, passt überhaupt nicht zum eigentlichen Charakter: Anne ist passiv, selbstaufopfernd und selbstlos. Oft behält sie ihre Meinung lieber für sich, was keineswegs bedeutet, dass sie keine hat, und genau das ist es, was sie zu einem interessanten Charakter macht und von anderen Frauencharakteren unterscheidet.
Die Netflix-Adaption übersieht das komplett: Auf dem Bildschirm sieht man eine laute, links-grüne Rotzgöre im 1818-Kostüm, von der wahren Anne Elliot ist fast nichts übrig geblieben. Und wenn man genauer überlegt, ist damit nicht nur der Charakter ruiniert, nein, die ganze Story macht auch keinen Sinn mehr. Wäre Anne schon immer so vorlaut und selbstsicher gewesen, hätte sie sich doch niemals überzeugen lassen, Wentworth nicht zu heiraten.


Geschichte modernisieren zu wollen, ist Schwachsinn

Kultur kann in zwei Bereiche unterteilt werden. Oberflächliche Kultur: Traditionen, Kleidung, Essen – das was man von einer Kultur sieht. Und tiefergehende Kultur: Werte, Normen, Klassenunterschiede oder zum Beispiel die Rolle von Mann und Frau. Das Hauptproblem der Persuasion-Adaption ist, dass die tiefe Kultur des Buches vollständig ins Jahr 2022 übertragen wurde. Allein die oberflächliche Kultur von 1818 wurde versucht aufrechtzuerhalten (Betonung auf „versucht”, die Kostüme sind nämlich historisch schmerzhaft ungenau). Und da liegt der Haken: Die oberflächliche Kultur steht in direktem Zusammenhang mit der tieferen Kultur. Es macht absolut keinen Sinn, dass die Frauen die langen Kleider der Regency-Ära tragen, sich aber gleichzeitig wie freche Feministinnen geben. Will man dem Zuschauer ersthaft verkaufen, dass sich die Denkweise schon ach so sehr verändert hat, die Klassengesellschaft und äußere Gegebenheiten aber nicht? Liebe Persuasion-Macher – das ist doch reine Verarsche!


Ihr hättet es ganz anders machen können!

Dabei hätte es für das ganze Dilemma eine so einfache Lösung gegeben: Macht doch einfach einen Film, der inhaltlich von Austens „Persuasion” inspiriert ist, aber heutzutage spielt. Die Charaktere könnten dort von mir aus so woke sein wie sie wollen – wäre ja leider wahr und diese peinliche Geschichtsverzerrung bliebe einem erspart. Was mir aber noch viel besser gefallen würde: Macht doch mal einen Film, der dem Buch getreu ist! Aber vielleicht sind das nur unerfüllbare Leseratten-Träume…


Ein „em“ fühlt sich diskriminiert: Deutsche Bahn auf dem Gender-Gleis

Von Anna Graalfs | Jeder der in Deutschland schon mal mit dem Zug gefahren ist, kennt sie und  hasst sie: Die Deutsche Bahn. Eigentlich. Denn konträr zu Zugausfallen und Dauerverspätung haben sie mich in einer Hinsicht positiv überrascht: Bis jetzt wurde ich noch nie bei der DB mit gegenderter Sprache konfrontiert, weder beim Ticketkauf, online oder im direkten Austausch mit Mitarbeitern. 

Die Deutsche Bahn ist diskriminierend? 

Das soll sich aber künftig ändern. Grund dafür ist eine Klage von René_Rain Hornstein. René möchte, dass man diesen Unterstrich setzt, ich werde in dem Artikel aber der Einfachheit halber einfach René sagen. René Hornstein, eine Person die sich selbst als nicht-binär identifiziert, fühlt sich beim Onlinekauf eines Zugtickets diskriminiert. Der Satz klingt ironisch – aber wir leben im Jahr 2022, es ist leider kein Spaß. Es gibt nämlich nur zwei Anredeoptionen: Mann und Frau. Hornstein, der selbst Diplompsychologe ist, möchte außerdem nicht mit “er” oder “sie” angesprochen werden, sondern mit einem sogenannten selbsterfundenen “Neo-Pronomen”: “em”  Em betreffende Substantive, Artikel und Adjektive soll man entweder mit * oder _ gendern. Ich werde hier aber einfach von “René” und mit “er” von “ihm” reden, zwecks Verständlichkeit. Ich glaube, wenn in jedem Satz “em” steht, bekommt man schon beim Lesen Schluckauf.

