Unter dem Teppich – Apollo Edition 8/2022

Liebe Leser,

Ihr habt es wahrscheinlich mitbekommen, vielleicht ist das auch der Grund, weshalb ihr hier seid: Wir sind gerade dabei, die Berlin-Wahl zu stürzen (ganz bescheiden gesagt). Unser größter Erfolg seit Max Mannhart unseren Blog mit 15 Jahren in seinem Kinderzimmer gegründet hat. 

Sämtliche unserer Rechercheergebnisse, die auf Tichys Einblick veröffentlicht wurden, wurden von großen Medien wie der Welt, der Berliner Zeitung und dem Tagesspiegel übernommen – ohne Quellenangabe versteht sich. Wir nehmen das als Kompliment: Wenn diese großen professionellen Medienhäuser unsere Geschichten übernehmen, ohne es für nötig zu halten zu erwähnen, dass sie von einem Haufen Jugendlicher ohne Journalistenausbildung und teilweise sogar noch ohne Schulabschluss aufgedeckt wurden – na dann müssen wir echt gut sein. Unser Anti-Establishment Konzept zur Ausbildung von Nachwuchsjournalisten scheint große Wirkung zu zeigen.

Es fing an mit bloßem Aktenwälzen, von dem wir uns nicht viel erhofft hatten, weil Berlin ja schon dezent am Ende ist. Doch es endete nun mit einer ausrastenden Präsidentin des Berliner Verfassungsgerichts, einer Wahlleitung, die indirekt Falschaussagen eingestehen musste, mehreren Strafanzeigen gegen die Verantwortlichen und einem ganz einfachen Fazit: Wir konnten alle Argumente, die gegen eine Wahlwiederholung sprachen, widerlegen.

Mehr kann man als Journalisten auch nicht machen. Nun liegt es an der Politik und der Justiz, wieder für Ordnung zu sorgen. Ein Versprechen können wir jetzt schon geben: Wir haben uns festgebissen und wir werden nicht locker lassen. Auch wenn die Verantwortlichen denken, sie könnten es unter den Teppich kehren – wir sind Nervensägen und das werden wir auch bleiben. 

Unsere Recherchen sind im Auftrag von Tichys Einblick entstanden und auch dort erschienen. Alle Exklusivberichte werden wir auch weiterhin dort veröffentlichen, behaltet also ein Auge darauf. Was wir hier auf Apollo bieten, ist ein Blick hinter die Kulissen: Wie lief das ganze genau ab, wer sind wir überhaupt, was kommt als nächstes?

Aber wir haben auch Blut geleckt. Neben der Berlin-Wahl gab es in den letzten Jahrzehnten in der Deutschen Politik immer wieder Skandale, die eigentlich ganz offen auf dem Tisch lagen, doch dann auf wundersame Weise verschwunden sind. Alle großen Aufdeckungen der letzen Jahre, auf die nichts gefolgt ist, haben wir deshalb wieder unter dem Teppich hervor gekehrt. 

Also präsentiere ich, die erste Apollo-Edition unserer neuen Ära!

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Elisa David

Chefredakteurin

Unsere Berlin-Story

Sind wir heimlich alle 60-Jährige? Leaks zu unserem Apollo-Ausbildungsprogramm

Von Larissa Fußer | Wer steckt hinter Apollo News? Wir zeigen es Ihnen. So arbeitet Deutschlands dynamischstes Jugendmagazin.

Eindrücke zur Berlinwahl-Recherche: drei Autoren erzählen

Von Laura Werz, Selma Green, Jonas Kürsch | Unser junges Team erzählt von seiner Recherche und der Spurensuche im Aktendschungel der Affäre rund um die Berliner Wahl 2021.

Berlin-Wahl: Die Rechnung, von der der Berliner Senat nicht möchte, dass Sie sie verstehen

Von Max Mannhart | Unser wichtigstes Rechercheergebnis kurz zusammengefasst: Der Berliner Senat verpfuschte die Wahl – und manipulierte dann den Auszählungsprozess um das zu vertuschen.

Die vergessenen Skandale

Die Marke Scholz: Das macht doch nichts, das merkt doch keiner 

Von Jonas Kürsch: Wirecard, Warburg, Brechmittel: Die Frage ist nicht, ob Scholz längst hätte zurücktreten müssen, sondern wie oft.

Der Staat – ein beliebter Kooperationspartner für Influencer

Von Johanna Beckmann | Der Staat finanziert politische Influencer – und will so die Jugend für sich gewinnen.

Muttis Erbe 

Von Gesche Javelin: Deutschland leidet an einer General-Amnesie. Russlandpolitik, Energiewende, Verteidigung: Angela M.? Nie gehört.

Die Pflege-Impfpflicht – Grundrechtseingriffe an der Tagesordnung, aber niemanden interessiert‘s 

Von Anna Graalfs | Die Impfpflicht für alle ist gescheitert, die Pfleger-Impfpflicht läuft einfach weiter. Die große Empörung bleibt aus. Wie kann das sein?

Antisemitismus finanziert mit deutschem Steuergeld: Das schmutzige Geschäft der UNRWA 

Von Selma Green | Die UNRWA, das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen in Palästina, ist von der Hamas unterwandert. Deutschland & Co. finanzieren sie weiter.

“Taxlandia“ – das Steuerpropaganda-Handyspiel, das die EU 155.000€ gekostet hat 

Von Jerome Wnuk | Um junge Menschen für das Steuerzahlen zu begeistern, greift die EU tief in die Tasche. Früher nannte man das Staatspropaganda, heute Peanuts.

Markus Söder: Maskenaffären, ein fragwürdiges Menschenbild und katastrophale Personalentscheidungen

Von Jonas Aston | In der Corona-Politik machte er alles falsch, was man falsch machen kann. Doch Konsequenzen trägt er keine – wie kann das sein?

Unterm Strich: Ungenügend – ein Zwischenzeugnis für Frau Lambrecht

Von Noemi | Frau Lambrecht ist zur falschen Zeit am falschen Ort und scheint kein Interesse daran zu haben, an ihrem Dauerversagen etwas zu ändern. Aber das richtige Parteibuch regelt das scheinbar.

Lufthansa und der Antisemitismus: Turbulentes aus der Luftfahrt 

Von Simon Ben Schumann | Der Kranich hat ein Problem mit Antisemitismus – und ansonsten läuft es auch kaum rund. Ob ihr eine sanfte Landung noch gelingen wird? „Tower warning: bad weather.“ 

Andere Wühler

Tim Röhn und die Kunst des Presseanfragen-Terrors

Von Larissa Fußer |  Tim Röhn lässt Lauterbach & Co. schwitzen. Es gibt ihn noch, den Investigativjournalismus.

Timur Husein – die Einmann-Armee gegen den Kreuzberger Wahnsinn

Von Pauline Schwarz |  In Berlin-Kreuzberg für die CDU – puh. Ein einsamer Kommunalpolitiker auf den Spuren des Wahnsinns.



