Archiv: August 2, 2022

Atompilz im Kopf – die grüne Angst vor Atomkraft

Von Paul Weiß | Die Angst vor Gasmangel und Stromausfällen ist in der deutschen Bevölkerung aktuell so groß, das tatsächlich darüber diskutiert wird, die Laufzeit unserer ach so verhassten Atomkraftwerke zu verlängern – laut einer aktuellen Insa-Umfrage sollen sich sogar die Mehrheit der Grünen-Wähler dafür aussprechen. Wenn man daran denkt, wie in Mainstream-Medien, Gesellschaft und Politik bisher über Atomkraft geredet wurde, grenzt das an ein Wunder. Jahrelang wurde propagiert, Atomkraft sei unverantwortlich, hoch gefährlich und sowieso menschenfeindlich. Eine echte Diskussion über die eigentlich so saubere und sichere Energiequelle konnte in Deutschland überhaupt nicht mehr geführt werden.

Versuchte man einem beliebigen Menschen zum Beispiel zu erklären, dass ein Kilogramm Uran so viel Energie bei der Kernspaltung freisetzt wie die Nutzung tausender Tonnen Steinkohle, redete man meiner Erfahrung nach gegen eine Wand – nicht mal die Frage, welche Technologie CO2-sparender wäre, interessiert dann noch jemanden. Die Leute wollen nicht sachlich über ein Thema reden, das ihnen so große Angst zu machen scheint – sie haben keine Bestrebung, sich inhaltlich mit den Vor- und Nachteilen auseinanderzusetzen.

Stattdessen schmeißen sie nur Worte wie „Fukushima“, „Tschernobyl“, „radioaktive Verseuchung“ und „Weltuntergang“ wild durcheinander. Sie warnen vor Fehlern und Gefahren, ohne den enormen Nutzen und Chancen der Technologie in Betracht zu ziehen – und ohne zu verstehen, dass die moderne Reaktoren über die Zeit kontinuierlich verbessert und immer sicherer gemacht wurden.


Innovation als Fremdwort

Also stellen wir lieber jede Forschung und Entwicklung ein, statt auf modernste Flüssigsalzreaktoren zu setzen oder die Nutzung von Thorium, einem bisher ungenutzten und in großen Mengen vorhandenen Industrieabfallstoff, in Reaktoren zu überdenken. Innovation? Doch nicht in Deutschland!

Insbesondere die Grünen predigen Verzicht und Armut; Rückschritt statt Fortschritt, während sie Lastenräder und Eseltransporte anpreisen, Fleischverzicht glorifizieren und das Automobil verteufeln. Ich halte eine solche politische Haltung für stark menschenfeindlich, da sie Menschen in einen Zustand der Güterarmut zurückführt. Diese Armut wird aber nicht verteufelt, sondern als ideale Situation des Menschen beschrieben und vergöttert. „Aber gibt es nicht höhere Werte, als die materialistischen im Leben?“, fragen sie nun vielleicht mit heruntergezogener Hipsterbrille. Nun die gibt es bestimmt, aber darüber denke ich lieber nach, nachdem mein Bedürfnis nach Hunger und Wärme gestillt ist.

„Und was ist mit dem Atommüll?“, höre ich es schon kommen. Doch da möchte ich fragen: Was ist Müll? Es sind Ressourcen, die für den Menschen noch nicht nutzbar sind. Als Menschen in vergangenen Zeiten auf Öl stießen, war dieser Stoff für sie eine Plage. Er verseuchte die Felder und machte sie so unfruchtbar. Ein paar Wimpernschläge in der Erdgeschichte später wurde Öl industriell nutzbar gemacht und so zu einer wertvollen Ressource. Der „Atommüll“ könnte eine ähnliche Karriere hinlegen – mit dem Wort „Müll“ scheint man eine solche Entwicklung in der Aufbereitung oder weiteren Nutzung der Abwärme aber kategorisch auszuschließen.

Die Grünen haben uns abhängig gemacht

Die erste Generation von „Grünen“ ist Triebfeder des irrationalen Energiewandels und seiner Folgen. Als Kinder des kalten Krieges, empfanden sie eine tiefe Abneigung gegen alles, was mit atomaren Prozessen zu tun hat. Ihre unkontrollierte Angst vor dem Atompilz führte sogar dazu, dass sie sich reihenweise an Zuggleisen festketteten, um Zuglieferungen an AKWs zu verzögern. Sie bildeten die Anti-Atomkraft-Bewegung, die die Grüne Partei in den 1980er Jahren mitbegründete. Bereits im ersten Parteiprogramm gab es die Forderung nach einem sofortigen Bau- und Betriebsstopp aller Atomkraftwerke. Etwa zwanzig Jahre später brachte die rot-grüne Koalition dann den ersehnten Atomausstieg auf den Weg und trieb den Ausbau von Wind- und Sonnenenergie voran. 2010 wurde der Ausstieg zwar von der schwarz-gelben Koalition unter Angela Merkel rückgängig gemacht und  die Laufzeitverlängerung beschlossen, doch dann kam Fukushima. Nur drei Tage nach dem Reaktorunglück verkündeten Merkel und Vizekanzler Westerwelle ein dreimonatiges Atom-Moratorium – und damit den Anfang vom Ende der Atomkraft.

Die Grünen und unsere Ex-Kanzlerin Merkel haben es zu verantworten, dass immer mehr Atomkraftwerke und Kohlekraftwerke abgeschaltet wurden bzw. werden sollen. Sie haben aus der Angst der Menschen ein politisches Programm gemacht und die Unsicherheit der Bevölkerung aktiv befeuert. Damit haben sie nicht nur unsere Energieversorgung gefährdet, sie haben uns von Russland und Importgas abhängig gemacht – Erneuerbare Energien können Atomkraft und Kohlekraft nicht ersetzen. Trotzdem wurden sie staatlich subventioniert und dem Menschen durch die EEG-Umlage aufgebürdet.

Statt den falschen Kurs zu korrigieren, marschieren wir mit gehissten Fahnen und fröhlichen Mienen mitten ins Unglück. Statt einer modernen Frage eine moderne Antwort entgegenzustellen, trifft man hier auf die letzten Überreste der Angst, die den Grünen in die DNA übergegangen und fest im Kopf verankert zu seien scheint.

 

Wende in Sicht?

Man kann nur hoffen, dass die Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke tatsächlich beschlossen und zu einem Umdenken führen wird. Bislang schien das Todesurteil der Atomkraft in Deutschland schon unterzeichnet – obwohl die ganze Welt Kraftwerke aufbaut, während wir unsere abschalten. Aber wer weiß: Vielleicht wird ja nun die kommende Angst vor einem Blackout und dem nächsten kalten Winter etwas in den Menschen ändern- und mit etwas Glück auch das Bild der Atomkraft.

 


Filmkritik: „Your Name“. Der beste Anime-Film aller Zeiten? 

Von Simon Ben Schumann | Ein Gefühl, eine Erinnerung, die Silhouette von irgendetwas. Es ist ein Name. Ein Name, den die Protagonisten von „Your Name“ vergessen haben. Und im Laufe des Films wiederfinden müssen. Denn wenn nicht, wird ihre Welt untergehen. Achtung: Spoilers ahead! 

Wenn Romance Millionen begeistert 

Als der japanische Filmemacher Makoto Shinkai den Film „Your Name“, auf Deutsch „Dein Name ist“ plante, rechnete er vermutlich nicht mit dessen überwältigendem Erfolg. Er wurde zum – nach Einspielergebnissen – besten Anime-Film überhaupt und überholte sogar den Kult-Streifen „Chihiros Reise ins Zauberland“. In deutschen Kinos zog er 2016 mehr als 100.000 Zuschauer an – ein neuer Rekord. 

Das Drama dreht sich um die beiden Oberschüler Taki und Mitsuha, die gerade erwachsen werden und damit mehr schlecht als recht umzugehen wissen. Er ist Kind eines alleinerziehenden Vaters in Tokios Großstadtdschungel, sie Tochter des machtgeilen Bürgermeisters ihres Heimatkaffs in der japanischen Provinz. Dort ist sie alles andere als zufrieden. 