Jedenfalls ist Réne mit der Klage vor das Oberlandesgericht Frankfurt gezogen. Er forderte 5000 Euro Schmerzensgeld, durch die Geschlechtsdiskriminierung entstehe ein immaterieller Schaden. Bekommen hat Hornstein “nur” einen Fünftel davon, aber er findet das “in Ordnung”. An sich hört sich das doch nicht schlecht an, oder? Anstatt mühsam zu kellnern, habe ich mir dann im Handumdrehen ein paar Große dazuverdient, wenn ich wegen Fehlen von gendergerechter Sprache klage. Nur so als Idee… Außerdem ist die Deutsche Bahn jetzt gezwungen ab Januar 2023 ihren Kunden geschlechtsneutrale Sprache aufzudrücken. Die Bahn reagiert mit anscheinendem Verständnis: Sie seien gerade dabei aktiv ihre Systeme umzustellen und an einer gendergerechten Anspracheoption zu arbeiten. “Diversity” und Wertschätzung seien bei der DB von oberster Priorität. Da verliere auch ich meinen letzten Funken Hoffnung für die Deutsche Bahn. 

Mit einem verfestigten Selbstverständnis kann man bis zu 1000 Euro abkassieren!

Die BILD hat beim OLG in Frankfurt nachgefragt, ab wann man denn als “nicht-binär” gilt. Ich meine, irgendeine handfeste, rechtliche Grundlage muss das Gericht doch haben, um dem Kläger rechtzugeben… Oder etwa nicht? Tatsächlich ist es so, dass ein “verfestigtes Selbstverständnis”, was das heißt weiß wohl keiner so genau, reicht, um als nicht-binär anerkannt zu werden. Eingetragen im Pass muss es daher nicht sein. Ich tue mich sehr schwer Hornstein ernst zu nehmen. Und das liegt nicht daran, dass er sich persönlich weder Mann noch Frau zugehörig fühlt — das ist ja seine Sache. Es liegt einfach daran wie lächerlich mir seine Klage erscheint. Wie kann man selbst fordern, dass ganz Deutschland seine Formulare umschreibt, Erwachsene sprechen halb neulernen und Deutsch-Grammatikbücher umgeändert werden (die deutsche Sprache ist ja noch nicht schwer genug für Ausländer) – aber selbst so intolerant sein, dass man sich durch Anredeoptionen beleidigt fühlt und Schweißausbrüche bekommt…? 

Ich komme mir dabei zwar ziemlich lächerlich vor, aber an sich habe ich kein großes Problem damit, René so anzusprechen wie er möchte. Trotzdem bin ich der Meinung: Du kannst beim besten Willen Leute nicht zwingen dich so und so anzusprechen – schon gar nicht ein ganzes Land. Das ist wie, wenn ich ab sofort mein Umfeld dazu zwinge “Königin” vor meinen Namen zu setzen, wenn sie mich ansprechen. Wenn ich mich selbst als Königin identifiziere, mag das zwar ziemlich selbstverliebt sein, aber niemand würde mich daran hindern, es ist einfach meine Selbstwahrnehmung. Ein Problem ist es aber, wenn ich auf einmal alle anderen dazu zwinge, mich auch als Königin anzusehen und mich dementsprechend anzusprechen. Was lernen wir also, René? Wenn dich jemand nicht mit Sternchen anspricht, heißt das nicht, er respektiert dich als Person nicht. Und wenn die Deutsche Bahn dich bei der Onlinebuchung nur mit Mann oder Frau anspricht, ist das schon gar nicht ein persönlicher Angriff auf dich René – nein, die große Mehrheit der Bevölkerung sieht sich selbst als Mann oder als Frau, und eben danach hat sich die Deutsche Bahn gerichtet. Bis jetzt…


Prostitution als normaler Job?

Von Anna Graalfs | Unter Feministinnen steht ein Thema zur ganz großen Debatte: Prostitution, beziehungsweise Sexarbeit. Dabei ist der Begriff nämlich entscheidend: Die einen reden von “Sexarbeit”, ein Beruf der selbstsicher gewählt worden ist, für den sich die Frau weder schämt noch ausbeuten lässt. “Prostitution” hingegen, sagt die andere Seite, ist klarer, struktureller Sexismus der im patriarchalen System verankert sei. Dabei ist beiden Fronten klar, dass der Kern des Metiers ein und derselbe ist: Sex gegen Geld.