Old Hollywood: Filme zwischen Libertarismus und Sittenstrenge

Von Anna Graalfs | Heutzutage wird die fortschrittlichste Zeit Hollywoods meist ab den 1960er Jahren bis heute eingeschätzt. Dabei gibt es eine Zeit in Hollywood, deren progressive Filme leider schon längst vergessen sind und erst einmal aus den Tiefen des Internets herausgefiltert werden müssen. Ich rede von der Zeit vom Beginn der Tonfilme ca. 1929 bis zur Einführung des „Motion Picture Production Codes“ im Juli 1934. Diese kurze Zeitspanne des amerikanischen Kinos bezeichnet man deswegen als „Pre-Code Cinema“. Viele der Pre-Code Filmen angesprochenen Themen, kehren erst in den 60ern zurück in das amerikanische Kino, weswegen es sich lohnt, einen Blick auf einige der Filme vom Anfang der 30er zu werfen.

Die Pre-Code-Ära

Die „roaring 20s“ und das Ende der Stummfilm-Ära haben radikale Veränderungen in die Filmwelt gebracht. So wird in Filmen offen über Sexualität gesprochen, Beziehungen realistisch (schmerzhaft) dargestellt, Kirche und Religion kritisiert und generell kein Blatt vor den Mund genommen, wenn es darum geht, gesellschaftsskeptische, freiheitliche Gedanken zu äußern. Das 1920 eingeführte Wahlrecht für Frauen führte auch zur vermehrten Darstellung von selbstbewussten, selbstbestimmten Frauen in Filmen. Das Pre-Code Kino erkundet vor allem viele Blickwinkel auf Liebesbeziehungen, auch wenn diese oft nicht als moralisch korrekt gelten, zumindest in den 1930er Jahren. So ist zum Beispiel zu bedenken, dass Scheidungen zumindest für die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts als schändlich galten, vor allem für Frauen, weil diese zusätzlich finanziell abhängig von ihren Ehemännern waren. „The Divorcee“ (1930) ist ein Film, der sich nicht nur mit der Scheidung an sich beschäftigt, sondern auch mit den Gründen, die dahinterstecken, und insbesondere mit den Konsequenzen, die eine Scheidung damals mit sich brachte. Aus heutiger Sicht stellt die Message hinter dem Film nichts Neues dar, doch 1930 spielte der Film eine große Rolle im Vorstoß der Filmemacher, Probleme in Beziehungen realistischer darzustellen und offen zu diskutieren. Ein anderer Pre-Code Film, der die moralischen Grenzen einer Liebesbeziehung auslotet, ist „Design For Living” (1933) von Ernst Lubitsch, einer der bekanntesten Pre-Code-Regisseure. In dem Film wird zuerst ein klassisches Liebesdreieck vorgestellt, welches schlussendlich aber mit einer neuzeitlichen Lösung zum Happy-End geführt wird: Die Frau behält beide Männer als ihre Partner und die Männer sind damit einverstanden. Im Laufe des Films werden leicht durchschaubare Anspielungen auf Sex gemacht, an einer Stelle wird das Wort sogar schamlos in den Mund genommen. Dinge, die zum Beispiel im Kino der 1950er Jahre kaum zu sehen sind, beziehungsweise nur sehr mutigen Regisseuren überlassen waren.

Einer der letzten Filme vor dem Code ist „It Happened One Night” (1934), ein Frank-Capra-Film der 1935 alle Oscars in den fünf wichtigsten Kategorien abräumte, darunter unter anderem „Bester Film” und „Bester Schauspieler”/„Beste Schauspielerin” für Clark Gable und Claudette Colbert. Wenn man die Screwball-Komödie mit Filmen einiger Jahre zuvor vergleicht, merkt man, dass sie schon etwas unter Einfluss des sich anbahnenden Codes stand. Die beiden Hauptcharaktere, die sich im Bus kennenlernen, schlafen in Raststätten zwar im selben Raum, aber mit einem Laken als Trennung zwischen den Betten, das die Hauptfiguren als „Mauern Jerichos” bezeichnen. In der Schlussszene wird das Gebäude nur von außen gezeigt während erwähnt wird, dass nun „endlich die Mauern Jerichos gefallen sind”. Ich kann den Film übrigens generell sehr empfehlen, die Dialoge sind brillant.

Die Einführung und Abschaffung des MPPC-Codes

Versuche, einen Code zu etablieren, gab es schon in den 1920er Jahren – denn natürlich gibt es bei freiheitlichen Revolutionen jeder Art Gegner, die krampfhaft an alten gesellschaftlichen Normen festhalten. Vor allem Präsident Franklin D. Roosevelt und kirchliche Würdenträger, wie William Hays, hatten ihre Probleme mit den in Pre-Code Filmen geförderten Gedanken und Idealen. Hays schaffte es, eine Guidelineliste mit „Don’ts und Be Careful’s” durchsetzen, die jedoch von den meisten Filmstudios nicht sonderlich ernst genommen wurde. Erst 1934 kam es zur endgültigen Durchsetzung eines Codes, welcher es erforderlich machte, für jeden Film eine Zulassungsbescheinigung zu erhalten, bevor er veröffentlicht wurde. Der MPPC-Code wird unter Kennern auch als Hays-Code bezeichnet. Filme jeglicher Art mussten eine Vielzahl von Vorschriften erfüllen. Die bekanntesten sind folgende:

  • keine gezeigte oder auch angedeutete Nacktheit
  • keine Blasphemie
  • keine Gotteslästerung durch Kraftausdrücke (sogar Ausrufe wie “God” und “damn” in einem nicht-religiösen Sinn waren untersagt)
  • keine Einnahme von Drogen/Alkohol
  • keine Sympathie/Glorifizierung für jede Art gesetzwidriger Handlungen
  • keine Liebesbeziehungen zwischen Schwarzen und Weißen

Diese Regeln sind zum Beispiel der Grund dafür, warum man in 40er/50er Jahre-Filmen selten lange, leidenschaftliche Kussszenen sieht. Auf der anderen Seite ist es eben dieser strikte Code, der den Filmen des „Golden Age” ihre Kreativität verleiht. Regisseure waren gezwungen, die Message des Films auf subtilere, raffiniertere Art und Weise zu verpacken. Und diese Raffinesse ist Teil dessen, was den Charm Old Hollywoods ausmacht und Filme Hitchcocks, Capras oder William Wylers unvergesslich macht.

Der Code wurde schließlich durch gewagte, aber geliebte Filme wie „Some Like It Hot” (1959) allmählich mit Füßen getreten, sodass es 1968 mit der „New Hollywood Revolution” zur endgültigen Abschaffung des Hays-Codes kommt. Spätestens zu diesem Zeitpunkt war auch das „Golden Age” vorüber, welches mit der Einführung des Codes begann.