Eines Tages ruft sie durch ein Tor: „Ich will ein gut aussehender Junge in Tokio sein!“, um endlich dem perspektivlosen Land und ihrer Familie zu entfliehen. Nachts fliegt ein Komet über den Sternenhimmel, der ihren Wunsch vernommen zu haben scheint. 

Es kommt, wie es kommen muss: Auf unerklärliche Weise tauschen Taki und Mitsuha von jetzt an regelmäßig die Körper. Auf humorvolle Weise erzählt der Film, wie die Teenager im Körper des anderen sich das Leben gegenseitig erleichtern wollen – und dabei schon mal zur Hölle machen. Zunächst nicht sehr begeistert von ihrem „Tauschpartner“ kommen sich die beiden langsam näher, bis das Unvermeidbare geschieht. Der Komet „Tiamat“ crasht in Japan und zerstört – ähnlich schicksalhaft und unerwartet wie das mysteriöse Körpertauschen – Mitsuhas Heimatdorf. Alle Einwohner sterben, auch sie. Das Tauschen hört auf. Ende der Geschichte. 

Oder auch nicht: Denn jetzt liegt es an Taki, die Katastrophe irgendwie rückgängig zu machen. Seine Erinnerungen an das Geschehene werden allerdings immer schwächer, nur mit Mühe kämpft er sich zum völlig zerstörten Dorf durch. Mitsuhas Namen vergisst er von Tag zu Tag mehr, egal was er auch macht – so entstand wohl der Film des Titels. 

Glücklicherweise scheint „das Universum“ auf seiner Seite zu sein. Ähnlich wie Mitsuha am Anfang der Geschichte, gelingt es ihm, einen Wunsch in Erfüllung gehen zu lassen. Er will weder Geld, noch Macht oder Berühmtheit. Stattdessen nur eine Chance, die Vernichtung des Dorfes und damit Mitsuhas Tod zu verhindern. Er bekommt sie. Damit beginnt eine große Rettungsaktion mit völlig ungewissem Ausgang. Ob es ein Happy End gibt, kann unter anderem beim Streamingdienst „Netflix“ von der Couch aus recherchiert werden. 

Geniale Symbolik

Neben der mitreißenden Geschichte hat mich vor allem die ausgefeilte Symbolik des Films begeistert. Sie beginnt schon auf einem der Filmposter – dort sind die beiden Protagonisten Mitsuha und Taki nebeneinander zu sehen. Taki in der anonymen Großstadt Tokio, Mitsuha in ihrem ungeliebten Heimatdorf. Sie sehen den Betrachter an. Zwischen ihnen: Die grell scheinende Sonne, deren Strahlen die beiden verbinden. 

Taki repräsentiert das Männliche, den Verstand, die intelligente Ordnung einer entwickelten Großstadt – die aber grau, irgendwie glücklos und sinnentleert erscheint. Mitsuha steht für das Weibliche, die Emotion, die grünende Natur der japanischen Provinz. Doch es gibt kaum Perspektiven; junge Menschen verlassen das Dorf, um die Möglichkeiten Tokios wahrzunehmen. Sowohl Taki als auch Mitsuha vermissen etwas – nämlich ihr Gegenstück. 

Obwohl beide zig andere Möglichkeiten hätten, entscheiden sie sich füreinander und damit für eine große Portion Ärger. Das auf dem Plakat künstlerisch angedeutete Kreuz zwischen den Protagonisten kann man so deuten, dass Mann und Frau als zwei „Säulen“ und Pole des Menschscheins nur zueinander finden können, wenn sie bereit sind, für ihr Gegenüber Opfer zu bringen. Wie bei „Yin und Yang“ kann das eine nicht ohne das andere bestehen. Es grenzt an ein Wunder, dass dieser Film im gender-verblödeten Deutschland überhaupt noch unzensiert gezeigt wird. 

Die moralische Lektion für den Zuschauer ist subtil, aber eindeutig: Um „dem Chaos“ – im Film der Kometeneinschlag – Einhalt zu gebieten, müssen die Menschen zueinander stehen. 

Ein berechtigter Welterfolg 

Nicht zuletzt wegen dieser tiefgehenden Botschaft ist „Your Name.“ mein Lieblings- Animefilm. Er hält die Werte Verbundenheit, Liebe und das verantwortliche Umgehen mit herausfordernden Lebensrealitäten hoch. Besonders in Japan, aber auch im Westen haben diese an Bedeutung verloren und wurden durch einen – für mich – überbordenden Materialismus ersetzt. Regisseur Makoto Shinkai schuf ein inspirierendes Stück Filmgeschichte, das Problemen unserer Zeit einen fesselnden Gegenentwurf präsentiert. Qualität und Spannungsbogen tun ihr Übriges. 


Reich durch Investieren?

Von Simon Ben Schumann | Finanziell ganz oben zu stehen – das wäre schon was. Uns Normalos scheint nur die Existenz im maximal oberen Mittelmaß beschieden. Aber muss das so sein, oder kann es jeder an der Börse zum Erfolg bringen?

In drei Jahrzehnten zum Börsenmillionär

Bevor wir uns Star-Investoren wie Warren Buffet, André Kostolany oder dem berüchtigten Bernie Madoff widmen: Rein mathematisch steht finanziellem Erfolg an der Börse schon mal nichts im Weg.

Beispiel gefällig? Wer 35 Jahre lang monatlich 900,00 € in sein breit gestreutes Börsendepot investiert, ist am Ende dieser Zeitspanne Millionär (vor Steuern). Angenommen wird hierbei ein durchschnittlicher Zinssatz von 5,00 % pro Jahr. Er ergibt sich aus dem vergangenen, langfristigen Durchschnittswachstum des Gesamtmarktes, welches ca. 7,5 % beträgt. Abgezogen werden hierbei (momentan traumhafte) 2,5 % für die durchschnittliche Inflation. 900,00 € – das ist viel Geld, aber nicht unrealistisch. Als Gutverdiener in der Mittelschicht ist dieser Betrag mit einiger Sparsamkeit aufzubringen. Das Wachstum des Vermögens verläuft hierbei nicht linear, sondern profitiert vom „Zinseszinseffekt“. Das Kapital in unserer Beispielrechnung beträgt nach 29 Jahren noch nicht einmal 750.000,00 €. 6 Jahre später sind die Millionen geknackt.

Die Bestandteile dieser „Millionärsformel“ lassen sich beliebig verändern. Die eingesetzten Zahlen sind das Realistische. Erhöht sich beispielsweise die Sparrate auf 1.500,00 €, sind die Millionen bereits nach 25 Jahren drin. Umgesetzt werden kann unsere Rechnung z. B. mit einem Investment in einen Index, der die Weltwirtschaft abbildet. Dieser könnte mit einem „Exchange traded funds“, kurz „ETF“ oder anderen Finanzprodukten bespart werden.

Hier ist Vorsicht geboten: Logischerweise muss es Index und Produkt noch geben, wenn Christian Lindner lange nicht mehr Finanzminister ist.

Langfristig zur goldenen Rente – oder lieber schnell reich?!

Der bekannteste Börsen-Investor der Welt ist der Amerikaner Warren Buffet. Er hält sich an erwähnte „Buy and Hold“-Strategie. Sie besagt, seine Investments weise auszuwählen und lange im Depot zu behalten. So soll von stabilem Wertzuwachs profitiert werden. Buffet bedient sich einer Fundamentalanalyse. Sie bewertet Aktien nach der Situation der Unternehmen, die hinter dem „Papier“ stecken. Mit einem Vermögen von 118 Milliarden US-Dollar ist er einer der reichsten Menschen der Welt und macht seiner Strategie alle Ehre.

Aber mal im Ernst: Wer hat schon Lust, langfristig reich zu werden? Selbst wenn man über die Sparrate und etwas riskantere Investments (je riskanter, desto höher die potenzielle Verzinsung) die Zeitspanne verkürzen kann – wir wollen mit 25 in der Karibik Cocktails schlürfen, nicht mit 68 an der Costa Brava.