Ein Gesetz, das nicht viel bringt

Gerade im linken Feministen-Milieu wird lautstark gefordert die Arbeit im horizontalen Gewerbe nicht als moralisch schlecht zu bewerten. Schließlich sei “sexwork” auch nur “work”. Eine Dienstleistung die ganz neutral gesehen werden sollte, wie beispielsweise der Beruf Frisör. Die rechtliche Grundlage dafür wurde schon 2002 mit dem Prostitutionsgesetz geschaffen. Jeder der sexuelle Dienstleistungen anbietet muss Sozialabgaben zahlen, kann sich versichern und Geld einklagen, wenn Kunden nicht zahlen. Eigentlich wie bei jedem anderen Job auch. Das Problem ist nur, dass die meisten Menschen nicht einmal von dem Gesetz wissen, viele Prostituierte auch nicht. Oder sie wissen davon, aber trauen sich nicht sich als Prostituierte anzumelden. Das Gesetz bringt ihnen nichts. Eine voreilige Stigmatisierung ist vielleicht nicht mehr so flächendeckend wie in den letzten Jahrhunderten, dennoch bleibt sie bestehen. Das Bild der klassischen Prostituierten ändert sich nicht: Eine sittenlose Frau, die ihren Spaß daraus zieht, ohne Hintergedanken mit verschieden, fremden Männern ins Bett zu hüpfen. Es kann sich kaum einer vorstellen, dass eine Prostituierte ihren Job vielleicht aus rein ökonomischen Gründen gewählt hat, ihn selbst als völlig neutral betrachtet und ihre Arbeit von ihrem Privatleben trennen kann. Trotzdem muss gesehen werden: eine Prostituierte verkauft ihren Körper — das ist Fakt. Dabei kann es durchaus schwierig werden diese beiden Seiten – die Selbstbestimmung aber auch die fragwürdige Moralität der Arbeit – zu vereinen.

Prostitution hat nichts mit female empowerment zu tun

Doch wenn Prostitution als “female empowerment”, also als Stärkung der Frauenrolle, beschrieben wird, muss ich gewaltig mit dem Kopf schütteln. Wenn wir “Sexwork” als ganz normalen Job ansehen sollten, ist eine solche Glorifizierung des Jobs auch ein Schritt nach hinten. Mal abgesehen davon, dass female EMpowerment impliziert, Frauen seien davor immer schwach und unterdrückt gewesen, bedeutet es auch, dass die Arbeit als Prostituierte eine Frau stärker, selbstsicherer macht. Auch wenn ich mich damit persönlich nicht identifizieren kann, bin ich sicher einige Frauen fühlen sich in der Rolle als Prostituierte glücklich und selbstverwirklicht. Aber man darf auch nicht vergessen wie viele Frauen noch unter Prostitution leiden, vor allem weil ihre Arbeit tragische Hintergründe hat. Eine Studie von Melissa Farley hat ergeben, dass 57 Prozent aller 130 in den USA befragten Prostituierten sexuelle Gewalt in ihrer Kindheit erlebt haben. 68 Prozent gaben außerdem an, seit Eintritt in die Prostitution vergewaltigt worden zu sein. Viele kommen aus schrecklichen Verhältnissen, betreiben Prostitution um ihre Drogensucht zu finanzieren und leiden folglich unter Depressionen. Geschlechtsverkehr gegen eine Bezahlung – ob man es jetzt Prostitution oder Sexwork nennt – mit dem Schlagwort “femaleempowerment” zu betiteln ist schlicht und ergreifend respektlos gegenüber allen durch Prostitution unterdrückten Frauen.

Ein Mittelweg zwischen Stigmatisieren und Normalisieren

Man kann Prostitution aber nicht verbieten. Das bekanntlich “älteste Gewerbe der Welt” existiert seit vielen Jahrhunderten. Schon im 13.Jahrhundert wurden in Deutschland die ersten Bordelle eingerichtet, obgleich der Begriff “Prostitution” zum ersten Mal 1567 in einem Dokument erwähnt wurde. In irgendeiner Form wird Prostitution immer existieren, also doch lieber legal als illegal, oder? Die Frage ist aber, ob man eine ständige Stigmatisierung von Prostituierten verhindern kann. Wird man Sexwork irgendwann auch einfach als Job ansehen können? Ich hoffe schon, aber “normalisieren” möchte ich Sexwork nicht. Das Wort “normalisieren” ist gefährlicher als man denkt und wird in so mancher linker Munde für meinen Geschmack zu oft gebraucht. Schließlich ist Sexwork ein außergewöhnlicher Job, die Durchschnittfrau in Deutschland kann sich nicht vorstellen Prostituierte zu werden. Es ist kein “Normalfall” Prostituierte zu sein. Ausbeutung und Missbrauch, die noch im Metier bestehen, sind andere Gründe dafür, warum man Prostitution nicht direkt als “normal” bezeichnen sollte. Was würde eine völlige Normalisierung von Prostitution auch für eine Doppelmoral darstellen: Eltern die ihrer 16-jährigen Tochter erzählen, sie soll erst intim werden, wenn sie wirklich sicher ist, dass ihr Freund “der Richtige” ist und sie sich bereit dafür fühlt. Dieselben Eltern, die ihrer Tochter aber auch versichern, klar, wenn sie Prostituierte werden will, dann soll sie Prostituierte werden. Die Türen stehen ihr alle offen und schließlich ist es ja auch nur ein Job wie jeder andere…                