Eindrücke zur Berlinwahl-Recherche: drei Autoren erzählen

Selma (16):


Am Dienstagmorgen, den 17. Mai, trottete ich nicht, wie sonst, zur Schule. Nein, an dem Tag marschierte ich zum Kammergericht in Berlin. Ich ließ 8 Schulstunden und einen Mathetest sausen und setzte mich vor sieben Ordner, mit je 500 Seiten. Haben sie schon mal 4000 Seiten am Stück fotografiert? Kamera nach links: klick!, Kamera nach rechts: klick!, umblättern, Kamera nach links: klick!, Kamera nach rechts…so ging es weiter, für neun Stunden. Nun, es war der Sinn der Sache, der mich antrieb, all diese Seiten zu fotografieren: Es geht schließlich um unsere Demokratie! Außerdem: bei der Arbeit, so dumpf sie auch klingt, gab es doch eine gewisse Spannung, denn jedes zweite Wahllokal hatte eine andere Story über eine Wahlpanne zu bieten. Neun Stunden lang arbeitete ich mich durch die Wahlunterlagen der Berlinwahl und habe alles mögliche gesehen: Protokolle auf blankem Papier, auf gelbem Papier und sogar auf einem Stück Pappe! Wahlhelfer, die kein Deutsch können, Wahlhelfer, die Leute zwei Mal wählen lassen und Wahlhelfer, die nicht verstanden haben, was sie da ausfüllen. Nicht zu fassen wie mit dieser Wahl umgegangen wird. Ich bin vielleicht erst 16 Jahre alt und war noch nie an einer Wahl beteiligt, doch selbst ich rieche, dass da was faul ist.


Laura (19):


Zwei Tage der letzten Woche verbrachte ich im Kammergericht Berlin, zwischen Kisten und Aktenstapeln, mit dem Handy in der Hand, Fotos knipsend. Statt in die Uni zu gehen, habe ich mich durch die Wahlunterlagen von Neukölln und Lichtenberg gearbeitet. Wir haben teilweise stillschweigend, konzentriert und stringent hintereinanderweg ein Foto nach dem anderen gemacht. Die Zusammenarbeit der beiden Tagen hat mich besonders beeindruckt. Anders wären diese Aktenmengen auch nicht zu bewältigen gewesen. Wir wussten stets, wie viel noch zu schaffen ist, wer welchen Bezirk gerade bearbeitet und welche Daten noch übertragen werden müssen. So trocken, wie diese Fleißarbeit klingt, hat sie doch auch sehr lustige Momente geboten. So machten wir immer wieder unterhaltsamen Entdeckungen, welche über amüsante dokumentierte Zwischenfälle bis hin zu sympathischen anonymen Wählerbriefen reichten. Am Ende beider Tage fuhr ich mit einem wirklichen Erfolgsgefühl nach Hause. Wir haben gemeinsam, als Team, lange und konzentriert aus Überzeugung gearbeitet, in der Hoffnung, auf irgendetwas zu stoßen, das die Mühe wert wäre. Bei den Auswertungen der Unterlagen zu Hause wurden unsere Erwartungen schließlich sogar übertroffen. Dieses Teamwork zu erleben und jetzt zu sehen, dass sich unsere Fotosessions gelohnt haben, ist ein sehr gutes Gefühl.

 

Jonas (20):


In den vergangenen Wochen habe ich mich, wie viele meiner Kollegen bei Apollo News, durch die tausenden digitalisierten Ordnerseiten der Berliner Wahlen aus dem vergangenen Jahr geblättert. Unregelmäßigkeiten waren bei dieser Wahl keine Ausnahme, sondern der Regelfall. In so gut wie jedem Wahllokal ergaben sich hohe Differenzen zwischen den abgegebenen Wahlzetteln und den im offiziellen Verzeichnis eingetragenen Wählern, die in den meisten Fällen unaufgeklärt blieben. Zudem kam es in etlichen Fällen zur Ausgabe von vertauschten Wahlzetteln, die in vielen Wahlgebieten zur nachträglichen Ungültigkeit tausender abgegebener Stimmen führten. In anderen Wahlkreisen erklärte man diese ungültigen Stimmen dann im Nachhinein doch wieder für gültig, selbst wenn die auf dem Stimmzettel angegebenen Kandidaten überhaupt nicht in den von Verwechslungen betroffenen Wahlkreisen ansässig waren.
Ich ziehe daher folgendes Fazit aus der Auswertung dieser Unterlagen: die Wahlen in Berlin hatten nur wenig mit der demokratischen Legitimierung unserer Volksvertreter zu tun. Sie war unprofessionell, intransparent und für den Wähler verwirrend. Das vom Apollo-Team aufgedeckte Chaos in der Hauptstadt wäre vielleicht in einem jungdemokratischen Dritte-Welt-Land zu erwarten gewesen, nicht aber im „besten Deutschland, das es jemals gegeben hat“ (Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier). Es ist daher auch skandalös und keinesfalls nachvollziehbar, dass sich Oberbürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) eigenen Angaben zufolge nicht als eine von „denen (sieht), die sich jetzt schon Gedanken über den nächsten Wahlkampf machen.“


Unterm Strich: Ungenügend – ein Zwischenzeugnis für Frau Lambrecht

Von Noemi | Frau Christine Lambrecht, geboren am 19. Juni 1965 in Mannheim, wohnhaft in Berlin, ist seit dem 08.12.2021 alsBundesministerin der Verteidigung im Kabinett Scholz tätig.
Das Bundeskabinett leitet den Staat Deutschland. Es werden Entscheidungen über die Innen- und Außenpolitik Deutschlands getroffen.

Als Bundesministerin der Verteidigung nimmt Frau Christine Lambrecht folgende Aufgaben wahr:

Friedenssicherung
Militärische Verteidigung
Führung der Bundeswehr
 

Frau Christine Lambrecht zeigt – neben kleineren bzw. größeren Ausrutschern – keine guten Fachkenntnisse, gleichwohl ein hohes Maß an Eigeninitiative und Leistungsbereitschaft für ihr Privatleben. Dabei geht Sie stets über das geforderte Maß hinaus und beweist auch in Zeiten hoher Belastung, wie Putins Krieg gegen die Ukraine ihre Zuverlässigkeit. Am 13. April zum Beispiel, flog Christine Lambrecht mit einem Regierungshubschrauber in den Urlaub nach Sylt. Auf dem Nebensitz der kleine Alex. So klein ist der allerdings gar nicht mehr mit seinen 21 Jahren.

Ihre Aufgaben erledigt sie – überraschenderweise – nicht besonders gewissenhaft. Beispielsweise liest sie Vorlagen nicht und nimmt auch an Informationsveranstaltungen nicht teil. Ganz zu schweigen von der fehlenden Kommunikation mit wichtigen Stellen in der Bundeswehr. Durch ihr hohes Desinteresse und ihrer unnahbaren Art, man könnte auch Arroganz sagen, konnte sie keine nachhaltigen Beziehungeninnerhalb der Bundeswehr aufbauen. Kein Wunder, dass es zu Differenzen mit dem Generalinspekteur kommt, den sie mit ihrem Amtsantritt sozusagen degradiert hat. Denn der Generalinspekteur untersteht normalerweise der Ministerin. Nicht bei Lambrecht. Kurzerhand unterstellt sie ihn der Staatssekretärin Sudhof. Bedauerlicherweise keine Ausnahme ihrer ahnungslosen Entscheidungen.