So sah das auch André Kostolany. Der Börsenjournalist ist im Finanzsektor eine Legende. Aus Budapest stammend, wuchs er an der Börse auf und machte zwei Weltkriege mit. Er war dem Spekulieren verpflichtet. Darunter verstand er das kurzfristige Antizipieren von Marktbewegungen. Der Autor mehrerer humorvoller Finanzbücher formulierte: „Wer wenig Geld hat, darf nicht spekulieren, wer viel Geld hat, kann spekulieren aber wer gar kein Geld hat – der muss spekulieren!“ So sah er den Aufstieg der Bundesrepublik nach dem 2. Weltkrieg voraus und profitierte durch Kauf deutscher Staatsanleihen aus der Weimarer Republik enorm davon. Ein guter Spekulant brauche nur eine Zeitung, einen Stift und ein Telefon, um den Broker anzurufen.

Das ist natürlich riskant und nicht berechenbar. Aber der freien Gesellschaft sei Dank legal.

Ganz im Gegensatz zur Methode von Bernie Madoff. Er baute einen Fonds auf, der professionell Wertzuwächse fälschte und die Anleger betrog. Mit Hilfe eines „Ponzi- Schemes“, ähnlich einem Schneeballsystem, führte er Investoren hinters Licht. Wenn jemand Geld ausbezahlt haben wollte, finanzierte Madoff das mit monetären Zugängen anderer Anleger. Am Ende flog alles auf, Madoff kam ins Gefängnis. Von diesem Ansatz ist eher abzuraten.

Das Schöne an der Börse ist: Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Man kann investieren und langfristig dabeibleiben, spekulieren bis sich die Balken biegen, auf seinen Lieblingssektor wie die Technologiebranche setzen und mehr. Oder seine eigene Strategie aufbauen.

Ob man dabei strikt nach einer Formel reich wird oder es nur aus Spaß daran macht – an der Börse kann jeder von der Wirtschaft profitieren. Solange kein dringend benötigtes Geld riskiert wird, ist sie ein Ort von Freiheit, Gleichberechtigung und des Strebens nach mehr.


Berlin spart gerne! – allerdings nur bei den Schulen

Von Selma Green | Wie wir alle wissen, ist die Berliner Senatsverwaltung in ganz Deutschland dafür bekannt, besonders effizient zu arbeiten und streng darauf zu achten, keine unnützen Steuergelder auszugeben – niemals würden wir in Berlin Millionen für Flughäfen oder Bahnhöfe bezahlen, in denen nicht mal die Beleuchtung funktionierte, weil man die Lichtschalter vergaß. Wir würden auch keine autofreien Flaniermeilen ausbauen, die keiner nutzen möchte, oder Gelder für zum Scheitern verurteilte Projekte, wie den Mietendeckel, verprassen. Nein, aufkeinenfall. Der Berliner Senat ist der Verschwendung immer genau auf der Spur – das nächste Projekt: Einsparung beim kostenlosen Schülermittagessen.

Statt sich endlich mal darum zu kümmern, dass die Berliner Schüler nicht in verstaubten, schimmligen Klassenräumen ersticken oder im Winter – dank der Corona-Maßnahmen – bei geöffnetem Fenstern erfrieren, wird in der Bildungsverwaltung als auch im Abgeordnetenhaus schon länger über die Verschwendung von kostenlosem Schulessen diskutiert. Nach Recherchen der Berliner Zeitung landet in Berlin nämlich jedes vierte Schülermittagessen in der Tonne, weil die Schulkinder es nicht anrühren. Und das ist natürlich schlimm – mit dem ganzen Essen könnte ich bestimmt noch meine Verwandten in Afrika ernähren.

Um das Problem zu lösen, sollte ein digitales Bestell- und Abrechnungssystem eingeführt werden, aber das hat irgendwie wieder keiner gemacht. Deshalb soll ab dem 1. August eine neue rechtliche Verordnung eingeführt werden, die Schul-Caterer dazu verpflichtet, der Schule und den Eltern Bescheid zu sagen, wenn ein Kind mehr als acht Gerichte pro Monat nicht abgeholt hat. Sollte der Schüler dann trotz eines „mahnenden Gesprächs“ sein schändliches Verhalten fortsetzt, kann er vorübergehend vom Schulmittagessen ausgeschlossen werden – Pädagogik, Berlin-Style. Die andere Lösung wäre, das Essen wieder kostenpflichtig zu machen, wofür sich unter anderem die bildungspolitische Sprecherin der CDU, Katharina Günther-Wünsch, einsetzt.

Irgendwie habe ich bei der Diskussion den Eindruck, dass unsere Politiker dabei gar nicht so recht wissen, wie das mit dem Schulessen an den Berliner Schulen wirklich funktioniert – deshalb möchte ich das mal für sie erklären. Also, bei uns läuft das so: Das Essen an meiner Schule ist lediglich bis zur 6. Klasse gratis, danach müssen die Eltern in die Tasche greifen. Außerdem muss sich jeder Schüler das Essen auf der Schulwebsite vorbestellen.

Davon unabhängig, wundert es mich überhaupt nicht, dass kein Schüler mehr das Essen anrührt. Ich habe jedenfalls so meine Traumata vom Kantinenessen. In der ersten Klasse waren meine Lieblingsspeisen Nutellabrot, Schokoladeneis und Gummibärchen – allen voran diese Schlümpfe. Natürlich haben Mama und Papa darauf geachtet, dass nicht nur Gummibärchenschlümpfe auf meinem Teller landeten. Aber Salat blieb trotzdem ein Fremdwort für mich. Ich fand das grüne, blättrige Zeug damals scheußlich. Trotzdem aß ich in der ersten Klasse noch brav das Schulessen, bis es mir mit der Zeit den Magen umdrehte. Das Essen war eine Fundgrube an Dingen, die man lieber nicht im Essen haben will. Ich fand darin schon ein Stück Plastikfolie, Haare und den Plastikring von einem Flaschenkopf.

Doch der absolute Albtraum waren die Senfeier mit Kartoffelbrei. Wenn ich mich recht erinnere, waren die Eier von innen komisch grünlich, da wo sie eigentlich gelb sein sollten. Diese gelbliche Masse saugte mir den Speichel im Mund weg, das Schlucken fiel mir schwer und alles blieb am Gaumen kleben – Ihgitt. Seitdem habe ich nichts mehr aus der Schulkantine gegessen bis auf: Salat! Den Salat konnte man sich nämlich selbst zubereiten. Es gab kleine Schüsselchen mit Salatblättern, Gurkenscheiben, Tomaten und was alles noch so in einen Salat gehört, sodass ich mir aussuchen konnte, was auf meinen Teller kommt. In der Zeit habe ich Salat lieben gelernt und das zubereitete Kantinenessen nie mehr angerührt.

Ist es denn wirklich nicht möglich, in einer Kantine preiswertes, aber genießbares Essen anzubieten? Anscheinend nicht. Stattdessen soll jetzt mit uns allen ein mahnendes Gespräch geführt werden oder wir sollen gleich selbst für diese Pampe zahlen. Mal ehrlich – dann wird nichts mehr weggeschmissen? Das bezweifle ich. Wahrscheinlich können sie die Schulkantinen dann eher gleich ganz abschaffen – wäre immerhin eine gelungene Einsparung von Steuergeldern.

Aber da muss man doch wirklich fragen: Warum wird immer ausgerechnet bei uns Schülern, an der Bildung gespart? Meine Schule erhält gefühlt sowieso keinerlei Gelder mehr. Wir haben überall einen Mangel: einen Mangel an Lehrern, einen Mangel an Papier und einen Mangel an bunter Druckerfarbe. Wir mussten kürzlich in einer Klassenarbeit mit schwarzweißen Diagrammen und Abbildungen arbeiten, auf denen man beim besten Willen nichts erkannte. Wir arbeiten immer noch mit Overheadprojektoren, weil die Technik und das Internet an meiner Schule regelmäßig streikt. Und hier in Berlin hat man nichts anderes vor, als weitere Gelder zu streichen.

