Archiv: Juli 24, 2022

Neues aus Italien: Rom geht vor die Wildschweine

Von Elena Klagges | Ragazzi, zu allererst möchte ich mich für die lange Pause entschuldigen. Der letzte Bericht ist leider schon einige Zeit her, doch die Universitätsprüfungen am Ende des Semesters haben mehr Zeit und Nerven abverlangt als gedacht.Jedenfalls war ich vor kurzem mal wieder für einen Kurztrip in Rom, wo zur Zeit einiges los ist.

Die erste Hammer-Meldung: In Rom sind die Wildscheine einmarschiert. Ganz neu ist dieses Phänomen nicht, dafür ist der ganze Müll in der Stadt ein zu einfach gefundenes Fressen für die Tiere. Aber bisher handelte es sich noch um periphere Stadtgebiete. Jetzt hausen die Schweine mitten in der Stadt, halten den Verkehr auf und haben Berichten zufolge sogar schon Menschen angegriffen.

Zu dem großen Glück der Wildschweine ist der Platz momentan auch da. Die meisten Römer sind selber schon an ihre Ferienziele gereist und überlassen die Stadt den Touristen. Was auf der einen Seite auch seinen Charme hat. Ich, die die Hitze sehr gut erträgt, war direkt nach der Landung in Fiumicino, als ich mir endlich zwei Schichten Wollpullover ausziehen konnte, um mir bei diesen schrecklichen Klimaanlagen im Flugzeug nicht den Tod zu holen, wieder in Italien akklimatisiert.

Also den kurzen Stopp in der Hauptstadt voll ausnutzen und zunächst in die Galleria Doria-Pamphilij. Zwischen einigen Ausländern und unzähligen Ventilatoren wurde ich in diesem Palast einer klerikalen Familie aus dem 15. Jahrhundert in den Bann gezogen. Unendliche Prachtstücke der alten Meister, von Velazquez über Tintoretto bis hin zu Poussin, tapezierten die meterhohen Decken der repräsentativen Räume. So bestaunte ich nicht nur die bildende Kunst, sondern träumte gleichzeitig im Ballraum zu stehen, in einem wunderschönen Kleid mitten unter der wichtigen romanischen Gesellschaft, unter mir der Holzboden knarzend, zum Tanz aufgefordert zu werden. Und dann in der Mitte der Führung ein extra abgedunkelter Raum, in dem DER Caraviggio, ein Bildnis von Johannes dem Täufer mit Lamm, hing – nur, um dann festzustellen, dass das Bild schief hing!

Ach, wie ich die Italiener vermisst habe. Sie wissen, was für ein Reichtum Roma, caput mundis, zu bieten hat. Da macht das eine oder andere schief hängende Bild doch nichts aus. Und es stimmt, diese Farben, die Architektur, die Pracht der Stadt, welche gerade in der Abenddämmerung in einem rosafarbenen Goldschimmer zum Erleuchten kommen, könnten Rom noch als die ursprüngliche Weltstadt Europas gelten lassen. Wären da nicht das politische Chaos, die wirtschaftliche Krise und die Migrationsprobleme. Italien ist in diesen Tagen sagen wir mal führungslos. Die im Frühjahr 2021 vom Staatspräsidenten Mattarella ernannte Regierung, Draghis Regierung nationaler Einheit, ist gefallen. Momentan überlebt er mehr schlecht als recht Vertrauensvoten, wobei man eigentlich noch gar nicht weiß, ob er überhaupt weiterhin das Amt des Ministerpräsidenten fortführen möchte. Das Ausland vor allem schätzt den ehemaligen EZB Präsidenten als ruhigen und gesonnenen Staatsmann mit viel Erfahrung. Die Italiener widerum sind geteilt. Einige sehen in dem Verlassen des Plenarsaals durch die mitte-rechts Parteien Lega und Forza Italien eine Art Revanche Berlusconis, nachdem er 2011 durch einen ,,Coup’’ unter anderen unterstützt von Draghi abgesetzt wurde. Andere halten verzweifelt an ihm fest und sehen Draghi naiverweise noch fest im Sattel.

Nun, man wird sehen was passieren wird. Wahlen, bis dato erst im Frühjahr 2023 angesetzt,wären immerhin ein demokratischer Fortschritt, aber längst noch keine sichere Gegebenheit.

Nach der Galerie wollte ich vor dem pranzo ein bisschen bummeln und da erschlug es mich. Auf der Via del Corso überrannte mich eine wild gewordene Horde konsumsüchtiger Touristen, die die Werte und Schätze dieses Landes nicht einmal wahrnahmen. Mit Handys vor den Sonnenbrillen, mit angeschwollenen Füßen in verschwitzten Sandalen – teils mit teils ohne Socken – verstopften sie wie die Wildschweine oben die Straßen. Aiutò, dachte ich mir. Wie kann es nur sein, dass ein Bekannter ausgerechnet im August die Stadt genießen möchte?! Nun, er sagt auch, Rom ist die schönste Stadt der Welt – wären da nur nicht die Römer an sich. Doch ich muss dem widersprechen. Gerade die Einwohner Roms sind mir doch sympathisch, und wenn vereinzelt auch nur wegen ihres geschmackvollen Stils. Dabei sollte ich betonen, dass ich das alltägliche Rom mit Zeit, Ruhe und Nerven genießen kann und hier aus meiner subjektiven Perspektive schwärme.

Doch am Nachmittag, nach einem köstlichen Mittagessen, lichtete sich die Situation und die Piazza del Popolo präsentierte sich fast menschenleer in vollster Schönheit. Da zahlte es sich wieder aus, hitzeresistent zu sein und bella Roma noch strahlen zu sehen – ohne den Massen jeglicher Art. Die Stadt bleibt, wie ich zu sagen pflege, das dreckigste Juwel der Welt – und ebenhochkarätig.

Kleiner Tipp: Für einen Besuch dort bleibt Anfang September mit die beste Zeit für meinen Geschmack. Langsam kehren die Einheimischen zurück und mit ihnen etwas Normalität in den Gassen. Und auch die Erkundungstour gestaltet sich bei Anfang bis Mitte zwanzig Grad angenehmer als unter brüllender Hitze.

Jetzt geht es aber auch für mich ans Meer nach Sizilien, denn das muss man den Italiener lassen: Im Tourismus waren sie immer und sind sie ungeschlagen. Freundlich und sympathisch bieten sie die beste mediterrane Küche, klischee-erfüllende Unterhaltung und unvergessliche Ferien


Sonntags-Öffnungen – das große Apollo Battle

Lesen Sie hier: Das große Debattenduell. Alles-Zu-Sven vs. Öffnungs-Maxi. Sollte der Sonntag für den freien Markt geöffnet werden? Oder behalten wir ihn lieber als Ruhetag  – wer überzeugt Sie mehr?

ACHTUNG: Dieser Beitrag könnte Spuren von Humor enthalten. Keine Sonntags-Prediger oder Öffnungs-Fanatiker wurden bei der Produktion dieser Kolumne ernsthaft verletzt. Dieser Austausch spiegelt in keiner Weise das Arbeitsklima bei Apollo News wieder, sondern dient schlichtweg Unterhaltungs- und Ausbildungszwecken. Seelsorgerische Unterstützung stand den Autoren zu jeder Zeit zur Verfügung.


Keine Marktwirtschaft um jeden Preis – der Ruhetag ist Teil unserer konservativen Werte!

Von Sven Justin Verst | Ja, auch ich würde manchmal sonntags gerne in das Lebensmittelgeschäft, um eine Packung Salzstangen, Rapsöl oder Zwiebeln zu kaufen. Doch wie zu erkennen ist, habe ich diese Sonntage auch ohne Salzstangen überlebt. Der Sonntag macht etwas mit uns, er sorgt dafür, dass wir erwachsen werden. Denn wer am Sonntag nicht hungern oder ohne Toilettenpapier auf dem Pott sitzen möchte, der muss Verantwortung übernehmen. Verantwortung für sich selbst, aber auch Verantwortung für andere, einen Partner, Eltern oder Kinder. Er bringt uns bei, in die Zukunft zu schauen, uns zumindest für einen Tag vorzubereiten – damit hat Maxi es nicht so, sollte er aber mal lernen. Außerdem bringt uns der Sonntag bei, dass wir nicht immer alles sofort haben können. Sondern dass wir ab und zu warten müssen und vielleicht sogar Vorfreude aufbauen, zum Beispiel auf die Salzstangen, die man sich dann am Montag kaufen kann.

Die Beschleunigung des Alltags, so lautet die Kritik an unserem immer schneller werdenden Leben. Alleinstehende, frisch Verlobte und Ehepaare mit Kindern alle spüren, dass der Alltag uns kaum Ruhe lässt. Auch aus diesem Grund kommt der Sonntag sehr gelegen, einmal die Woche, am Ende der Woche, ein Tag Ruhe. Der Sonntag, an dem die meisten Menschen frei haben, ist ideal, um mal nicht auf die Uhr zu schauen, um den Alltag wieder etwas zu entschleunigen. Für Maxi ist jeder Tag der Woche ein Sonntag, deswegen sieht er die Notwendigkeit wohl nicht so – für normale Menschen ist der echte Sonntag aber die einzige Zeit für die Familie, ein Besuch bei der Oma oder ein Ausflug in den Park, ohne dass man an das nächste Meeting oder andere lästige Arbeitsaufgaben Gedanken machen muss. Ich persönlich gehe sonntags gerne mit einer Freundin spazieren, dabei haben wir ganz gelassen Zeit, uns über die vergangene Woche auszutauschen und einfach mal die Seele baumeln zu lassen. Der Sonntag kann also auch als einen Teil von familienfreundlicher Politik betrachtet werden – und die haben wir in Deutschland bitter nötig. 

An den Sonntag habe ich auch eine besonders schöne Kindheitserinnerung. Denn nach der Kirche, worauf wir als Kinder weniger Lust hatten, sind wir zum Gemeindefrühstück gegangen. Dort hatten Menschen aus der Gemeinde bereits freiwillig ein Frühstück vorbereitet, bei welchem sich dann die Nachbarschaft nach dem Gottesdienst getroffen hat. Dort sind dick und dünn, jung auf alt, sogar Protestanten und Katholiken aufeinandergetroffen. Gemeinsam haben wir Gottes Schöpfung gefeiert. Tatsächlich gibt es in der Bibel ein Gebot dafür, sechs Tage zu arbeiten und am Siebten zu ruhen. Der gemeinsame Sonntag, an dem große Teile der Bevölkerung frei haben, bietet sich dafür perfekt an.