Ihr durchweg unprofessionelles Auftreten und ihre Abwesenheit hat in der Vergangenheit einiges an Kritik regnen lassen. Der Besuch im Nagelstudio am Tag nach Russlands Angriff auf die Ukraine, kunterbunte High-Heels im Bundestag oder Stöckelschuhe beim Truppenbesuch in der Wüste Malis, sind hier erwähnenswert.

Besonders hervorzuheben sind ihre nicht besonders erfolgreichen militärischen Projekte. So versprach sie der ukrainischen Armee 5.000 Schutzhelme, welche irgendwann nach dem geplanten Termin dann auch eintrudelten. So reibungslos funktioniert es mit der Waffenlieferung an die Ukraine nicht. Man möchte verstehen was sie sagt aber ihre Aussagen erinnern eher an eine Achterbahn. Dann übernimmt doch lieber ihre Staatssekretärin Siemtje Möller das Wort. Sie behauptet überzeugt, dass es eine Nato-Absprache zur Nichtlieferung von Panzern an die Ukraine gibt und Deutschland daher keine „Marder“-Schützenpanzer liefernkönne. Wie sich herausstellte gibt es keinen offiziellen Beschluss gegen die Lieferung von schweren Waffen an die Ukraine. Das war aber bestimmt ein Missverständnis und liegt nicht an mangelnder Kompetenz.

Frau Christine Lambrecht erhält dieses Zwischenzeugnis, da demnächst ein Vorgesetztenwechsel stattfinden wird. Wir danken ihr ausdrücklich für Ihre Einsicht und freuen uns auf einen Rücktritt.


Der Staat – ein beliebter Kooperationspartner für Influencer

Von Johanna Beckmann | 86,5 Prozent der Deutschen nutzen die sozialen Netzwerke. Jede dieser Personen ist wahrscheinlich beim scrollen auf TikTok, Instagram und co schon einmal einem Influencer begegnet, der für das neuste Skincare Produkt, welches deine Haut innerhalb einer Woche von jeglichen Pickeln befreien soll, wirbt.
Hier gibt es in Deutschland klare Richtlinien für Influencer. Wenn sie mit einer solchen Marke kooperieren, müssen sie die Produktplatzierung gut sichtbar kennzeichnen. Das passiert dann oft durch einen großen Banner mit der Aufschrift „ bezahlte Werbung“.
Aber was wenn der Influencer nicht für eine Hautpflegemarke wirbt, sondern für einen Job bei der Bundespolizei?

Hier macht der Influencer Werbung im Auftrag des Staates. Für diese Kooperationen in den sozialen Netzwerken gibt unsere Regierung jährlich tausende Euro aus, die der Steuerzahler finanziert. Einige Menschen denken, dass die Richtlinien zur Kennzeichnung genauso seinen, wie bei den Skincare Produkten, sind sie aber nicht wirklich. Es wird kein Produkt beworben, sondern um eine Handlung gebeten. Hier gibt es keine eindeutige gesetzliche Regelung. Dadurch wird oft ein #Zusammenarbeit am Ende des Instagram Posts oder ein: „Ich wurde eingeladen um mit dieser Person aus der Regierung zu sprechen“ verwendet. Gut sichtbar ist die auf eine Kooperation hinweisende Information hier nicht.

Dennoch gibt es viele Videos von Influencern im Internet, die berichten, wie dankbar sie ihrer Community für ihre Unterstützung sind und wie sie deshalb probieren für diese alles transparent zu halten. In wie fern ein #Zusammenarbeit am Ende der Bildbeschreibung auf Instagram transparent zeigt, dass es eine Kooperation mit dem Staat ist, ist mir nicht so ganz klar. Dieser Hashtag kann schnell übersehen werden, da fast niemand die zwanzig Hashtags unter einem Post liest.
Auch „Ich wurde eingeladen um jemanden von der Regierung zu treffen, ist häufig eine bezahlte Kooperation“ und sagt nichts über eine Bezahlung aus. Es klingt eher so, als ob dem Influencer dadurch, dass er anwesend sein darf, ein Gefallen getan wurde. So wirklich kann der Steuerzahler dann nicht einmal erkennen, wofür das von ihm gezahlte Gels ausgegeben wurde.

Ein Beispiel für Influencer die eine Kooperation mit dem Staat eingegangen sind, sind Julia Beautix und Laserluca. Viele ihrer Follower sind noch nicht einmal 18. Wir kennen die beiden eigentlich durch ihre lustigen Vlogs. Dennoch machten sie 2020 Werbung für die Bundespolizei. Auf Youtube erschien die Kampagne „Bundespolizei Interaktiv: Julia Beautix gegen Luca“. Hier erleben Julia und Luca einen Tag als Polizisten. Diese Kampagne soll Zuschauer dazu animieren sich bei der Polizei zu bewerben. Es entstanden acht Videos mit einer Gesamtreichweite von 4,5 Millionen Views. Es gab sogar interaktive Charaktere, die es Zuschauern ermöglichten den Alltag selbst zu erleben. Die Produktion solcher Videos mit Influencern mit einer Reichweite von drei Millionen Abonnenten war höchstwahrscheinlich nicht ganz billig. Über eine Bezahlung zu dieser Kampagne sagen Luca und Julia nichts. Sie teilen uns nur mit, dass sie dankbar für die Erfahrung sind und es schön finden den Tag eines Polizisten miterlebt zu haben.

Auch die deutsche Influencerin Diana zur Löwen arbeitet häufig mit der Regierung zusammen. Am Anfang ihrer Social Media Karriere postet sie Fashion- und Beautytipps. Jetzt fokussiert sie sich fast ausschließlich auf Finanzen und Politik. Außerdem thematisiert sie oft feministische Themen. Dieses Jahr interviewte sie zum Beispiel unseren Bundeskanzler Olaf Scholz darüber, ob man Konflikte mit Waffen lösen sollte.
Auch unterstütze sie die Telekom im Projekt „#DABEI- gegen Hass im Netz“. Sie machte sich für mehr Zivilcourage und weniger Cybermobbing im Internet stark. Bei keiner der beiden Projekte machte sie Angaben über eine bezahlte Kooperation. Sie postet dennoch Videos auf ihren Social Media Kanälen über diese Projekte.