Warum sparen wir in Deutschland nicht lieber mal an den jährlich 600 Millionen Euro Entwicklungshilfen, die Deutschland an China zahlt? Dagegen sind die 30 Millionen Euro für weggeworfenes Essen an Schulen doch wirklich ein Klacks. Ich hätte aber auch noch einen ganz innovativen Vorschlag: Sorgt doch einfach dafür, dass man von dem Essen keinen Brechreiz mehr bekommt, dann landet es auch nicht im Müll. Aber ich fürchte ich stoße mit meinen Ideen in Berlin auf taube Ohren. An den Schülern wird einfach zu gerne gespart.


Schluss mit der patriarchalen Geschlechtsanmaßung bei Toten!

Von Simon Ben Schumann | Falls Sie es noch nicht wussten: Mann und Frau, das sind Lügenbilder der patriarchalisch-unveganen Weltverschwörung. Unsere Vorstellungen von Sexualität und Geschlechtern sind nur als Teil des hegemonialen Kolonialismus entstanden und dienen sowieso nur dazu kapitalistische Normen aufrechtzuerhalten – zumindest, wenn man der modernen “ Geschlechterarchäologie“ glauben möchte. Sie fordert die patriarchale Deutung archäologischer Knochenfunde endlich zu beenden – denn wer weiß schon, ob sich das tausend Jahre alte Skelett mit der männlichen DNA nicht in echt als Trans identifizierte? Es ist also soweit: Jetzt verlieren sogar die Toten ihre „Gender Identity“.

Wissenschaft wird zum Politikum

Wenn angehende Archäologen früher davon träumten eines Tages wie Lara Croft oder Indiana Jones zu werden, sind ihre Idole heute die Heroen des „Black Trowel Collectives“. Was klingt wie ein Block der nächsten „Welcome to Hell“-Demo bei G20, ist ein Team junger, britischer Archäologen, das die ganze Palette des „The world is a social construct“-Glaubens vertritt und damit aktuell die Wissenschaft „bereichert“. Auf ihrem Blog veröffentlichte das „Kollektiv“ einen Aufruf unter dem Motto „Archaelogists for Trans Liberation“. Demnach sei die Vergangenheit ein Raum, in dem transsexuelle Menschen, alle Arten von Geschlecht und sexueller Fluidität und deren Variationen problemlos existierten. Archäologen sollten die „fließenden Grenzen der Geschlechter“ deshalb endlich ins Zentrum ihrer Arbeit rücken. Die Erkennung des Geschlechtes bei uralten Skeletten durch Grabbeigaben, Körperform oder technische Analysen – von gestern. Denn auch die Vergangenheit sei schließlich trans.

Mal ehrlich: Haben sie unrecht? Ob beim Bau der hängenden Gärten Babylons oder in blutigen Gladiatorenkämpfen im alten Rom – die Fluidität der Geschlechter spielte immer eine sehr wichtige Rolle. Gerüchten zufolge soll schon die sagenhaft schöne Pharaonin Kleopatra nur Männer gedatet haben, die sich keiner der klassischen Geschlechter zuordnen wollten – etwa Marcus Antonius oder Julius Cäsar. Und Sie wissen sicherlich auch, dass die heiligen drei Könige für Maria einen wichtigen Hinweis hatten, als sie kamen um Jesus die Ehre zu erweisen: „Erziehe dein Kind genderneutral, und es wird der endgültige Erlöser der Welt!“. Sie hielt sich leider nicht daran. Was später mit Jesus passierte, ist kein Geheimnis.

Ja zum geschlechtslosen Zeit-Raum-Kontinuum!

Bezogen sich die Änderungswünsche der Gender-Studies-Apologeten früher nur auf Gegenwart und Zukunft, wird jetzt also auch noch die Vergangenheit durchgegendert. Bevor wir alle das letzte bisschen Glauben in die Menschheit verlieren, wäre mein Vorschlag: Nehmen wir uns Popcorn und genießen die Show. Wenn im Ägyptischen Museum Berlins bald von „Pharo*Innen+“ die Rede ist, werden die Besucherzahlen durch die Decke gehen. Ganz sicher.


Finnlands Neutralität Teil 1: Vom Zarenreich zum Zweiten Weltkrieg

Von Max Roland | Jahrzehntelang war Finnland neutral – und spielte eine wichtige Rolle für die europäische Friedensordnung. Unter dem Eindruck von Putins Angriffskrieg will das Land jetzt der NATO beitreten. Was bedeutet das für Europa, für den Westen und für Moskau?

Wer an Neutralität denkt, denkt oft an unsere südlichen Nachbarn aus der Eidgenossenschaft – „neutral wie die Schweiz“ zu sein ist längst sprichwörtlich. Dabei ist die Schweiz nicht das einzige Beispiel von erfolgreicher Neutralität. Genauso gut könnte man an Finnland denken – bisher zumindest. 

 Neutralität war lange ein Eckpfeiler der Politik Finnlands. Die finnische Geschichte ist seit Jahrhunderten geprägt durch seine Nachbarschaft zu Russland. 1917 erklärte Finnland seine Unabhängigkeit vom kollabierenden russischen Zarenreich: Eine Unabhängigkeit, die die Sowjetunion als Nachfolgestaat nie wirklich akzeptieren wollte. Der sowjetische Diktator Josef Stalin warf sein Auge schon bald auf die verlorenen Territorien des Zarenreiches. Nach Vereinbarung mit Hitler annektierte er teile Polens sowie die baltischen Staaten – auch Finnland geriet ins Visier der Sowjets. Es folgte der berühmte „Winterkrieg“ von 1939 bis 1940, in dem die Finnen ihre Unabhängigkeit erfolgreich verteidigten und dem roten Imperium de facto eine peinliche Niederlage zufügten – am Ende musste das nordische Land nur minimale Gebietsverluste hinnehmen. Der Fehdehandschuh war für beide Länder damit jedoch noch nicht begraben – im Gegenteil. Nach wie vor sah Stalin in Finnland nicht viel mehr als eine abtrünnige Provinz – und Finnland unter seinem Präsidenten Gustav Mannerheim suchte nach einer Gelegenheit, seine Territorien zurückzuerobern. 

Diese Gelegenheit bot sich rund ein Jahr später. Seit dem Ende des Winterkrieges suchte Finnland nach Verbündeten, um eine neuerliche sowjetische Invasion abzuwehren. Moskau übte jedoch weiterhin massiven Druck auf Helsinki aus – eine von Finnland angestrebte Zusammenarbeit mit dem Nachbarland Schweden wurde durch Stalin zu einem Casus Belli erklärt. Die Westalliierten waren derweil damit beschäftigt, in Frankreich durch die Wehrmacht überrannt und eingekesselt zu werden – von ihnen war keine Hilfe zu erwarten. So wandte sich Mannerheim an die einzige Großmacht, die fähig und willens war, Finnland zu unterstützen, war das deutsche Reich. Ab Ende 1940 begann ein enges Zusammenwirken zwischen den militärischen Führungsspitzen des Reichs und Finnlands. Mit dem Zusammenwirken beabsichtigte Nazi-Deutschland eine Sicherung der Lieferung kriegswichtiger Rohstoffe aus Finnland. Im Mai 1941 verlegte die Wehrmacht Truppen nach Finnland – die Verteidigung des Nordens war vertraglich den Deutschen Übertragen worden. Gemeinsam rüstete man sich für „Operation Barbarossa“, den Angriff auf die Sowjetunion. Am 25. Juni trat Finnland an der Seite Deutschlands in den Krieg ein.