Schlussendlich bleibt nur eins: Ob Prostitution Selbstbestimmung ist, zu Zufriedenheit (auf beiden Seiten) führt oder ob Prostitution von Ausbeutung und Gewalt geprägt ist und deswegen nicht zu befürworten ist, kann man nur im Einzelfall unterscheiden. Aber ein ganzes Metier einfach nur aufgrund von überholten Moralansichten zu verdammen wäre fatal. Wenn eine Frau unbedingt Prostituierte sein will, ist das letztendlich ihre freie, persönliche Entscheidung. Und wir leben ja nicht mehr im 18.Jahrhundert, oder?


Diversität statt Spannung. Die Krimis von heute kann man in der Pfeife rauchen!

Von Anna Graalfs | Bei meinem wöchentlichen Krimiabend habe ich mir neulich „Rechnung mit einer Unbekannten” angeguckt und war dabei in Dauerspannung an meinen Sessel gebunden. Josef Rosenkötter gibt sich als Witwer bei einem Partnervermittlungs-Inserat aus und lädt die reiche Roswitha Mattusch zu sich nach Hause ein. Dort erschießt er sie und täuscht einen Einbruch vor. Vor der Polizei identifiziert Rosenkötter die tote Frau Mattusch als seine Ehefrau, mit dem geheimen Plan die Lebensversicherung seiner Frau zu kassieren, um seine Firma vor dem Bankrott zu retten. Doch er rechnet nicht damit, dass seine Frau, die eingeweiht ist, schlussendlich von einer Affäre zwischen ihrem Mann und seiner Untermieterin erfährt und dann ihren Mann mit der Tatwaffe erpresst. Die ganzen 85 Minuten werden musikalisch ausgeschmückt mit Rock-Banger “The Raven” von The Alan Parsons Project und Pink-Floyd-Knüller „Shines On You Like A Diamond”.

Nein, leider ist das nicht die zuletzt erschienene Tatortfolge, sondern eine Episode der ARD-Krimireihe aus dem Jahr 1978. Einen derart fesselnden Krimi, mit so raffinierter Komplexität, sucht man heute vergeblich. Als Krimi-Fan stelle ich fest: das Genre ist ausgelutscht, die Fälle ähneln sich immer mehr, und vor allem: Krimifolgen sind zur linken Meinungsmache geworden. Viel zu oft ist das Tatmotiv: Rassismus, Ausländerfeindlichkeit, Frauenfeindlichkeit oder, noch besser, er war einfach ein Psychopath. Man bekommt den Eindruck, dass die Tatort-Autoren gar nicht erst versuchen, ihre politischen Sympathien zu verstecken. Erst letztes Jahr kam heraus, dass die Produktionsfirma für die NDR-Tatorte linksextremen Gruppen 3000 Euro gezahlt hat, um in einem linken Zentrum (der Monkrystraße) den Hamburger Tatort drehen zu können.

Zuschauerzahlen des Tatorts sinken zurecht

Lauert denn wirklich hinter jedem Stein ein blutrünstiger Frauenfeind? Und wäre es nicht spannender, sich kompliziertere Motive und Tatabläufe auszudenken? Das Beeindruckende an den alten Krimis ist doch, dass nicht nur die normalsten Menschen zu Tätern werden – im Affekt oder durch die verrücktesten Motive -, sondern dass diese Figuren auch noch von brillanten, aus dem Theater kommenden Schauspielern wie Peter Matic verkörpert wurden. Matic ist für die Synchronisierung des britischen Charakterdarstellers Ben Kingsley (Hauptrolle in „Gandhi” von 1982) bekannt. Ich glaube diejenigen, die sich Sonntagabend allein mit ihrem Müsli vor dem Fernseher einen Tatort reinziehen, weil sie nichts Besseres zu tun haben, wären im absoluten Krimi-Himmel, wenn sie in der goldenen Fernsehzeit eine Folge „Ein Fall für Zwei” gesehen hätten. Es gibt kein besseres Ermittlungsduo als der bodenständige Rechtsanwalt Dr. Renz und der ewig-junge Lederjacken-Privatdetektiv Josef Matula.

