Gestern noch umgeben von Pazifisten, heute mitten im Krieg

Von Jerome Wnuk | Seit dem letzten Donnerstag ist vieles anders. Der Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine hat uns alle sprachlos gemacht. Der Alltag in Schule und Freizeit ist aktuell nur mit einem Wort zu beschreiben: anders. Normalerweise mache ich mein Handy vor der Schule nie an. Gerade an diesem Tag wollte ich mich nicht noch unnötig morgens in irgendwelchen sozialen Medien verlieren und eher die übrige Zeit sinnvoll nutzen, um nochmal alles für meine anstehende Politikklausur durchzugehen. Das ging an diesem Morgen nicht. Nicht mal frühstücken konnte ich richtig und schon gar nicht an irgendwelche Begriffe aus der Politikwissenschaft denken.

Wie ein Schlag in den Bauch hatte die Nachricht, dass russisches Militär die Ukraine angreift, mich erwischt. Das Gefühl an diesem Morgen war ein völlig neuartiges, ein tief bedrückendes. Schon die Tage davor, in denen sich das ganze Unheil anbahnte, fühlte sich der Alltag surreal an. Fast minütlich hatte man auf den News-Feed geguckt, mit Freunden gesprochen und noch bis in die Nacht verschiedenste Berichte über das Geschehen gelesen und gehört. Trotzdem ging man noch ganz normal seinen Alltag nach. Noch am Abend davor war ich zum Beispiel noch mit einer Freundin im Theater gewesen.

Das ist seit dem Donnerstag anders. Das alltägliche Leben mit Schule und Hobbys geht zwar weiter, fühlt sich jedoch völlig anders als sonst an. Aktuell fühlt es sich surreal an, in einer Schule zu sitzen oder irgendwo ein Kaffee trinken zu gehen, während 1000 Kilometer von hier gerade ein Staat von einem anderen militärisch attackiert wird und unschuldige Menschen sterben. Dass dort Menschen wie wir, die bis vor Kurzem noch dieselben Dinge wie wir getan haben, nun auf einmal um ihr Leben fürchten müssen, ist eine unerträgliche Tatsache und ein Fakt, der einen den Alltag anders erleben lässt. Oft wird man aktuell an das schreckliche Geschehen erinnert.

Diese dauerhafte Präsenz dieses Krieges und der verbundenen Sorgen in unserem Alltag ist eine Neuheit für mich und für große Teile meiner Generation. Klar, wir haben auch schon den Syrienkonflikt oder Corona erlebt, aber, dass alle so gebannt, wie die meisten in den letzten Tagen, die Nachrichten verfolgt haben und alle den Drang hatten, über die Ukraine zu sprechen, gab es noch nie. Man spürt eine Angst vor einer Bedrohung, die noch nie in unserem Leben konkreter war als jetzt. Noch nie war die Sorge vor einer Eskalation, vor einem Angriff auf all das, was uns wichtig ist, größer. Noch mal um ein großes Stück schlimmer als bei mir, ist es bei einer meiner besten Freunde, der aus Lettland kommt, dort immer seine Ferien verbringt und engste Familie in Lettland hat. Er kennt von seinen Eltern und Großeltern noch die schlimmen Geschichten aus der Zeit russischer Besatzung. Die Angst, dass sich diese Zeiten bald wiederholen werden, ist bei ihm und bei den meisten Nachbarstaaten Russlands akuter denn je und mit kaum einer Angst, die er bisher erlebt hat, vergleichbar. Dieser Krieg, dieser Angriff auf die Ukraine betrifft Europa wie kein anderer seit dem Zweiten Weltkrieg. Es sind Menschen wie wir, die ein Leben wie wir geführt haben, die dort nun um ihr Leben fürchten müssen. Es ist so nah wie nie und so bedrohlich wie nie. Dieses Gefühl ist nicht zu vergleichen oder zu beschreiben, es ist einfach da und es fühlt sich schlimm an.