Der Verlauf und das Endergebnis von „Operation Barbarossa“ sind dem Leser  bekannt. Die Finnen kämpften vor allem im Norden in der Region Karelien, waren an der langen Belagerung Leningrads beteiligt und stießen mit den Deutschen un Richtung des Nordmeer-Hafens Murmansk vor. 1944 begannen die Sowjets eine gezielte Großoffensive, um Finnland zum Ausscheiden aus dem Krieg zu bewegen. Im gleichen Jahr schloss Finnland, trotz massiver deutscher Bemühungen dagegen, einen Waffenstillstand mit den Sowjets. Der endgültige Frieden von 1947 mit der UdSSR und Großbritannien wurde nach der Pariser Friedenskonferenz 1947 zu noch härteren Bedingungen geschlossen als nach dem Winterkrieg. Zu diesen Bedingungen zählte unter anderem die Abtretung des Gebietes um Petsamo, womit Finnland seinen einzigen eisfreien Nordmeerhafen verlor. Dafür blieb dem Land allerdings die Besetzung durch sowjetische Truppen erspart, und Helsinki konnte  seine Unabhängigkeit bewahren.


Goodbye Deutschland? – das große Apollo Battle

Lesen Sie hier: Das große Debattenduell. Soja-Latte-Pauline und Mistgabel-Jonas steigen wieder in den Ring – nur geht es diesmal nicht um Schafkotze in Thüringen, sondern um Ziegenmilch in den Pyrenäen. Jonas hat das Fernweh gepackt, während Pauline ihrem Assikiez treu bleiben will. Für wen fiebert ihr mit: Team Fernflucht oder Team Heimatliebe? 

ACHTUNG: Dieser Beitrag könnte Spuren von Humor enthalten. Weder spanische Sonnenanbeter noch deutsche Pünktlichkeit-Fanatiker wurden bei der Produktion dieser Kolumne ernsthaft verletzt. Dieser Austausch spiegelt in keiner Weise das Arbeitsklima bei Apollo News wieder, sondern dient schlichtweg Unterhaltungs- und Ausbildungszwecken. Seelsorgerische Unterstützung stand den Autoren zu jeder Zeit zur Verfügung.


Lieber Cocktails am Strand als frieren in Deutschland

Von Jonas Aston | Blaues Meer, wolkenfreier Himmel und jeden Tag strahlende Sonne – für mich wird all das ab Herbst Realität. Ab Ende August werde ich nämlich ein Jahr in Spanien „studieren“, während Pauline in Deutschland versauert. Dann schlürfe ich an spanischen Stränden Cocktails und schicke ihr eine Postkarte, in der ich mein Mitleid bekunde, dass sie das Wasser in ihrem Kreuzberger Assi-Kiez bestenfalls aus dem Duschkopf fließen sieht. Ich fürchte aber selbst das könnte ihr verwehrt bleiben, wenn Strom und Gas im Winter das zeitliche segnen. Pauline kann dann fröhlich die Eiszapfen an der Decke zählen, während sie mit Strickpullover, Jacke und Schal auf das Ende des Lockdowns wartet. Ich sitz dann immernoch mit einem Caipirinha am Strand – Corona wurde in Spanien nämlich abgesagt. Mit dem Virus geht man schon seit Januar um wie mit der gewöhnlichen Grippe. Die Spanier sind einfach nicht so irre, wie die Menschen, die bei uns im Bundestag sitzen, auf Kosten des Steuerzahlers unser Land zu Grunde richten und sich dann auch noch für ihre gute Arbeit auf die Schultern klopfen. Deshalb muss ich sagen: Der Gedanke Deutschland Lebewohl zu sagen, wird für mich immer attraktiver.

Die deutsche Politik ist mir persönlich einfach zu Lebens- und Spaßfeindlich – ich sage nur Stichwort Auto. Einmal falsch geparkt und die deutsche Justiz schlägt knallhart zu. Es dauert keine zehn Minuten und ein Knöllchen klebt unter dem Scheibenwischer. Wenn das Auto bewegt wird, macht der Staat den noch größeren Reibach. Letztens bin ich in eine 50er Zone gefahren und habe einmal den fatalen Fehler gemacht, etwas zu spät abzubremsen – und Zack: Blitzlichtgewitter. Exakt zwei Wochen später flatterte dann Post aus Flensburg ins Haus. Aber Pauline hat das Problem vielleicht bald gar nicht mehr, immerhin ist man in Berlin schon dabei das Auto komplett abzuschaffen. 

Wenn es aber mal nicht darum geht den Bürger abzuzocken, mahlen die Behördenmühlen in Deutschland sehr langsam. Schon einen neuen Personalausweis zu beantragen ist eine Herkulesaufgabe. Die Wartezeit in den Bürgerämtern liegt bei mindestens 2 Stunden. Wenn man dann noch ein Quäntchen Glück hat, ist der Beamte vor dessen Tür man sich angestellt hat auch tatsächlich für die Ausstellung der Ausweise zuständig. Wenn nicht, geht das Spielchen eben von vorne los.

Getoppt werden die Bürgerämter (zumindest bei uns) nur noch von den Kfz-Zulassungsstellen. Dort einen Beamten zu erwischen ist ein regelrechter Wettkampf gegen die Zeit. An 4 von 5 Tagen haben die Zulassungsstellen nur zu unmöglichsten Zeiten geöffnet (meist von 9-12 Uhr). Lediglich an einem Tag in der Woche sind sie etwas länger offen (in der Regel von 9-17 Uhr aber natürlich unterbrochen durch eine großzügige Mittagspause). Dort angekommen heißt es schnell eine Nummer ziehen und hoffen, dass man rechtzeitig aufgerufen wird. Wer bis 5 Uhr noch nicht das Vergnügen mit einem Beamten hatte, hat eben Pech und kann am nächsten Tag… Ähm… ich meine natürlich in der nächsten Woche wieder kommen.

Oft sind es aber auch die kleinen Dinge, Erlebnisse des Alltags, bei denen ich nur denke: „Die arme Pauline“. Neulich habe ich auf einer zweispurigen Autobahn einen LKW mit ungefähr 130 Km/h überholt. Auf einmal preschte von hinten ein 7er BMW an. Der Fahrer blendete 3-mal auf und drückte 10 Sekunden auf die Hupe. Im Rückspiegel sah ich, wie der Mann die Zähne fletschte und mir die Faust entgegenstreckte. Als ich den Überholvorgang dann abschloss, hatte es der Fahrer plötzlich gar nicht eilig. In Zeitlupe fuhr der BMW an mir vorbei. Währenddessen schaute seine Mitfahrerin mich mit dem Todesblick an, um mir klarzumachen, welch furchtbares Verbrechen ich begangen habe. Ich habe nur noch darauf gewartet, dass die Mitfahrerin den Elektrofensterheber betätigt und mir „ANZEIGE IST RAUS!“ entgegenkreischt.

Auch die deutschen Supermärkte sind immer wieder für eine Überraschung gut. Erst gestern habe ich Nudeln, Milch und Brot eingekauft. Eigentlich ein ganz normaler Vorgang, wäre da nicht die Kassiererin gewesen. Ich legte meine Produkte auf das Band und wartete bis die Kassiererin die Waren scannte. Ich zückte schon mein Portemonnaie, als die Kassiererin fragte: „Sammeln sie Treuepunkte?“. Ich konnte sie akustisch nicht verstehen und fragte nach. „OB SIE TREUEPUNKTE SAMMELN?“, bellte die Kassiererin. Ich verneinte und gab ihr das Geld. Dann sagte ich: „Den Kassenzettel brauche ich ni…“ und schon streckte sie mir den Kassenzettel entgegen und klatschte ihn auf das Metall. Ich brauchte 5 Sekunden um den Kassenzettel in meinem prall gefüllten Portemonnaie (Mit Kassenzetteln, nicht mit Scheinen) zu verstauen, da erklärte mir die Kassiererin, dass ich beim nächsten Mal bitte einen Einkaufswagen benutzen solle, schließlich habe sie noch etwas zu tun.

Ich mache mir wegen solcher Verhaltensweisen Sorgen um Pauline. Wegen irgendwelchen Lappalien rastet in Spanien niemand aus, in Deutschland ist man diesem gesellschaftlichen Klima aber permanent ausgesetzt – und das insbesondere in so verrückten Städten wie Berlin. Dafür möchte ich Pauline mein aufrichtiges Beileid aussprechen. Aber hey, deine Lage ist nicht ausweglos. Du kannst mich gerne in Spanien besuchen kommen und etwas Kraft für den tristen Alltag in Deutschland tanken – zumindest wenn man bis dahin noch in ein Flugzeug steigen darf.