Wie und ob Luca, Julia und Diana für diese Kampagnen bezahlt wurden, teilen sie uns nicht mit. Aber selbst wenn sie nicht bezahlt wurden ist es für den Zuschauer keineswegs transparent, dass solche Kooperationen als Werbung für den Staat dienen. Es könnte sogar passieren, dass man die Hashtags am Ende einfach übersieht. Auch kosten staatlich finanzierte Werbeaktionen den Steuerzahler. Deswegen sollte es für diesen transparent sein, wo das gezahlte Geld hingeht und wer hinter welcher Kooperation steckt.

Aber wieso finanziert der Staat überhaupt Projekte mit Influencern? Wäre es nicht sinnvoll, wenn jemand Olaf Scholz zu Konflikten mit Waffen interviewen würde, der ein Experte in diesem Bereich ist oder wenn ein Polizist Werbung für die Bundespolizei macht? Außerdem ist die Zielgruppe von Influencern auf TikTok und Instagram zu einem Großteil unter 30, Viele sind sogar unter 20.

Ich denke, dass die Begründung dafür so ist: Wenn jemand Fan von zum Beispiel Diana zur Löwen ist und diese dann Olaf Scholz interviewt und beide gegen die Austragung von Konflikten mit Waffen sind, kann es passieren, dass dieser Fan seinem Vorbild nacheifert und ebenfalls ein Fan von Olaf Scholz und der SPD wird. Das gleiche könnte natürlich auch passieren, wenn jemand Luca oder Julia Fan ist und dann, weil das Vorbild gesagt hat, dass es toll ist bei der Bundespolizei anfängt. Der Staat finanziert also gezielt Menschen, die einen großen Einfluss auf die Zielgruppe der Kampagne haben, auch wenn diese Menschen keine Experten in dem Thema sind. Wenn dann die Follower der Influencer die bezahlte Kooperation nur schwer als solche entlarven können, dann ist es noch einfacher das gesagte als wirkliche Einstellung des Influencers zu verkaufen. Ganz schön absurd, oder?


Timur Husein – die Einmann-Armee gegen den Kreuzberger Wahnsinn

Von Pauline Schwarz | In meinem Heimat-Ort Berlin-Kreuzberg wird seit ich denken kann traditionell rot-rot-grün gewählt – und dementsprechend leider auch regiert. Die Früchte der stolzen Koalition kann man nicht nur täglich beim Dealen an der Straßenecke beobachten, sie sind der Welt auch bei der Wahl in voller Schönheit präsentiert worden. Bei uns steckt man wertvolle Wahlprotokolle in Bierkisten, setzt auf Spontanität statt auf Planung und interpretiert Regeln und Gesetze, so wie sie einem grade gefallen. Aber das war letztlich auch nur ein kleiner Eindruck in das alltägliche Kreuzberger Chaos. Bei uns funktioniert generell nichts – außer der sukzessiven Aufmöbelung mit Straßenpollern. Und auch wenn ich bis heute jeden Tag einen hysterischen Anfall kriegen könnte – ich bin daran gewöhnt. Vor allem daran, dass die Kriminalität, der Dreck und das ganze Gesocks kaum jemanden stören. Umso irritierter war ich, als ich im letzten Wahlkampf Plakate mit der Forderung nach mehr Polizei sah. Ich dachte mir nur: Wat is denn dit für einer? Ist das Fake?


Aber das war es nicht. Der Mann, der mit seinen Plakaten den Unmut vieler Sprayer und Vandalen auf sich zog, heißt Timur Husein – und ist ein echter Polit-Rowdy. Der CDU-Mann – ja, tatsächlich scheint´s die als Kleinstpartei selbst bei uns zu geben – hat noch so veraltete Werte wie „Sicherheit“ und „Rechtsstaatlichkeit“. Außerdem liebt er anscheinend nichts mehr, als die Grünen zu ärgern – und dafür liebe ich ihn. Ständig macht der Kerl so fiese Aktionen, wie einen Schutthaufen, der sinnlos einen Parkplatz blockiert und von allen Zuständigen wegignoriert wird, zu fotografieren, dann eine Anfrage beim Bezirksamt zu stellen und darauf zu lauern, ob doch mal einer seinen Hintern bewegt und seine Arbeit macht. Im Fall des Schutthaufens wurde als Gegenmaßnahme erstmal ein Zäunchen drumgebaut – ein echtes Sinnbild für Kreuzberg und ein neuer Tweet für Timur Husein.

Ich warte bei Twitter immer richtig ungeduldig darauf, dass Herr Husein wieder zuschlägt. Egal ob es um einen fehlenden Basketball-Korb, ein kaputtes Flutlicht oder einen Berg aus 75 Tonnen-schweren Findlingen vor einem Wohnhaus geht – mir wird jedes Mal warm ums Herz, wenn ich mir die vor Wut erröteten Gesichter unserer grünen Bezirksregierungs-Vertreter vorstelle. Einmal wurde unsere letzte Bezirksbürgermeisterin, Monika Hermann, sogar richtig sauer und verpasste Herrn Husein einen kräftigen Rüffel. Der Unhold hatte einfach so Frau Hermanns geplante „psychodelische“ Stadtführungs-Prozession für schlappe 5.000 Euro abgelehnt und auf Twitter hinterfragt, wie es eigentlich um die Kreuzberger Schultoiletten steht. Frau Hermann beschwerte sich daraufhin allen Ernstes beim BVV-Vorsteher über die Vorkommnisse und mahnte zu mehr Verantwortung im Umgang mit „zum Teil sensiblen Informationen“ – drohte Husein sogar mit Ordnungsgeld.

Aber Herr Husein lässt sich nicht unterkriegen. Er hat Monika Hermann überlebt und ärgert inzwischen ihre Nachfolgerin Clara Hermann. Auch der lässt er keine „grüne Wohlfühlaktion ohne Substanz“ durchgehen – und dass selbst dann, wenn es nur um (sicherlich steuerfinanzierte) fairtrade Bezirksschokolade geht.

Der selbstständige Rechtsanwalt setzt im Gegensatz zu seinem grünen Kollegen auch auf Bürgerbeteiligung und hinterfragt die allseits propagierte Kreuzberger Sehnsucht nach autofreien Straßen. Das geplante Verbot privater Parkplätze im Gräfekiez kommentierte er gegenüber der BZ so: „Hier werden alle Anwohner für einen Versuch in Haft genommen und sollen dafür auch noch bezahlen. Ich hoffe, dass jemand dagegen klagt – ich würde ihm als Rechtsanwalt zur Verfügung stehen“ – das wäre doch mal Einsatz.

Timur Husein kämpft für das, was ich mir für Kreuzberg (unter anderem) auch wünschen würde: Weniger Kriminalität, mehr Polizei und keine sinnlose Steuergeldverschwendung. Statt bescheuerten Parkletts könnte man unser Geld zum Beispiel für die neue Polizeiwache am Kottbusser Tor – einem der gefährlichsten Orte in ganz Berlin, voller Junkies, Dealer und Taschendiebe – ausgeben. SPD, Linke und Grüne sind da nicht so „amused“, aber wie sagt Herr Husein: „Sicherheit kostet Geld, keine Sicherheit kostet Freiheit“. Und da kann ich ihm aus 26-Jahren Kreuzberg-Erfahrung als junge Frau nur aus vollem Herzen.

