Archiv: August 12, 2022

Vorbild China? Rote Karte für Grundrechte per Corona-App

Von Katharina Benjamine | Auf unseren Handys haben wir schon jetzt oft mehr Apps als wir gebrauchen können. WhatsApp, Twitter oder Instagram sind nur die Basics. Allerdings hat wohl kaum jemand App, die so einen Luxus bietet, wie die Gesundheits-App in China. Immer politisch korrekt unterwegs – vielleicht bald auch in Deutschland? 

Was der Staat nicht alles für unser Wohlbefinden unternimmt. In China nimmt der Staat die Gesundheit der Bürger besonders „ernst“. Die dort eingeführte Gesundheits-App soll, wie in Deutschland, zur Eindämmung des Corona-Virus beitragen. Der QR-Code wird allerdings in den Farben rot, gelb und grün angezeigt und in allen Bereichen des Lebens, wie dem Supermarkt, der U-Bahn oder vor der eigenen Wohnung angefordert. Dass dabei auch die Bürger über den Gesundheitsstatus hinaus kontrolliert werden, ist ein kleiner Bonus – Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser.

Kritiker des autoritären chinesischen Regimes werden bekanntlich in China öfter in Hausarrest gesetzt, aber jetzt hat der Staat die ultimative Methode, seine Bürger zu leiten, wie der Schäferhund seine Schäfchen. Es werden die Daten gesammelt und in Echtzeit an die Polizei geschickt, welche durch die Dichte der Daten sofort ein Bewegungsprofil haben. In der Vergangenheit wurden so die Bürger mehrmals aus politischen Zwecken eingeschränkt. Auch zur Verfolgung von Kriminellen wurden die Daten aus der Gesundheits-App missbraucht. 

In Deutschland läuft das alles noch sehr demokratisch ab, obwohl die Mainzer Polizei Anfang des Jahres ohne rechtliche Grundlage mit Hilfe der Luca-App Zeugen ausfindig gemacht hat. Denn auch im neuen Entwurf des Infektionsschutzgesetz spielt die Corona-Warn-App wieder eine wichtige Rolle. Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) möchte nämlich auch mehr Farbe in Deutschland – er sieht nämlich Rot für den Winter. Einer der neuen Regelungen zum Beispiel sollen Geimpften, deren Impfung nicht länger als 3 Monate zurückliegt, von der Maskenpflicht im Innenraum befreien. Diese Regel scheint allerdings unter den bisherigen Bedingungen schwer kontrollierbar zu sein und Lauterbach sieht daher die Rettung in der Nachahmung der chinesischen Vorgehensweise.

Im Herbst werden also wieder drastische Einschränkungen unser Alltagsleben bestimmen. Dabei wird es aber nicht bleiben, denn diese Maßnahmen werden zu einer noch tieferen Spaltung in der Gesellschaft führen. Tatsächlich ist es nicht das erste Mal, dass Deutschland Ideen aus China kopiert. Ein Social-Scoring Systems, das die totale Kontrolle der Bürger durch die Vergabe von Punkten für politisch korrektes Verhalten gewährleisten soll, wurde auch hierzulande schon diskutiert.

Mit der Corona-App in grün, gelb und rot scheint China ein weiteres Mal Vorbild für deutsche Politik zu sein.




Putins Propaganda der „Russkij Mir“ 

Von Sarah Victoria | Seit dem Angriff auf die Ukraine sind viele Europäer ratlos. Ein Krieg, also eine echte militärische Austragung von Konflikten und das auf europäischem Boden?  Wie konnte so etwas nur passieren? 

Im Nachhinein betrachtet zeigt sich immer mehr, dass es durchaus Anzeichen für einen russischen Angriffskrieg gab. Doch wie bei den meisten Kriegen ist es ein schleichender Prozess, der zu so viel  Zerstörung führt. Krieg ist nicht nur durch Kosten-Nutzen-Analysen, geopolitische Strategien oder Statistiken zu erklären. Krieg ist kompliziert, so wie der Mensch an sich. Und gerade der Ukraine-Krieg ist besonders kompliziert, denn er ist noch nicht vorbei. Dennoch lohnt es sich, die unterschiedlichen Facetten eines Krieges genauer unter die Lupe zu nehmen. Etwa die Propaganda, also das politische Werbeprogramm, mit der Menschen dazu gebracht werden, gegen ihr angebliches Brudervolk zu kämpfen. Eines der Narrative, derer sich besonders die russische Elite gerne bedient, ist das der „Russkij Mir“. Aber was bedeutet das überhaupt? 

Ein Begriff und seine Geschichte

Hinter „Russkij Mir“ verbirgt sich die Idee einer abstrakten russischen Einflusssphäre, die über die eigenen Ländergrenzen hinausreicht. Da es keine klare Definition vom Begriff gibt, ist er eher als Sammelbegriff zu verstehen. Das ergibt sich aus der sprachlichen Vorbestimmtheit vom Wort „Mir“:  Wörtlich übersetzt bedeutet es „russische Welt“, wobei sich „Mir“ aber auch auf „eine Gemeinschaft“ oder gar „Frieden“ beziehen kann. Dadurch ist der Begriff im Sprachgebrauch ziemlich mehrdeutig und kann flexibel angewendet werden. Sei es der Bezug auf ein historisches Bewusstsein, auf die gemeinsame Sprache, Religion, oder einfach auf die russische Lebensrealität – all diese unterschiedlichen Facetten können Teil der Idee einer „Russkij Mir“ sein. 

Die Wurzeln des Begriffs reichen weit in die russische Geschichte zurück. Zu Beginn war die „Russkij Mir“ vor allem eine poetische Metapher, die in Gedichten und Erzählungen vorkam. Nikolai Karamsin erwähnte den „russischen Volksgeist“ schon 1818 in seinen Gedichten und läutete damit die Epoche des Sentimentalismus ein. Ursprünglich lag dem Begriff vor allem der Wunsch zugrunde, im nationalen Körper eine Verbindung zwischen einfachem Volk und Elite zu finden. Ähnlich wie die europäischen Literaten des 19. Jahrhunderts, sehnte es auch die russischen Poeten nach dem Gefühl von Gemeinschaft und nationaler Zugehörigkeit. Das französische „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit!“ fand durch Karamsins Schüler Sergej Uwarow ein russisches Pendant, das  „Orthodoxie, Zarenherrschaft, Volksverbundenheit!/ Prawoslawije, Samodershawije, Narodnost! “ lautete. Anders als in Frankreich dauerte es allerdings noch, bis das Konzept auch politischen Einfluss fand. 