Lieber deutsche Pünktlichkeit als spanisches Larifari

Von Pauline Schwarz | Ich kann den Jonas ja verstehen, dass er sich nach Sommer, Sonne, Strand und Meer sehnt, statt in seinem kleinen Kaff in Thüringen zu versauern und den ganzen Tag nichts anderes zu machen als Schafe zu zählen. Wenn ich nicht ab und an die Urlaubsflucht nach Süden antreten würde, wäre die Zahl meiner Tobsuchtsanfälle auf einem ganz anderen Level. Denn auch wenn der Jonas immer denkt, dass ich mich im alltäglichen Berliner Wahnsinn pudelwohl fühle: Auch ich könnte beim Lesen der Nachrichten regelmäßig mein Handy an die Wand schmeißen – pro Tag drei neue Handys zu kaufen, kann ich mir aber beim besten Willen nicht leisten, also versuche ich mich zu beherrschen. Und trotzdem: Ich könnte Deutschland nicht dauerhaft den Rücken kehren, denn auch wenn es ein Irrenhaus ist – es ist unser Irrenhaus, unsere Heimat. Und ich bin beim besten Willen nicht bereit den Linken und sonstigen Bekloppten kampflos das Feld zu überlassen. Zumal ich bei längeren Aufenthalten im Ausland die kleinen Freuden der deutschen Lebensart immer wieder aufs Neue zu schätzen lerne.

Das fängt schon bei unserer Infrastruktur an – die ist im Gegensatz zu der spanischen Pampa, die Jonas bald seine Heimat nennt, in Deutschland nämlich noch weitgehend vorhanden. Solange der Deutsche sich selbst noch nicht vollständig zum Lastenradfahrer oder Esel-To-Go Nutzer degradiert hat, legt er nämlich noch Wert auf asphaltierte, weitgehend sichere Straßen – da sind andere Länder nicht ganz so streng. Ich weiß ja nicht, wie viel du schon rumgekommen bist Jonas, aber hast du schonmal probiert mit 130 Sachen über eine spanische Landstraße zu brettern? Da landest du schneller im Straßengraben, als du „Achtung, Ziege!“ rufen kannst. Und selbst wenn´s dich dank der großen Steinbrocken, unbefestigten Straßen und ungesicherten, unbeleuchteten Kurven nicht gleich den Abhang runter jagt – dann kannst du trotzdem alle drei Tage deine Autoreifen wechseln. Die vielen deutschen Knöllchen kommen einem dann wahrscheinlich schnell wie ein richtiges Schnäppchen vor.

Und apropos Auto und Behörden: Ich teile dein Leid im deutschen Bürokratie-Staat, aber die Spanier sind in Punkto Wartezeit keinen Deut besser. Von so etwas wie Verlässlichkeit ganz zu schweigen. Wenn du in Spanien versuchst ein Auto zu mieten, kannst du schon froh sein, wenn es sowas wie geregelte Öffnungszeiten im Laden gibt – sollte dann zur besagten Zeit am besagten Ort tatsächlich ein Mensch auf dich warten, ist das wie ein Fünfer im Lotto. Mit einem Spanier ein Termin auszumachen läuft nämlich so: „Wir treffen uns Mittags“. Mittags ist dann so ein Zeitraum von drei bis fünf Stunden, in denen du dir im Zweifelsfall die Beine in den Bauch stehen darfst – und dann ist die spanische Sonne ganz schnell keine Wonne mehr, sondern eher eine nicht enden wollende Qual. Ich bin schon ein paar Mal in meinem Leben vor einer Autovermietung verschmorrt und habe sehnsüchtig der deutschen Pünktlichkeit und Vertragstreue hinterhergeschmachtet.

Trotzdem hat Jonas schon recht: Die Deutschen sind und bleiben dafür alte Miesepeter und Meckertanten – aber ganz ehrlich, manchmal ist mir das lieber, als wenn einem z.B. ein Amerikaner mit einem breiten Grinsen ein „You´re such an amazing Person“ entgegenhaucht, obwohl er dich eigentlich komplett scheiße findet. Außerdem schätze ich es sehr, dass die Deutschen ab und an auch einfach mal ihren Mund halten können – die Spanier reden ohne unterlass und in einer ganz anderen Lautstärke, als es empfindsame deutsche Öhrchen gewohnt sind. Hoffentlich braucht der Jonas, wenn er doch noch in sein kleines Dorf zurückkehren sollte, deshalb in Zukunft kein Hörgerät, um das Blöcken von Schafen und das Gackern von Hühnern noch unterscheiden zu können.

Also: Ja, die Deutschen sind ziemlich irre und haben anscheinend vor, ihren ganzen Wahnsinn auch künftig noch weiter auszubauen, aber wir haben trotzdem noch ein paar sehr schätzenswerte Eigenschaften – und die gilt es doch wohl zu bewahren! Ich mag die deutsche Tüchtigkeit, die Verbindlichkeit, die ruppige, aber in diesem Punkt ehrliche Art und unsere Qualitätsstandards – genauso sehr, wie ich die unendliche Bürokratie, das Duckmäusertum und den Hang zur Hörigkeit hasse. Aber wer soll denn noch dafür sorgen, dass unser Land irgendwann wieder etwas zur Vernunft kommt, wenn die ganzen guten Leute, wie der Jonas, fluchtartig ihre Heimat verlassen? Für mich steht fest: Ich bleibe und werde versuchen mich, solange es irgendwie geht, dem ganzen Wahnsinn nicht zu beugen – und das selbst in Berlin.


Auf dem Weg in die Null-Risiko-Gesellschaft?

Von Marius Marx | Etwas Schreckliches hat sich ereignet: Ein junger Mann ist gestorben, sein Tod war – so ist zu lesen – unnötig und vermeidbar. Denn der Staat hätte ihn schützen müssen, schützen müssen vor sich selbst. Oder vielleicht doch nicht?

Aber langsam. Was ist geschehen? Vor wenigen Tagen ereignete sich in der südniedersächsischen Universitätsstadt Göttingen ein tragisches Unglück. Ein Mann, ein 25-jähriger Inder, ertrank am 25. Juni im nahegelegenen Baggersee südwestlich der Stadt, in dem das Baden eigentlich verboten ist. An diesem erneuten Badeunfall entzündeten sich in der Lokalpresse anschließend tagelange Debatten über die Gefahren des Badens in Baggerseen und die Frage, wie dem lediglich auf dem Papier gelten – den Badeverbot praktische Geltung verschafft werden könnte. Dabei offenbarte sich einmal mehr ein mittlerweile nur allzu bekanntes Muster: der Staat soll`s regeln. Mehr Staat, weniger Eigenverantwortung, ganz nach dem Motto „govern me harder“.

Allgemeiner Tenor der Lokalberichterstattung: Der See ist brandgefährlich, baden illegal, es dennoch zu tun mindestens lebensgefährlich und unverantwortlich. Die Unfälle sind der menschlichen Unvernunft anzulasten; sie sind tragisch, unerträglich, aber vermeidbar. Wie genau sie vermieden werden könnten, verrät uns dann das Göttinger Tageblatt freundlicherweise auch gleich mit: Bereits am Montag wird ein Kommentar eines jungen Redakteurs mit dem Titel „Die Behörden müssen endlich durchgreifen“ veröffentlicht, in dem Folgendes zum Besten gegeben wird: „(…) Wenn Aufrufe und Warnschilder keine Wirkung zeigen, dann muss die Schlussfolgerung für die Politik lauten, dass jetzt in der Praxis etwas geschehen muss. Polizei und Ordnungsämter müssen so oft wie nur irgend möglich am Rosdorfer Baggersee Präsenz zeigen. Das mag dann nicht jeder gut finden. Aber es könnte Leben retten.“

Der Fall des Ertrunkenen Inders und die sich daran anknüpfenden Reaktionen sind dabei jedoch weit mehr als nicht weiter beachtenswertes provinzielles Randgeschehen. Sie sind mittlerweile fester Bestandteil eines deutschlandweit seit Jahren zu beobachtenden Trends. Die Göttinger Forderung nach dem „Durchgreifen“ der Behörden ist Ausdruck eines Zeitgeistes, der sich in erster Linie durch ein übersteigertes Sicherheitsbedürfnis auszeichnet. Ziel scheint die Errichtung einer quasi-Null-Risiko-Gesellschaft zu sein, in der der Staat dem Einzelnen immer weiterer Entscheidungsfreiheiten beraubt. Wohlgemerkt angeblich stets im Interesse seiner Bürger, um dessen möglichen Unvernünftig- und Verantwortungslosigkeiten vorzubeugen.