Ich hoffe, dass Herr Husein den Kreuzberger Grünen noch viele schlaflose Nächte bereitet. Es gibt viel zu wenig Politiker, die den Dreck auf den Tisch hauen, statt in unter den Teppich zu kehren


Tim Röhn und die Kunst des Presseanfragen-Terrors

Von Larissa Fußer | Andere zu loben ist schwer, vor allem, wenn man es ernst meint – das hat glaube ich mal Konfuzius oder Dieter Bohlen gesagt. Ich möchte es trotzdem mal versuchen.

Lieber Tim Röhn, Du hast mir so manchen tristen Tag im letzten Lockdown-Winter versüßt. (Ich kann dich doch dutzen, oder? So unter Kollegen und so..) Und bevor jetzt jemand was sagt, nein Du bist nicht wirklich mein Typ. Immerhin definierst Du dich immer noch ganz schön über deine ehemalige Arbeit als Migrations- und Kriegsreporter in Afghanistan und haste nicht gesehen – das nervt ein bisschen. Dennoch: Im letzten dreiviertel Jahr habe ich allzu oft an einem Sonntag, Montag, Mittwoch (es gab keinen Unterschied) auf dem Sofa gesessen, Twitter durchgescrollt – und mich dann über einen deiner Tweets gefreut. Manchmal hast Du eine Corona-Statistik in Frage gestellt und selber einmal nachgerechnet, andere Male hast Du Presseanfragen gepostet, auf die Du keine oder nur unverschämte Antworten bekommen hast.

Es hat Spaß gemacht, deine Reportagen für die WELT quasi „work in progress“ zu verfolgen – vor allem aber warst Du einer der wenigen Journalisten, der beim medialen Ungeimpften-Bashing nicht mitgemacht hat. Du warst nicht gegen die Impfung, aber Du hast den damaligen gesellschaftlichen Konsens, die Umgeimpften würden die Infektionszahlen in die Höhe treiben, hinterfragt und widerlegt, wo Du nur konntest. Und Du hast durch deine Recherche Fakten geliefert in einer Zeit, in der wohl viele Menschen das Gefühl hatten, keiner der mit dem Megafon verbreiteten Coronazahlen noch vertrauen zu können.

Los ging das im letzten Dezember 2021. Da hast Du diese große Nummer aufgedeckt, dass in Bayern und Hamburg die offiziellen Ungeimpften-Inzidenzen massiv verfälscht waren, weil alle Neuinfizierten ohne bekannten Impfstatus den Ungeimpften hinzugerechnet wurden. Das war nicht ohne – immerhin hatten Markus Söder und der Hamburger Bürgermeister Peter Tschentscher die Zahlen als Begründung für ihre harten Lockdownmaßnahmen für Ungeimpfte verwendet. Wie Du das hingekriegt hast, hast Du neulich mal in einem Interview mit dem „KOM“- Magazin erzählt. Dir kamen die hohen Ungeimpften-Inzidenzen in Deutschland komisch vor, da hast Du „einfach mal nachgefragt bei der Pressestelle des Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit in Bayern“. Und dann herausgefunden, dass „in einer Woche 70 Prozent der Fälle nicht bekannt waren – und eben den Ungeimpften zugerechnet wurden“.

Dasselbe hast Du in Hamburg versucht. Da allerdings ohne großen Erfolg. Die Behörden der Hansestadt wollten euch die Daten nicht geben und da bist Du dann etwas wild geworden und hast zusammen mit eurer WELT-Rechtsabteilung den Hamburger Senat auf Herausgabe von Unterlagen nach dem Hamburger Transparenzgesetz verklagt. Da bin ich etwas neidisch muss ich sagen, wir Apollos haben zwar erstaunlich viele Jura-Studenten in unseren Reihen, aber noch keine Rechtsabteilung, die wir auf namenhafte Politiker loslassen können. Dahingehende Bewerbungen können übrigens gerne jederzeit an unsere Redaktion geschickt werden.

Aber zurück zu dir, Tim. Na der Inzidenzen-Nummer bist Du erst richtig durchgestartet. Seit Kurzem bist Du nun Chefreporter der WELT und Leiter des Ressorts Schwerpunktrecherche – und dein neues Ziel Nummer eins heißt Lauterbach. Über dreißig Artikel hast Du im letzten halben Jahr über unseren Gesundheitsminister veröffentlicht. Jeder einzelne ist befriedigend vernichtend. Zuletzt hast Du durch deine Recherchen öffentlich gemacht, dass Lauterbach offensichtlich versucht, die vom Bundestag angewiesene Evaluation der Coronamaßnahmen zu behindern. Noch bis Ende Juni 2022 soll ein Sachverständigenrat ein Gutachten darüber veröffentlichen, welchen Nutzen und welchen Schaden die Corona-Politik von Bund und Ländern gebracht hat. Mehr als überfällig, würde wohl jeder vernünftige Mensch sagen. Nur Lauterbach kriegt offenbar Muffensausen und dreht – laut deiner Recherche – nun komplett durch.

Ende April hat er in Eigeninitiative den Vorsitzenden des Sachverständigenrats Stefan Huster angerufen und gesagt, dass die Maßnahmenevaluation verschoben werde. Obwohl er das gar nicht ohne Zustimmung von Bundestag und Bundesregierung entscheiden durfte. Pech nur, dass Herr Huster das wusste und seinen Ratskollegen mitgeteilt hat. Im Moment plant der Rat nach wie vor seinen Bericht fristgemäß abzugeben. Und ich bin mir sicher, falls nur einer der Mitglieder wackelt, wirst Du seiner Pressestelle Feuer unterm Hintern machen.
Also Tim, Hut ab für dein ständiges Finger in die Wunde legen! Wir von Apollo teilen deine Leidenschaft für’s Investigative. Und sicher gibt’s auch einige Mädels, die auf dein Kriegsreporter- Image stehen.