Der hoch-psychologische Tatort „Reifezeugnis” aus 1977, der eine Schülerin, die eine Affäre mit ihrem Lehrer hat, im Affekt zur Täterin werden lässt, hat mit 25,05 Millionen Zuschauern bei seiner Erstausstrahlung die zweitgrößte Zuschauerzahl ALLER Tatortfolgen erreicht. Die durchschnittliche Zuschauerzahl bei einem Tatort beträgt inzwischen nur noch ca. 9 Millionen (Stand 2016). Die große Krimi-Zeit ist vorbei, die Zuschauerzahlen sind insgesamt gesunken und Rekordzahlen wie Ende der 70er werden sie wohl nie wieder erreichen. Natürlich liegt das an dem momentanen Überangebot an Krimiserien (in den 70ern und 80ern gab es einfach längst nicht so viele Fernsehsender wie heute), aber es hat auch zweifellos etwas mit der Qualität der Krimis zu tun.

Sinnlose Gewalt erzeugt keine Spannung

Um die langweiligen Psychopathen-Mörder-Krimis aufzupushen und händeringend Zuschauer vor den Fernseher zu locken, wird neuerdings einfach grundlos unfassbar viel Gewalt angewendet. Kaum hat der Krimi richtig angefangen, schwenkt die Kamera in ein düsteres Zimmer, dessen Boden dem reinsten Blutbad nicht ähnlicher sein könnte. Die Schimanski-Tatorte hingegen (von 1981 bis 1991 ermittelte Kommissar Schimanski, gespielt von Götz George, insgesamt 29-mal im Ruhrgebiet), haben es immer geschafft, für einen spannenden, mit Verfolgungsjagden gefüllten Krimi zu sorgen, ohne dass den Zuschauer dabei die brutalsten Massaker bis ins Jenseits verfolgen. 60 oder 90 Minuten lang wird man heute mit ekligen Bildern bombardiert, sodass man gar nicht mehr dazu kommt, sich genauer über den Krimiplot Gedanken zu machen. Scheinbar „gruselige” Szenen sind viel zu direkt, sie erzeugen nicht mehr das schaurige, langsam aber sicher aufkommende Unbehagen beim Zuschauer. Wenn man gezwungen ist, die immer größer werdende Spannung auszuhalten, zum Beispiel bei alten Hitchcock-Klassikern wie Psycho, durch unscheinbare Andeutungen, Musik oder die Kameraführung, ist der Schockmoment umso haarsträubender, wenn er dann eintritt. In modernen Krimis wird man dagegen einfach in Dauerschleife mit abscheulichen Bildern überladen – bis man völlig überreizt und abgestumpft ist.

Aber was mich am meisten aufregt, ist die gezwungene Diversität in modernen Krimis. Es darf heute offenbar auf keinen Fall mehr so schlagfertige Kommissare wie „Derrick” (aus der gleichnamigen Krimiserie) geben. Dabei ist es legendär, wenn er mit zurückgegelten Haaren und ernstem Blick aus dem Polizeipräsidium kommt und zu seinem Assistenten sagt: „Harry, hol’ schon mal den Wagen.” Doch oh nein – er ist nun mal ein weißer, privilegierter, alter Mann. Natürlich wäre es komisch, gäbe es keine einzige weibliche Kommissarin in der ganzen Krimilandschaft, aber das ist nicht der Fall. Sigrid Göhler wurde als erste weibliche Kriminalistin im deutschen Fernsehen (beziehungsweise in der DDR) durch die Krimiserie „Polizeiruf 101” bekannt. Und alte, geliebte Detektivinnen wie Miss Marple sind natürlich auch nicht zu vergessen. Also waren auch in den 80ern All-Men-Besetzungen nicht die Regel, obgleich die Krimis mit Männern als Kommissaren insgesamt mehr Erfolg hatten.