Aus den Abwehrrechten der Bürger gegenüber dem Staat hat sich eine Anspruchshaltung auf ein langes, sicheres Leben entwickelt, bei dem Staat die Rolle zukommt, sämtliche Lebensrisiken auf beinahe null zu senken. Dass Grundrechte miteinander in Konflikt geraten können und gegeneinander abgewogen werden müssen, ist zwar an sichbeileibe keine Besonderheit. Doch was hier geschieht ist ein fundamentaler Wandel, ja ein Paradigmenwechsel, in unserer Auffassung des Rechtsstaats: Es ist die auf Dauer gestellte Absolut-Setzung eines Supergrundrechts, nämlich des Rechts auf Leben und dessen Umdeutung zu einem staatlich um jeden Preis durchzusetzenden Anspruch und dessen Deklaration zum höchstes Gut der Verfassung, hinter dem alle anderen Rechte zurücktreten müssen und letztlich nachrangig sind.

Ein solches Vorgehen hat sich zwar glücklicherweise noch nicht in allen Lebensbereichen durchgesetzt, doch solche Argumente wurden und werden bisweilen von prominenter Stelle vorgetragen und haben zu einem nicht gerade unerheblichen Teil die deutsche Politik seit den 2000er Jahren mitgeprägt. Gerade im Kontext der Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie hat dieser Zeitgeist des Sicherheitswahns maßgeblich das politische Handeln beeinflusst. Es wurde mit Maßnahmen operiert, die tief in die Grundrechte eingegriffen haben, oft von fraglichem Nutzen waren und in keinem Verhältnis zur Gefahr standen, dafür aber eine Kontrollillusion schufen und ein populistisches Sicherheitsbedürfnis verängstigter Massen befriedigten.

Dass das Recht auf Leben unter keinen Umständen zum Supergrundrecht erhoben werden darf, zeigt das Beispiel der „Rettungsfolter“. Dabei geht es um die Frage, ob zur Rettung von Menschenleben mutmaßliche Geiselnehmer bzw. Entführer und in letzter Konsequenz auch des Mitwissens Verdächtigte gefoltert werden dürfen. Dessen Befürworter argumentieren übereinstimmend mit den bereits ausgeführten Grundsätzen: Das Recht auf Leben sei ein absolutes Gut, daher könne die Menschenwürde eingeschränkt werden und sei die Folterung von Tatverdächtigen zu Rettung von bspw. Geiseln legitim. Wohin es führen könnte, wenn man dem Staat das Mittel der Folter in die Hände legt und dass ein solches Vorhaben staatlicher Willkür Tür und Tor öffnen würde, braucht hier hoffentlich nicht weiter ausgeführt zu werden.

Dieser Trend zu staatlichen Verpflichtungen drückte sich auch in der Impfpflichtdebatte aus. Allerdings verbindet sich die Impfpflicht auch noch mit einem kollektivistischen Element. Hier muss nicht nur das Recht auf körperliche Unversehrtheit und die Menschenwürde hinter den Lebensschutz zurücktreten, sondern muss sich gleich noch der Einzelne im Namen der Volksgesundheit dem Kollektiv unterordnen. Doch auch hier stellt sich wieder die Frage, weshalb Menschen verpflichtet werden sollen, sich zu impfen, wenn doch jeder Erwachsene die Möglichkeit hat, sich per Impfung selber zu schützen und längst hinlänglich bekannt ist, dass die verfügbaren Impfstoffe keine sterile Immunität, d.h. keinen signifikanten Fremdschutz vermitteln.

Wo Selbstschutz möglich ist, kann es keine Begründung für staatliche Eingriffe mehr geben. In fast allen bereits angesprochenen Bereichen liegt genau eine solche Situation vor: Menschen können sich selbst schützen, indem sie sich impfen lassen, oder nicht mehr in tückischen Gewässern baden gehen, etc. Es gibt hier schlichtweg keine rationale Rechtfertigung für staatlichen Interventionismus.

Ja, der Terrorismus, Geiselnahmen, Entführungen, Verkehrs- sowie Badeunfälle und Krankheitserreger, etc. sind potenziell durchaus ernstzunehmende Risiken. Aber aus ihrer Existenz folgen ebenfalls keine automatisch alternativlosen Handlungsanweisungen für die politische Praxis. Und es mag sich für den ein oder anderen vermutlich zynisch anhören, aber Lebensrisiken sind geradezu eine notwendige Bedingung einer freien Gesellschaft. Sie können schlechthin nicht ausgemerzt werden, sondern nur in einer vernünftigen Art und Weise in das Leben integriert und im Alltagshandeln berücksichtigt werden. Wie der Frankfurter Rechtswissenschaftler Uwe Volkmann in einem Gastbeitrag in der „ZEIT“ ausführt, sind „Risiken (…) wie man es dreht und wendet, der Preis der Freiheit; eine Welt ohne Risiko ist eine Welt ohne Freiheit.“

Der vielbemühte Satz „Das sind Todesfälle, die nicht sein müssen“, ist nämlich ebenso trivial wie gefährlich. Natürlich wären sämtliche Todesfälle beim Baden oder im Verkehr oder solche in Folge von Terroranschlägen vermeidbar; wir müssten dafür einfach aufhören Gewässer zu betreten, den Straßenverkehr zu nutzen und könnten für die Prävention von Anschlägen ein engmaschiges, notwendigerweise totalitäres Überwachungssystem installieren und würden so zweifellos jedes Jahr hunderte Leben retten. Aber tatsächlich wäre das bloß der paradoxe Versuch ein freiheitliches System dadurch zu retten, indem man es abschafft.

Den Befürwortern eines „Rundum-sorglos“-Staates mit immer umfangreicheren Befugnissen und insbesondere dem Zeitgeist des Sicherheitswahns muss also entschieden entgegengetreten werden. Denn es steht nicht weniger als die freie Gesellschaft selbst auf dem Spiel.

 


BR bricht Schüler-Umfrage zum Gendern ab – Ergebnis passte nicht

Von Sven Justin Verst | Zum ARD-Diversity-Tag 2022 veranstalteten Das Erste und der Bayerische Rundfunk eine Podiumsdiskussion zum Thema Gendern – also zu geschlechtssensibler Sprache. Einer, die alle Geschlechter, von denen es laut der politischen Linken eine unbegrenzte Anzahl gibt, anspricht. Damit sich ja kein er, keine sie, kein es, keine Topfpflanze oder als was man sich auch immer grade identifizieren mag diskriminiert fühlen. In der Sendung, die sich vor allem an Schüler richten sollte, wurde die Notwendigkeit der Sprachverschandelung 40 Minuten lang propagiert – zum Entsetzen der Diskussionsteilnehmer ging der Plan ihr Weltbild mit Umfragen zu untermauen, jedoch total in die Hose: bei jeder Abstimmung lehnte eine klare Mehrheit der jungen Leute die Gendersprache ab. 