Selbstverständlich gibt es relevante wirtschaftliche Aspekte, wenn es um Sonntagsöffnungen geht. Von Leuten wie Maxi wird beklagt, dass der Staat nicht vorzuschreiben hat, wann Geschäfte geöffnet haben sollen. Und ja, man muss generell feststellen, dass ein freier Markt besser ist als eine Planwirtschaft – da sind wir uns ja einig. Allerdings sollte der freie Markt nicht der einzige oder höchste Wert in unserer Gesellschaft sein. Denn wenn nur „der Markt regelt“, zerstört er besonders konservative Werte wie ein traditionelles Familienbild und schwächt gesamtgesellschaftlichen Zusammenhalt. Hinzu kommt die Relevanz von verkaufsfreien Tagen für Kleinunternehmen. Unternehmer, die ein einzelnes Geschäft in einer Innenstadt haben und nicht jeden Tag in ihren Geschäften stehen können, um mit Großunternehmen mithalten zu können. Letztendlich bedeuten Sonntagsöffnungen für den Einzelhandel eine zusätzliche Belastung für Klein- und Familienunternehmen. Welche bereits jetzt durch den Onlinehandel vom Aussterben bedroht sind. Sofern wir nicht den Einzelhandel amerikanischen Großunternehmen überlassen wollen, welche bereits jetzt einen gewaltigen Wettbewerbsvorteil haben, müssen wir am Verkaufsverbot für Sonntagen festhalten.

Also: wenn sie einmal einen Sonntag mit ihrer Familie auf der Couch sitzen, um einen Film zu schauen und ihnen die Salzstangen ausgehen, ärgern sie sich nicht, denn Vorfreude ist bekanntlich die beste Freude!


Weg mit staatlichem Zwang ohne gelebte Kultur – Gebt den Sonntag frei!

Von Max Zimmer | So Sven, da du mir unbedingt meinen sonntäglichen Einkauf verwehren möchtest, werde dir mal kurz erläutern, wieso du damit unserer gemeinsamen Sache überhaupt nicht dienlich bist. Jeder kennt es: Man braucht noch eine Kleinigkeit für‘s Kochen, überlegt noch kurz in die Stadt zu gehen oder will etwas anderes besorgen – aber dann fällt einem ein: „Verdammt, es ist ja Sonntag!“. Ok, ich gebe ja zu, du bist deutlich strukturierter als ich, und leidest daher vielleicht weniger darunter. Aber es gibt ja auch Menschen wie mich, und derlei ärgerliche Situationen könnten vermieden werden, würde sich die Politik endlich mal dazu durchringen, das Sonntagsöffnungsverbot abzuschaffen. 

Ich verstehe die Einwände von konservativer Seite, eine der letzten Bastionen unserer christlichen Kultur – das Ehren des Tages des Herrn – beizubehalten. Aber seien wir doch mal ehrlich: Das Abendland krankt derzeit nicht daran, dass Menschen möglicherweise Sonntags einkaufen gehen. Da fallen mir ganz andere Sachen ein. Außerdem gibt es Länder, in denen der progressive Wahnsinn unserer Zeit deutlich geringere Ausmaße annimmt, und die kein Sonntagsöffnungsverbot haben – Niederlande, Italien, Ungarn, Kroatien zum Beispiel. Wirfst du mal einen Blick nach „Bella Italia“, sollte dir schnell auffallen, dass die Italiener trotz frei verfügbarem Sonntag wohl die „besseren“ Christen sind als wir – und die Zeit mit der Familie scheinen sie auch deutlich mehr zu schätzen, als der Durchschnitts-Deutsche. 

Unsere Kultur muss an ganz anderen Fronten verteidigt werden – es ist eine gesellschaftliche Frage, und hier sollte es keinen von Oben aufoktroyierten Zwang geben, hinter dem aber überhaupt keine gelebte Kultur steht. Jedes Jahr gibt es in Deutschland abertausende Kirchenaustritte, weitaus mehr als Neuzugänge. Und man muss leider sagen:  Mehr als zurecht. Die Kirche – die katholische genau so wie die evangelische – biedern sich massiv dem woken Zeitgeist an, betreiben ja teilweise selber aktiv grünprogressive Politik. Dass das gläubigen Christen nicht passt und auch nicht passen sollte, ist offensichtlich. Und auch die Strukturen innerhalb der Kirche, beispielhaft sei nur mal der Missbrauchsskandal genannt, delegitimieren diese Institution ebenso. Hier gilt es anzusetzen – konservativer und antilinker Kampfgeist sind mehr als wichtig, aber hier sollten wir uns nicht darauf konzentrieren, den Menschen einen sonntäglichen Einkauf zu verwehren; Vielmehr sollten wir überall dort kämpfen, wo der woke Fortschrittszug noch wirklich schmerzhaft getroffen werden kann. Bei Sonntagsöffnungen ist das nicht der Fall.

Wir sollten nämlich nicht aus stumpfem konservativen Dogmatismus an alten Strukturen festhalten, das solltest du besser wissen als ich. Viel mehr müssen wir den wirklichen Geist dessen bewahren, was wir verteidigen wollen – und das geht nicht über kleinkarierte Verbote, sondern über einen politisch-kulturellen Wandel innerhalb der Gesellschaft.


Horrorerlebnisse auf Tinder & Co: Die Schattenseiten des Online-Datings

Von Simon Ben Schumann | „Auf seinem Profilbild sah er richtig gut aus, wirkte beim Chatten sympathisch. Als mir abends im Dämmerlicht eine verschlagene, nicht wiederzuerkennende Gestalt entgegenkam, rutschte mir das Herz in die Hose“ –  klingt wie der Beginn eines Krimis oder schlechten Horror-Streifens? Finde ich auch, aber weit gefehlt. Es ist eine Szene aus dem Alltag der Gen Z – meiner Generation. Einer, die selbst ihr Liebesleben ins Online-Universum verlegt hat.

Was das für Konsequenzen haben kann, wird in Geschichten, wie der meines Bekannten deutlich: „Statt dem netten Typen, den ich auf Grindr kennengelernt hatte, kam mir ein alter Mann entgegen. Bei weitem nicht so attraktiv, wie auf seinem angeblichen Foto. Warum er sich mit mir vor einer Sparkasse treffen wollte, war für mich zunächst unerklärlich. Er fragte mich sofort, ob ich mit ihm schlafen wolle. Nachdem ich das ablehnte, wurde mir der Grund für unseren sonderbaren Treffpunkt klar. Er zückte 50,00 € in Bar, die er vorher abgehoben hatte. Hielt der Mann mich für einen Hobbyprostituierten? Sein Geld konnte der Betrüger sowas von behalten. Schlecht gelaunt zog ich wieder ab. Den Rest des Abends verbrachte ich dann zuhause, mit ein paar Kugeln Eiscreme.“

Ich dachte wirklich ich höre nicht richtig – ist das diese Welt aus Tinder, Grindr und Co? Nach dieser Story war ich mehr als heilfroh, dass ich mich bisher erfolgreich daraus gehalten hatte – und dass meinem Bekannten da nicht mehr passiert ist. Fake-Profil plus ein kleines „Taschengeld“ für die Nacht – so stellt sich niemand einen gelungenen Abend vor. Und falls sie sich jetzt fragen, ob das ein Einzelfall war: Ich hab mich umgehört und noch mehr solcher Geschichten auf Lager – „Hey, mein Freund ist jetzt spontan auch hier, aber das ist doch kein Problem für dich oder?“. Auch hier wurde schonmal ein kleines „Taschengeld“ angeboten. Klingt für mich nicht nach Spaß und erst recht nicht nach Liebe – ist beim Online Dating aber traurige Realität. Solche Geschichten untermauern, dass das Kennenlernen in der realen Welt doch seine Vorzüge hat.

 

Wenn Menschen nur noch ein „Swipe“ sind 

Dating Apps sind bei vielen meiner Artgenossen nicht mehr aus dem Alltag wegzudenken. In Deutschland teilen sich „Lovoo“ und „Badoo“ (stammen die Namensgeber aus der Krabbelgruppe?) die Marktführung mit Tinder. „Tindern“ ist sogar zu einem neuen Verb geworden.

Auf Tinder werden einem erstmal nur Fotos potenzieller Dating-Kandidaten vorgeschlagen. Gefällt einem das Bild, swipet man nach rechts – wenn nicht, nach links. Haben zwei Menschen sich gegenseitig nach rechts gewischt, kommt man per Chat ins Gespräch. Ähnlich funktionieren auch viele andere Dating-Apps.

Dass das einfache „wegswipen“ eines Menschen bei Nichtgefallen durchaus unmenschlich genannt werden kann, möchte ich hier mal außen vorlassen – ich finds zwar ziemlich hart, aber man macht ja freiwillig bei dieser Prozedur mit.

Ich finde es viel schlimmer, dass die  romantische Ader dabei völlig verloren geht. Es mag auch Ausnahmen und fantastische Liebesgeschichten auf Tinder geben, aber grundsätzlich ist es doch viel aufregender, sich im echten Leben kennenzulernen und zu merken, dass die Chemie stimmt – oder eben auch nicht. Ob im Sportverein, an der Uni oder meinetwegen im Coffeeshop: Überall menschelt es mehr als im Tinder Chat. 

Wenn Männer sich darüber austauschen, mit welchen „Ice-Breakern“ sie bei möglichst vielen „Weibern“ landen und sie ins Bett kriegen konnten, nur um danach die „nächste Chaya zu klären“ kann einem echt übel werden. Das klingt jetzt vielleicht altbacken, aber sollten wir Männer uns nicht besser im Griff haben und Verantwortung übernehmen? Oder wenigstens stilvoller auf die „Jagd“ gehen?

 

Leben ohne Liebe – (k)eine gute Idee?