 

Eine Idee wird politisch  

 

Bis zum 20. Jahrhundert handelte es sich bei der „Russkij Mir“ um ein kulturelles Konzept, das vielleicht Teil von Folkloren war, aber noch nicht ideologisch besetzt war. Das änderte sich schon zu Zeiten der Sowjetunion, in der sich die eurasische Bewegung formte. Die eurasische Bewegung bezog sich häufig auf die metaphysische Einheit des russischen Raumes, der natürlich im Gegensatz zum germano-romanischen Teil Europas steht. Die Bewahrung dieser Einheit wurde oberstes Ziel der Ideologie – die politische und auch wissenschaftliche Bewegung zerfiel jedoch in den 1930er Jahren und fand erst nach dem Zerfall der Sowjetunion eine Rennaissance. Die neue Trias lautete fortan „Isolationismus, Globalisierungskritik und Neoimperialismus!“. Die „Russische Welt“ sollte fortan einen Gegenpol zum Westen darstellen und mutierte zu einem Synonym für die russische Einflusssphäre. Gerade in den letzten 20 Jahren prägte diese Spielart der „Russkij Mir“ immer mehr das ideologische Klima Russlands. Aus dem abstrakten Ideal wurde also erneut ein aktuelles ideologisches Konzept, das seinen Weg in Staat und Kirche fand.

 

Dieser Trend fällt mit der Präsidentschaft Putins zusammen. Am 12. Juli 2021 veröffentlichte der Kreml einen Artikel namens „Zur historischen Einheit von Russen und Ukrainern“  (http://en.kremlin.ru/events/president/news/66181 ) der vom russischen Präsidenten persönlich verfasst worden sein soll. Der Artikel beginnt folgendermaßen: 

 

„Als ich kürzlich in Direct Line nach den russisch-ukrainischen Beziehungen gefragt wurde, sagte ich, dass Russen und Ukrainer ein Volk sind – ein einziges Ganzes. Diese Worte wurden nicht von kurzfristigen Erwägungen getrieben oder durch den aktuellen politischen Kontext veranlasst. Es ist das, was ich bei zahlreichen Gelegenheiten gesagt habe und woran ich fest glaube.“

 

Alleine in diesem kurzen Abschnitt zeigt sich, wie sich aus einer bloßen Idee ein politisches Narrativ spinnen kann. „Russkij Mir“ bedeutet nun eine geopolitische Einflusssphäre, die nicht nur beliebig erweitert werden kann, sondern militärisch verteidigt werden muss – und bekanntlich ist Angriff ja die beste Verteidigung. 

 

Der russische Präsident persönlich war es, der die Idee quasi verstaatlichte und 2007 die gleichnamige Stiftung „Russkij Mir“ gründete. Offiziell besteht ihr Ziel darin, die russische Kultur im Ausland zu fördern.  Neben Spenden erhält die Stiftung jährlich rund 750 Millionen Rubel aus der Staatskasse. Der Vorsitzende ist Wjatscheslaw Nikonow, der Enkel des bekannten Politikers Wjatscheslaw Molotow. Wjatscheslaw Nikonow ist sehr stolz auf seinen bekannten Großvater, der ein enger Vertrauter Stalins war und übrigens auch der Namensgeber des Molotowcocktails ist. Molotow selbst war es, der neben 383 Hinrichtungslisten von Stalin auch den den berüchtigten Hitler-Stalin-Pakt unterschrieb. Molotow war hingebungsvoller Kommunist. Selbst als Stalin seine Ehefrau wegen ihrer vermeintlichen Verbindung zu jüdischen Nationalisten in ein Straflager schicken ließ, protestierte er nicht. Es verwundert also nicht, dass auch sein Enkel die Nähe zur politischen Elite sucht und ihr Sprachrohr der Wahl ist. 

 

Putins prominentes Sprachrohr 

 

Nikonow war vor seiner politischen Karriere – und seinem Dasein als Dauergast im russischen Staatsfernsehen – in der Wissenschaft tätig. Lange leitete er die historische Fakultät und auch den Lehrstuhl für Neuere Geschichte an einer Moskauer Universität. Er beschäftigte sich insbesondere mit internationalen Beziehungen, reiste dafür auch mehrmals in die USA, auf deren Politik er sich dann spezialisierte. Erst kürzlich wurde ihm der Ehrendoktortitel der University of Edinburgh aberkannt. Für Schlagzeilen sorgte er zuletzt mit seinen Äußerungen in einer russischen Fernsehsendung. Hier nannte er den Krieg gegen die Ukraine einen „ metaphysischen Kampf von Gut gegen Böse“, bei dem Russland natürlich auf der guten Seite stehe und den „heiligen Krieg“ daher unbedingt gewinnen müsse. Dabei bediente er sich den Worten des Patriachen der russisch-orthodoxen Kirche – einem weiteren engen Vertrauten Putins. 

 

Kreml und Klerus, Hand in Hand 

 

Auch die russisch-orthodoxe Kirche hat das Konzept der „Russkij Mir“ in den letzten Jahre aufgegriffen. Ihr Patriach, Kyrill der I., gehört zu Putins wichtigsten Vertrauten. So teilen die beiden neben ihrer Vergangenheit beim Geheimdienst auch die Vorstellung einer besonderen russischen Verantwortung für die Welt. Verantwortung übernehmen ist hierbei ein Stichwort für „den Einfluss des Westens aufhalten“. Im religiösen Rahmen heißt das vor allem, der atheistischen Ideologie zu trotzen, die ihren Weg – ausgehend von Marx, also dem Westen – nach Russland fand. Es sei die göttliche Bestimmug Russlands, ihre Brüder und Schwestern, zu denen alle Menschen der heiligen Rus zählen, von diesem Einfluss zu beschützen. Die „Rus“ ist dabei das gemeinsame Reich im Mittelalter, aus dem sowohl das heutige Russland, als auch die Ukraine und Belarus hervorgehen. 

Vertreter der russisch-orthodoxen Kirche sind 2009 offiziell der Stiftung beigetreten. In ihren Statements beziehen sie sich vor allem auf die religiöse Herkunft, russische Wertevorstellungen und den übernationalen Charakter der russischen Welt. Innerhalb der orthodoxen Kirche kam es durch die fortschreitende Ideologisierung zu Spannungen und durch den Kriegsbeginn auch zu Brüchen innerhalb der Kirche. Erst vor ein paar Monaten sagte sich die ukrainisch-orthodoxe Kirche vom Moskauer Patriarchat los. Ebenso kam es in jüngster Zeit zu Personalwechseln in der Führungsetage der Kirche, Metropolit Hilarion, ehemals rechte Hand von Patricharchat Kyrill, wurde durch Kyrills Sekretär ersetzt. Interessant erscheint dieser Machtwechsel, da es vor allem Hilarion war, der die Idee der „russischen Welt“ nicht nur auf dem kirchlichen Fernsehsender, sondern auch im Staatsfernsehen vertrat. In den wöchentlichen Interviews äußerte er sich im Vergleich zu Kyrill wenig politisch und verwies auffällig häufig auf die Bedeutung des Friedens – nun wird jemand anderes die russisch-orthodoxe Zuschauerschaft auf politischer Linie halten müssen. 



Gerade den Ukrainern ist das Konzept der „Russkij Mir“ nur allzu gut vertraut. Alleine in der Präambel der Verfassung der Volksrepublik Donezk, die nach dem Euromaidan 2014 ausgerufen wurde, findet man das Wort „Russkij Mir“ fünf Mal. Zudem reichten Putins Sprachrohre auch bis in die Ukraine herein – bislang jedenfalls. Seit dem 24. Februar diesen Jahres dürfte sich das geändert haben. Es bleibt abzuwarten, was die Zukunft bringen wird. Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt – und damit auch die Hoffnung, dass sich die „Russische Welt“ möglichst bald aus dem Narrativ des Kremls befreien kann. 