Zur Begrüßung brauchte die Moderatorin eine halbe Minute und hieß Schülerinnen, Schüler, Schülerinnen und Schüler, Schüler*Innen sowie Lernende Herzlich Willkommen. Bevor dann fleißig „diskutiert“ wurde, führte man vorab eine Umfrage durch, bei welcher lediglich 11 % Gendern für wichtig hielten. Die restlichen 89 % empfanden es entweder für unnötig oder hatten dazu keine Meinung. Darauf reagierten die geladenen Gäste, welche selbstverständlich alle pro Gendersprache waren, mit Entsetzen. So erklärte Fridays for Future Aktivistin Fabia Klein, dass Sie in ihrem gymnasialen Umfeld selbstverständlich gendert und es nicht verstehen kann, wie diese Umfragewerte zustande kommen. Sie und weitere Gäste erörterten anschließend für circa 40 Minuten, weshalb Gendersprache wichtig ist.

Moderiert wurde die Runde von Claudia Stamm, die ähnlich wie der öffentlich-rechtliche Rundfunk alles andere als neutral ist. Denn Claudia Stamm war bis 2017 Mitglied von Bündnis 90/Die Grünen und saß sogar für die Partei im bayerischen Landtag – wen wundert es also, dass sie anschließend als Moderatorin beim Bayerischen Rundfunk arbeiten kann.

Peinlich für die Teilnehmer der Podiumsdiskussion war, dass am Ende der Diskussionsrunde bei der Publikumsumfrage die Mehrheit Gendersprache entweder weiterhin ablehnte oder sogar aufgrund der Podiumsdiskussion ablehnte. Lediglich um die 9 % wurden von der Podiumsdiskussion überzeugt – deshalb wurde die Umfrage unter dem Vorwand „so schwierig war die Frage nicht“, dann auch gleich wieder beendet. Doch auch wenn es dem ÖRR nicht passt: Diese Ergebnisse decken sich mit anderen Umfragewerten zu Gendersprache – deshalb erklärt die Moderatorin gleich mal ganz offen, was sie von den Umfragewerten hielt. Nach ihrer Meinung seien allein die 9 % eine positive Entwicklung. Um die restlichen jungen Leute zu überzeugen, müsse das Thema einfach erneut und öfter „diskutiert“ werden. 

Der durch Zwangsabgabenöffentlich-rechtliche Rundfunk ist also nicht zufrieden, wenn seine um Erziehungsbemühungen auf taube Ohren treffen – einzusehen, dass eine Mehrheit die Verschandelung unserer Sprache ablehnen, kommt aber noch weniger in die Tüte. 


„Keine Kunst auf einem toten Planeten“ – wie die “letzte Generation“ Kunst und Kultur gefährdet

Von Jonas Kürsch | Vor einigen Tagen sorgte die Klimaprotestbewegung „L’ultima Generazione“ – das ist die italienische Version der in Deutschland zuletzt lautstark aufgetreten „Letzten Generation“ – mit einer hochbedenklichen Aktion in Italien für großes Aufsehen. Die  „Klimaaktivisten“ klebten ihre Hände als Ausdruck ihrer Ablehnung des Erdöl- und Co2- Verbrauchs unserer Gesellschaft an ein unbezahlbares Meisterwerk des italienischen Malers Sandro Botticelli, dem vermutlich wegweisendsten Maler der Renaissance neben Leonardo Da Vinci.
Wie das Museum mitteilte, blieb das hinter einer Glasscheibe geschützte Gemälde glücklicherweise unversehrt. Ähnlich verhielt es sich mit Da Vinci’s Mona Lisa im Pariser Louvre, die vor einigen Wochen ebenfalls im Rahmen eines „Klimaprotestes“ mit einer Torte beworfen wurde. Zudem klebten sich Aktivisten bereits an eine berühmte Malerei des niederländischen Expressionisten Vincent Van Gogh. Mit demokratischem Protest haben diese Inszenierungen allerdings rein gar nichts zu tun, vielmehr offenbart sich im Weltbild der Klimademonstranten ein gewaltiger Mangel an Respekt und einer nihilistischen Verachtung großer künstlerischer Leistungen der Menschheit.

Wer sich an Kunstwerken festklebt, der muss das Denken verlernt haben

Man muss, denke ich, keinem Menschen mit einer halbwegs ausgeprägten Affinität zu den bildenden Künsten erklären, weshalb solche Angriffe auf unser europäisches Kulturgut vollkommen unangebracht sind. Gerade im Hinblick auf die oben genannten Meisterwerke, sprechen wir von Artefakten, die in der Kunstgeschichte ihresgleichen suchen: Jene Kunstwerke wurden von hochkreativen Menschen geschaffen, die uns seit Jahrhunderten als strahlende Beispiele für die schöpferische Identität des Menschen als schaffendem Wesen dienen.
Botticelli, Da Vinci und Van Gogh suchten schon früh nach jenen Koordinaten des menschlichen Daseins, die hinter der oberflächlichen Wahrnehmung des Alltagslebens verborgen liegen. Der deutsche Philosoph Immanuel Kant fasste diese künstlerischen, wissenschaftlichen und in vielerlei Hinsicht auch humanistischen Prinzipien der Transzendenz in drei treffenden (und doch sehr komplexen) Kernbegriffen zusammen: Schönheit, Wahrheit und Güte. Sie seien die Essenz des menschlichen Seins und die höchsten Ziele, welche es durch unser Handeln zu erreichen gelte. In Anbetracht dieser Tatsache ist vollkommen inakzeptabel, dass man der Kunst und den Künstlern mit einer derartigen Respektlosigkeit begegnet. 

Vielleicht sollte man sich auch über einige praktische Fragen zu den Aktionen der Demonstranten Gedanken machen – aus welchem Grund sollte man sich überhaupt an ein Jahrhunderte altes Kunstwerke kleben wollen? Was soll dieser irrationale Akt im Endeffekt bringen? Glaubt man ernsthaft, man könne seine eigenen Positionen mit so einem dümmlichen Verhalten im öffentlichen Diskurs stärken? Auf diese Fragen finde ich auch heute noch keine Antworten.
Mir leuchtete zunächst auch nicht ein, was Botticelli und co. überhaupt mit dem Klimawandel und der von den Klimaaktivisten geschilderten „Klimakrise“ zu tun haben könnten. Dann dachte ich, es handle sich um einen kulturellen Protest gegen die Renaissance, da diese ja in vielerlei Hinsicht als Startpunkt des modernen Kapitalismus betrachtet wird. Aber die Aktivisten klebten sich ja auch an einem Bild von Van Gogh fest und es ist ja weitgehend bekannt, dass dieser zu Lebzeiten keinen kommerziellen Erfolg hatte, daher wäre er nicht gerade das ideale Symbolfeindbild für einen dekadenten und radikalkapitalistischen Kunstmarkt.
Daher kann man leider nur zu der schmerzhaften Erkenntnis gelangen, dass hinter alldem keine Form von ideellen oder gedanklichen Konzepten steckt. Denn jene Art von Menschen, die sich aus welchen Gründen auch immer mit Sekundenkleber an teuren Kunstwerken festklebt, hat das Denken vermutlich schon vor langer Zeit verlernt. Das hat uns in den vergangenen Wochen ja auch die Grüne Jungabgeordnete Emilia Fester mehrfach bewiesen, die sich nicht so sehr mit guten Argumenten, dafür aber mit infantilem und inhaltsleerem Gefasel in der Öffentlichkeit einen Namen gemacht hat.

Dieser Trend droht Kunstwerke ernsthaft zu beschädigen


Die Entwicklung der letzen Wochen ist in jedem Fall hochbedenklich. Im Moment wurden noch keine Werke ernsthaft beschädigt, doch wer kann mit Sicherheit ausschließen, dass diese Menschen sich nicht an der Leinwand eines weniger gut geschützten Ausstellungsstückes festkleben und es damit zerstören würden? Das Motto der radikalen Kleber ist extrem kompromisslos – schließlich denken sie, dass sie die Welt retten müssten. „Es gibt keine Kunst auf einem toten Planeten“ – was ist in dieser extremen Denke schon eine farbige Leinwand wert? Die Justiz muss diesen zerstörerischen Akten mit harten Strafen ein Ende setzen. Denn der Konsens einer demokratischen Gesellschaft ist: Vandalismus ist kein legitimer Protest.