Wenn es nur das Dating und Kennenlernen wäre, was über den Touchscreen ziemlich kaltschnäuzig daherkommt, könnte man ja noch sagen: Was ein Luxusproblem. Das ganze Tindern hat sich aber zu einer regelrechten „Hook-Up-Culture“ entwickelt. Darunter versteht man, dass das Verhältnis zwischen Mann und Frau oder auch Mann und Mann auf den „Spaß im Bett“ beschränkt ist. Die emanzipierte Frau von heute verabredet sich zu – Achtung, Vulgärsprache – sogenannten „Dick Appointments“ über ihr Smartphone. Zumindest in den Augen mancher third-wave Feministen ein Ausdruck sexueller Befreiung, aber ich sehe hier „Haramstufe Rot“. 

Früher wäre man dafür am Pfahl verbrannt worden! – Nicht, dass ich da dafür wäre. Aber Spaß beiseite: Sowohl aus rein rationaler als auch aus seelischer Perspektive führt das Ablehnen von emotionalen Bindungen in eine kranke Gesellschaft. Wer sich über Dating-Portale mit zig Partnern vergnügte, wird es wahrscheinlich schwerer haben, eine aufrichtige Liebesbeziehung zu führen oder eine Familie zu gründen. Allein, dass das Gegenüber zur austauschbaren „Ware“ wird, ist folgenschwer für das eigene Menschenbild.

Daher plädiere ich für den absoluten Wahnsinn: Den Glauben an Liebe, Bindung und auch an eine Portion Selbstaufopferung nicht aufzugeben. Klar ist es verlockend, einfach Spaß zu haben und auf alles andere nicht viel zu geben. Aber gerade als junge Menschen sind wir gefordert, moralische Werte zu finden, die die Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaft absichern.


Meine neo-prüden Mitschülerinnen

Von Selma Green | Es klingelte zur Pause, als mir auf dem Schulhof zwei Mitschülerinnen mit ernster Miene entgegen kamen. Was war passiert? Die eine, die schon immer einen Hang zum Dramatischen hatte, seufzte: „Selma, ich verliere die Hoffnung auf die männliche Bevölkerung!” „Wieso das?” Obwohl, ein paar Gründe kamen mir doch in den Sinn: Jungs denken heute, Mittelscheitel, halblange Haare und Ohrringe seien schick. Das große Vorbild dabei ist Harry Styles. Ein bisschen zu schwul für meinen Geschmack. Das Schlimmste dabei ist, dass sehr viele Mädchen Harry Styles toll finden. Wieso das jetzt? Es war doch Harry Styles, der meinte, jeder sei etwas schwul. Ein weiterer Liebling ist der Hauptsänger der Band Maneskin. Mädels, was findet ihr an dem? Der Typ trägt Ohrringe und Eyeliner! Ja, wegen solcher Typen zweifle ich allerdings auch an der männlichen Bevölkerung. Aber nein, die Mitschülerinnen meinten es anders.


Sie schaute genervt zur Seite und stammelte: „Naja, du weißt schon… Paul und Matti halt”, „Ja?”, „…wie die eben drauf sind…”, „Nein, was haben sie getan?”, „Also bei der Besprechung waren sie unmöglich!”, fauchte sie. Ich musste sie noch eine Weile ausquetschen, bis sie auspackte. Sie erzählte mir mit aller gekünstelter Dramatik, die sie nur aufbringen konnte, dass die Jungs es gewagt hätten, mit einer Frau zu flirten, obwohl die Frau viel älter war. Ihre Freundin schüttelte den Kopf, wurde rot und versuchte ein Schmunzeln zu verbergen. „Es war voll peinlich”, erzählte sie und machte eine qualvolle Grimasse, die ihr Lächeln trotzdem nicht verstecken konnte. Ich dachte ja, ich wäre die Königin der Dramen, doch diese Mitschülerin war deutlich besser als ich. Es war nicht zu übersehen, dass die Mädchen den Flirt überhaupt nicht schlimm fanden. In Wirklichkeit waren sie neidisch. Warum kommen sie sonst auf die Idee, ausgerechnet die Jungs für blöd zu erklären, bei denen noch Testosteron in den Adern fließt?

 

Mädchen tragen doch nicht ohne Grund Miniröcke

Beide Mädchen waren von der Sorte, die sich wünscht, ihr Traumprinz würde sich nur wegen ihrer „Persönlichkeit” für sie interessieren. Also mich haben Jungs noch nie angesprochen, weil sie meine Persönlichkeit so attraktiv fanden. Wozu kaufen sich wohl Frauen Push-up-BHs und Mikro- Röcke? Und im Ernst, wer will was mit einem Schleimer haben, der sich nicht einmal traut, dich anzusprechen und zu flirten? Ich weiß, dass sich jedes Mädchen wünscht, dass die Jungs halt Jungs sind und genau das Gegenteil machen von dem, was man ihnen sagt. Sonst wären selbst meine alibi-prüden Mitschülerinnen wegen ein paar flirtenden Jungs nicht so sehr an die Decke gegangen.
Gut, manchmal enden Neckereien auch damit, dass du mit einer Haarsträhne weniger nach Hause kommst, weil ein Junge mit seiner Bastelschere etwas zu übermütig war. Oder dass dir der Stuhl unterm Hintern in dem Moment weggezogen wird, in dem du dich hinsetzen willst und du auf den Boden knallst. Oder damit, dass dir Stifte in den Haaren stecken, weil ein Junge austesten wollte, wie viele Stifte darin hängen bleiben. Aber immerhin ist was los und es bleibt nie langweilig.

 

Jungs dürfen nicht mehr Jungs sein

Leider kommt es heutzutage nur sehr selten vor, dass Jungs mal etwas anderes machen, als freundlich zu nicken oder demonstrativ den Blickkontakt zu meiden. Insbesondere bei denen aus der Grünen-Hochburg Kreuzberg, in der ich wohne. Vielleicht liegt das daran, dass man als Junge in dieser woken Kreuzberger Gesellschaft von Anfang an schlechte Karten hat: Jungen dürfen nicht mit Autos spielen, sie dürfen sich nicht prügeln, sie tragen lange Haare, beim Fußball sollen sie die Tore nicht mitzählen, es ginge ja nur um den Spaß. Wenn sie es dann doch mal wagen sollten, Mädchen zu necken und nicht nach deren Pfeife zu tanzen, dann wird gleich ein Klassenrat einberufen. Deshalb sind die Mädchen entweder total aufgedreht oder sie tun halt, wie meine Mitschülerinnen, als wären sie Nonnen, die sich in keiner Weise für Jungs interessieren.


Doch eines haben nahezu alle Kreuzberger Öko-Mädchen gemeinsam: Sie verurteilen die
Jungs, die sich noch was trauen. Jungs dürfen Mädchen nicht hinterherpfeifen, weil sie ja kein Hündchen seien. Hä? Da frag ich mich, ob den Mädchen überhaupt schon mal hinterhergepfiffen wurde. Und das höchste und wichtigste Verbot: Wenn Jungs eine Freundin haben, ist sie die einzige Person, die sie ansehen dürfen. Bei anderen Mädchen gilt ein striktes Guck- und Lächelverbot.
Das Traurige ist, dass die Jungs das alles mitmachen. Allerdings wundert man sich nicht, wenn man deren links-grüne Eltern kennenlernt. In diesen Familien führen die Frauen das Regiment und die Männer wirken trottelig und hilflos. Mich hat es jedenfalls immer frustriert, wenn die Jungs lieber den Mülleimer anguckten, als mir in die Augen oder wenn sie einem nicht mehr widersprechen. Ich wünsche mir einen Jungen, der groß, stark und männlich ist, und nicht so einen Harry Styles.


Sommer, Sonne und Bikini im Freibad? – Das war einmal.

Von Pauline Schwarz | Ich bin als Kind für mein Leben gerne baden gegangen – vor mir war kein Swimming Pool, kein Froschteich voll Entengrütze und nicht mal eine große schlammige Pfütze sicher. Das mit den Pfützen war aber eine ziemlich schmutzige Angelegenheit und die Entengrütze wieder aus den langen Haaren zu kriegen für meine Mutter jedes Mal eine ziemliche Herausforderung. Also hieß es bei gutem Wetter: Ab ins Freibad! Und ich hatte Glück – das nächste Bad war grade mal zehn Minuten mit dem Auto entfernt. Grüne Wiesen, drei große blaue Becken: eine richtige Oase mitten in der Hauptstadt – zumindest am Anfang. Umso älter ich wurde, desto mehr entpuppten sich die Berliner Bäder als Albtraum.

Das erste Mal, als ich zu spüren bekam, dass das Freibad mehr und mehr zu einem Spießroutenlauf mutierte, war ich vielleicht sieben-acht Jahre alt und wollte mich mit meiner Freundin grade gemütlich ins Kinderbecken setzen, um ein bisschen herum zu planschen. Bevor wir auch nur einen Fuß ins kühle Nass setzen konnten, baute sich aber ein mindestens zehn Jahre älterer türkischer oder arabischer junger Mann vor uns auf und zischte „nich für euch, verpisst euch“. Etwas verängstigt und verwirrt gingen wir zurück – ein anderer Junge hörte nicht sofort, wollte sich an dem Mann vorbei stehlen und wurde dafür brutal zu Boden gestoßen. Während wir etwas traurig die ausgelassene Männerrunde im Kinderplanschbecken beobachteten, ahnten wir noch nicht, dass uns an der Rutsche ein paar Meter weiter dasselbe passieren sollte.

Ab diesem Tag wurde es ungemütlich. Wir bekamen keinen Platz mehr am Beckenrand, weil unsere Sachen einfach weggenommen und achtlos in irgendeine Ecke geworfen wurden – first come first serve war einmal, jetzt galt das recht des Stärkeren. Auf der ehemals schönen Wieso etwas weiter wollte man seine Tasche aber auch nicht liegen lassen, weil man seine Wertsachen sonst nie wieder zu Gesicht bekam. Das schöne grüne Fleckchen vermüllte zunehmend, im Becken schwammen nicht nur Pflaster und Zopfgummis, sondern immer wieder Fäkalien.

Ich versuchte mit meinen kleinen Freunden damals auf andere Freibäder in der Nähe auszuweichen, aber auch da war die Lage nicht besser, sondern eher noch schlechter. Im berühmt berüchtigten Columbia-Bad in Neukölln durften die Kinder nicht mehr auf den Sprungturm, weil er von jungen ausländischen Männern belagert wurde. Sie machten Hahnenkämpfe, denen wir nur hilflos zusehen konnten – wir und der Bademeister, der seine Ordnungsfunktion aufgrund der Übermacht schon lange aufgegeben hatte.