 


Weiter Dienst nach Vorschrift: Der falsche Umgang mit diesem Krieg in der Schule

Von Gesche Javelin und Johanna Beckmann | Wir, die Jugend, kennen den Krieg nur aus Erzählungen und dem Geschichtsunterricht. Ein Krieg war für uns noch nie so nah, er war noch nie in Europa. Genau aus diesem Grund beschäftigt der Konflikt in der Ukraine viele von uns. Jedoch wissen wir nicht, wie wir die Situation einschätzen sollen, da wir so etwas noch nie erlebt haben. Sobald wir einen Blick auf Nachrichten werfen, sehen wir brennende Häuser, Panzer und weinende Familien in der Ukraine. Uns fällt es oft schwer, diese Bilder richtig einzuordnen.

Die aktuellen Nachrichten lassen sich für viele nur schwer verarbeiten und alles dreht sich um die Frage: „Wird es einen dritten Weltkrieg geben?“ Durch die erschreckenden Bilder ist das Interesse, mehr über den Ukraine-Russland Konflikt zu erfahren, bei vielen geweckt. Um weitere Informationen zu finden, müssen wir uns nun in der Vielzahl von Medien orientieren. Das ist oft gar nicht so einfach. Grundlegende Informationen findet man oft schon auf Social Media. Bei der weiteren Recherche geben viele dann auf, da sie sich von der Masse an Informationen erschlagen fühlen und diese nicht wirklich einordnen können. Viele Jugendliche bleiben bei der Information Russland greift die Ukraine anstehen. 

Bei Gesprächen zum Thema Ukraine in der Klasse fiel uns nicht nur der stark unterschiedliche Informationsstand auf, auch die Sorgen und Ängste unserer Mitschüler waren unterschiedlich. Wir saßen im Klassenraum und hatten Pause. Wie es zu erwarten war, kam das Gesprächsthema Russland-Ukraine Konflikt auf:

 

Emily, die Hysterische, sagt: ,,Leute, denkt ihr, dass es zu einem dritten Weltkrieg kommen wird?

,,Ich habe auf meiner TikTok for you page gesehen, dass der Zeitreisende einen 3. Weltkrieg vorhersagt., wirft Eileen ein.

,,Nö, glaube ich nicht.,  murmelt Ben und isst weiter sein Brötchen.

Achim, der Militärstratege, philosophiert: ,,Die Russen haben doch am Anfang schon so viele taktische und operative Fehler gemacht. Kein Wunder, wenn man denkt, dass man ohne Schutz einfach in ukrainische Dörfer fahren kann. Da glaubst du doch nicht wirklich, dass es zu einem 3. Weltkrieg kommen wird.

,,Naja, wir werden sehen., nuschelt Ben.

,,Ich habtrotzdem Angst. Hat irgendwer von euch vielleicht einen Bunker zu Hause? Ich würde mich auch um die Essensvorräte kümmern., bringt Emily vor.

,,TikTok sagt, dass man auf einen Ernstfall immer vorbereitet sein sollte., versichert Eileen.

,,Bestimmt., raunt Ben.

Achim erklärt: ,,In Deutschland brauchen wir dafür unbedingt eine Baugenehmigung und die Wände müssen mindestens 1,5 Meter dick sein. Am Besten aus Stahlbeton.

Emily gibt zu bedenken: ,,Aber der schützt mich auch vor Atombomben, oder?“

Also TikTok empfiehlt, dass man heutzutage sowieso nur noch Bunker mit Schutz vor Atombomben bauen sollte., trägt Eileen vor.

Ben schmatzt: ,,Ja, das ist total wichtig.

Achim unterrichtet: ,,Wenn Putin Atombomben werfen würde, wäre das doch nur eine unnötiger und eskalierender militärischer Aufwand. Außerdem pflegt er eine sehr gefährliche und unverantwortliche Rhetorik, deswegen glaube ich kaum, dass ein Atomkrieg im Bereich des Möglichen liegt.