PS.: Jetzt wo wir das mal klargestellt haben, eine Sache noch. Wie Du siehst, sind wir bei Apollo immer vorne dabei, jedem die Ehre zukommen zu lassen, dem sie auch gebührt. Du leistest gute Arbeit und das verdient Anerkennung, egal ob Du für die Konkurrenz arbeitest oder nicht. Leider kann man das gerade von der Welt nicht sagen. Wir waren doch schon sehr erstaunt, als wir die Bilder der Berlin-Akten, die wir selbst gemacht haben, in deiner Zeitung gesehen haben – ohne Verweis auf Tichys Einblick oder was auch immer. Wir kritischen Journalisten müssen doch zusammen arbeiten. Also wenn Du da vielleicht was drehen könntest, würden wir Dich bestimmt noch besser finden…


“Taxlandia“ – das Steuerpropaganda-Handyspiel, das die EU 155.000€ gekostet hat

Von Jerome Wnuk | Jedes Kind hat sich irgendwann im Leben mal mit seinem Nintendo, seinem Laptop oder mit seinem Handy nachts unter der Decke versteckt und heimlich irgendwelche Videospiele gedaddelt. Waren es bei mir damals Übernachtungspartys, bei einem Freund der eine mobile Playstation hatte und wir damals, mit 11 Jahren, die ganze Nacht Star Wars gespielt haben – so spielen die Kids heute mit ihren Smartphones ganz andere Videospiele und werden immer selbstverständlicher im Umgang mit dem Smartphone. Die Bandbreite ist inzwischen riesig, von Strategiespielen bis Autorennensimulatoren findet man unzählige verschiedene Apps und Spiele, mit denen die Jugend statistisch auch immer mehr Zeit verbringt. Doch neben den Trendspielen „Fortnite“, „Clash of Clans“ oder „Mario Kart“, wollte nun auch die EU die Welt der Apps für sich nutzen und hat das Spiel „Taxlandia“ auf den Markt gebracht.

„Taxlandia“, eine Wortkreation zusammengesetzt aus dem englischen Wort „tax“ für Steuern und „landia“, spielt in einem imaginären Land, das in den letzten Jahren extrem heruntergekommen ist und sich erneuern muss. Die Infrastruktur des Landes ist heruntergekommen, nicht zuletzt da die Vorgängerregierung kaum Steuern erhoben hat. Die Menschen in „Taxlandia“ sind unzufrieden und wünschen sich höhere Steuern. Der Spieler schlüpft jetzt in die Rolle des Ministerpräsidenten und soll jetzt die Wende einleiten. Das funktioniert auch ganz einfach, besonders schwierig ist das Spiel nicht.

Als Ministerpräsident muss der Spieler verschiedenste Steuern erhöhen und das eingenommene Geld in die Infrastruktur investieren und zack, die Zufriedenheit der Bürger steigt rasant. Nachdem man einige Aufgaben erledigt, ist das Spiel dann aber auch schon vorbei und es erscheint ein „Glückwunsch“ Banner. Viel länger als 10 Minuten verbringt man also an diesem Spiel nicht. Die Botschaft des Spieles ist ebenso ziemlich schnell und einfach verstanden: Hohe Steuern und Staatsausgaben sind super und finden alle toll. In dem Spiel sind bis zu 75 Prozent Steuern möglich und trotzdem sind die Einwohner Taxlandias die glücklichsten Menschen. Wird der Staat in der Wirtschaft aktiv, freuen sich die Einwohner des imaginären Landes.

Doch um diese recht einfache und einseitige Botschaft in App-Form zu kriegen, hat die EU ca. 155.000 Euro Steuergeld für die Entwicklung und den Betrieb des Spieles bezahlt. Bemerkenswert ist dabei die Hoffnung der EU, dass dieses Spiel wirklich Kindern und Jugendlichen das Steuern bezahlen als etwas sehr Positives vermitteln könnte., dass die Kids von heute ja alles, was digital und auf dem Smartphone abrufbar ist, toll und schön finden. Die Realität sieht anders aus, die Bewertungen im App-Store sind vernichtend.

Ein User schreibt „Nix funktioniert. Reine Zeitverschwendung. Kein Spaß. Keine Wissensvermittlung.“, ein anderer schreibt nur „Unglaublich, dass eine App, die Steuern verschwendet zum Steuern verschwenden anregen soll“. Taxlandia kriegt 1,5 von 5 Sternen im App-Store.
Der Gedanke, dass die Jugend alles, was in einer App ist toll finden, ist lächerlich und zeigt wie wenig Ahnung die EU von jungen Leuten hat. Das Ergebnis ist fast noch lächerlicher, ein Spiel was unbrauchbar ist und nur eine stumpfe Botschaft vermitteln will. Im Vergleich zu den anderen Trend-Spielen auf dem Mobile-Games Markt geht das steuerfinanzierte Taxlandia unter. Die Kids spielen halt lieber Autorennen oder Kampfspiele, für Taxlandia lohnt sich also auch nicht unter der Decke heimlich zu spielen


Markus Söder: Maskenaffären, ein fragwürdiges Menschenbild und katastrophale Personalentscheidungen

Von Jonas Aston | Er ist Wendehals, Skandalpolitiker und Träger der bayrischen Verfassungsmedaille in Gold: Es geht um Markus Söder. Landtagspräsidentin Ilse Aigner (CSU) erklärte, der Preis sei das „Vergelt‘s Gott!“ für Leistungen, die das Zusammenleben im Freistaat bereicherten. „Wir brauchen Persönlichkeiten, die vorneweggehen und damit andere ermutigen: für den Zusammenhalt, für den Fortschritt, für das Gemeinwohl.“

Bescheiden wie eh und je äußerte sich Markus Söder dann auch selbst. Er schrieb, „Es war immer eine große Ehre, an Demokratie, Gerechtigkeit und Freiheit in Bayern mitzuwirken. Das bestärkt im Einsatz für unser schönes Land und seine Menschen“. Im Netz erregte die Verleihung der Verfassungsmedaille komischerweise die Gemüter. „Ich kriege auch keine Medaille, weil ich meinen Job mache“ schrieb ein Nutzer. Ein anderer meinte: „Warum nicht gleich ein Denkmal errichten und eine Prachtstraße in München und Nürnberg nach Ihnen benennen? Wenn schon, denn schon!“

Im weiteren Verlauf wurde die Verleihung der Verfassungsmedaille noch fragwürdiger. Im März 2020 klagte ein Bürger gegen die bayrische Regierung und die von ihm erlassenen Ausgangssperren. Im Oktober 2021 urteilte dann das bayrische Verwaltungsgericht. Der Beschluss war deutlich: Söder Politik war verfassungswidrig. Die Richter gingen sogar noch weiter und attestierten dem bayrischen Ministerpräsidenten ein fragwürdiges Menschenbild.

Die Bescheinigung eines fragwürdigen Menschenbildes stellt für Söder selbst scheinbar keinen Rücktrittsgrund dar. Der Beschluss bleibt für Söder jedoch ohne Konsequenzen. Die Väter und Mütter des Grundgesetzes wollten aus guten Gründen nicht, dass ein Gericht direkt den Rücktritt eines Ministerpräsidenten anordnen kann. Hierfür seien die Gerichte schlicht zu politikfern. Vielmehr setze man auf die öffentliche Meinung und die Kraft der Medien. Wenn die Politik für so grob verfassungswidrig befunden wird, würde der öffentliche Druck einen Ministerpräsidenten schon aus dem Amt befördern. Die Mütter und Väter des Grundgesetzes haben die Rechnung aber ohne die heutigen Massenmedien gemacht. Diesen konnten die Maßnahmen (zumeist) gar nicht strikt genug sein.