Die jungen Männer pöbelten und schubsten sich zum Spaß gegenseitig herum. Solange, bis die Lage eskalierte – und das konnte sehr schnell gehen. Sobald man irgendwo die Worte „deine Mutter“ hörte, hieß es: schnell weg, gleich bricht die Hölle los. Und das tat sie. Aus dem Streit zweier Hitzköpfe wurde in Sekunden eine brutale Massenschlägerei, in der nicht selten auch Messer zum Einsatz kamen. Dann mussten tausende Badegäste das Gelände per Flucht verlassen – und so geht das bis heute, jedes einzelne Jahr. Immer wenn ich mit dem Auto den Columbiadamm herunterfahre, warte ich nur darauf die Sirenen zu hören und die panischen Badegäste aus dem Gelände strömen zu sehen.

Als ich in die Pubertät kam, war es mit mir und den Freibädern dann endgültig vorbei. Ich war grade mal elf Jahre alt und wusste selbst noch nicht so richtig, was mit mir und meinem Körper passierte – aber ich spürte die Blicke. Und nicht nur die. An einem Tag bin ich innerhalb von grade mal zehn Minuten erst von einem Mitzwanziger und dann von einem zehn-Jährigen brutal im Schwimmbecken begrapscht worden. Das war nicht das erste und nicht das letzte Mal, dass ich diese Erfahrung machen musste – aber das letzte Mal, dass ich ein Freibad von innen gesehen habe.

Ab diesem Tag hatte ich nicht mehr das Gefühl, dass ich als junges Mädchen die Freiheit hatte, in einem Bikini oder zu kurzen Röckchen rumzuspringen, ohne dass ich in bestimmten Gegenden oder an Orten wie dem Freibad Konsequenzen fürchten musste. In Kreuzberg propagierte zwar jeder den freien Körper Kult, die Gleichberechtigung und den Feminismus, die Lebensrealität sah aber zunehmend anders aus.


Japan – Deutschlands heimliches Vorbild?

Von Laura Werz | In den letzten Jahren hat Japan einen unglaublichen weltweiten Hype erlebt. Auf einmal interessierte sich ein Großteil der hippen Jugendszene für die „Kultur“ des kleinen Landes in Süd-Ost-Asien – zumindest für den Teil, der erfolgreich vermarktet wird. So kam nicht nur Sushi, sondern auch Cosplay, Bubble Tea und Macha Latte als erfolgreiche Exportschlager zu uns. Mit der ursprünglichen Kultur und Mentalität hat das allerdings nicht viel zu tun. Zwar kommen die Trenderscheinungen ursprünglich aus dem Land der Samurai. Doch spiegeln sie nichts der Jahrtausende alten Geschichte des Landes oder des tatsächlichen Lebens in Japan wider. Leider erstreckt sich das Interesse der meisten westlichen Japan-Fans nicht auf das wirkliche Japan – den Alltag, die Geschichte, Politik oder das Zusammenleben der Menschen im Land. Unsere Vorstellung von Japan wird durch einen Hype verklärt, der dem in Wirklichkeit vielseitigen Land in keiner Hinsicht gerecht wird. In dieser verrückten, bunten und schnelllebigen Welt meinen sich orientierungslose und kultur-desinteressierte jungen Menschen der westlichen Gesellschaft heute wiederzufinden. Für mich ist Japan aber mehr als Sushi und Bubble Tea – ich möchte euch einen ganz persönlichen Einblick in das Land der aufgehenden Sonne geben.   

Einblicke in die tatsächliche Kultur Japans

Mein eigenes Interesse für Japan wurde wie bei vielen durch einen Anime geweckt. In meinem Fall war es der Anime „Detektiv Conan“. Die Kinder- und Jugendserie handelt von einem Oberschülerdetektiv, der sich durch ein Gift im Körper seines 7-jährigen Ichs wiederfindet und tagtäglich die kniffligsten Kriminal- und Mordfälle löst. Die Fälle sind stets so ausgebufft, dass niemand auf eine vergleichbar geniale Falllösung kommt, wie sie sich der Autor Gosho Aoyama für jede Folge minutiös ausdenkt. Die Serie hat mich lange durch meine Kindheit und Jugend begleitet. Anders als die meisten Kinderserien heute, die sich durch viele Bilder, Szenenwechsel, grelle Farben und rekordverdächtige Sprechgeschwindigkeiten auszeichnen, ist Detektiv Conan eine intelligent gemachte Krimiserie, welche ich mir auch noch 10 Jahre später gerne ansehe. Die Serie ist realitätsnah gestaltet, so werden tatsächlich existierende Orte Japans naturgetreu dargestellt und auch die Kleidung der Figuren und die Schauplätze entsprechen der Wirklichkeit.

Über Jahre hatte ich somit Einblicke in die japanische Welt, den Alltag japanischer Familien und lernte die Kultur des Landes kennen. Musik, Sprache, Darstellungsweise und vor allem die Verhaltensweisen der Charaktere untereinander unterschieden sich sehr stark von meinen eigenen Wirklichkeitserfahrungen. In den Darstellungen der Kinderserie bemerkte ich immer wieder große Verhaltensunterschiede zwischen den Japanern und dem mir bekannten Kulturkreis. Sehr oft konnte ich beispielsweise Reaktionen oder Aussagen meiner Lieblingsfiguren nicht nachvollziehen. Die Menschen schienen distanzierter zu sein, stellten ihre eigenen Bedürfnisse auf mir nicht verständliche Art und Weise zurück und pflegten einen von Grund auf anderen Umgang miteinander in der Öffentlichkeit. Wie authentisch die japanische Mentalität in meinem Lieblingsanime tatsächlich dargestellt wurde, erkannte ich erst später. Mit meinem stetig wachsenden Interesse für das Land, begann ich mich zunehmend mit den kulturellen Unterschieden zwischen Japan und der westlichen Welt zu beschäftigen.

Die Eigenheiten japanischer Umgangsformen

Japaner gelten auch international als sehr höfliches und zurückhaltendes Volk. Wenn wir die japanische Mentalität verstehen wollen, dürfen wir „Höflichkeit“ und „Zurückhaltung“ allerdings nicht nach europäischen Maßstäben messen. Ein Tabu in Japan ist beispielsweise das Wort „Nein“. Man sucht elegantere Wege, seine Abneigung zum Ausdruck zu bringen. Die deutsche Direktheit, die hierzulande untereinander nicht selten geschätzt und sogar erbeten wird, ist in Japan unvorstellbar. Das eigene Anliegen, eine Bitte oder auch eigene Bedürfnisse kommuniziert man subtil und dezent, andernfalls wird man als grob unhöflich wahrgenommen. Die Folge ist nicht selten, dass die eigenen Bedürfnisse nicht berücksichtigt oder gehört werden. Viele Japaner bewältigen ihre Probleme und Ängste mit sich allein. Gefühle zu zeigen, ist äußert unüblich. Sowohl Trauer als auch Ärger oder Wut versuchen Japaner vor der Öffentlichkeit zu verbergen und öffnen sich nur gegenüber ihren engsten Familienangehörigen – wenn überhaupt. Die höchste Tugend ist es, seine Gefühle zu verstecken. Diese Mentalität galt nicht nur zur Zeit der Samurai, sondern überdauert bis heute und drückt sich unter anderem dadurch aus, dass schon Kindern beigebracht wird, sich zu zügeln, Gefühle nicht zu zeigen und Disziplin zu wahren.

In Deutschland wird ganz zum Kontrast eine transparentere und offenere Kommunikation von Gefühlen gewünscht und sogar eingefordert. Nicht nur, dass Männer entsprechend der „toxischen Männlichkeit“ ihre Gefühle angeblich seit Anbeginn der Zeit in westlichen Kulturkreisen unterdrücken mussten und durch neue Verhaltensnormen endlich von diesem Leiden befreit werden. Sondern es wird auch eine allumfassende Rücksicht auf die Gefühle anderer gefordert. Fühlt sich jemand verletzt, diskriminiert oder nicht genug gesehen, dann muss dieses Gefühl kommuniziert und bis ins Bodenlose ausdiskutiert werden. Eine stille Zurückhaltung wie in Japan wäre da manchmal Balsam für jede nicht-woke Seele.

Die Lösung für alles stellt meistens die obligatorische Entschuldigung dar. „Es tut mir leid, ich wollte niemanden verletzen. Jetzt sehe ich es ein. Das werde ich nicht wieder sagen/tun/machen/denken.“ Wie ehrlich diese eingeforderten Bekenntnisse tatsächlich sind, ist fraglich. An dieser Stelle sind wir der japanischen Mentalität wieder einen Schritt näher – auch dort ist eine Entschuldigung à la „Gomen-nasai“ stets gern gesehen. Nebensächlich ist an dieser Stelle, ob man wirklich einen Fehler begangen hat. Solange man sich bei seinem Gegenüber entschuldigt, gilt der gegenseitige Respekt und die Höflichkeit in Japan als gewahrt. Ein wesentlicher Unterschied zu Deutschland ist allerding, dass diese Entschuldigungskultur in Japan über Jahrhunderte gewachsen ist. Obwohl diese Mentalität von den Japanern noch gelebt wird, wird sie doch zunehmend in Frage gestellt und kritisch betrachtet. In Deutschland wiederum führen wir diese Verhaltensnorm selbst herbei und zwingen sie einander auf. Vielleicht sollten wir vorher noch einen Blick auf das Land der aufgehenden Sonne werfen, wo sich eine stetige Sorge, etwas Falsches zu sagen, in der berühmten Zurückhaltung ausdrückt, man sich lieber zwei Mal zu viel entschuldigt und das gesellschaftliche Zusammenleben mehr Schein als Sein ist.