Frau Wagner unterbricht energisch: „Können wir jetzt mal bitte mit dem Unterricht anfangen! Ich muss den Lehrplan schaffen, sonst seid ihr nicht gut auf´s Abitur vorbereitet. Und Achim, ich finde nicht gut, dass du in meinem Unterricht deine Militärtheorien verbreitest, das schwächt das Arbeitsklima.” 

 

Wie soll Emily produktiv arbeiten, wenn sie sich solche Sorgen macht?  Wenigstens die Angst vor einem Atomkrieg könnte eine Lehrkraft ihren Schülern doch nehmen, ohne dass gleich der Abischnitt in den Keller fällt. Doch so wie bei Emily und ihren Mitschülern sieht es bei vielen von uns aus. Ja, die Mehrheit der Schüler in unserem Alter weiß nicht einmal genau, wo die Ukraine auf der Karte ist. Oder welche Sprache dort gesprochen wird, wie Minsk genau geschrieben wird und erst recht nicht, welche Geschichte dieses Gebiet hat. Ja, Emily mag übertreiben, vielleicht ist sie auch etwas zu hysterisch. Doch, wer will ihr oder uns einen Vorwurf machen? Wir werden da einfach rausgehalten, wir erfahren nur das Mindeste. Wir können die Informationen gar nicht richtig einordnen, Influencer auf Tiktok und Co. nutzten das gerne aus, um die Panik der Jugendlichen für Klicks und Likes noch anzufeuern. Jetzt wäre es die Möglichkeit von Erwachsenen, – und vor allem von denen, die dafür bezahlt werden, uns zu unterrichten – endlich mal zu erklären, was zur Hölle hier los ist. Dann würden wir im Geographie-Unterricht auch in Zukunft besser aufpassen.


Sprachverwüstung und Scheingleichberechtigung – warum ich gendern unnötig finde

Von Anna Graalfs, 15 Jahre | „Liebe Bürger*innen, liebe Schüler*innen, liebe Stadtbewohner*innen, ich begrüße Sie ganz herzlich zu der heutigen Bürger*innen-meister*innen-Wahl!” So oder so ähnlich könnte eine Begrüßung für eine – nein, ich gendere privat nicht – Bürgermeisterwahl stattfinden. Gendern im Sinne der Gerechtigkeit und als reine Gewöhnungssache – das ist im Moment ziemlich kontrovers. Im Folgenden möchte ich erklären, warum ich Gendern, zumindest in der Extremform, für nicht weniger als selbstsüchtigen Zeitvertreib halte. 

Es gibt durchaus Argumente, die die Forderung nach gendergerechter Sprache plausibel erscheinen lassen. Der Grundgedanke dahinter, also das Sich-Sehnen nach Gerechtigkeit, ist nämlich an sich nachvollziehbar. Allerdings stellt sich doch vorerst die Frage, inwiefern die angesprochene Diskriminierung, zumindest in der Sprache, überhaupt vorliegt. Dazu lohnt es sich, sich mit der Unterscheidung von Genus und Sexus vertraut zu machen. Unter dem Eintrag „Personenbezeichnungen“ im Duden wird schnell klar, dass sich der Genus, also DER Baum oder DIE Pflanze, auf das grammatische Geschlecht bezieht und nichts mit dem Natürlichen zu tun hat. Die dritte Klasse des Genus’ besagt, dass das generische Maskulinum nicht nur Männer spezifisch bezeichnet, sondern auch „verallgemeinernd auf Frauen und Männer“ angewendet wird. Es dürfte also diesbezüglich kaum zu Missverständnissen kommen, wenn eine Gruppe von männlichen und weiblichen Schülern mit dem Substantiv „Schüler“ adressiert wird. Durch das generische Maskulinum entsteht also keine Diskriminierung. 

Doch selbst wenn es ein solches Problem gäbe oder man außersprachlichen Sexismus bekämpfen wollte, wäre die Doppelnennung dann eine erfolgreiche Maßnahme? Oder bräuchte es das Binnen-I? Meines Meinung dazu: Ein Wort an sich, ohne jegliche Gestik oder Mimik, verändert nicht das Denken. Es ist das Denken, das die Sprache verändert, die Intention hinter dem Gesagten ist das, was den Unterschied macht. 