Vergesst mal die Grünen – die CDU hat schuld!

Von Jonas Aston | Es tut sich etwas in Deutschland. Über 40% der Deutschen können sich im Herbst und Winter vorstellen gegen die Politik der Bundesregierung zu demonstrieren. In den Medien ist man zwar sichtlich bemüht zu suggerieren, dass alles im grünen Bereich ist, doch das Wunschdenken der Politik wird von der Realität eingeholt. Privat bemerkt man bei etlichen ein Umdenken. Viele die der Politik in vielen Bereichen lange völlig kritiklos gegenüberstanden, werden zunehmend unzufriedener. 

Annalena Baerbock und Robert Habeck stehen sinnbildlich für die gegenwärtige Krise. Doch die jetzige Situation ist nicht auf grünem Mist gewachsen – nicht einmal die Grünen schaffen es innerhalb von 10 Monaten Regierungszeit Inflationsraten von über 7%, Fachkräftemangel und drohende Energieausfälle herbeizuführen. Insofern möchte ich hier und heute tatsächlich eine Lanze für die Grünen brechen, denn Verantwortung für das Land haben in den letzten 17 Jahren andere getragen.

Tatsächlich hat die CDU in der Merkel-Zeit eine völlig paradoxe Politik verfolgt. Die Grünen stehen für das Nein zur Atomkraft wie keine andere Partei. Der Ausstieg aus der Atomkraft wurde jedoch 2011 vom schwarz-gelben Bündnis beschlossen. Der Wiedereinstieg wird nun in die Regierungszeit von SPD und Grünen fallen. Zwar sträubt sich die Koalition noch dagegen und Baerbock und Habeck ziehen eine Show ab, um sich vor irgendwann vor ihrer Parteibasis rechtfertigen zu können. Meiner Meinung nach werden SPD und Grüne aber um den Wiedereinstieg nicht herumkommen. Spätestens im Herbst wird der Druck zu groß werden.

An den heutigen Inflationsraten ist die Union ebenfalls nicht unschuldig. Die Geldexzesse der EZB fallen durchweg in die Zeit der Merkel-Regierungen. Nebenbei wurden Schulden der Griechen vergemeinschaftet. Für 80% der griechischen Schuldlast müssen im Zweifel andere Staaten aufkommen. Da sage noch einer, die Griechen wären schlecht regiert. Heute tragen die Griechen kaum noch Verantwortung für ihren Staatshaushalt. Anreize zum soliden Wirtschaften gibt es keine.

In der Energiekrise möchte Habeck nun ein ähnliches System einrichten. Dieses Mal soll Deutschland jedoch nicht zahlen, sondern empfangen. Statt Schulden soll nun die Energie vergemeinschaftet werden. Doch die EU-Staaten ziehen nicht mit und lassen Habeck auflaufen. Warum sollten auch die Spanier und Portugiesen, die auf eine vernünftige Energiepolitik zurückblicken können, den Preis für die unverantwortliche Energiepolitik der Deutschen zahlen? Viele, die heute Habeck für seine Pläne verlachen, hielten es einst für unabdingbar, dass die Bundesrepublik die Griechen „rettet“. Dabei berufen sich Union und SPD gleichermaßen auf die europäische Solidarität. Der gesinnungsethische Aktionismus wurde zwar von den Grünen gefordert, aber am Ende von der CDU umgesetzt. Das rächt sich jetzt, denn letzlich muss eben jedes Land für sich Verantwortung tragen.

Das Scheitern der Union setzt sich auf dem Arbeitsmarkt fort. Die Agenda 2010 war die letzte große Reform in Deutschland und wurde durch die SPD initiiert. An dieser lässt sich viel kritisieren. Fakt ist aber, dass hierdurch Deutschland den Ruf des „kranken Mann Europas“ abschütteln konnte und die Wirtschaft für europäische Verhältnisse überdurchschnittlich wuchs. Die CDU dagegen hat in den vergangenen Jahren eine durchweg linke Politik betrieben. Der Mindestlohn wurde unter Kanzlerin Merkel eingeführt. Der Sozialstaat wurde aufgebläht und für 1,5 Millionen Armutsmigranten aus dem Orient geöffnet. 

Die CDU hat sich in ihren widersprüchlichen internen Codes völlig verheddert. Sie macht sich lächerlich, wenn sie Opposition gegen die Grünen machen möchte, ohne mit ihrer Vergangenheit zu brechen. Dann wurde die CDU jedoch ihr Gesicht verlieren. Die Europolitik war doch nicht „alternativlos“? Der Ausstieg aus Kohle- und Atomkraft völlig kopflos und überstürzt? Und der Satz „wir schaffen das“ war lediglich eine populistische Floskel?

All diese Fragen müsste Friedrich Merz mit „ja“ beantworten, wenn er eine glaubwürdige Oppositions-Politik gegen die Links-gelbe Regierung machen möchte. Die Grünen stehen hingegen vor den Trümmern ihrer Ideologie. Nur haben sie das noch nicht gemerkt. 

 

 

Bild: Werner Hofmann und Arno Ludwig; photographed by Hermetiker. Via Wikimedia Commons (Lizenz)




„Boerenprotesten“ in den Niederlanden – der Frust schwappt über

Von Leon Hendryk | In den vergangenen Jahren schwappten nur wenige Berichte über die niederländischen Bauernproteste durch die deutschen Medien. Demonstrierende Bauern blockierten regelmäßig mit ihren Maschinen Supermarktparkplätze oder die Verteilerzentren von Lebensmittelkonzernen und fuhren mit ihren Traktoren als Protestkolonne durch niederländische Städte. Doch vor einigen Wochen intensivierte sich der Protest. Bilder von brennenden Straßensperren auf Autobahnen und regelrechter Straßenschlachten zwischen demonstrierenden Landwirten und der Polizei machen die Runde. Wie kommt es dazu? Und welche Auswirkungen werden diese Proteste auf Deutschland und andere Länder in Europa haben?

Kurz zusammengefasst: Die „Boerenprotesten“, wie sie im Niederländischen bezeichnet werden, richten sich primär gegen neue Regeln der niederländischen Regierung zur Verringerung der Stickstoffemissionen. In den Niederlanden werden vergleichsweise viele Nutztiere gehalten, die mit auf dem Seeweg importierten Futter gefüttert werden. Dies führt zu einem sogenannten Stickstoffüberhang – das bedeutet, der niederländische Boden den Stickstoff in der von den Tieren verursachten Gülle nicht mehr aufnehmen kann. Als Resultat schädigt dieser überschüssige Stickstoff, in Form von Nitrat-, Ammoniak- und Nitrit-Verbindungen, die Umwelt und das Grundwasser. 