Das japanische Kollektiv

In Japan herrscht ein enormer Gruppenzwang. Schon unter Kindern im Klassenkollektiv, aber auch später unter Kollegen im Berufsleben, spielt die Gemeinschaft eine zentrale Rolle. Man lernt von klein auf sich anzupassen, die eigenen Bedürfnisse zurückzustellen und stets an erster Stelle an das Kollektiv zu denken. Kinder und Jugendliche in Japan sind neben dem sehr hohen Leistungsdruck außerdem enormen sozialem Druck ausgesetzt. Nicht ohne Grund ist ab einem Alter von ca. 10 Jahren Selbstmord in Japan die häufigste Todesursache bei Kindern, Jugendlichen, sowie jungen Erwachsenen. Zunehmend viele Japaner isolieren sich und meiden die Öffentlichkeit, um den Erwartungen und dem enormen Druck zu entfliehen. Die Folge ist nicht selten die absolute soziale Vereinsamung und Isolierung der Betroffenen, wofür es in Japan sogar ein eigenes Wort existiert: „Hikikomori“. Auch die Regierung hat die zunehmende Isolation als Problem der Nation erkannt und möchte sich dieser unter anderem durch die Schaffung eines „Ministers für Einsamkeit“ annehmen. Insgesamt ist die Selbstmordrate Japans eine der höchsten weltweit. Im Oktober 2020 starben in Japan beispielsweise mehr Menschen durch Suizid als insgesamt an Covid-19 bis zu diesem Zeitpunkt. Laut japanischer Polizeibehörden gab es im Oktober 2020 2.153 Suizide und bis Ende Oktober 2020 insgesamt 1.765 Todesfälle aufgrund Covid-19.

Die Gruppendynamik in Japan, welche Menschen zu Marionetten des gesellschaftlichen Konsenses degradiert oder bis in die Vereinsamung drängt, ist beispiellos und ebendiese adaptiert Deutschland zunehmend. In letzter Zeit konnte mit Worten wie „Solidarität“ und „Gemeinschaft“ nahezu alles gerechtfertigt werden. Während einerseits Selbstverwirklichung und Individualismus schon in den Grundschulen gepredigt wird, wurde der übermächtige Kollektivgedanke längst durch die Hintertür eingeführt. Diese Doppelmoral existiert so nicht mal bei den Japanern.

Abweichende Meinungen werden nicht zugelassen

Aber nicht nur das Gemeinschaftsgefühl schauen wir uns von den Japanern ab, sondern auch die Intoleranz gegenüber anderen Meinungen. Japan ist kein Land, das für seine Toleranz bekannt ist. Es gilt seit jeher als konservatives und zurückgezogenes Land, in dem man lieber unter sich bleibt und andere Völker und Kulturen meidet. Diese Mentalität zeigte sich besonders deutlich in der außenpolitischen Abschließung Japans welche von 1630 bis ins Jahr 1853 andauerte. Ziel war es, das Handelsmonopol in Japan zu schützen und dem wachsenden westlichen Einfluss und der Verbreitung des Christentums entgegenzuwirken. Über Jahrhunderte hinweg hat sich Japan isoliert von der restlichen Welt entwickelt und so sind bis heute Eigenarten und eine gewisse Fremdenfurcht im Land präsent. Die Japaner blieben lange weitgehend vor anderen Weltanschauungen und kritischen Stimmen verschont und bauten ihr Land gewissermaßen in einer Blase auf, die erst durch die erzwungene Öffnung 1853 zum Platzen gebracht wurde. Eine Debattenkultur, in der Schubladendenken und Schwarz-Weiß-Malerei peu-à-peu verabschiedet wird, wurde in Japan nie etabliert.

Deutschland wird Japan immer ähnlicher

Die japanischen Verhaltensmuster, welche mir als Kind, als ich meinen Lieblingsanime schaute, noch so fremd erschienen, bemerke ich inzwischen täglich in Deutschland. Ähnlich wie es in Japan schon seit Jahrhunderten gepflegt wird, haben heute viele Menschen auch in Deutschland eine private und eine öffentliche Meinung. Intoleranz wird in Deutschland konsequent unter dem Deckmantel des Minderheitenschutzes getarnt. So ist es kaum noch salontauglich, berechtigte Kritik zu äußern oder eine kritische Frage zu stellen, da sich stets jemand findet, der diese zum Anlass nimmt, sich in der Opferrolle in den Mittelpunkt zu spielen.

Wir laufen Gefahr, ähnliche Fehler wie die japanische Gesellschaft zu machen, indem wir den kritischen Diskurs abschaffen und es nur „die richtige Meinung“ gibt, wodurch Menschen entweder in eine Spirale der Abhängigkeit des Gemeinschaftsgefüges getrieben werden oder in die Einsamkeit bis hin zur Isolation. Nach Sushi und Matcha ist nun also auch die japanische Mentalität samt ihres Kollektivdenkens, der Intoleranz und Scheinheiligkeit in Deutschland angekommen. Hätten wir nicht bei der Begeisterung für Animes bleiben können?

Nichts sagen ist eine Blume –

Japanisches Sprichwort


Der Uber-Skandal offenbart das wettbewerbsfeindliche Weltbild einiger Liberaler

Von Jonas Kürsch | In der vergangenen Woche kamen kamen aufgrund eines massiven Datenlecks diverse Dokumente an die Öffentlichkeit, die eine Reihe von lobbyistischen Aktivitäten zugunsten des US-amerikanischen Konzerns Uber innerhalb der Europäischen Union ans Tageslicht gebracht haben. Aufgrund der gegenwärtigen Gesetzeslage des deutschen und europäischen Taxi-Marktes war es für das Unternehmen nur schwermöglich, in Deutschland so erfolgreich Fuß zu fassen wie in den Vereinigten Staaten. Um das öffentliche Meinungsbild sowie die bestehende Gesetzeslage zum eigenen Vorteil zu verändern, strebte der amerikanische Big Player nach der Unterstützung einflussreicher Politiker, die ihm bei diesem Unterfangen helfen könnten: sowohl der französische Staatspräsident Emmanuel Macron als auch der haushaltspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion Otto Fricke werden im Rahmen des Datenpakets namentlich mehrmals erwähnt. 

Dass sich gerade die selbsternannten Anhänger des „Neoliberalismus“ an derartig aggressiven Lobby-Kampagnen beteiligen, ist schon lange kein Geheimnis mehr. Gerade auch der FDP wurde in den vergangenen Jahren immer wieder vorgeworfen, sie ließe sich widerstandslos von wirtschaftlich starken Firmen mit großzügigen Geldgeschenken einkaufen (z.B. sponserte die chinesische Firma Huawei der FDP bereits mehrere Parteitage und auch einflussreiche Funktionäre der Firma Mövenpick brachten die Parteispitze mit millionenschweren Spenden in große Erklärungsnöte). Auch der jetzige Skandal zeigt daher einmal mehr, dass gerade das europäische Establishment der Scheinliberalen (sprich Frankreichs LREM und Deutschlands FDP) sich von den marktwirtschaftlichen und urkapitalistischen Werten wie der Fairness im Wettbewerb oder der Transparenz im politischen Betrieb entfernt hatten.

Lobbyismus für unfaire Vorteile ist unmoralisches Verhalten

Eine freie Marktwirtschaft und die damit einhergehende kapitalistische Lebensweise des Westens basieren nicht auf reiner Profitgier und dem unanständigen Verlangen nach einer ständigen Erweiterung der eigenen Macht, so wie es die Neulinken gerne behaupten. Das kapitalistische Wirtschaftssystem ist auf dem Grundsätzen einer moralzentrierten Philosophie aufgebaut ist. Schon Adam Smith erklärte in seiner Abhandlung „The Wealth of Nations“, dass die Marktwirtschaft dass Ziel hat, den allgemeingesellschaftlichen und individuellen Nutzen einer jedweden Aktion durch vernunftgesteuertes Handeln zu maximieren. Er beschreibt dieses Phänomen mit dem Konzept der „unsichtbaren Hand“, dem zufolge ein Individuum durch das Verfolgen eines eigenen Wirtschaftsziels die gesellschaftlichen Bestrebungen auf wesentlich nachhaltigerer Art und Weise erreichen würde, als wenn es seine eigenen Bedürfnisse zum Wohle der Allgemeinheit zu unterdrücken versuchte.

Doch ein moralischer Kapitalist, wie Smith schon damals festhielt, ist sich auch der ethischen Spielregeln bewusst, der die Wettbewerbsteilnehmer in einer freien Marktwirtschaft zwangsweise unterliegen müssen. Vor allem liegt hier die Wettbewerbsgerechtigkeit im Fokus. Ist dieses Element nicht länger vorhanden, dass heißt, versucht eine Firma mit unfairen Mitteln ihre eigene Position im Wettbewerb zu stärken, so schadet sie damit der Marktwirtschaft und der Gesellschaft. 

Parteien wie die FDP und LREM sind daher zunehmend zu einer Belastung für den Kapitalismus geworden. Sie vertreten nicht mehr den anständigen, klassisch-liberalen Wähler, der sich eine moralisch-kapitalistische Wirtschaftsordnung wünscht. Neoliberale Politiker wie Macron, denen der jüngste Skandal „Am Sack vorbeigehen“ (O-ton), sind keinesfalls die Geisteskinder, im Gegenteil, mit ihrem Verhalten sind sie mindestens genauso antikapitalistisch wie die grünen Planwirtschaftler. 

„Ungerechtigkeit wirkt […] mit Notwendigkeit dahin, die Gesellschaft zu zerstören.“

– Adam Smith


Trump back for President – das große Apollo-Battle

Lesen Sie hier: Das große Debattenduell. Anti-Trump Simon vs. Redneck-Jonas. Sollte Donald Trump für eine zweite Amtszeit kandidieren? Brauchen wir einen neues „Make America Great Again“ oder doch lieber einen neuen Kandidaten – wer überzeugt Sie mehr?

ACHTUNG: Dieser Beitrag könnte Spuren von Humor enthalten. Keine Trumpianer oder Anti-Trumper wurden bei der Produktion dieser Kolumne ernsthaft verletzt. Dieser Austausch spiegelt in keiner Weise das Arbeitsklima bei Apollo News wieder, sondern dient schlichtweg Unterhaltungs- und Ausbildungszwecken. Seelsorgerische Unterstützung stand den Autoren zu jeder Zeit zur Verfügung.


Zweite Amtszeit für „The Donald“? – lieber nicht!