Eine gute Sache bringt das Gendern, in Formen wie Gendergap oder Gendersternchen, ja doch mit sich: Die Hervorhebung von Menschen, die weder männlich noch weiblich sind. Aber zu welchem Preis kommt diese? Verständlichkeit geht durch unlesbare Satzungetüme zugrunde. Oder kann mir jemand erklären, wie ich die Genitivform „des Tischlers“ auch nur in irgendeiner verständlichen Weise gendern kann? Aber das Vorzeige-Problem des Genitiv-s ist nicht die einzige sprachliche Hürde, die Genderfanatiker übersehen. Selbst die Substantivierung bringt ihre Probleme mit sich. So stellt sich die Frage, was beispielsweise mit Possessivbegleitern wie „sein“ oder „ihr“ geschieht. Ein anderes Problem sind Substantive, die männliche Personenbeschreibungen enthalten, wie zum Beispiel „Schützenfest“ oder „Wirtshaus“. Wo fängt Gendern also an und wo hört es auf? 

Ich glaube, was vielen Genderbefürwortern nicht bewusst ist, ist diese erschreckende Größe des Eingriffes in unsere Sprache und das mit einhergehende Schwinden von Verständlichkeit. Wenn Gendern also mit großem Aufwand verbunden ist, zu unleserlichen Satzgewirren führt und das generische Maskulinum eh schon alle mit einbezieht, warum tun es dann einige Leute trotzdem? Ich erkläre mir das so: In der Genderdebatte geht es längst nicht mehr um Sprache und ihre Nachteile gegenüber Anderen, sondern vielmehr um ein sozial-politisches Statement, welches auf den Ruf des Einzelnen bedacht ist. Wenn ich gendere, sage ich automatisch: „Seht her! Ich bin Anti-Diskriminierung, ich bin modern, ich gehe mit der Zeit!“ Letztendlich geht es um einen selbst, anstatt um andere Personen.

Eine von „YouGov“ im Jahr 2016 durchgeführte Umfrage zeigt, dass rund 43 Prozent aller über 18-jährigen Deutschen der Meinung sind: „Geschlechtergerechte Sprache nervt mich.“ Und trotzdem glauben 52 Prozent, dass sich diese langsam durchsetzen wird. Wie hiermit im Privaten umgegangen wird, ist wohl jedem selbst überlassen, aber Gendern im öffentlichen Leben als Pflicht einzuführen, wäre – so muss ich doch sagen –  eine höchst undemokratische Bevormundung. 


Video: Das ultimative Apollo Lauterbach-Gespräch!

 

Wie wird man Politiker? Warum trägt Karl Lauterbach im Online-Interview eine Maske? Und woher kann Annalena Baerbock so gut Englisch? Diese und andere wichtigen Fragen unserer Zeit beantwortet Apollo News. Das große Apollo-Interview mit den wichtigsten Politiker-Größen. Starring: Karl Lauterbach, Annalena Baerbock, Katharina Schulze, Christine Lambrecht & mehr. Hier ansehen. 

 


Apollo-Leser haben entschieden: Christian Lindner ist Deutschlands Umfaller Nr. 1

In Sonntagsreden wird die „Politikverdrossenheit“ unter Jugendlichen gerne bemängelt. Aber wie soll man Bundesregierung vertrauen, die ihre Versprechen mittlerweile im Wochentakt bricht?