 

Die Wut steigt

Die neuen Regeln hätten zur Folge, dass rund ein Drittel der tierhaltenden Betriebe in den Niederlanden aufgeben müssten. Tausende der demonstrierenden Landwirte sehen sich also unmittelbar in ihrer Existenz bedroht. Doch es gibt noch einen weiteren Grund für die Radikalität der Proteste: Die Subventionspolitik der EU sowie die neoliberale Wirtschaftspolitik von Parteien wie der VVD, die in den Niederlanden die Regierungskoalition anführt, haben erst zu der Fehlentwicklung von immer größeren Betrieben und immer mehr Viehbestand geführt. Jahrzehntelang hieß es in der Landwirtschaft: Wachse oder weiche! Kompetitiv und exportorientiert sollte die niederländische Landwirtschaft sein, forderte die Politik. Die Landwirte folgten und senkten ihre Kosten, steigerten die Erträge, stellten immer mehr Kühe und Schweine in ihre Ställe. Nun werden sie von den gleichen Politikern dafür bestraft und als Übeltäter gebrandmarkt. Viele Landwirte sind verbittert über die mangelnde Wertschätzung ihrer Arbeit in der Gesellschaft und Politik. Ihre Wut steigt. 

Auch in Deutschland ist diese Wut zu spüren. In Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen gibt es ebenfalls große Gebiete, in denen eine intensive Tierhaltung zu Stickstoffemissionen führt, die weit über den gesetzlichen Grenzwerten liegen. Auch hier fürchten Landwirte um ihre Existenz, sollten diese Grenzwerte in Zukunft strenger durchgesetzt werden. Dennoch gibt es hierzulande kaum Proteste, insbesondere keine so heftigen wie in den Niederlanden. Der Grund hierfür wird zum einen in der Obrigkeitshörigkeit der Deutschen liegen, aber zum anderen auch in der Tatsache, dass die landwirtschaftlichen Verbände hier in Deutschland dem politischen Mainstream deutlich näherstehen als in den Niederlanden. Joachim Rukwied, der Präsident des Deutschen Bauernverbandes, war beispielsweise viele Jahre Lokalpolitiker der CDU. Radikale Proteste gegen die Regierungspolitik, wie sie in den Niederlanden zu sehen sind, werden diese Organisationen daher wohl kaum initiieren. 

Man sollte trotzdem nicht ausschließen, dass es auch in Deutschland zu Bauernprotesten kommen kann. Die Frustration deutscher Bauern über niedrige Erzeugerpreise und mangelnde Anerkennung ihrer Leistungen durch die Gesellschaft wächst von Jahr zu Jahr. Im politischen Berlin ist man dessen wohl bewusst. Laut Landwirtschaftsminister Cem Özdemir gebe es aber keinen Grund für Proteste von Landwirten in Deutschland, da sich die Ausgangsituation im Vergleich zu den Niederlanden unterscheide.
„Bauernproteste in Deutschland: Rechte wollen Wut ernten“ titelt hingegen die TAZ, und macht damit einen durchsichtigen Versuch etwaige Proteste schon im Vorfeld als rechtsextrem abzustempeln. 

 

Keine Lösung in Sicht

Wie geht es nun weiter? In den Niederlanden verhandelt die Regierung nun mit Vertretern der Bauernbewegung, es zeichnet sich allerdings noch keine konkrete Lösung für den Konflikt ab. Denn das Problem einer, durch Subventionen und Futtermittelimporte, völlig überdimensionierten niederländischen Viehwirtschaft bleibt vorläufig bestehen. Vermutlich wird es schlussendlich auf einen steuerfinanzierten Ausgleich der finanziellen Verluste von Landwirten, die ihre Viehbestände reduzieren, herauslaufen. 

Langfristig werden die Frustrationen der Landwirte aber fortbestehen. Sie sehen sich einerseits durch stetig zunehmende Umweltauflagen unter Druck gesetzt, sind aber auch ökonomischem Druck durch Billigimporte aus anderen Ländern ausgeliefert. Strenge Umweltauflagen für die heimische Landwirtschaft und gleichzeitiger Freihandel mit Nationen, in denen diese Auflagen nicht existieren, sind eine bittere Realität für viele Landwirte in den Niederlanden und in anderen europäischen Ländern. Der von der Politik geforderte „ökologische Umbau der Landwirtschaft“ wird unter diesen Voraussetzungen wohl nur unter Zuhilfenahme massiver Subventionen möglich sein.


Akte Schlesinger: Die Dekadenz-Gebühr muss weg!

Von Luca Tannek | Es ist wieder einmal so weit. Unser hochgelobter öffentlich-rechtlicher Rundfunk steht erneut in der Kritik. Und nein, dieses Mal geht es nicht um Jan Böhmermanns vermeintliche Satire-Show oder linkes Framing in der Tagesschau. Es geht um die Akteure hinter dem Staatsfunk. Konkret: Patricia Schlesinger. Noch nie gehört? Keine Sorge, ich auch nicht -bis jetzt. Was ist passiert? Frau Schlesinger ist jüngst als ARD-Vorsitzende und RBB-Intendantin zurückgetreten, als sich der Vorwurf der Veruntreuung öffentlicher Gelder verdichtete.

Schlesinger soll bei der Einweihung ihrer neuen Wohnung Gäste bewirtet und die Kosten dem Rundfunk Berlin-Brandenburg in Rechnung gestellt haben. Der Aufwand pro Person betrug 28 bis 90 Euro, angeblich war die Veranstaltung rein geschäftlich und deshalb bedenkenlos. Dem widersprach nun ein Gast. Die Berliner Polizeipräsidentin Frau Dr. Slowik bestätigte, dass sich die Gespräche nicht um berufliche Angelegenheiten drehten.

Und das ist nicht der einzige Luxus den Frau Schlesinger sich auf Kosten des Gebührenzahlers gönnte: Seit ihrem Amtsantritt 2016 sollen in in der RBB-Chefetage Umbauten in Höhe von unglaublichen 1,4 Millionen Euro vorgenommen worden sein. Allein für ihr italienisches Nobelparkett wurden fast 16.000 Euro in Rechnung gestellt. Hinzu kam die private Nutzung ihres Dienstwagens – eines Luxus-Audis mit Massagesitzen. 

Nun ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen Frau Schlesinger, ihren Mann Gerhard Spörl und dem (jetzigen) Ex-Chef des RBB- Verwaltungsrates Wolf-Dieter Wolf. Denn es steht nicht nur die Veruntreuung im Raum, sondern auch Vorteilsnahme. Schlesinger soll von Wolf eine Gehaltserhöhung von satten 16 Prozent genehmigt bekommen haben – auf 303.000 Euro, plus eines fünfstelligen Bonus für das Jahr 2021.

Ihrem Mann Spörl vermittelte Wolf-Dieter Wolf einen hochdotierten Auftrag als PR-Berater bei der Berliner Messe, bei der Wolf Aufsichtsratschef ist. Im Gegenzug soll der RBB Aufträge an Firmen vergeben haben, die Wolf in seiner Funktion als Bauunternehmer nahestehen.

Was soll man dazu noch sagen außer: Genug ist genug. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk hat die rote Linie längst überschritten. Was muss sich der Gebührenzahler denn noch alles bieten lassen? 