Von Simon Ben Schumann | Ich geb’s ja zu, 2016 war auch ich für Donald Trump. Nicht zuletzt, weil Hillary Clinton als US-Präsidentin vermutlich eine absolute Katastrophe gewesen wäre. Als Donald Trump am 20. Januar 2017 vereidigt wurde und seine Antrittsrede hielt, saß ich mit meiner Familie vor dem Fernseher. Der Schock in den Gesichtern meiner Eltern, als „We will make America great again!“ vom US-Kapitol in unser Wohnzimmer schallte, rief bei mir ein zufriedenes und etwas hässliches Grinsen hervor. Ich dachte nur: „Tja, ich hab’s euch ja gesagt.“ Fünf Jahre später sehe ich das Ganze aber etwas anders.

 
Donald Trump: Zwei Seiten eines Präsidenten

Wenn wir herausfinden wollen, ob eine zweite Amtszeit für Donald Trump eine gute oder schlechte Sache wäre, können wir uns ja erstmal seine bisherige Präsidentschaft anschauen. Da gibt es meiner Ansicht nach tatsächlich ein paar gute Aspekte, die Gegenposition überwiegt aber doch deutlich. Erstmal: Ich stimme unserem Redneck Jonas zu –  so schlecht war Trump nicht.

Zum einen – und das ist vielleicht das Beste – hat er keinen Krieg gestartet. Er ist weder im Irak einmarschiert, noch hat er „Rocket Man“ Kim Jong-Un attackiert oder sonstige Konflikte vom Zaun gebrochen. Trump äußerte selbst, dass manche seiner Berater ihn zu militärischen Interventionen drängten; die Fraktion der „Falken“ in Washington ist einflussreich. Statt auf sie zu hören, entließ Trump z. B. den langjährigen Berater des Weißen Hauses John Bolton, der schon für Ronald Reagan arbeitete. Trump tweetete: „What would Bolton, one of the dumbest people in Washington, know?“, nachdem dieser die „libysche Lösung“ für Nordkorea vorschlug. Pluspunkt für Trump: Er setzte sich für den Frieden ein. Seine Verhandlungen mit Kim Jong-Un sind, trotz streitbaren Erfolgs, ein Meilenstein der Zeitgeschichte.

Außerdem fuhr er eine pro-israelische Politik und erkannte Jerusalem Ende 2017 als Hauptstadt Israels an. Damit stellte er sich explizit auf die Seite des einzigen jüdisch geprägten Staates der Welt. Trump machte sich auch verdient, indem er während der Corona-Krise nicht bei Hass und Hetze gegen nicht Geimpfte oder Kritiker des Geschehens mitmachte. Stattdessen fuhr er einen liberalen Kurs, zumindest im Vergleich zu anderen Politikern. Das halte ich ihm persönlich sehr zugute.

Doch es gibt auch eindeutige Schattenseiten. Zum einen ist Trumps obsessive Nutzung des Nachrichtendienstes Twitter nicht sehr präsidentiell. Im Gegenteil: er beschädigte meiner Meinung nach das Image des mächtigsten Amtes auf unserem Planeten. Gerade die Nutzung von Vulgärsprache und direkte Attacken auf Gegner hätte er sich sparen können.

Auch seine Rhetorik ist mir zu populistisch. Statt mit guten Argumenten zu überzeugen, bediente er sich immer wieder Verleumdungen („crooked Hillary“), Beleidigungen und sonstigen Eskapaden. Diese konnten zwar lustig sein – so bezeichnete er Elizabeth Warren vor echten Indigenen als „Pocahontas“, da sich die blond-blauäugige Demokratin mit ca. 1,6% indigener Abstammung als „Ureinwohnerin“ ausgab -, doch andererseits lieferte er so das Bild eines ungebildeten, unfreundlichen Amerikas.

 

DeSantis for the win!

Leider übte Trump sein Präsidentschaftsamt so taktlos aus, dass ich eine zweite Amtszeit allein für die westliche Kultur verheerend fände. Jetzt wird Jonas von seinem Stammplatz auf dem NRA-Schießübungsplatz aufspringen und die Semi auf mich richten. „Ist das alles, verdammter Democrat?!“ 

Nein ist es nicht, es gibt noch zwei weitere Argumente: Trump ist 76 Jahre alt, am Ende seiner nächsten Amtszeit wäre er 82 (!). Allein der gesunde Menschenverstand spricht dafür, dass ein jüngerer Kandidat der Republikaner besser wäre – oder wollen wir einen neuen Onkel Joe?

Außerdem gibt es gute Alternativkandidaten zu Donald Trump. Floridas Gouverneur Ron DeSantis ist gemäßigt konservativ, nicht verrückt (heutzutage wichtig) und kein Höriger des Mainstreams, auch nicht während Corona. Ob er antreten wird, ist noch unklar. Wenn ja, haben wir die Chance, einen guten Mann als US-Präsidenten zu bekommen und es in politisch ruhiges Fahrwasser zu schaffen. Jonas – du hättest dann zwar nicht Trump bekommen, aber ich bin sicher: Auch du wärst zufrieden.

 


Make Donald Great Again! 

Von Jonas Kürsch | Es ist erst einige Tage her, dass US-Vizepräsidentin Kamala Harris die bislang viel spekulierten Ambitionen von Joe Biden auf eine zweite Amtszeit als US-Präsident bestätigt hatte. Die Reaktionen fielen gemischt aus, manche Umfragen ergaben sogar, dass eine breite Mehrheit der eigenen Parteigenossen Biden’s Namen kein zweites Mal auf dem Wahlticket im Jahr 2024 sehen möchte. 

Infolge dieser Ankündigung stellen sich viele Menschen nun die Frage, ob und wann der ehemalige US-Präsident Donald Trump eine weitere Kandidatur für die republikanische Partei in Erwägung ziehen könnte. Eine mögliche Rückkehr in das weiße Haus von Trump wird – auch in großen Teilen der Grand Old Party – hochkontrovers diskutiert. Obgleich ich die Sorge vieler Menschen, er würde die Republikaner zu sehr an seine Person binden und klassisch-konservative Wähler mit seinem unkonventionellen Auftreten vergraulen, durchaus nachvollziehen kann, bin ich der festen Überzeugung, dass eine erneute Kandidatur Trumps sowohl für die Republikaner als auch für die Bürger der vereinigten Staaten von Amerika die besten Zukunftsaussichten mit sich bringen würde.

Trump hat die Republikaner reformiert

Für mich ist unstrittig, dass Donald Trump die republikanische Partei mit seiner “Make America Great Again“-Bewegung von Grund auf erneuert hat. Denn eines muss man klar sagen: vor Trump ließen sich die elitären Republikaner in ihrem Auftreten kaum von der demokratischen Partei unterscheiden. In den vordersten Reihen standen typische Berufspolitiker wie Liz Cheney (Tochter des Ex-Vizepräsidenten Dick Cheney), Marriott-Lobbyist Mitt Romney oder Floridas Ex-Gouverneur Jeb Bush (Bruder von Ex-Präsident George W. Bush und Sohn des Ex-Präsidenten George H. W. Bush), die in höheren Positionen vermutlich die gleiche, bürgerunfreundliche Politik wie Barack Obama oder Joe Biden gemacht hätten. “Drain the swamp!“ war eine von Donald Trump’s markantesten Forderungen: „Trocknet den Sumpf aus!“ Und genau das hat er getan.

Mit seiner MAGA-Bewegung konnte Trump Millionen von Menschen wieder für Politik begeistern, die sich nach den zwei gescheiterten Bush-Kriegen im nahen Osten sowie der sozialistischen „Wirtschafts- und Finanzpolitik“ Obamas von der amerikanischen Elite im Stich gelassen fühlten. Trump war vom ersten Tage an anders: er kannte die Demütigungen, mit denen sich die einkommensschwachen und mittleren Schichten des wirtschaftlich angeschlagenen Landes tagtäglich konfrontiert sahen. Er begegnet diesen einfachen und anständigen Menschen seit jeher mit einem Respekt, den sie durch die etablierten Politiker schon lange nicht mehr erfahren hatten – und das schließt auch die vielen Lobby-Republikaner mit ein.

Zudem muss man ganz klar sagen: Trump hat als Präsident geliefert wie kaum ein anderer. Er verließ, wie er es zuvor versprochen hatte, das konfuse Klimaschutzübereinkommen von Paris, er senkte die Steuern in den USA massiv herab und konnte die Wirtschaft mit seiner „America First“-Doktrin schnell wieder ankurbeln. Das Wirtschaftschaos am Ende seiner Amtszeit lässt sich meiner Auffassung nach kaum als Folge der Politik des Ex-Präsidenten erklären, vielmehr waren es die teils totalitären Alltagseinschränkungen der demokratisch geführten Bundesstaaten (Kalifornien, Michigan, etc.), die Maßnahmenlockerungen und eine Aufhebung der  wirtschaftsfeindlichen Lockdowns während der Coronapandemie vehement ablehnten. Die republikanisch geführten Staaten – gerade solche mit Anhängern des „Trumpismus“ – wie Florida oder South Dakota kamen mit einer Leitlinie der Selbstverantwortung und des gesunden Menschenverstandes hingegen viel besser aus der Coronakrise hervor. 

 

Die freiheitlichen Kräfte müssen geeint bleiben

Viele „Republicans in Name Only“ – sprich diejenigen, die eine genauso freiheitsfeindliche Corona- und Sozialpolitik wie die Demokraten verfolgen – kämpfen mit aller Kraft gegen Donald Trump und den libertären MAGA-Flügel der Partei, um zur alten Tagesordnung zurückkehren. Ein Beispiel dafür wäre die Republikanerin Karin Taylor Robson, die mit linksliberalen Positionen versucht das Gouverneursamt als Republikanerin in Arizona zu übernehmen. Ihre parteiinterne Hauptkonkurrentin ist die ehemalige Nachrichtensprecherin Kari Lake, welche sich aktiv für die von Trump verfolgte, kontrollierte Einwanderungspolitik sowie für eine allgemeine Rückkehr zur politischen Selbstverantwortung des einzelnen Bürgers ausspricht. 