Gezwungene Diversität nervt

Doch daran erinnert sich wohl keiner mehr. Heute ist das nervtötende Motto jedes Tatorts: Wir brauchen unbedingt mehr lesbische Kommissarinnen, deren Migrationshintergrund immer zum Thema werden muss! NDR schreibt Vielfalt im Tatort ganz groß. Seit Neustem machen sie sich sogar selbst Vorschriften, die vom „Inclusion-Rider-Concept“ der US-Unterhaltungsindustrie inspiriert sind. In der Tatort-Folge „Schattenleben” aus dem Juni dieses Jahres sind 17 % der an der Produktion beteiligten Personen „BIPOC” (Black, Indigenous and People Of Colour, die neue korrekte Bezeichnung). Außerdem sind ganze 65 % der Führungspositionen mit Frauen besetzt. Der Grund dahinter soll „äußere Repräsentation” sein, entschuldige den Kraftausdruck, aber: was ein Bullshit. Man wird nie jeden repräsentieren können. Und wenn man einmal damit anfängt, verrennt man sich schnell. Ich finde es gibt nicht genug rothaarige Kommissarinnen mit Sommersprossen, deswegen fühle ich mich nicht ausreichend repräsentiert. Das ist strukturelle Rotschopf-Feindlichkeit. Vielleicht sollten Krimiautoren sich einfach mal wieder neue, spannende Geschichten ausdenken, statt zu überlegen, welchen der Filmcharaktere sie noch trans- oder homosexuell machen können. Könnte es sogar sein, dass diese penetrante Diversität im deutschen Fernsehen eigentlich nur dazu dient, die Ideenlosigkeit der Drehbuchautoren zu kaschieren? Der „Wir sind divers!”-Ausruf in modernen Krimiserien ist nichts anderes als die erhobene weiße Flagge: Der Krimi ergibt sich, er hat nichts Besseres zu bieten, als seine ach-so-schöne Diversität.

 

Die Fähigkeit, ein guter Kommissar zu sein, hat doch nichts damit zu tun, welche Geschlechtsorgane oder welche Hautfarbe jemand hat. Ich gucke wöchentlich die alten Krimis und dabei fällt mir auf: Ich möchte auch so ein cooler Detektiv wie Matula sein. Und dass er ein vierzig-jähriger Frauenschwarm ist, hält mich nicht davon ab. Ob ich mich mit einem Kommissar identifiziere oder ihn als Vorbild betrachte, hängt nicht von seinem Geschlecht ab – sondern allein davon, wie der Charakter durch den Schauspieler dargestellt wird. Wie er spricht, wie er sich bewegt und gibt. Alles, was ich mir für moderne Krimis wünsche, ist weniger erzwungene Diversität. Also, liebe Tatort-Autoren: Statt gezielt nach schwarzen Schauspielern zu suchen, solltet ihr vielleicht lieber mal nach guten Schauspielern suchen – und wenn diese schwarz sind, dann sind sie schwarz – na und? Außerdem fände ich es cool, ein bisschen weniger sinnlose, brutale Gewalt zu sehen. Vielleicht ist dann – aber auch nur dann – endlich wieder Platz für neue, kreative und vor allem spannende Krimifilme.


Anti-Rassismus-Seminar statt mündlicher Abiprüfung

Von Anna Graalfs | Seit einem Jahr gibt es an meiner Schule ein Anti-Rassismus-Seminar für die Oberstufe. Ich bin jetzt in der 10. Klasse und bis zu den Kurswahlen diesen Februar hatte ich noch nie davon gehört. Was macht man in diesem Seminar? Erst habe ich gedacht, dass vielleicht das Sklaverei-Dilemma im Amerikanischen Bürgerkrieg oder die Apartheid in den USA in den 1960ern behandelt werden. Sozusagen als kleiner Zusatz zum regulären Geschichtsunterricht, in dem zumindest bei mir solche Themen nicht vorgekommen sind. Doch nichts da: Das ANTI-Rassismus-Seminar soll ganz „gegenwarts-” und „realitätsbezogen” sein. Heutzutage reicht es eben nicht mehr, kein Rassist zu sein, man muss schon ANTI-Rassist sein. Ich habe mich mal informiert: Wirklich gelehrt werden soll in dem Kurs anscheinend nichts, der Fokus liegt auf dem Diskutieren. Wenn ich im Hinterkopf habe, dass die Lehrerin stets beim Sprechen gendert und die Schüler, die diesen Kurs besuchen, auf jeder möglichen Plattform ihre Pronomen in ihrer Bio stehen haben, kann ich mir schon denken, wie sehr diese „Diskussion” nach links verschoben sein wird.