Der Rundfunk konnte 2021 dank Bundesverfassungsgericht seine Zwangsgebühr von 17,50 auf 18,36 Euro erhöhen – dabei war die Regierung Sachsen-Anhalts im Bundesrat gegen eine erneute Aufstockung. Und das ist nicht genug, denn Film- und TV-Produzenten fordern schon die nächste „kurzfristige“ Erhöhung aufgrund steigender Kosten durch Inflation.

Die Talkshows sind alles andere als ausgeglichen – der Staatsfunk sendet alles andere als neutral. Bisher wurden von allen im Bundestag vertretenen Parteien Repräsentanten eingeladen, um aktuelle politische Themen zu diskutieren. Naja, von fast allen. Die AfD wurde seit der letzten Bundestagswahl nicht mehr eingeladen, obwohl sie über zehn Prozent der Wähler repräsentiert. Selbst die Linke mit lächerlichen 4,9 Prozent war öfter an Talkshows beteiligt.

Dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk insbesondere in der Tagesschau Sachverhalte verkürzt oder framed ist nicht neu. Man kennt es nicht mehr anders. Leider hat sich nun ein weiterer Qualitätsmangel eingeschlichen. Denn vor allem die Damen und Herren von ARD und ZDF bekommen noch nicht einmal eine eigene Berichterstattung aus Krisengebieten gebacken. Als der Ukrainekrieg ausbrach, haben lediglich private Sendeanstalten Kriegsreporter ins Krisengebiet geschickt. Vom fettesten Staatsfunk der Welt (8 Mrd. Euro Einnahmen jährlich) kam nichts.

Und nun liegt der Vorwurf der Veruntreuung und Vorteilsnahme im Raum. Es ist an Dreistigkeit kaum zu überbieten. Blickt man nach Großbritannien oder Frankreich, dann stellt man fest, dass die „Demokratieabgabe“ im Vergleich einen niedrigeren Stellenwert hat als in Deutschland. Und das ist auch richtig so. Auf der Insel muss BBC massiv abspecken, die Gebühren werden für die Bürger gesenkt. In Frankreich möchte man die Rundfunkgebühr sogar komplett abschaffen. Eine Veränderung ist also nicht unmöglich. Nach all den Mängeln unserer Rundfunkanstalt besteht für mich kein Zweifel, dass die öffentlich-rechtliche Sendeanstalt abgeschafft gehört. Der Gipfel ist erreicht – weg mit der Zwangsgebühr!


Tag gegen Hexenverfolgung: Nichts gelernt aus dem Scheiterhaufen?

Von Gesche Javelin | Am 10.08.2020 hat das internationale katholische Hilfswerk „missio“ in Aachen zum ersten Mal den „Internationalen Tag gegen Hexenwahn“ gefeiert. Deswegen möchte ich zu diesem Tag der Hexenverfolgung gedenken:

Seinen Anfang fand der Hexenwahn im 13. Jahrhundert mit der Inquisition. Eigentlich strebte die Inquisition vor allem eine Umkehr der Beschuldigten zur Kirche an. Todesstrafen wurden nur selten angewandt. Zudem galt von Seiten der kirchlichen Oberhäupter die Richtlinie, dass die Inquisitoren sich vor allem auf sogenannte Ketzer fokussieren sollten; Hexenverfolgung war hierbei eher eine Nebensache. So nach dem Motto: „Wenn euch mal eine Hexe über den Weg läuft, könnt ihr sie auch mitnehmen“

Zum Höhepunkt der Hexenverfolgung kam es im 16. und 17. Jahrhundert, als der Hexenwahn zum Selbstläufer wurde. Bestärkt durch die Kirche glaubten die Menschen, dass vor allem Frauen „anfällig“ für Hexerei waren, da sie sozusagen genetisch vorbestimmt triebhafte und „schlechte“ Wesen seien.

Sowohl Ketzer als auch Hexen seien einen Bund mit dem Teufel eingegangen, sodass ein Tod – meist auf dem Scheiterhaufen – in den Augen der Öffentlichkeit gerechtfertigt zu sein schien. Für jedwedes Unglück oder Schandhaftigkeit wurden sie verantwortlich gemacht: Unwetter und folgende Ernteausfälle, Tod, Krankheit. Auch wurden sie als unheimliche, mystische, unbegreifliche Wesen dargestellt. Wie soll man sich da schon wohl fühlen? Die Angst vor Hexen und übernatürlicher Hexerei verbreitete sich immer weiter. Nicht zuletzt die Medienrevolution durch den Buchdruck trug zur schnellen Verbreitung des Hexenglaubens bei. Aber auch an Universitäten wurde über die Hexen gelehrt. Außerdem bekräftigten wichtige Persönlichkeiten wie Martin Luther, Johannes Calvin und Petrus Cansius den Hexenwahn – auch damals wurde sich an Prominenten wohl gerne ein Beispiel genommen.

Die Angst der Bürger wurde unterfüttert und überzeugt klagten die Menschen sich gegenseitig an. Die Hexenjagden wurden häufig von den Untertanen selbst initiiert. Selten wurden sie allein durch die Obrigkeit durchgeführt. Angst und Missgunst waren bei den Menschen präsent. Eine Krise folgte der nächsten. Krankheiten, Armut und Krieg dominierten den Alltag. Die Unzufriedenheit richtete sich dann gerne Mal gegen den Nachbarn oder auch Familienmitglieder. Denunziation wurde sehr beliebt.

Je mehr die Hexenverfolgung zum Massenphänomen wurde, desto gefährlicher wurde Kritik an den Prozessen und desto weniger wurde solche noch geübt. Auf Krisen reagieren die Menschen heute immer noch ähnlich: Mit Angst und Missgunst. Also wie sagt man immer so schön: „Wehret den Anfängen!“


Eskalation aus Gaza – alter Konflikt, alte Medienmuster

Von Selma Green | Im Nahen Osten eskaliert die Situation zwischen Israel und den Palästinensern erneut. Die Presse stellt wie gewohnt Israel als den Aggressor dar. So weit nichts Neues: Die antiisraelische Schlagseite vieler deutscher Medien ist bekannt. Doch die Taz schoss am Montag den Vogel ab: „Israel startet Wahlkampf”, titelte sie gleich auf Seite eins. Tonfall: Der Islamische Dschihad habe ja keine andere Wahl gehabt, als sich zu rächen. Die Israelis hätten sie schließlich provoziert. Jair Lapid, der israelische Regierungschef, habe durch den Angriff nur zeigen wollen, wie gut er mit der Kriegssituation umgehen könne. Alles sei Wahlkampf, denn der Wahltermin in Israel sei ja bereits im November. 

Framing der übelsten Sorte: In Wirklichkeit begann der aktuelle Konflikt zwischen Israel und dem PIJ (Dem Palästinensischen Islamischen Dschihad)  damit, dass Israel vor einer Woche die Festnahme des PIJ-Chefs Bassem Saadi meldete. Der PIJ ist die radikalste Organisation in “Palästina”. Sie erhält Unterstützung durch den Iran und ist eine Schwesterorganisation der Hamas. 