Es ist daher wichtig, dass gerade die konservativen Protagonisten auf föderaler Ebene (u.a. Kari Lake, Kristi Noem oder auch Ron de Santis) vorerst in ihren jeweiligen Staaten bleiben und dort die Freiheitsrechte der Bürger vor Ort verteidigen. Aufgrund des föderalen Systems in den USA ist es – anders als in Deutschland – tatsächlich von großer Bedeutsamkeit, dass die einzelnen Staaten von freiheitlich und demokratisch geprägten Gouverneuren regiert werden, da diese im Zweifel gegen die illiberalen Maßnahmen einer potenziellen Bundesregierung unter einem demokratischen Präsidenten opponieren und sich dem Zeitgeist widersetzen können. Man stelle sich nur vor, dass bekennende BLM-Sozialisten und Zero-Covid-Ideologen wie Alexandria Ocasio-Cortez, Nancy Pelosi oder Gretchen Whitmer ins weiße Haus einziehen würden. In diesem Fall macht es einen großen Unterschied, ob im State Capitol von Florida ein klassischer Lobby-Republikaner oder ein idealistischer Vertreter der MAGA-Bewegung sitzt. 

 

Eine zweite Amtszeit von Trump bietet die Chance auf eine langfristige Weiterentwicklung

Die erneuerten Republikaner haben unter Donald Trump die amerikanischen Urwerte wiederentdeckt. Dieses Erbe könnte durch eine abrupte Abkehr vom Trump-Kurs und die Wahl eines anderen Präsidentschaftskandidaten stark geschädigt, wenn nicht gar vollständig revidiert werden. Eine mögliche Spaltung der Republikaner wäre dann nicht länger ausgeschlossen und das wäre angesichts der katastrophalen Politik der Demokraten eine gewaltige Katastrophe. 

Ich glaube nicht nur, dass die Republikaner mit einer zweiten Amtszeit von Donald Trump innerparteilich befriedet werden könnten, sondern denke auch, dass Trump und seine Partei in dieser Zeit seine politischen Nachfolger aufbauen können, beispielsweise im Rahmen der damit einhergehenden Vizepräsidentschaft. Die Partei darf nicht auf den “Business-As-Usual“-Politikstil der alten Tage zurückfallen, sondern muss eine standhafte Opposition für die vernünftigen Bürger des Landes bilden. Denn letztlich ist die Situation genauso wie sie schon 2016 war: Donald Trump bleibt die einzige Hoffnung der arbeitenden Bevölkerung in den USA.


Lieber Schulsportfest als Umweltschutzprojekt

Von Johanna Beckmann | Während des Umweltschutzprojekts an meiner Schule wären sogar meine links-grünen Klassenkameraden lieber zum Schulsportfest gegangen. Jeder von uns rechnete damit zu lernen, feste Shampoos zu benutzen, mehr Zug zu fahren oder nur aus wiederverwendbaren Bechern zu trinken. Doch wir lernten nichts davon, der Inhalt des Projekts war nicht einmal nah an diesen realitätsbezogenen Tipps.

An meiner Schule findet jedes Jahr ein Sportfest statt. Dort beteiligen sich die fünften bis neunten Klassen. Aus diesem Grund mussten wir, zehnt Klässler, nicht teilnehmen. Anfangs freuten wir uns sehr, da keiner von uns gern bei dreißig Grad sprintete, sprang oder warf. Ein großer Teil meiner Lehrer nahm an dem Sportfest teil. Aus diesem Grund lud meine  Schule extra ein Team aus Halle ein, welches uns das Thema Umweltschutz näher bringen sollte. Meine grünen Klassenkameraden könnten das Projekt kaum erwarten. Die ganze Woche freuten sie sich, endlich zu erfahren, wie sie ihr leben noch grüner gestalten können. Ich weiß wirklich nicht, was sie erwarteten, vielleicht ja, dass man mit Bienenwachstüchern als Ersatz für Aluminiumfolie die Welt rettet. Um ihnen nicht die Vorfreude zu nehmen, nahm ich mir vor gut gelaunt in das Projekt zu gehen. Vielleicht würde ich ja doch etwas Sinnvolles lernen.

Doch schon nach der Vorstellungsrunde wurde mir klar: Dieses Projekt kann nicht sinnvoll werden. Der Leiter des Projekts stellte sich so vor: Hallo ich habe diesen Verein gegründet, da mir in meinem Maschinenbaustudium aufgefallen ist, dass schon alles erfunden wurde und wir die Dinge nur noch umsetzen müssen. Genau aus diesem Grund entschied ich mich meine Zeit  in die Bildung zu investieren.Das war für mich der erste Schock: Wenn die Menschen im 19. Jahrhundert gedacht hätten, dass als die Pferdekutschen erfunden wurden, schon alles entwickelt war, dann könnten wir heute nicht in ein paar Stunden im warmen Süden sein. Doch ich dache, dass ich nach diesem Schock, das schlimmste hinter mir gehabt hätte.

Papprollen balancieren und der Krieg der Daumen 

Als dann die erste Aufgabe kam, fühlte ich mich in dieser Annahme bestätigt. Wir sollten eine Papprolle auf unserer Hand balancieren. Zuerst guckten wir die Stelle der Rolle an, die unsere Hand berührte, dann das Ende und zum Schluss die Decke des Raums. Die Aussage dieser Aufgabe war, dass man die Ursache eines ökologischen Problems beheben muss und nicht bei den Folgen anfangen sollte. Wieso wir das mit einer Papierrolle machten, erschloss sich mir nicht, aber die These machte Sinn.

Doch meine Vermutung das, dass Projekt nach der Vorstellungsrunde besser werden würde, war falsch, denn schlimmer geht wirklich immer. Unsere zweite Aufgabe war: Spielt mit einem Partner Daumencatchen. Der, der die meisten schafft, gewinnt. Ihr habt dreißig Sekunden Zeit Hier dachte ich: Beim Daumencatchen muss mir doch niemand erklären.Doch ich lag falsch. Aus diesem Grund hier noch einmal die Regeln: Das Ziel des Spiels ist es, den Daumen des Gegners zu besiegen. Dies ist erreicht, wenn der Daumen des Gegners heruntergedrückt und fixiert wird. Das machten wir auch.

Als wir nach dreißig Sekunden fertig waren, sagte jedes Team, wie vieleGewinne sie geschafft hatten. Alle antwortete eins, zwei oder drei. Als dann die Projektleiter 27 sagten, waren wir natürlich alle verwundert. Eine laute Diskussion in der alle durcheinander schrieen und die Projektleiter als Schummler bezeichneten, wurde entfacht. Das konnten die Leiter gar nicht verstehen, denn sie hatten natürlich alles richtig gemacht. Das ist meiner Meinung nach nur die halbe Wahrheit. Sie hatten ganz schnell, die Finger getauscht und sich mit Absicht immer abwechselnd nach Unten drücken lassen. Dann erklärten sie, dass sie das Spiel gewonnen hätten. Wir behaupteten, dass sie uns betrogen hatten. Doch sie machten deutlich, dass sie in der Aufgabe nicht behauptet hätten, dass wir gegeneinander spielen sollten. Das ist richtig, aber wenn wir sagen wir spielen Mensch Ärger dich nicht, dann spielen auch nicht zwei zusammen, damit sie doppelt würfeln können. Und auch bei diesem Spiel wäre niemand auf die Idee gekommen, sich die Regeln erklären zu lassen. Was wir aus dem Daumencatchen lernen sollten war, dass man gegen Muster ankämpfen sollte und einen größeren Wert auf Teamwork legen sollten. Wenn man während des Teamwork andere Menschen reinlegt, dann ist das trotzdem kein soziales Verhalten .

Die dunklen Machenschaften der Auto-Mafia

Dann erklärten sie auch, dass die Muster in der Schule schlecht für das Lernklima wären. Doch wie stellen sie sich den Ablauf des Unterrichts vor, wenn alle durcheinander rennen und sprechen? Es kann niemand konzentriert arbeiten, wenn sich keiner meldet oder auf einem Stuhl sitzt. Soll die Bildung in Deutschland noch schlechter werden, als sie jetzt schon ist?

Dann berichteten sie, dass wir von Konzernen reingelegt werden. Diese wollen uns nur E-Autos verkaufen, damit sie mehr Geld verdienen. Der Tipp zur Umsetzung in unserem Alltag war es, dass wir lieber alte Autos fahren sollten, da E- Autos in der Produktion sehr große Umweltschäden verursachen. Man darf in Deutschland aber erst ab 18 alleine Auto fahren, deswegen hat niemand in der zehnten Klasse ein altes oder ein E- Auto. Das war  der einzige realitätsbezogene Tipp im gesamten Projekt, nicht einmal diesen konnten wir in unserem Alltag umsetzen.

Doch auch im weiteren Verlauf des Projekts wurde es nicht besser. Die dritte Aufgabe war: Sagt mir die Zahl, die ich an die Tafel schreibe.Dieser Auftrag war einfach zu erfüllen, hier konnte man nichts falsch verstehen, dachten wir zu mindest. Er malte also immer wieder Zahlen an die Tafel, damit lenkte er uns ab und zeigte die eigentlichen Zahlen mit seinen Händen neben der Tafel. Dort guckte natürlich niemand hin. Und wieder legte er uns rein. Was er damit aussagen wollte? Konzerne legen die Menschen rein, in dem sie Autos herstellen die nach 10 Jahren kaputt gehen. Als wir nach einem Beweis für diese These fragten, antwortete er nur: Das habe ich in meinem Maschinenbaustudium gelernt.“  Einen richtigen Beleg bekamen wir nicht.

Dann war das Projekt zum Glück vorbei und wir konnten endlich aufatmen. Als wir Feedback geben sollten, wurden uns Fragen gestellt: Beschreibe deine jetzige Stimmung in einem Wort! Was hast du für dein Leben mitgenommen? Was hat dir am besten gefallen? Was hat dir nicht gefallen?

Die durchschnittliche Antwort sah so aus: Ich bin besorgt. Ich habe gelernt alte Autos zu fahren. Mir hat gefallen, das es mal etwas anderes als Unterricht war. Mir hat nicht gefallen, dass sie uns beim Daumencatchen betrogen haben.Im Klartext: Alle waren froh, dass wir an diesem Tag keinen Unterricht hatten, fühlten sich betrogen und verändern in ihrem Leben nichts, da sie eh kein Auto fahren können. Nach dem Projekt waren sich alle einig. Wir wären lieber zum Schulsportfest gegangen, denn da hätten wir wenigstens etwas für die gute Figur getan.


Diversität statt Spannung. Die Krimis von heute kann man in der Pfeife rauchen!