Diskussionsthemen wie bei der Grünen Jugend

Das zeigt sich auch in den angekündigten Themen: Warum Dreadlocks-Tragen (oder andere, afrikanische Frisuren) von weißen Personen Cultural Appropriation ist, warum die Auswahl an Make-Up-Farben im Rossmann von Buxtehude strukturell rassistisch ist und warum es Pflaster eigentlich auch in dunkleren Nuancen geben sollte, statt nur in Hautfarbe. HALT, das darf man natürlich nicht sagen – ich korrigiere mich – es heißt neuerdings „Schweinchenfarbe” oder „lachsfarben”. All diese Themen werden im Seminarkurs erarbeitet und dabei wird fleißig recherchiert. Ich möchte nicht zu sehr von Vorurteilen geprägt sein, aber ich kann mir gut vorstellen, dass die Lehrerin, nennen wir sie hier einfach mal Frau Korrekt, nicht einmal Fragen stellen wird wie: „Denken Sie die geringe Make-Up Farbenauswahl kann man irgendwo als rassistisch bezeichnen?” Frau Korrekts Fragen werden wohl eher so klingen: „Können Sie sich denn vorstellen, warum es strukturell rassistisch ist, dass es hier nur so eine geringe Make-Up Farbenauswahl gibt?” Danach folgt eine spannende Debatte, bei dem der Meinungskorridor mal wieder so eng wie eine Flugzeugtoilette ist. Fertige Recherchearbeiten werden gegen Ende des Schuljahres dann in den Schulgängen ausgestellt, damit auch 5. Klässler ihren moralischen Horizont erweitern können.

Mit dem Kurs lässt sich eine Abiprüfung ersetzen

Doch jetzt kommt das allerbeste: abgeschlossene Seminarkurse können dir eine der zwei mündlichen Abiturprüfungen in Baden-Württemberg ersetzen! Das ist wohl auch der Grund, warum sich so viele für das Anti-Rassismus-Gedöns eingeschrieben haben. Ich habe mal gezählt: etwas mehr als ein Viertel meiner Stufe möchte sich eine Prüfung sparen, ähh Anti-Rassist werden. Dabei gibt es sogar noch einen zweiten Kurs, mit dem man eine mündliche Abiprüfung ersetzen kann. Das Problem ist nur: Wer auch immer für diesen Kurs zuständig ist, er hat sich wohl mit Absicht das langweiligste Thema der Schulgeschichte ausgesucht: Numismatik, die Wissenschaft von Münzen. Sogar ich, als History-Lover und Geschichts-LK-Wähler, könnte bei diesem Unterricht nur mit mehreren Kaffees intus wachbleiben. Der Kurs kommt jetzt wahrscheinlich mit knapp 9 Schülern doch zustande, ein kleiner Trost für den armen Lehrer, dessen Philosophiekurs von satten drei Leuten gewählt wurde. Aber mit dem Anti-Rassismus-Seminar scheint alles glatt zu laufen!

Eine 40-seitige Ausarbeitung ist Pflicht

Einen Haken hat die Sache allerdings: Die drei Stunden Unterricht fallen mit großer Sicherheit immer in die Abendstunden, wenn man schon fix und fertig von seinem Tag ist. Außerdem lassen sich das Deutsch- und Matheabi nicht mit dem Seminar ersetzen. So weit sind wir dann doch noch nicht. Und der noch größere Haken: Der Seminarkurs nimmt zwar nur die elfte Klasse in Anspruch, aber er endet mit einer 40-seitigen individuellen Ausarbeitung über ein selbstgewähltes Rassismus-Thema. Die wahre Hölle für alle Deutsch-Hasser! Auf der anderen Seite kann man sich ja einfach ein bisschen über den Begriff „Schwarzer” oder „Dunkelhäutiger” aufregen… Frau Korrekt wird man damit sicherlich beeindrucken können. Schwänzen geht auch nicht: Die Fehlstunden werden streng gezählt. Es kann ja nicht sein, dass dir das mündliche Abi geschenkt wird, wenn du bei den Seminaren nicht einmal anwesend warst. Und gut, abgesehen davon, ein bisschen mehr linke Meinungsmache im Unterricht schadet nie…

Dennoch ist insgesamt ziemlich klar, warum das Anti-Rassismus-Seminar so viel Erfolg hat. Für alle Blitzmerker: am Interesse meiner Mitschüler an dem Thema liegt es nicht! Aber wenn du ohnehin schon ein ach so rebellischer Teenager bist, der sich sehr gerne täglich auf Woke-TikTok begibt, umso besser! In Zukunft kannst du deine Social-Justice-Warrior-Aktivitäten auch im Unterricht vollbringen.


Woke Bücher auf der Bestseller-Liste 

Von Anna Graalfs | Als große Leseratte bin ich natürlich auch auf Instagram unterwegs, um mir Empfehlungen zu holen und über neue Veröffentlichungen Bescheid zu wissen. Das Ganze wird auch “Bookstagram” genannt. Einige sehr gute Bücher habe ich durch diverse Instagramkontenkennengelernt. Doch obwohl ich eigentlich eher nach Klassikern oder Geschichtsfiktion suche, werden mir ständig Posts über gesellschaftspolitische Bücher mit schockierenden Titeln und fraglichen Inhalten vorgeschlagen…

Eines der wohl bekanntesten Social-Justice-Warrior Bücher im Internet ist “Why I No Longer Talk To White People About Race”, ein Sunday-Times Bestseller, von Reni Eddo-Lodge. Normalerweise bin ich bei meiner Lektürewahl nicht gerade von Vorurteilen geprägt, doch bei diesem Exemplar musste ich nicht einmal den Klappentext lesen, um zu wissen, dass es mir nicht gefallen würde. Der Marketingversuch “mit einem provozierenden Titel den Käufer ansprechen” ist hier zumindest bei jedem halbwegs vernünftigen, klardenkenden Menschen sicherlich nach hinten losgegangen… Ich glaube der Titel schreckt mehr Leute ab, als dass er sie anziehen soll. Was eigentlich erst gegen meinen Willen war, habe ich dann doch gemacht, als ich Lust hatte so richtig in Rage zu geraten und gleichzeitig vor Lachen nicht mehr atmen zu können: Mehrere Passagen aus dem Buch durchzulesen. Der Inhalt unterscheidet sich nicht wirklich von anderen extrem-woken Einstellungen und war daher nichts Neues. Vielmehr fasst dieses Buch alle Erkenntnisse der SJW’s im Besserwisser-Ton zusammen und stellt insgesamt in meinen Augen eine Art “Bible Of Wokeness” dar. Denn ja, es geht nicht nur um Rassismus. Feminismus, Kultur und Wirtschaft werden alle mit Rassismus in einen Topf geschmissen und kräftig zu einer dicken Masse die “Diskriminierung!” schreit vermischt. Die allbekannte “White Supremacy” oder das “White Privilege” sind natürlich auch mit von der Partie im Debut-Buch der Britin. Der beste Part ist aber wo Eddo-Lodge gefühlsvoll über ihre eigenen Erfahrungen mit Rassismus reflektiert: Being constantlylooked at like an alien in the country you were born in requires true tolerence.” Ich würde nicht behaupten, dass diese Toleranz bei ihr auch vorhanden ist, wenn es darum geht, gesellschaftliche Themen wie zum Beispiel Rassismus mit jedem diskutieren zu können, abgesehen von Geschlecht, Beruf und vor Allem: Hautfarbe. (Deswegen habe ich mich jetzt ganz frech zu dem Thema geäußert, Reni)

Ein anderes super-wokes Buch, welches Gott sei Dank noch nicht so bekannt ist, andererseits aber eigentlich in die Schlagzeilen gesprengt haben sollte, ist “I Hate Men” von Pauline Harmange. Es jetzt nicht mal “Why I Hate Men”, dann hätte ich vielleicht noch mal ein halbes Auge zudrücken können. (oder ¼ Auge) Die Verleger und der Buchhandel konnten da anscheinend drei Augen zudrücken, denn das Buch ist überall problemlos erhältlich. Drehen wir den Spieß doch mal um: Ein Mann, am betsen noch ein 45-jähriger Weißer, schreibt ein Buch mit dem Titel: “I hate Women”. Die Medien, das ganze Internet würden durchdrehen, den Verstand verlieren, Mysogonie schreien. Und zurecht! Doch warum passiert das nicht wenn der Fall genau umgekehrt ist? Tja, es ist momentan nun mal Trend Männer zu hassen. Ich konnte mich hier nicht überwinden Passagen aus dem Buch zu lesen, aber einige Rezensionen kamen mir unfreiwillig unter die Augen. Eine Leserin schrieb unironisch: “Wundervolle Misandrie!” Wo bleibt unsere Cancel-Culture eigentlich jetzt? Aus einer Review habe ich gezogen, dass Kindergarten-Logik im Buch omnipräsent ist: Wenn Männer aufhören würden “uns” zu hassen, könnten “wir” auch aufhören sie zu hassen. Anscheinend schreit das Buch im Großen und Ganzen “das böse Patriarchat!”, obwohl wir meiner Meinung nach mindestens seit der Einführung des Wahlrechts für Frauen nicht mehr in einem solchen leben. Auch in diesem Buch sind also keine “woken News”, die mich noch sonderlich überraschen könnten. Die meiste Zeit muss ich laut über diese Bücher lachen, doch manchmal erschreckt es mich zutiefst, dass sie eine so große Reichweite haben und bestimmte Instagram-Aktivisten in ihren linksradikalen Meinungen bekräftigen