 

Daraufhin drohte der Islamische Dschihad Israel mit Angriffen. Sie planten einen Attentat auf Zivilisten in der Nähe des Grenzgebietes des Gazastreifens. Um den Anschlag zu verhindern, startete das israelische Militär am Freitag die Operation “Morgengrauen”, einen Luftangriff im Gazastreifen, bei dem zwei Militärchefs und weitere Mitglieder des Islamischen Dschihads gezielt getötet wurden. Einer der getöteten Anführer des PIJ war in der Vergangenheit für Raketenangriffe auf Israel verantwortlich. 

Der Islamische Dschihad antwortete darauf am Sonntag mit einem Raketenhagel von über 900 Raketen auf Israel. Nun ist seit Sonntagabend ein Waffenstillstand in Kraft getreten, und die Grenze Israels zum Gazastreifen wurde wieder geöffnet. 

Erklärtes Ziel des Islamischen Dschihads ist es, Israel zu zerstören – das hat der taz-Autor übrigens mit keiner Silbe erwähnt. Die Organisation heißt nicht ohne Grund “Dschihad”, was so viel bedeutet, wie “Kampf auf dem Wege Gottes”. Durch Anschläge des PIJ war Israel also gezwungen einzugreifen, denn der PIJ bedrohte nun mal die Sicherheit in Israel. Die Idee des taz-Autors, Jair Lapid würde einen Angriff aus dem Nichts starten, der sein eigenes Volk gefährdet, um sich selbst besser dastehen zu lassen, ist aus der Luft gegriffen. Israel hat sich verteidigt und gezielt angegriffen, dabei wurden 15 Mitglieder des PIJ getötet. In verschiedenenen  Medien liest man immer wieder, dass nach “palästinensischen” Angaben 360 Menschen verletzt und etwa 40 Menschen im Gazastreifen getötet wurden, darunter auch Zivilisten. Es wird suggeriert, all diese Opfer gingen auf das Konto Israels. Dass von den hunderten von Raketen des Islamischen Dschihads auf Israel 160 im Gazastreifen selbst landeten und für den Tod vieler Zivilisten verantwortlich waren, wird in den meisten Berichten verschwiegen. 

Die taz bringt für ihre krude These ein weiteres Argument, das völlig aus dem Kontext gerissen ist. Am Sonntag zogen nämlich Tausende “radikal-nationalistische Israelis” zum Tempelberg. Laut der taz ging es darum, mehr Wählerstimmen einzuheimsen. Das werde wiederum von den Muslimen als Provokation aufgefasst, und darum ginge es den Israelis schließlich.  Tatsächlich fand aber am Sonntag der jüdische Feiertag Tischa Beav statt. An diesem Tag gehen die Juden jedes Jahr zum Tempelberg und trauern um die Zerstörung des Jerusalemer Tempels. Das begehen eines jüdischen Feiertages als Provokation auslegen – ist das schon Antisemitismus? 

Schlussendlich schlägt die taz vor, die “pragmatischeren Kräfte” im Gazastreifen zu unterstützen. Klingt gut. Nur: Wo sind sie denn, diese „pragmatischeren Kräfte“? Meint die taz etwa die Fatah? Die Fatah wurde ursprünglich gegründet, um Israel zu bekämpfen und ist seit 1993 Teil der Selbstverwaltung “Palästinas”. Heute ist die Fatah zwar nicht mehr terroristisch aktiv, doch zu ihr gehören immer noch eine Reihe an Extremisten-Gruppen, unter anderem die Terrororganisation al-Aqska-Brigade. Den Angehörigen von “Märtyrern”, also gestorbenen Terroristen, zahlen die Fatah-Behörden beispielsweise Ehrenrenten aus. Das Westjordanland regiert die Fatah quasi diktatorisch. Ist das die “gemäßigte Kraft”, von der die taz spricht?

Das verdrehte Bild ist klar: Mal wieder werden die Palästinenser des Gazastreifens zu hilflosen Opfern erklärt und Israel ist der Täter. Schade, dass dieses verdrehte Bild des Nahost-Konfliktes in der deutschen Medienlandschaft inzwischen gang und gäbe ist.




Klima-Killer Kuh: Chef des Umweltbundesamtes fordert Pups-Steuer

Von Simon Ben Schumann | Die Apokalypse naht. Die Welt droht unterzugehen. Doch die Bedrohung kommt nicht etwa aus einem Unterwasservulkan oder dem Yellowstone-Nationalpark, sondern aus dem Allerwertesten unserer Kühe. Während die einen „fahren lassen“, erhitzt sich nämlich die Erde durch jeden einzelnen Pups dramatisch. Doch damit soll jetzt Schluss sein: Wenn Kühe sich nicht zurückhalten können, soll wenigstens jemand für ihre Flatulenzen blechen.

So will es wenigstens der Behördenleiter des Umweltbundesamtes. In einem Interview mit dem Journalisten Tilo Jung plädierte er für die „Furz-Steuer“ – schließlich seien Nutztiere durch ihren Methanausstoß mitverantwortlich für die Erderwärmung. Solche Ideen für die finanzielle Kompensation von Treibhausgas-Ausstoß durch Steuern, Prämien und Zertifikate sind nicht neu. Diese jetzt auf Lebewesen zu übertragen – das ist ein Durchbruch für das Lager „Extinction Rebellion“. Jetzt können sie endlich die Landwirtschaft zur Kasse beten.

Nutztiere – gefährliche Klima-Killer?!

Menschen essen seit jeher Fleisch und andere tierische Lebensmittel. Evolutionsbiologen sehen im Verzehr tierischer Proteine sogar einen entscheidenden Entwicklungsschritt des Menschen, bei dem durch das Mehr an Eiweiß größere Gehirne und damit kognitive Fähigkeiten ausgebildet werden konnten.

Laut Dirk Messner, Umweltbundesamt-Chef, sollen die Deutschen nun an fleischlose Ernährung „gewöhnt“ werden. Die Pointe lasse ich mal unausgesprochen. Deswegen müsse der Nutzierbestand in Deutschland „dezimiert“ werden. Was sich der Mann hier rausnimmt, über Ernährungsgewohnheiten und Viehhaltung freier Menschen bestimmen zu wollen, ist unglaublich. Genauso unglaublich wie die Ignoranz gegenüber den sowieso schon geplagten Bauern. Hinzu kommt, dass sein Vorschlag rein argumentativ mehr als nur fragwürdig ist.

Seit längerem wird behauptet, dass der Methanausstoß von Kühen und Rindern durch Rülpsen, Pupsen und Defäkieren zum menschengemachten Klimawandel beiträgt. Schließlich sei Methan ein wirksames Treibhausgas; außerdem würde die Nahrung der Nutztiere durch Anbau und Transport eine Menge CO2 freisetzen. Jeder Bissen Steak beim Grillabend ist also gleichbedeutend mit einem überschwemmten bengalischen Bauerndorf. Oder etwa nicht?


Lang lebe das Rumpsteak!

Denn was gerne unerwähnt bleibt: Offensichtlich ist der Anteil unserer Nutztiere am Klimawandel sehr gering. Gerade einmal 10,00 % aller vom Menschen erzeugten Treibhausgase kommen aus der Landwirtschaft. In Deutschland sind es nach Angabe des Umweltbundesamtes sogar noch weniger.