Von Anna Graalfs | Bei meinem wöchentlichen Krimiabend habe ich mir neulich „Rechnung mit einer Unbekannten” angeguckt und war dabei in Dauerspannung an meinen Sessel gebunden. Josef Rosenkötter gibt sich als Witwer bei einem Partnervermittlungs-Inserat aus und lädt die reiche Roswitha Mattusch zu sich nach Hause ein. Dort erschießt er sie und täuscht einen Einbruch vor. Vor der Polizei identifiziert Rosenkötter die tote Frau Mattusch als seine Ehefrau, mit dem geheimen Plan die Lebensversicherung seiner Frau zu kassieren, um seine Firma vor dem Bankrott zu retten. Doch er rechnet nicht damit, dass seine Frau, die eingeweiht ist, schlussendlich von einer Affäre zwischen ihrem Mann und seiner Untermieterin erfährt und dann ihren Mann mit der Tatwaffe erpresst. Die ganzen 85 Minuten werden musikalisch ausgeschmückt mit Rock-Banger “The Raven” von The Alan Parsons Project und Pink-Floyd-Knüller „Shines On You Like A Diamond”.

Nein, leider ist das nicht die zuletzt erschienene Tatortfolge, sondern eine Episode der ARD-Krimireihe aus dem Jahr 1978. Einen derart fesselnden Krimi, mit so raffinierter Komplexität, sucht man heute vergeblich. Als Krimi-Fan stelle ich fest: das Genre ist ausgelutscht, die Fälle ähneln sich immer mehr, und vor allem: Krimifolgen sind zur linken Meinungsmache geworden. Viel zu oft ist das Tatmotiv: Rassismus, Ausländerfeindlichkeit, Frauenfeindlichkeit oder, noch besser, er war einfach ein Psychopath. Man bekommt den Eindruck, dass die Tatort-Autoren gar nicht erst versuchen, ihre politischen Sympathien zu verstecken. Erst letztes Jahr kam heraus, dass die Produktionsfirma für die NDR-Tatorte linksextremen Gruppen 3000 Euro gezahlt hat, um in einem linken Zentrum (der Monkrystraße) den Hamburger Tatort drehen zu können.

Zuschauerzahlen des Tatorts sinken zurecht

Lauert denn wirklich hinter jedem Stein ein blutrünstiger Frauenfeind? Und wäre es nicht spannender, sich kompliziertere Motive und Tatabläufe auszudenken? Das Beeindruckende an den alten Krimis ist doch, dass nicht nur die normalsten Menschen zu Tätern werden – im Affekt oder durch die verrücktesten Motive -, sondern dass diese Figuren auch noch von brillanten, aus dem Theater kommenden Schauspielern wie Peter Matic verkörpert wurden. Matic ist für die Synchronisierung des britischen Charakterdarstellers Ben Kingsley (Hauptrolle in „Gandhi” von 1982) bekannt. Ich glaube diejenigen, die sich Sonntagabend allein mit ihrem Müsli vor dem Fernseher einen Tatort reinziehen, weil sie nichts Besseres zu tun haben, wären im absoluten Krimi-Himmel, wenn sie in der goldenen Fernsehzeit eine Folge „Ein Fall für Zwei” gesehen hätten. Es gibt kein besseres Ermittlungsduo als der bodenständige Rechtsanwalt Dr. Renz und der ewig-junge Lederjacken-Privatdetektiv Josef Matula.

Der hoch-psychologische Tatort „Reifezeugnis” aus 1977, der eine Schülerin, die eine Affäre mit ihrem Lehrer hat, im Affekt zur Täterin werden lässt, hat mit 25,05 Millionen Zuschauern bei seiner Erstausstrahlung die zweitgrößte Zuschauerzahl ALLER Tatortfolgen erreicht. Die durchschnittliche Zuschauerzahl bei einem Tatort beträgt inzwischen nur noch ca. 9 Millionen (Stand 2016). Die große Krimi-Zeit ist vorbei, die Zuschauerzahlen sind insgesamt gesunken und Rekordzahlen wie Ende der 70er werden sie wohl nie wieder erreichen. Natürlich liegt das an dem momentanen Überangebot an Krimiserien (in den 70ern und 80ern gab es einfach längst nicht so viele Fernsehsender wie heute), aber es hat auch zweifellos etwas mit der Qualität der Krimis zu tun.

Sinnlose Gewalt erzeugt keine Spannung

Um die langweiligen Psychopathen-Mörder-Krimis aufzupushen und händeringend Zuschauer vor den Fernseher zu locken, wird neuerdings einfach grundlos unfassbar viel Gewalt angewendet. Kaum hat der Krimi richtig angefangen, schwenkt die Kamera in ein düsteres Zimmer, dessen Boden dem reinsten Blutbad nicht ähnlicher sein könnte. Die Schimanski-Tatorte hingegen (von 1981 bis 1991 ermittelte Kommissar Schimanski, gespielt von Götz George, insgesamt 29-mal im Ruhrgebiet), haben es immer geschafft, für einen spannenden, mit Verfolgungsjagden gefüllten Krimi zu sorgen, ohne dass den Zuschauer dabei die brutalsten Massaker bis ins Jenseits verfolgen. 60 oder 90 Minuten lang wird man heute mit ekligen Bildern bombardiert, sodass man gar nicht mehr dazu kommt, sich genauer über den Krimiplot Gedanken zu machen. Scheinbar „gruselige” Szenen sind viel zu direkt, sie erzeugen nicht mehr das schaurige, langsam aber sicher aufkommende Unbehagen beim Zuschauer. Wenn man gezwungen ist, die immer größer werdende Spannung auszuhalten, zum Beispiel bei alten Hitchcock-Klassikern wie Psycho, durch unscheinbare Andeutungen, Musik oder die Kameraführung, ist der Schockmoment umso haarsträubender, wenn er dann eintritt. In modernen Krimis wird man dagegen einfach in Dauerschleife mit abscheulichen Bildern überladen – bis man völlig überreizt und abgestumpft ist.

Aber was mich am meisten aufregt, ist die gezwungene Diversität in modernen Krimis. Es darf heute offenbar auf keinen Fall mehr so schlagfertige Kommissare wie „Derrick” (aus der gleichnamigen Krimiserie) geben. Dabei ist es legendär, wenn er mit zurückgegelten Haaren und ernstem Blick aus dem Polizeipräsidium kommt und zu seinem Assistenten sagt: „Harry, hol’ schon mal den Wagen.” Doch oh nein – er ist nun mal ein weißer, privilegierter, alter Mann. Natürlich wäre es komisch, gäbe es keine einzige weibliche Kommissarin in der ganzen Krimilandschaft, aber das ist nicht der Fall. Sigrid Göhler wurde als erste weibliche Kriminalistin im deutschen Fernsehen (beziehungsweise in der DDR) durch die Krimiserie „Polizeiruf 101” bekannt. Und alte, geliebte Detektivinnen wie Miss Marple sind natürlich auch nicht zu vergessen. Also waren auch in den 80ern All-Men-Besetzungen nicht die Regel, obgleich die Krimis mit Männern als Kommissaren insgesamt mehr Erfolg hatten.

Gezwungene Diversität nervt

Doch daran erinnert sich wohl keiner mehr. Heute ist das nervtötende Motto jedes Tatorts: Wir brauchen unbedingt mehr lesbische Kommissarinnen, deren Migrationshintergrund immer zum Thema werden muss! NDR schreibt Vielfalt im Tatort ganz groß. Seit Neustem machen sie sich sogar selbst Vorschriften, die vom „Inclusion-Rider-Concept“ der US-Unterhaltungsindustrie inspiriert sind. In der Tatort-Folge „Schattenleben” aus dem Juni dieses Jahres sind 17 % der an der Produktion beteiligten Personen „BIPOC” (Black, Indigenous and People Of Colour, die neue korrekte Bezeichnung). Außerdem sind ganze 65 % der Führungspositionen mit Frauen besetzt. Der Grund dahinter soll „äußere Repräsentation” sein, entschuldige den Kraftausdruck, aber: was ein Bullshit. Man wird nie jeden repräsentieren können. Und wenn man einmal damit anfängt, verrennt man sich schnell. Ich finde es gibt nicht genug rothaarige Kommissarinnen mit Sommersprossen, deswegen fühle ich mich nicht ausreichend repräsentiert. Das ist strukturelle Rotschopf-Feindlichkeit. Vielleicht sollten Krimiautoren sich einfach mal wieder neue, spannende Geschichten ausdenken, statt zu überlegen, welchen der Filmcharaktere sie noch trans- oder homosexuell machen können. Könnte es sogar sein, dass diese penetrante Diversität im deutschen Fernsehen eigentlich nur dazu dient, die Ideenlosigkeit der Drehbuchautoren zu kaschieren? Der „Wir sind divers!”-Ausruf in modernen Krimiserien ist nichts anderes als die erhobene weiße Flagge: Der Krimi ergibt sich, er hat nichts Besseres zu bieten, als seine ach-so-schöne Diversität.

 

Die Fähigkeit, ein guter Kommissar zu sein, hat doch nichts damit zu tun, welche Geschlechtsorgane oder welche Hautfarbe jemand hat. Ich gucke wöchentlich die alten Krimis und dabei fällt mir auf: Ich möchte auch so ein cooler Detektiv wie Matula sein. Und dass er ein vierzig-jähriger Frauenschwarm ist, hält mich nicht davon ab. Ob ich mich mit einem Kommissar identifiziere oder ihn als Vorbild betrachte, hängt nicht von seinem Geschlecht ab – sondern allein davon, wie der Charakter durch den Schauspieler dargestellt wird. Wie er spricht, wie er sich bewegt und gibt. Alles, was ich mir für moderne Krimis wünsche, ist weniger erzwungene Diversität. Also, liebe Tatort-Autoren: Statt gezielt nach schwarzen Schauspielern zu suchen, solltet ihr vielleicht lieber mal nach guten Schauspielern suchen – und wenn diese schwarz sind, dann sind sie schwarz – na und? Außerdem fände ich es cool, ein bisschen weniger sinnlose, brutale Gewalt zu sehen. Vielleicht ist dann – aber auch nur dann – endlich wieder Platz für neue, kreative und vor allem spannende Krimifilme.