Die FDP versprach: Am 20. März soll ein „absolutes Ende“ der Corona-Maßnahmen stattfinden – doch der Freedom Day ist nur ein Fake. Stattdessen wird jetzt für die Impfpflicht mobilisiert. Das, was uns als Freiheitstag verkauft werden soll, ist ein Witz: 3G und Maskenpflicht bleiben  bestehen, heißt es. Mit dem sperrigen Wort „Basisschutzmaßnahmen“ versperrt die Ampel den Weg zur Normalität.  Nur zaghafte Stimmen aus der FDP fordern ein wirkliches Ende der Coronamaßnahmen, wie die Partei es vor und nach der Wahl großspurig gefordert und versprochen hatte – Christian Lindner selbst redet den „Basisschutzmaßnahmen“das Wort. Vielleicht ist es dieses Manöver als Abschluss einer monatelangen Performance, welches ihm einen knappen, aber verdienten ersten Platz in unser Apollo-Umfrage einbringt: Unsere Leser haben den FDP-Chef mit 41% zum größten Umfaller Deutschlands gewählt. 

Ein harter Kampf um die Pole Position lieferte sich unser Gewinner mit seinem mit Abstand schärfsten Konkurrenten um die Umfall-Krone: Markus Söder kommt mit 37% auf Platz 2 ins Ziel und unterstreicht auf jeden Fall verdiente Titelansprüche. Einst war er Merkels oberster Lockdown-Enforcer und Kapitän im berühmt-berüchtigten „Team Vorsicht“. Jetzt – eine Bundestagswahl-Klatsche später – ist Markus wie ausgewechselt, verurteilt 2G und fordert Lockerungen. Wir glauben immer noch, der echte Söder wurde durch einen total umgepolten Klon ersetzt – solange wir das aber noch nicht hundertprozentig belegen können, müssen wir ihm seine Platzierung auf dem Umfaller-Treppchen einräumen. 

 

Aber: Umfallen in Richtung Freiheit ist noch immer um Längen sympathischer als das Umfallen vermeintlich freiheitlicher in Richtung Zwangsmaßnahmen. Vier Prozent Vorsprung für Lindner sind somit mehr als verdient – das beinahe sofortige und mehrmals wiederholte Umfallen seit der Bundestagswahl mitsamt 1A-Landung in S-Klasse und Ministersessel macht ihm so schnell keiner nach. Wahrscheinlich ist, dass er seinen Rekord demnächst wieder selber bricht – auch, wenn FDP-Parteikollegen wie Marco Buschmann starke Konkurrenz darstellen. In sofern Gratulation an Christian Lindner – und natürlich auch an Heiko Maas und Marie-Agnes Strack-Zimmermann. Die weit abgeschlagene Bewertung negiert keinesfalls die zweifelsfreie Qualifikation für die Umfaller-Olympiade unser beiden dritt- und viertplatzierten. 

 

 


Alibi-Jugendliche für Lauterbach? Ihr sprecht nicht für uns!

Von Jerome May | Unter „Wir werden laut“ werden Schüler für Lockdown & Impfzwang instrumentalisiert. Wieder mal phantasieren sich Politik und Medien eine Jugend herbei, die exakt ihre Meinung vertreten soll. Doch das tut sie nicht. 

Ab und an scrolle ich durch meine Foto-Galerie auf meinem Handy. Nach ein paar Minuten bin ich bei Fotos aus 2019 oder Anfang 2020 angekommen. Fotos, die mich Arm in Arm mit Freuden zeigen, Bilder von vollen Fußballstadien, von vollen Plätzen in Berlin oder anderswo.

Manche Bilder kommen mir inzwischen schon so fremd vor, als ob sie gar nicht von mir wären. Die sogenannte „Zeit vor Corona“ kommt einem wie ein vergangenes Zeitalter vor, ein Sehnsuchtsort. Jeder Jugendliche wird das Gefühl irgendwo nachvollziehen können. Eine Ewigkeit wartet man jetzt schon, dass es wieder so richtig losgeht. Auf den Moment, wo alles wieder „normal“ wird, halt so wie früher.

Bis dahin guckt man sich die tausendste Pressekonferenz an, in der mehrere alte weiße Männer einem erklären wollen, dass es doch noch viel zu gefährlich sei, jetzt Lockerungen auf den Weg zu bringen. Doch schon seit einiger Zeit ist das Maß voll, der Toleranzbereich ist längst ausgereizt. Die Zeit, wo die Jugend noch lautlos mitgezogen ist, ist Vergangenheit.