Ob wir uns deswegen also unseren Grillabend vermiesen lassen sollten? Ich denke nicht. Dirk Messner kann sich gerne seine Haferflocken auf den Grill schmeißen, obwohl es dabei schwierig wäre, den Rost zu treffen. Vom Wenden und Servieren ganz zu schweigen. Ich bleibe beim Schaschlik.


Erfolgsgeschichte 9-Euro-Ticket – lasst das Chaos weiter gehen!

Von Johanna Beckmann | Dank des 9-Euro-Tickets hat der geplante Urlaub am Meer für viele Deutsche wohl schon am Bahnsteig ein jähes Ende genommen – denn entweder stand man so nah neben einem anderen Menschen, dass das Atmen schwierig wurde oder man passte schlicht nicht in den Zug. Und weil das alles so „schön“ war, wird der Wahnsinn jetzt wohl fortgesetzt. 

 

Ausfälle, Verspätungen, überfüllte Züge – die „Erfolgsgeschichte“

Ab Juni konnte jede Person für neun Euro in der zweiten Klasse durch ganz Deutschland reisen. Das schien gut angekommen zu sein, denn schon im ersten Monat wurden 21 Millionen dieser Tickets verkauft. So „gut“ blieb es jedoch nicht, denn schon am Anfang der drei geplanten Monate wurde klar, dass die Deutsche Bahn völlig überfordert ist. In den letzten Monaten kamen die Züge dann noch häufiger zu spät (als eh schon), sodass viele Menschen nicht einmal ihren Anschlusszug erreichten. Wenn die Bahn dann doch ein Mal pünktlich erschien, dann war sie oft so überfüllt, dass man kaum einsteigen konnte. Einmal reingequetscht galt es dann um jeden Zentimeter Platz zu kämpfen, um seiner Lunge ein Quäntchen Platz zum Atmen z ermöglichen. Und bei all dem sieht  Verkehrsminister Volker Wissing das 9- Euro-Ticket auch noch als Erfolg an. 

Deshalb will man das Chaos nun fortsetzen. Bei der Verkehrsministerkonferenz erklärten die Länder, außer Bayern und Brandenburg, sogar, dass sie zur Kostenbeteiligung bereit wären. Die Bedingung dafür wäre ein Konzept vom Bund, in dem Fragen wie „Wie teuer wäre das 9-Euro-Ticket? Gilt es bundesweit? Und wie hoch soll der Länderanteil sein?“, beantwortet werden. Die Frage zu beantworten: „Kann die deutsche Bahn überhaupt den andauernden Ansturm von  Fahrgästen bewältigen?“, war jedoch keine Bedingung. Es ist ja bekannt, dass die Züge schon vor dem 9-Euro-Ticket oft sehr unpünktlich waren und manchmal einfach ausfielen. Aus diesem Grund bedeutete pünktlich bei der Deutschen Bahn auch nicht, dass der Zug zur angegebenen Zeit ankommt, sondern, dass er dann innerhalb der nächsten sechs Minuten erscheint.

Wenn das System der Deutschen Bahn noch nie besonders gut funktioniert hat und es während des 9-Euro-Tickets noch schlimmer wurde, wieso sollte es dann bei einem dauerhaft verbilligten Ticket funktionieren? Und wie groß soll das Chaos werden, wenn die Deutsche Bahn zusätzlich auch noch plant in diesem Jahr 1.800 Kilometer Gleise, 2.000 Weichen, 140 Brücken und 800 Bahnhöfe zu sanieren? Ab 2024 soll das Netz der Bahn generalsaniert werden. Und es ist jetzt schon klar, dass es dann kaum Ausweichzüge geben wird. Wenn dann also mein Zug ausfällt, kann ich eine weitere Stunde warten bis der nächste kommt und wenn dieser überfüllt ist noch länger.

 

Die Ziele wurden völlig verfehlt

Dieses Problem wird auch der Vorschlag aus dem Konzeptpapier von Ricarda Lang mit einem regionalen 29 Euro und einem bundesweiten 49 Euro Ticket nicht lösen. Selbst ein 365 Euro Ticket wäre viel zu günstig, um die gesamten Kosten zu decken, da muss man über kostenfreie ÖPNV gar nicht diskutieren. Wenn man diese Preise mit denen vor dem 9-Euro-Ticket vergleicht, sind auch 365 Euro wenig. Vorher musste man für die BahnCard 100 für die 2. Klasse 4.144 Euro bezahlen. Das ist ein enormer Unterschied und die Deutsche Bahn war schon im Jahr 2020 mit diesen Preisen schlecht aufgestellt. Der Steuerzahler pumpt jährlich über 10 Milliarden Euro in die Bahn und trotzdem betrug der Nettoverlust im Jahr 2020 5,7 Milliarden Euro. Und trotzdem funktionierte zu diesem Zeitpunkt schon nichts: Über kaputte Toiletten, Verspätungen oder gar Ausfälle klagten regelmäßige Bahnkunden schon damals.

Das Ziel des 9-Euro-Ticket war es dem Klima zu helfen, die Menschen zu entlasten und dabei die Deutsche Bahn für Fahrgäste attraktiver zu machen. Mich und viele Fahrgäste haben die überfüllten und oft ausfallenden Züge eher abgeschreckt. Nicht bei meinem Ziel anzukommen stresst mich auch eher, als dass es mich entlastet. Wenn alle gestresst sind und lieber Autofahren, dann ist dem Klima, den Menschen und der Deutschen Bahn nicht geholfen. 

Liebe Politiker, bitte zurück zum Status Quo vor dem 9-Euro-Wahnsinn. Der war zwar auch nicht schön, aber für mich immer noch besser als nicht bei meinem Ziel anzukommen und während meiner Zugfahrt nicht atmen zu können. Ich würde dafür auch mehr als neun Euro bezahlen. 




Berlin schaltet ab und macht auf Pjöngjang

Von Jerome Wnuk | Das Schuljahr ist vorbei, die Klausuren geschrieben. Es ist endlich wieder Zeit, um in den Urlaub zu fahren und Städte zu erkunden. Ein Scrollen auf Instagram reicht und man sieht seine Bekannten im Urlaub, der eine in Paris, die andere in Amerika. New Yorks strahlende Hochhäuser bei Nacht, die leuchtende Altstadt Prags oder der funkelnde Eiffelturm im Dunkeln von Paris. Die Sehenswürdigkeiten jeder Stadt beleuchtet bei Nacht sind längst berühmte Postkartenmotive und fast schöner und attraktiver als dieselben tagsüber.

Das Leuchten dieser Sehenswürdigkeiten, sei es in Paris der Eiffelturm oder in London der Big Ben, symbolisieren die Lebendigkeit dieser Metropolen auch bei Nacht. Sie zeigen, dass diese Städte niemals schlafen, dass auch noch nach Mitternacht das Leben pulsiert. Berlin hat genau dieses Image auch, die Stadt, die niemals schläft. Jeden Abend verbringen tausende, ja hunderttausende ihren Abend und die Nacht im Licht der Stadt. Doch das ist zu einem Teil jetzt vorbei.