Zu der Bescheinigung eines fragwürdigen Menschenbildes gesellen sich nun noch Korruptionsvorwürfe. Die SPD initiierte einen Maskenausschuss. Bald könnte Söders Frau Karin Baumüller-Söder als Zeugin vorgeladen werden. Hintergrund ist ein Maskenangebot ihrer Firma, das sie am 22. April der bayrischen Staatsregierung unterbreitete. Fragen wirft hier vor allem der zeitliche Zusammenhang auf, denn erst am 21. April kündigte Söder die Maskenpflicht im öffentlichen Raum an. Das Geschäft wurde am Ende nicht realisiert, da sich das zuständige Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelkontrolle aus „fachlicher Sicht“ dagegen ausgesprochen hatte. Nichtsdestotrotz: Ein „Geschmäckle“ bleibt.

Söders Rückhalt im Land sinkt und auch in der CSU wird die Kritik immer lauter. Denn zu den Skandalen in der Corona-Politik kommen auch noch falsche Personalentscheidungen. Im Februar ernannte Söder Stephan Mayer zu seinem Generalsekretär. Dieser galt als profilierte Konservativer und Hoffnungsträger. Er sollte das Stammklientel wieder stärker an die Partei binden. Im Amt verblieb er jedoch keine 3 Monate. Mayer soll einen „Bunte“-Journalisten mit „Vernichtung“ gedroht haben. Hintergrund ist eine veröffentlichte Geschichte über einen angeblich verschwiegenen Sohn. Söder entschuldigte sich für seinen Generalsekretär und musste einen weiteren seiner vielen Fehler eingestehen.

2023 wird für die CSU ein entscheidendes Jahr. Für die CSU wäre es ein Debakel, wenn es für eine Neuauflage der Koalition mit den Freien Wählern nicht reichen sollte. Doch bis dahin bleibt es dabei: Bayern wird von einem Ministerpräsidenten regiert, der nur dank der Gnade der Medien noch im Amt ist. Und bis 2023 ist es noch lange hin – genug Zeit, sich mit weiteren Medaillen zu behängen.


Die Pflege-Impfpflicht – Grundrechtseingriffe an der Tagesordnung, aber niemanden interessiert‘s

 

Von Anna | Anfang April ist die Forderung nach einer allgemeinen Impfpflicht im Bundestag gescheitert. Zumindest in meinem Umfeld haben sich auch alle mehr oder weniger darüber gefreut. Aber die Aussage “wir haben ja keine Impfpflicht” stimmt so eigentlich nicht. Schließlich gilt seit dem 16.März dieses Jahres eine “einrichtungsbezogene Impfpflicht für den Gesundheits- und Pflegebereich”. Die ist in der breiten Masse jedoch schon lange in Vergessenheit geraten. Medizinisches Personal ist dazu gezwungen mindestens eines der drei Dokumente vorzulegen: einen Impfnachweis (von mindestens zwei durchgeführten Impfungen), einen Genesenennachweis oder ein ärztliches Attest, welches bestätigt, dass sich die Person aus gesundheitlichen Gründen (bislang) nicht impfen lassen darf.

Wenn sich beispielsweise eine Pflegekraft dazu entscheidet keines dieser Dokumente vorzulegen, aus dem einfachen Grund sich nicht impfen lassen zu wollen, drohen ihr verschiedene Konsequenzen, die je nach Bundesland anders ausfallen. Diese “Konsequenzen”, die eigentlich als ungerechtfertigte Strafen bezeichnet werden sollten, können von Bußgeldern (von bis zu 2500 Euro) bis zu Tätigkeitsverboten reichen. Das Bundesverfassungsgericht rechtfertigt so eine durchgreifende Impflicht damit, dass der Schutz gefährdeter Gruppen, also zum Beispiel Senioren in Altenheimen, wichtiger sei als die freie Impfentscheidung. Zwar bekennen sich die Karlsruher Richter zur Intensität eines solchen Eingriffs, meinen aber die im Grundgesetz geschützten Interessen von Gesundheitspersonal stehen in diesem Fall an zweiter Stelle.

Mittlerweile ist schon längst bekannt, dass man mit der Impfung nicht sterile Immunität erreicht und das Virus immer noch weitergeben kann. Ist eine Impfpflicht für Gesundheitspersonal um gefährdete Gruppen nicht anzustecken dann nicht etwas unlogisch? Dass es Ärzte gibt die der Impfpflicht oder der Impfung generell kritisch gegenüberstehen scheint von den Massenmedien völlig ignoriert zu werden. Dr. Med. Jens Wagner, der selbst Patienten gegen Corona behandelte aber auch viele Menschen impfte, hat seine Praxis in Niedersachsen geschlossen. Nicht nur aus dem Grund, dass er sich nicht gegen Covid-19 impfen lassen möchte, sondern auch weil der gesellschaftliche Zwang sich zu impfen ihn seelisch belastet. Er meint auch, dass Ärzte schnell in einen Topf geschmissen werden und als Kronzeuge für sämtliche Corona-Maßnahmen aufgerufen werden. Das merkt man allein schon daran, dass man im Öffentlich-Rechtlichen Bereich ständig hört: “Experten sind der Meinung…” oder “Experten sagen…” Als gäbe es nur eine große Wissenschaft, die sich immer einig ist und nicht zu verschiedenen Untersuchungsergebnissen kommt…

Die größte Ironie an der Impfpflicht für medizinisches Personal ist jedoch, dass sie den Personalmangel im Gesundheitswesen in Deutschland nur noch befeuert. Schon vor der Pandemie lag allein der Mangel an Pflegekräften schon bei 75.000. Das System war schon lange genug an seiner Belastungsgrenze, bevor sämtliche Politiker in die individuelle Freiheit derjenigen eingegriffen haben, die gerade noch das Gesundheitswesen auf zwei Beinen gehalten haben, und dabei anscheinend die Erwartung hatten, jede Pflegekraft würde sich nach ihnen richten und sich trotz persönlicher Zweifel impfen lassen. Die Impfpflicht in Krankenhäusern gilt in Italien schon um einiges länger als in Deutschland, doch letzten Winter waren Krankenhäuser durch eine Zunahme an Patienten und den Mangel an Fachkräften so belastet, dass Ungeimpfte (mit einer Testpflicht) auf ihren Arbeitsplatz zurückgerufen worden sind. Warum macht Deutschland genau denselben Fehler? Gerade im Pflegebereich wird ein Personalmangel dazu führen, dass dieselben Pfleger eine größere Anzahl an Patienten versorgen müssen, ein Zustand der schon vor der Pandemie verbreitet war und nicht verstärkt werden sollte. Was man sich dabei vor Allem klar machen sollte: Eine niedrige Personaldecke führt zur schlechteren Versorgung der Patienten. Das lässt einen schlussendlich daran zweifeln, ob Politiker mit der Impfpflicht für medizinisches Personal wirklich Coronarisikogruppen schützen oder ob sie nicht sogar das Gegenteil bewirken..