Partys und Durchseuchung

In der Jugend brodelt es. Wir scharren mit den Füßen, weil wir’s kaum erwarten können, wieder loszulegen. Die Stimmung kippt, das spürt fast jeder. Wer nimmt Lauterbachs Bergpredigt schon noch Ernst? Viele von uns haben Omikron durchgemacht, nichts gespürt und sich über den Genesenen-Status gefreut, um das blöde Testen loszuwerden. Unter Jugendlichen ist die erste Reaktion, wenn jemand sich infiziert hat, eben diese: „Boah hast du Glück, brauchst du keinen Test mehr“.  Das ist die traurige Wahrheit, so weit hat es die Politik getrieben. 

Angst oder Furcht vor Corona hat von uns kaum einer mehr. Wir wollen wieder frei sein, uns gegenseitig ohne schlechtes Gewissen umarmen können (machen wir trotzdem) und uns kein Stäbchen mehr in die Nase stecken. Unser Abitur feiern, verreisen und Partys schmeißen. ´Doch davon kommt bei Lauterbach und Konsorten nichts an. Stattdessen reiht sich im öffentlichen Raum eine Schulschließungsdiskussion an die nächste. Alibi dafür sind einzelne Schülersprecher, die stellvertretend für die ganze Jugend stehen sollen und deren Meinung gezielt von den Medien herausgepickt wird.

Wie zuletzt die Initiative „Wir werden laut“. In einem offenen Brief sprechen sich einige Schülersprecher hier für eine Aussetzung der Präsenzpflicht aus, sie wollen das Corona-Infektionsrisiko senken, warnen vor Long Covid. Es sei wichtig „die Pandemie mit allen Mitteln zu bekämpfen“ heißt es in jenem Offenen Brief, über den nahezu alle Medien groß berichtet haben. „Zu unserer Verärgerung wurden nicht alle zur Verfügung stehenden Werkzeuge eingesetzt“.
Weiter könnte ein Brief nicht von der Lebensrealität der meisten Schüler entfernt sein. 
Wir leiden zu aller erst unter den gesellschaftlichen Folgen von Isolationen und Lockdown.  Doch statt die Sorgen und Wünsche der Jugend wirklich wiederzugeben, orientieren sich viele Schülersprecher an dem, womit sie eben groß rauskommen. 


In Wahrheit geht es so manchem Schülersprecher doch nur darum, ein gut dotiertes Stipendium zu erschleichen. 


Als mutige Sprachrohre der Jugend werden sie in Szene gesetzt. Coole hippe Teenies, die den alt-gewordenen Erwachsenen mal sagen, wie gefährlich das doch alles sei.
Junge revolutionäre Freidenker sollen sie sein. Dass solche Jugendlichen ernsthaft die Stimme unserer Generation sein sollen, ist lächerlich. Als ob wir alle Lust hätten uns auch noch die zehnte Maske während der Schule über die Nase zu ziehen. Revolutionär ist wohl das unpassendste aller möglichen Wörter, um eine Haltung zu beschreiben, die von der gesamten Bundesregierung und der versammelten Presse vertreten wird. 

Jugendlich ist sie sowieso nicht. Den da oben mal widersprechen, für seine Ansichten einstehen und sich von der von Schule, Eltern oder Politik vorgegebenen Meinung loszulösen – das wäre jugendlich. In Wahrheit geht es so manchem Schülersprecher doch nur darum, ein gut dotiertes Stipendium zu erschleichen. 

Ich jedenfalls habe jetzt genug von Corona. Wenn es um Widerstand gegen mehr Normalität in der Schule geht – ohne mich.  Ich möchte nicht vor Omikron beschützt werden, ich möchte meine Fotogalerie wieder mit genau den Bildern füllen, die ich früher geschossen habe. 


Apollo sucht den Super-Umfaller – hier abstimmen!

Umfallen und wegrutschen: Die deutsche Politik glänzt in den letzten Monaten vor allem mit schamlosem Opportunismus und alltäglich gewordenem Wortbruch. Wir haben das Thema in unserer neuen Edition behandelt.

Aber nachdem wir gesagt haben, wer unsere Favoriten sind, wollen wir wissen: Wen seht ihr als Deutschlands führenden Wegbrecher?
Apollo sucht Deutschlands größten Umfaller. Wer verrät seine Wahlkampfversprechen am schnellsten und am gründlichsten?

Hier abstimmen – und eine kreative Begründung in einem Satz anfügen. Die Ergebnisse und die originellsten Antworten werden noch diese Woche veröffentlicht. Wer hat die Nase vorn?

Vielen Dank! 


Die Wegrutscher – Apollo Edition 4/2022

Liebe Leser,

habt ihr in letzter Zeit mal euren Hund betrachtet und euch gefragt, was dessen Rechte von euren unterscheidet? Der Hund darf nur unter bestimmten Auflagen und mit Leine rausgehen, er darf nur essen, was das Herrchen ihm erlaubt und wird die ganze Zeit dazu aufgefordert, sich zu benehmen.
Im Grunde leben wir ein Haustierleben, nur dass Hunde sogar am Montag Gassi gehen dürfen. 

Wir sitzen in einem Terrarium. Man piekst uns und schaut, wie wir reagieren, erforscht unser Verhalten und ordnet uns in Klassen wie „Geboostert“ oder „Mitglied der Gesellschaft“ ein.

Wir dachten uns deshalb – drehen wir den Spieß mal um. Und darum haben wir uns auf eine Forschungsreise begeben. Unser Ergebnis: der politicus homo nicht-so-sapiens, im Volksmund Politiker auf dem Weg in die Regierung genannt, ist eine Untergruppe der Opportunisten-Wesen. Das sind Säugetiere, die interessanterweise keine Form von Rückgrat aufweisen. 

Wir haben uns mal die prächtigsten Exemplare rausgepickt und sie charakterisiert. Da tut sich natürlich besonders die FDP hervor. Da haben wir aber auch noch Heiko Maas als honorable Mention – den Mann, in den niemand Erwartungen gesetzt hat und der es trotzdem geschafft hat, sie zu untertreffen. Söder darf natürlich auch nicht vergessen werden, wenn es um Opportunismus geht.

Aber wir haben uns auch mit dem Wesen des Opportunisten auseinandergesetzt – ist das wirklich ein neues Phänomen oder gab es das nicht schon immer? Wo sammeln sie sich am häufigsten und wie verhalten sie sich in freier Wildbahn? Also setzt euch die Wanderhüte auf, wir gehen auf Safari!

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Elisa David

Chefredakteurin

Die große UMfaller – hall of fame

Apollo würdigt eine Auswahl der besten, wichtigsten und schnellsten Umfaller der deutschen Politik. Egal, ob vor dem Koalitionspartner oder den Mullahs: Ihr Weg ist mit Bananenschalen geebnet und im Regierungsviertel liegt man schneller flach als auf der Reeperbahn.

Heiko Maas: Chefunterhemdler und Außenminister der Herzen

Von Sebastian Thormann – Rückblick und Würdigung des kleinsten größten Ministers für Außenwichtigtuerei. Mit Heiko-Nostalgie-Garantie.

Maggus Söder: Team Dampfwalze

Von Jonas Aston – Mr. Schmutzelei macht alle platt und irgendwann sich selbst.
Dennoch ist er der erfolgreichste unter den Opportunisten.

Marie-Agnes Strack-Zimmermann: Oma Cool und die verlorenen Prinzipien

Von Jonas Kürsch – „Masz“ ist der Hells Angel unter den Vorstadt-Großtanten. Sie verbindet Rückgratlosigkeit mit der Arroganz der Ohnmacht.

Christian Lindner: Aus Liebe zum Ministergehalt

Von Sarah Victoria – Linder und die Ex-Liberalen setzen neue Maßstäbe. Lieber ganz schlecht regieren als arbeiten.

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