Denn ab sofort werden die Berliner Sehenswürdigkeiten nachts nicht mehr im Licht glänzen, der Grund: Stromsparen. Und das gleich im ganz großen Stil.

Die Lichter am Dom, an der Marienkirche, am Lustgarten, Zeughaus, Alten Palais, am Reiterstandbild und an der Siegessäule gehen mit Einbruch der Dunkelheit nicht mehr an. Zuletzt kam das Rote Rathaus hinzu, wo nachts nur noch die Flaggenbeleuchtung an ist. Auch am Hauptbahnhof sollen Lichter ausgestellt werden. Selbst die Weihnachtsbeleuchtung wird jetzt diskutiert.

„Angesichts des Krieges gegen die Ukraine und der energiepolitischen Drohungen Russlands ist es wichtig, dass wir möglichst sorgsam mit unserer Energie umgehen.“, so die zuständige Senatorin von den Grünen Bettina Jarasch. „Deshalb werden wir die in unserer Verantwortung stehenden Gebäude Berlins nicht mehr anstrahlen. Das ist aus unserer Sicht in dieser Situation gut vertretbar, auch um einen sichtbaren Beitrag zu leisten“, heißt es weiter. 

 

Ideologie statt Vernunft

Kaum ein Beschluss des Berliner Senats macht so sauer wie dieser. Nicht nur ist es ein Paradebeispiel für die Symbolpolitik des Senates, sondern es zerstört einen beachtlichen Teil des Flairs Berlins und das aus ideologischer Verblendung.

Lichter aus fürs Stromsparen, das ist die Idee. Für die Beleuchtung der zahlreichen Sehenswürdigkeiten, die jetzt nachts ausgestellt werden soll, braucht es, so die BZ, rund 1400 Lichter. Die Stromkosten für diese Lichter belaufen sich jährlich auf ungefähr 42.000 Euro, die man jetzt zusammen mit dem Strom an Kosten einspart. Doch hier jetzt der erste Haken: Allein das Ausstellen, welches jetzt von einer Fachfirma übernommen wird, kostet das Land Berlin rund 40.000 Euro.

Geld wird also schonmal überhaupt nicht gespart, ganz zu schweige von den touristischen Einnahmen, die wegfallen könnten, wenn bestimmte Sehenswürdigkeiten nachts einfach gar nicht mehr zu erkennen sind. Finanziell lohnt sich das nicht, doch auch was das Stromsparen angeht, ist das Ersparnis sehr klein. Denn der Stromverbrauch der Beleuchtung im ganzen Jahr entspricht etwa 150 Haushalten. Klar, jedes Ersparnis ist generell erstmal begrüßenswert, aber gleich die ganze City dunkel machen?

„Wir haben ein Gasproblem, kein Stromproblem.“

Das sagte Robert Habeck vor einigen Wochen noch in der Debatte um die Laufzeitverlängerung von den übrigen Atomkraftwerken in Deutschland. Doch jetzt scheint man doch dieser These zuwiderzuhandeln und möglichst überall wo es geht Strom einzusparen.

 

Dunkel wie Nordkorea

Dafür soll also auch Berlin jetzt nicht mehr wie Paris oder New York funkeln, sondern sich an dem Nachtbild von Pjöngjang orientieren. Der Weltstadt Berlin ein großer Teil seines Flairs zu nehmen, nur weil man aus blinder Ideologie nicht bereit ist auf Atomstrom zu setzen.

Die Grünen entlarven sich auch hier: Für ihre Ideologie soll alles geopfert werden, nun auch das Stadtbild Berlins. Dass das allein aus wirtschaftlicher Perspektive schon keinen Sinn und Berlin ein klares Stück unattraktiver macht, ist ihnen dabei egal. Der Bürger soll Verzicht spüren. Das Beispiel Berlin ist nur eines von mehreren, die einem zu dem Schluss kommen lassen, dass die Grünen gar nicht daran interessiert sind, das Stromdefizit durch den Verzicht auf Atomstrom auszugleichen.

Doch hier sind nicht nur die Grünen an dieser Finsternisaktion beteiligt. Auch die Berliner FDP, vor allem in Persona von Sebastian Czaja fordert lautstark das Abschalten sogenannter „ästhetischer Beleuchtungen“. Eine Partei, die sich das Wort Freiheit auf die Fahne schreibt und sich für ein modernes, digitalisiertes Deutschland einsetzen will, in diesem Fall sich aber für ein Stadtbild wie in Nordkorea starkmacht, kann man nur als heuchlerisch beschreiben.

Es mag vielleicht schon etwas durchscheinen: Ich bin Lokalpatriot, obwohl, wie es Peter Fox genial beschreibt, Berlin manchmal so schön schrecklich sein kann. Und mich macht es sauer, dass so ganz nebenbei mal einfach ein beachtlicher Teil Berlins durch das Ausschalten der Lichter kaputt gemacht wird. Man müsste sich mal vorstellen, in Paris würde einer vorschlagen, den Eiffelturm doch mal nachts auszuknipsen, statt stündlich Lichtshows zu veranstalten.

Was ich damit sagen will ist: Berlin lebt von seinem Nachtleben und dazu gehört nicht nur die einzigartige Clubszene, sondern eben auch wie in Paris und Manhattan die Bauwerke. Denn obwohl es manchmal verklärt wird, hat Berlin architektonisch echt was zu bieten: der Dom, die Siegessäule etc. Das jetzt alles zu opfern aus ideologischen Gründen ist für mich inakzeptabel.

Ich mag den Anblick der Siegessäule am Abend, schlendere gerne abends Unter den Linden lang. Dazu muss man nicht mal Tourist sein. Das Ausknipsen macht davon viel kaputt, die Siegessäule sieht im Dunklem ohne Licht trostlos aus, der Dom nicht so imposant wie sonst, auch Unter den Linden ist nicht mehr viel mehr als eine normale Hauptstraße. Bald soll auch das Brandenburger Tor nur noch mit Notlicht angestrahlt werden, wer will da denn dann noch Zeit am Abend verbringen? „Es ist schon merkwürdig. Wir wollten natürlich Fotos machen“, sagte ein Tourist aus Baden-Württemberg zu der Nicht-Beleuchtung des „Alten Fritz“.

Noch vor Kurzem erstrahlte dieser in wunderschönem Licht und galt als Hotspot Unter den Linden. Am Ende soll den Finsternis-Befürwortern nur eins gesagt sein: Ihr schneidet euch selber ins Fleisch. Denn wie es Hildegard Knef in ihrem Lied über Berlin treffend besang: „Wer dich nicht kennt, lieber Ku’damm bei der Nacht. Der weiß noch nicht, was das Leben schöner macht.“

Also falls Sie es noch nicht getan haben, schauen Sie sich den Ku´damm bei Nacht an, bevor auch das nicht mehr möglich ist. Noch scheint dort nämlich Licht.


Übrigens: Nicht nur der Berliner Senat will uns den Strom abstellen – einige Unternehmen sind beim Thema Stromsparen auf Kosten der Bürger bzw. ihrer Kunden ganz vorne mit dabei: