Archiv: Oktober 13, 2022

Vorschau auf die US-Midterms: Republikaner vorne

Von Sebastian Thormann | Ab 3. Januar 2023 bläht ein anderer Wind in Washington D.C.: Es ist der Tag, an dem der 118. Kongress der USA zusammentritt. Und der dürfte Präsident Joe Biden allerhand Kopfschmerzen bereiten. Denn es ist abzusehen, dass die oppositionellen Republikaner einen ordentlichen Sieg einfahren werden – die einzige Frage ist eigentlich nur noch, wie groß der ausfällt.

Gewählt wird in den USA bereits in weniger als einem Monat, am 8. November 2022. Zur Wahl stehen alle Sitze des Repräsentantenhauses und ein Drittel aller Senatoren. Aktuell kontrollieren die Demokraten beide Kongresskammer, allerdings nur mit hauchdünnen Mehrheiten. Im Repräsentantenhaus haben sie gerade einmal 8 Abgeordnete mehr als die Republikaner – bei 435 Sitzen. Im 100-köpfigen Senat steht es gar 50 zu 50, eine Mehrheit haben die Demokraten dort nur, weil die Vizepräsidentin bei Stimmgleichheit eine Stimme abgeben darf und Kamala Harris heißt.

Bereits jetzt deuten alle Zeichen dafür, dass das Repräsentantenhaus an die Republikaner fällt und ab Anfang 2023, der Sprecher des Repräsentantenhauses und wohl zweitwichtigste Politiker des Landes ein Republikaner ist. Bei den sog. Midterms zur Hälfte der Präsidentschaft ist es fast immer so, dass das Repräsentantenhaus an die Opposition fällt. Zu Umfragen, die die Republikaner in den allermeisten Fällen vorne sehen, kommt außerdem der Umstand, dass eine rekordverdächtige Zahl an demokratischen Abgeordneten im Repräsentantenhaus nicht mehr zur Wahl antreten. Ganze 31 Demokraten treten dort nicht mehr an. Zuletzt gab es eine solche Welle in den 90ern. Dazu kommt, dass darunter auch nicht wenige Ausschussvorsitzende sind, also eigentlich in wichtigen Posten sitzen, die man wohl kaum ohne Grund aufgibt. Die Vorsitzenden gehören in den USA aber immer der Mehrheitspartei an. Das bedeutet konkret, erwarten wohl viele, dass ihre Partei demnächst nicht mehr in der Mehrheit ist und sie damit sowieso den Vorsitz los sind.

Mit dem Repräsentantenhaus fällt die Hälfte des Kongresses an die Republikaner, das Durchregieren von Bidens Demokraten ist dann beendet. Ab 3. Januar werden sie für jedes Gesetz und ganz besonders auch für jeden Haushalt einen Kompromiss mit der Opposition finden müssen. Bidens Agenda ist damit größtenteils auf Eis gelegt. Aber wie sieht es mit der anderen Kongresskammer aus, dem Senat?

Der Senat hat im amerikanischen System einige Privilegien, die ihn vom Repräsentantenhaus unterscheiden, so ist er etwa alleine für die Bestätigung von Bundesrichtern, inklusive denen am Supreme Court, als auch Kabinettsmitgliedern und hohen Beamten zuständig. Mit dem Senat hinter sich könnte Biden also gerade bei der Richterbesetzung noch weitestgehend ungestört weitermachen – so wie es Trump nach den Midterms 2018 tat. Verliert Biden allerdings auch den Senat, wäre es desaströs. Ohne eine der beiden Kongresskammern hätte er am Verhandlungstisch mit den Republikanern kaum noch etwas zu bieten. Im Grunde bliebe ihm nur noch eins: Sein Veto, dass er ständig gegen Gesetze einlegen müsste, die die Republikaner durch den Kongress bringen. Kurzum: Er würde zur „lahmen Ente“, einem Schicksal, dass viele Präsidenten, wie etwa Obama, erst spät in ihrer Präsidentschaft widerfährt, nicht in Jahr 2.

Im Senat ist die Besonderheit, dass immer nur ein Drittel neugewählt wird, d.h. je nachdem wie die „Senatskarte“ in der jeweiligen Wahl aussieht, umso bessere Chancen hat die eine oder andere Partei. Dieses Jahr stehen 21 republikanische Sitze zur Wahl, aber nur 14 demokratische. Damit sieht die Karte eigentlich sehr gut für die Demokraten aus – eigentlich, aber 2022 ist trotzdem kein gutes Jahr für die Demokraten. Die Umfragewerte von Biden sind nämlich im Keller und das sorgt dafür das er seiner Partei ein Klotz am Bein ist, sowohl im Repräsentantenhaus als auch im Senat. Man sieht es eindrücklich daran, dass viele der gefährdeten Demokraten auf Distanz zu Biden gehen und in Fernsehwerbung, ihre Kritik an bestimmten Punkten seiner Regierungspolitik hervorheben. Die Chancen stehen damit viel eher 50-50. Im Kern wird die Kontrolle über den Senat in 4 Swing States entschieden: Pennsylvania, Arizona, Georgia und Nevada. Zwei davon müssen die Republikaner gewinnen, um die Kontrolle über den Senat zurückzugewinnen.

Pennsylvania ist von den viern, der einzige Staat, der bisher von dem Republikaner Pat Toomey repräsentiert wird, der in den Ruhestand geht. Dort kämpfen nun John Fetterman von den Demokraten, Vize-Gouverneur gegen Mehmet Oz, ein erfolgreicher Herzchirurg und Fernsehdoktor auch bekannt als Dr. Oz, von den Republikanern. Fetterman tritt gerne im Hoodie auf, versucht sich als Mann der Arbeiterklasse zu geben und attackiert Dr. Oz als Reichen aus New Jersey – dabei verschweigt Fetterman nur zu gerne, dass sein Haupteinkommen bis in seine 40er von seinen Eltern kam und er etwa sein Haus für einen Dollar von seiner Schwester kaufte. Dazu kommt, dass Republikaner nun auch seine Zeit in der Bewährungskommission ins Licht der Öffentlichkeit bringen, wo er nicht selten für eine frühe Entlassung von Schwerstkriminellen eintrat. Das Rennen bleibt also eng.

In Georgia muss der Demokrat Raphael Warnock um sein Mandat kämpfen, er wurde nur zwei Jahren zuvor in einer Nachwahl vor dem Hintergrund von Bidens Wahl und ausbleibender republikanischer Mobilisierung ins Amt gewählt. Georgia gilt eigentlich als republikanischer Staat, zu dem Warnocks Abstimmungsverhalten im Senat kaum passt. Für die Republikaner tritt der Ex-Football-Star Herschel Walker an, der viel Popularität genießt. Er schleppt allerdings ein Problem mit sich, während seiner Zeit in der NFL hat er durchaus das ein oder andere Problem mit Alkohol, Drogen, Affären und Ehestreits. Ob das oder Warnocks linkes Abstimmungsverhalten den Ausschlag gibt, wird wohl diese Wahl entscheiden.

Weiter südwestlich in Arizona dreht sich der Wahlkampf immer mehr um den Rekordansturm von illegalen Einwanderern an der US-Grenze. Senator und Ex-Astronaut Mark Kelly von den Demokraten versucht deshalb in Einwanderungspolitik auf Distanz zum Weißen Haus zu gehen und attackiert schonmal Joe Biden. Sein Gegenspieler heißt Blake Masters und ist einer von zwei republikanischen Senatskandidaten (der andere J.D. Vance in Ohio) die dieses Jahr im Vorwahlkampf massiv vom konservativen Milliardär Peter Thiel unterstützt wurden. Wie Vance vertritt auch Masters in vielen Punkten einen populistischeren Kurs. Anders als Vance im roten Ohio muss er damit in Arizona nun auch in einem Swing State konkurrenzfähig werden. Mit Aussagen wie „Die letzte Präsidentschaftswahl wurde gestohlen“ (wegen Manipulation der Nachrichten auf den Sozialen Medien, wie Masters sagt) könnte er moderate Wähler verschrecken. Gleichzeitig steht die ähnlich kontroverse republikanische Gouverneurskandidaten Kari Lake in Umfragen gut da. Gut möglich, dass am Ende Rekord-Inflation, steigende Kriminalität und offene Grenze zu Mexiko Wähler in der Mitte trotzdem dazu bringt ihr Kreuz bei Masters zu setzen.

In Nevada stehen die Chancen der Republikaner wohl mit am besten. Dort tritt mit Adam Laxalt ein ehemaliger Generalstaatsanwalt des Bundesstaates (in den USA oft wie auch hier, eine direkt gewählte Position) gegen die amtierende und größtenteils profillose Catherine Cortez-Masto von den Demokraten an. Nevada ist mit Las Vegas bekanntlich Hochburg der Hotel-, Gastronomie-, und Unterhaltungsbranche und gerade dort hat die Corona-Politik der Einschränkungen, die auch Biden unterstützt, die Existenz vieler getroffen. Dazu kommen nun die Inflation und der Kriminalitätsschwung. Ein gefährlicher Mix für die Demokraten, gerade wenn die Amtsinhaberin wie Cortez-Masto selbst keine besondere Persönlichkeit und im Staat nicht weit bekannt ist. Sie gilt damit bei vielen als generische Demokratin – und das ist bei der politischen Stimmung in diesem Jahr ein Problem.

Das ist die Übersicht über die wichtigsten Senatswahlkämpfe, nebenbei machen einige „Long Shot“-Kandidaten der Republikaner mit besonderer Fähigkeit moderate Wähler zu begeistern auch noch in blauen Staaten Bidens Parteifreunde Konkurrenz – so etwa Tiffany Smiley im Staat Washington und Joe O’Dea in Colorado. Das Rennen um den Senat bleibt also spannend – und ist bei weitem nicht für die Demokraten entschieden so wie man es vielleicht anhand der Karte erwarten würde, da viele der republikanischen Sitze aus sicher roten Staaten kommen. Das Rennen ums Repräsentantenhaus ist zwar noch nicht vorbei, aber hier kann man sich so gut wie sicher sein, dass der nächste Sprecher des Repräsentantenhauses nicht mehr die 82-Jährige Nancy Pelosi sein wird, sondern Kevin McCarthy der republikanische Fraktionsvorsitzende und aktuelle Minderheitsführer im Repräsentantenhaus.


Das große Apollo-Ungarn-Battle

Lesen Sie hier: Das große Debattenduell. Die ungarische Regierung und ihr Chef Viktor Orban sind in Deutschland höchst umstritten. Während die EU Sanktionen gegen das Land ausspricht, wird es von anderen für das Wahren ihrer konservativen Werte gefeiert. Für wen fiebern Sie mit: Team Die-sind-doch-alle-korrupt oder Team Die-stehen-zu-ihren-Werten? 

ACHTUNG: Dieser Beitrag könnte vereinzelt Spuren von Humor enthalten. Weder Ungarn-Basher noch Ungarn-Lover wurden bei der Produktion dieser Kolumne ernsthaft verletzt. Dieser Austausch spiegelt in keiner Weise das Arbeitsklima bei Apollo News wieder, sondern dient schlichtweg Unterhaltungs- und Ausbildungszwecken. Seelsorgerische Unterstützung stand den Autoren zu jeder Zeit zur Verfügung.


Die Ungarische Regierung ist korrupt und glaubt nur an eines: Macht

Von Martin Cohle | Was die Politik in Ungarn anbelangt, gibt es viele Probleme. Von der Opposition bis zur politischen Kultur weist Ungarn einige, mehr oder weniger große, Mängel auf. Das größte Problem ist meiner Meinung nach die Regierung und Viktor Orbán. 

 

Ungarn ist der EU-Korruptionskönig

Auch wenn du das nicht hören möchtest Maxi, Ungarn hat ein großes Problem mit Korruption: Wenn westliche Staaten oder die EU die konstant steigende Korruption in Ungarn kritisieren, dann kommen gleichzeitig konservative und/oder rechtsradikale Stimmen aus dem Westen und verteidigen Ungarn mit dem Argument: „Korruption gibt es doch überall!“ Diese Aussage stimmt zwar, aber das Argument ist sehr schlecht. Erstens ist die Korruption in der EU nirgendwo so hoch wie in Ungarn und zweitens rechtfertigt Korruption in einem Land nicht die Korruption in anderen Ländern. Drittens gehört Ungarn kultur-historisch zum Westen und die Regierung sollte zumindest so tun, als würde sie diese gemeinsame Geschichte und die demokratische Grundordnung respektieren.

Ein Beispiel von Tausenden von Korruptionsfällen ist der langjährige Freund von Orbán und Oligarch „Lörinc Mészáros“. Dieser Mann ist in nur wenigen Jahren zum Milliardär und zur reichsten Person Ungarns geworden. Nur weiß keiner so richtig wie das geschehen konnte, denn er ist gelernter Gasinstallateur, der in den 90er Jahren einen kleinen Klempnerbetrieb gegründet hat. Mittlerweile steht auf Wikipedia, dass er ein Bau- und Medienunternehmer ist. Ich möchte Gasinstallateure und Klempner nicht beleidigen und unterschätzen, aber sie sind nicht unbedingt die Gruppe von Menschen, von denen ich erwarte, dass sie in wenigen Jahren zum Milliardär werden.

Es ist mittlerweile ein offenes Geheimnis, dass Mészáros (und viele andere Fidesz-Mitglieder/Familienmitglieder/Freunde) von EU-Geldern reich geworden ist.

 

Ein Hang zum Populismus

Ein weiteres Problem ist der Populismus. Orbán und die Fidesz-Partei wissen ganz genau wie die Mehrheit der Bevölkerung tickt und nutzen das auch regelmäßig aus. Sie schaffen immer und immer wieder neue Feindbilder. Mal ist es György Soros, mal die EU, mal die Juden oder „die Linken“. Dabei wird die Regierung von den Medien unterstützt, denn viele wurden von regierungsnahen Unternehmen/Unternehmer gekauft, wie zum Beispiel von Lörinc Mészáros. Man kann unabhängige Zeitungen in Ungarn auf einer Hand abzählen.

Die Fidesz hat auch ihren „eigenen Goebbels“: Zsolt Bayer. Dieser Mann hat keine Angst davor politische Gegner und „Feinde“ zum Beispiel als Ratten oder Ungeziefer zu bezeichnen. Und diese müssen natürlich vernichtet werden, wenn man Bayer fragt.

 

Politisch flexibel wie ein Gummiband 

Zum Populismus gehört auch, dass die Regierung das macht und sagt, was die Mehrheit (hören) will. Denn nur so bleiben sie an der Macht. Genau deswegen regiert in Deutschland nicht die AfD oder die Linke. Weil sie Dinge sagen und machen wollen, die nur eine Minderheit (hören) will. Wer glaubt, dass die Fidesz-Partei eine Ideologie hat, der liegt falsch. Orbán und seine Regierung glauben nur an zwei Dinge: Macht und Geld.

Man muss sich das folgendermaßen vorstellen: Wäre die Mehrheit der Bevölkerung in Ungarn linksliberal, dann wäre die Fidesz eine linksliberale Partei. Sie haben also keine Ideologie, sondern sind flexibel wie ein Gummiband. Das sieht man auch an der Entwicklung der Partei. Sie war ursprünglich eine liberale Partei, die gegen den Sozialismus „gekämpft“ hat. Nun sind sie auf dem Papier eine rechtsextreme, populistische Partei. In Deutschland gibt es KEINE Partei, die so eine 180 Grad Wende gemacht hat. Zumindest kenne ich keine.

 

Untertanenkultur und schlechte Bildung

Es ist kein Geheimnis, dass die Bildung in Ungarn sehr schlecht ist. Die Lehrer sind unterbezahlt und der Unterrichtsstil stammt aus dem alten Preußen, wo die Schule eher einem Gefängnis glich als einer Bildungseinrichtung. Das kann ich selbst bezeugen. Für wenige Jahre war ich selbst „Insasse“ in einer solchen Einrichtung, was man kaum als Schule bezeichnen kann.

Eine schlechte/ amoralische politische Kultur ist die Folge eines schlechten Bildungssystems. Die politische Kultur in Ungarn ist eine Untertanenkultur. Die Mehrheit der Bevölkerung in Ungarn hat schon immer eine „starke/ handlungsfähige Hand“ bevorzugt. Die Demokratie ist für viele eher eine Hürde als eine Errungenschaft der abendländischen Kultur.

Für das schlechte Bildungssystem ist die Regierung verantwortlich. Denn sie haben absolut keine Vorteile davon, wenn zukünftige Generationen zu gebildeten, verantwortungsvollen und aufgeklärten Bürgern erzogen werden.


Die Ungarn stehen zu ihren Werten und werden deshalb zum Feindbild

Von Max Zimmer | Geht es nach der Berichterstattung in Deutschland und nach den Politikern in Brüssel und Berlin, hat Europa – neben den jüngsten Wahlergebnissen in Schweden und Italien – hauptsächlich ein Problem: Ungarn, und seine nationalkonservative Regierung. Neben der Korruption im Land wird hierbei häufig auf vermeintlich fehlende Pressefreiheit, sowie undemokratische Zustände im Staatsapparat hingewiesen. Aufgrund dieser Vorwürfe kommt es auch immer wieder zu Sanktionen durch die EU, vor allem Kommissionspräsidentin von der Leyen scheint die Ungarn auf dem Kieker zu haben.

Aber als kritischer Beobachter sollte man sich schon die Frage stellen: Ist das fair? Ist Ungarn wirklich das schwarze Schaf, zu dem er hierzulande gemacht wird? Und sind die anderen Länder in der Union Budapest tatsächlich so moralisch überlegen, wie es oftmals behauptet wird?

 

Wir sind nicht besser als Ungarn

Ich weiß, Martin, wir als Deutsche neigen gerne dazu, uns anderen gegenüber für überlegen zu halten. Und nein, nicht alles, was du ansprichst – vor allem in puncto Korruption, ist falsch. Ja, Ungarn hat hier ein großes Problem. Aber eben auch ein offensichtliches. Nur weil man Korruption in Deutschland vielleicht weniger wahrnimmt (oder wahrnehmen möchte), ist sie nicht unbedingt weniger vorhanden. Gerade was die Justiz angeht, hört man hierzulande immer wieder von Korruptionssümpfen, die aber nie konsequent angegangen werden. Wohl auch, weil die Verstrickung der Staatsanwaltschaften mit der Politik in Deutschland viel zu eng ist, als dass es hier ein politisches Interesse gäbe, sie aufzuarbeiten. 

Und auch, wenn wir mal einen Schritt weiter gehen, und uns die große Politik anschauen: Was ist das denn mit Scholz? Mit seinen dubiosen Cum-Ex-Verstrickungen? Der Mann hat mehr Finanzskandale am Hals, als Haare auf dem Kopf. Und so jemand kann in Deutschland immerhin Kanzler werden. Dazu kommen Maskendeals während Corona, Lobbyeinflüsse der Pharmaindustrie und merkwürdige Aserbaidschan-Connections von CDU-Abgeordneten. 

 

Wir zeigen mit dem Finger immer nur auf andere

Ja, du sagst zurecht, dass die Korruption anderswo nicht die Korruption in Ungarn rechtfertigt. Aber es ist gleichwohl nicht unerheblich, wenn Länder wie Deutschland auf Budapest zeigen, aber ihren eigenen Laden offensichtlich nicht im Griff haben. Und auch gerade Brüssel gilt nicht zu Unrecht als Sumpf, was Lobbyismus und Korruption angeht. Ich erinnere mich gerade bezüglich einer gewissen Kommissionspräsidentin von der Leyen an umfangreiche Milliardenaufträge, Berateraffären und plötzlich gelöschte E-Mails und SMS. Ob das die richtigen Ankläger in Richtung Budapest sind – bezweifle ich stark.

Und auch beim Thema Rechtsstaatlichkeit und Pressefreiheit sollten wir uns vielleicht nicht allzu moralinsauer aufführen – es ist Deutschland, wo mit Stefan Habarth ein langjähriger politischer Weggefährte von Angela Merkel das Verfassungsgericht anführt. Auch wir haben massive Probleme mit der Meinungs- und Pressefreiheit, gerade während Corona immer wieder erlebt. Die Gewaltenteilung hat unter dem Maßnahmenstaat massiv gelitten. Daher wäre ich vorsichtig, Ungarn als schwarzes Schaf darzustellen – leider sind wir nicht viel besser.

 

Ungarn steht zu seinen Werten – und wird zum politischen Feindbild

Ich bestreite nicht, dass Ungarn viele Probleme hat. Ich glaube allerdings, dass das Herausstellen von Ungarn als besonders autokratische oder undemokratische Nation innerhalb der EU vor allem einen politischen Hintergrund hat – anders als der linksliberale und globalistische Mainstream in Westeuropa, ist Ungarn nationalkonservativ orientiert, betont den Wert des Glaubens, der Familie und der Nation. Sie machen nicht mit bei LGBTQ-Ideologie, Wokeismus und der Dekonstruktion alles Normalen und jeder Tradition. Und das macht sie in erster Linie zu einem politischen Feindbild.

Dazu kommt, dass Ungarn auf seine Souveränität pocht, wo es eben kann, und dadurch auch Erweiterungen der brüsseler Kompetenzen blockiert. Das schmeckt dem dortigen Machtapparat natürlich nicht. Deshalb geht man gegen Budapest vor und ich finde, wir sollten uns nicht vor den Karren jener Akteure spannen lassen und einseitig mit dem Finger auf Orban zeigen.


Paypals Angriff auf die Meinungsfreiheit gestoppt

Von Boris Cherny | Während Elon Musk sich bemüht, Twitter zu akquirieren, um auf der Plattform mehr Meinungsfreiheit durchzusetzen, hat ein ehemaliges Unternehmen von Musk, PayPal, versucht, Geldstrafen für seine Kunden einzuführen, die vermeintlich „Missinformation“ verbreiten.

PayPal ist bereits bekannt für einen restriktiven Kurs, wenn es um den Umgang mit Kunden geht, die außerhalb des politischen Mainstreams stehen. Sowohl Konten von linken amerikanischen Zeitungen wie Consortium News und MintPress News wurden gesperrt als auch Konten rechtsradikaler Aktivisten wie Nick Fuentes. Doch auch die Konten weniger extremer Organisationen und Personen wurden gesperrt, beispielsweise WikiLeaks oder der Pro-Meinungsfreiheit Organisation „Free Speech Union“. Nun drohte kurzzeitig eine weitere Eskalation in PayPals Auseinandersetzung mit unerwünschten politischen Aktivisten.

Am 26. September kündigte der Online-Zahlungsdienst in den USA nämlich eine Erweiterung der Liste seiner für Nutzer verbotenen Aktivitäten an. Unter den neuen verbotenen Aktivitäten befand sich unter anderem das Verbreiten von „Missinformation“ mithilfe eines PayPal Kontos. Ein Verstoß könnte den Nutzer bis zu 2500 US-Dollar kosten. Den lose definierten Begriff der „Missinformation“ wollte PayPal aber nicht weiter definieren.

Die Änderung der Benutzerrichtlinie hatte einen Aufschrei unter amerikanischen Konservativen zur Folge. Die liberalkonservative Plattform Daily Wire lenkte zuerst Aufmerksamkeit auf die angekündigte Verschärfung. Rasant entwickelte sich auf Social Media ein regelrechter Shitstorm. Mehrere konservative Aktivisten wie beispielsweise Candace Owens und John Cardillo kündigten an, ihre PayPal-Konten zu schließen und das Unternehmen von jetzt an zu boykottieren. Der ehemalige Präsident von PayPal David Marcus tweetete, die neue Richtlinie gehe gegen alles, worin er glaubt und bezeichnete sie gar als Irrsinn. In einem Kommentar unter dem Tweet pflichtete Elon Musk dieser Einschätzung bei.

Rasch ruderte PayPal zurück. Bereits einen Tag nach den ersten Berichten über die Richtlinienänderung machte das Unternehmen die Schritte rückgängig und beteuerte, der ganze Vorgang sei ein Versehen gewesen. Selbstverständlich ist diese Rechtfertigung fragwürdig, immerhin muss eine solche Änderung mehrere interne Genehmigungen erhalten und kann sicherlich nicht ohne Mitwissen der Unternehmensleitung getätigt worden sein.

Aber unbeachtet der offiziellen Begründung des Unternehmens bedeutet die Rücknahme der Richtlinienänderung einen großen Erfolg für die Meinungsfreiheit. Abermals konnte eine repressive Maßnahme eines Techgiganten durch einen Social Media Shitstorm gestoppt werden. Gleichzeitig zeigen die Schritte PayPals, dass kaum ein amerikanisches Tech-Unternehmen der Politisierung der Gesellschaft entkommen kann. Auch wenn die Versuche diesmal gescheitert sind, könnten in einiger Zeit erneut Richtlinien gegen „Missinformation“ eingeführt werden.

Vor allem könnten diese Maßnahmen in Ländern außerhalb der USA, beispielsweise Deutschland, Einzug finden. Trotzdem können Liberale mit Zuversicht in die Zukunft blicken, da die Bewegung gegen Internetzensur immer mehr Menschen anzieht und mittlerweile wie in den Fällen von Twitter und PayPal auch negativen Entwicklungen in der Techbranche erfolgreich entgegentreten kann.




Iraner stehen auf gegen das Mullah-Regime – und im Westen will man ihnen das Kopftuch schönreden

Von Jonas Aston | „Für meine Schwester, deine Schwester, unsere Schwestern“ oder „Dafür, ein normales Leben führen zu können, auf der Straße tanzen zu dürfen“ und weiter: „Für all die vielen Student*innen in Haft“, „Für Frauen, Leben, Freiheit!“. Das singen mutige Mädchen in einer iranischen Schule. Der Kamera sind sie mit dem Rücken zugedreht, aus Angst man könnte sie erkennen. Die sechs Schülerinnen nehmen ein großes Risiko auf sich. Sie solidarisieren sich mit der 22-jährigen Mahsa Amini, die von der iranischen Sittenpolizei angehalten, misshandelt und letztlich getötet wurde. Das alles, weil sie ihr Kopftuch nicht richtig getragen hat. Nun hat das iranische Regime mit Massenprotesten zu kämpfen.

Der Iran ist ein besonderes Land und unterscheidet sich in vielerlei Hinsicht von anderen islamischen Staaten. Das Gebiet des heutigen Irans wurde lange Zeit von Hochkulturen bevölkert. Lange Zeit stand für den Fortschritt der Menschheit der „fruchtbare Halbmond“, ein Gebiet, dass vom Jordantal über den Libanon, Syrien, den Euphrat und Tigris bis zum westlichen Iran und zum Persischen Golf reicht. Dort entwickelte sich vor ca. 11.000 Jahren eine Landwirtschaft mit Getreide- Viehzucht. Der „fruchtbare Halbmond“ lieferte die Grundlage für alle Hochkulturen des Nahen Ostens. Nach einiger Zeit breitete sich die Landwirtschaft von dort erst nach Anatolien und später vor etwa 9000 Jahren breitete sich die Landwirtschaftliche Nutzung von Feldern vom Balkan ausgehend über ganz Kontinentaleuropa aus.

Das heutige Staatsgebiet des Irans ist circa 4-mal so groß wie Deutschland und umfasst das historische Kernland des alten Persiens. Kyros der Große gründete als Schah das erste Weltreich der Geschichte und begründete damit der Herrschaft der Achämeniden. 539 v. Chr. Wurde Babylon eingenommen, 14 Jahre später wurde Ägypten eingegliedert. 490 v. Chr. traf das Reich auf das antike Griechenland und wurde letztlich durch den mazedonischen König Alexander den Großen erobert und zerstört. Nach dem Tod von Alexander folgte das Diadochenreich der Seleukiden und später das Reich der Sassaniden. Das Sassanidenreich fiel jedoch den Arabern in die Hände. Diese hatten in einem schnellen Eroberungszug große Teile der abendländischen Zivilisation geschluckt. Die lateinische bzw. griechische Kultur aus Nordafrika, Syrien und Ägypten verschwand und machte Platz für die Islamisierung bzw. die Arabisierung der Gebiete. 

Persien erwies sich da als widerstandsfähiger. Bis heute spricht man im Iran persisch und nicht arabisch. Zudem übernahmen die Araber anders als etwa von den Syrern übernahmen die Araber viele Elemente der persischen Kultur. Dadurch wurde der Mittelmeerraum nicht nur islamisiert, sondern auch orientalisiert. In der Architektur greift die islamische Welt heute im Kern auf die Persische und Oströmische Baukunst zurück. Eine selbstständige Baukunst hat sich tatsächlich nie entwickelt. Die typischen Kuppelbauten der Moscheen greifen als Vorlage etwa auf die Hagia Sophia zurück. Eine ehemals orthodox-christliche Kirche in Konstantinopel. Überhaupt herrscht im Islam künstlerisch ziemliche öde. In der gesamten islamischen Welt haben sich lediglich die Perserteppiche und (wenn auch nicht sehr ausgeprägt) die iranische Dichtkunst behauptet.

1501 wurde der schiitische Glaube endgültig zur Staatsreligion erklärt. Seit dieser Zeit befindet sich das Gebiet im islamischen Siechtum und nimmt am Niedergang der islamischen Welt teil. Der Iran war so rückständig, dass bis 1914 keine festgelegte Grenze zwischen dem damalig noch Persien genannten Land und dem Osmanischen Reich bestand. Erst dann wurde dies mithilfe der Briten und Russen nachgeholt. Im letzten Jahrhundert wurden Versuche einer Modernisierung gestartet. Ölinteressen und zwei Weltkriege führten zu Interventionen von ausländischen Mächten. Der letzte Schah, Reza Pahlavi, war ein autoritärer Herrscher, der jedoch zugleich von einem Modernisierungsgedanken getrieben wurde. Seine Erneuerungsversuche sollten jedoch scheitern. 1979 in der islamischen Revolution wurde Pahlavi gestürzt. In deren Verlauf besiegten die Islamisten schließlich noch ihre kommunistischen und liberalen Verbündeten, sodass am Ende der Revolution eine theokratische islamische Republik stand.

Diese islamische Republik besteht bis heute fort. Die oberste Herrschaft geht vom Wächterrat aus, die sich als Stellvertreter Allahs auf Erden gerieren. Der oberste Führer des Wächterrats ist der Ayatollah, welcher zugleich das Staatsoberhaupt. Dieser Wächterrat legt die gesamte Politik des Staates fest. Bei Wahlen dürfen nur jene Kandidaten gewählt werden, welche zuvor vom Wächterrat zugelassen wurden. Selbst Eingriffe in das Regierungshandeln ist dem Wächterrat möglich. Meinungs- und Medienfreiheit gibt es nur in dem vom Wächterrat gewünschten Rahmen. Die gesellschaftliche Ordnung und das Recht werden durch die Scharia geregelt. Mädchen dürfen ab 9 Jahren verheiratet werden, Homosexualität kann mit dem Tod bestraft werden. Jährlich gibt es im Iran rund 1000 Hinrichtungen, eine Zahl, die nur noch von China getoppt wird. Nirgendwo auf der Welt sitzen mehr Journalisten Im Gefängnis als im Iran und in der Türkei.

Diese repressive Herrschaft führte zu einem Exodus der iranischen Elite. Insbesondere Christen und Juden, die ausdrücklich verpflichtet sind, ein Kopftuch zu tragen, verlassen das Land. Die Christen tragen einen weit überdurchschnittlichen Anteil zum Wirtschaftsaufkommen des Iran bei. Der Iranische Zensus von 1966 ergab, dass in Teheran, Hauptstadt und wirtschaftliches Zentrum des Irans, zwei Drittel aller Christen und Juden des Landes leben. Dort arbeiten sie als Ärzte, Professoren oder Ingenieure. Der Anteil von Christen und Juden nimmt im Iran jedoch stark ab. Insbesondere wandern sie in den Westen ab. Das lässt sich aus Umfragen ablesen, die in Deutschland erhoben wurden, auch wenn diese sicherlich nicht zu 100 Prozent verlässlich sind. Eine Umfrage des BAMF von 2008 ergibt, dass unter den Zuwanderern aus dem Iran gerade einmal 45% Muslime sind. Unter den Zuwanderern, die zwischen Mai 2011 und Dezember 2015 nach Deutschland kamen, sind es sogar gerade einmal 32%. 

Doch auch im Iran selbst geht der Protest gegen das theokratische Regime weiter. Viele Iraner fühlen sich von ihrer Regierung fremdbestimmt, sie halten ihre Regierung für eine Regierung, die nur durch einen historischen Zufall an die Spitze des Staates kommen konnte. Anders als der Wächterrat möchten die stolzen Iraner nicht mit ihrer Geschichte brechen. Das iranische Volk sieht sich den umliegenden Staaten des Nahen Ostens überlegen und eher auf Augenhöhe mit dem Westen.

Tatsächlich unterscheidet den Iran vieles von den umliegenden Staaten. So gibt es im Iran einigermaßen funktionierende stattliche Strukturen. Das liegt weniger an der theokratischen Staatsform, sondern vielmehr an der vorherrschenden persischen Kultur und Mentalität. Es gibt ein verhältnismäßig leistungsfähiges Schul- und Hochschulsystem. Zudem ist die Bildung von Frauen in islamischen Staaten nirgendwo so weit fortgeschritten wie im Iran. Die Theokratie schöpft die Möglichkeiten, die die Scharia ihnen im Punkt Gleichberechtigung der Geschlechter gibt, tatsächlich aus. Die Besserstellung der Frau ist aber auch ein Versprechen der Revolution, dem das Regime zumindest annähernd nachkommen muss.

Die Aufwertung der Frau hat nun Folgen für den Iran. Im Iran leben rund 80 Millionen Menschen. Nirgendwo im Islam ist die Geburtenrate so niedrig wie im Iran. Auf 10 Frauen kommen in etwa 8 Töchter. Die iranische Geburtenrate entspricht in etwa der Deutschen. Nichtsdestotrotz werden im Iran mit 1,4 Millionen Kindern fast doppelt so viele Kinder geboren wie in Deutschland. Das liegt an der stark unterschiedlichen Bevölkerungsstruktur. In Deutschland liegt das Durchschnittsalter bei über 45, im Iran bei unter 30 Jahren. Die allermeisten Iraner erkennen den Herrscher nicht als den ihren an und leben in innerer Distanz zu dem Regime. In einem Land mit einer Bevölkerung von 80 Millionen liegt die Auflage aller Presseerzeugnisse bei gerade einmal 200.000. Die Iraner hegen großes Misstrauen gegen den Staat und die von ihm kontrollierte Presse. Beim Ranking der Pressefreiheit liegt der Iran auf Platz 178 von 180.

Dieser stille Protest wird jedoch zunehmend laut. Nach dem Tod der 22-jährigen Mahsa Amini haben Kritiker des Regimes, insbesondere Frauen, den Protest auf die Straße getragen. Sie legen ihr Kopftuch, als das Symbol des islamistischen Staates, ab. Sie kämpfen für die Freiheit und gehen das Risiko ein im Gegenzug ihr Leben oder zumindest ihre Identität, ihre Familie oder ihren Kulturkreis zu verlieren. Sie demonstrieren für die Werte des Westens, ausgerechnet dieser und hier im besonderen Deutschland fällt der Opposition aber in den Rücken. Wenn Salafisten in deutschen Innenstädten Korane verteilen dürfen und im Iran schon der Besitz einer Bibel verboten ist, sehen Politiker hierin kein Problem. Viele Politiker halten das Kopftuch sogar für einen Ausdruck der Emanzipation. Anders ist nicht zu erklären wie man etwa die islamische Gemeinschaft Milli Görus (IGMG) gewähren lassen kann. Diese behauptet: „Sinn dieses Gebotes (dem Tragen des Kopftuchs) ist es nicht die Frau in irgendeiner Form zu unterdrücken, sondern sie dem Diktat des Körperlichen zu entziehen“. Wie das Beispiel Iran zeigt, geht mit dem Kopftuch in aller Regel die Unterdrückung der Frau und/oder ein islamischer Herrschaftsanspruch einher. Mit der Religionsausübung hat das Kopftuch hingegen nur bedingt etwas zu tun. Weder im Koran noch in den Hadithen (Überlieferungen des Propheten Mohammed) wird der Hijab erwähnt.

Wie soll sich die iranische Oppositionsbewegung auf den Westen berufen, wenn dort das Kopftuch über den grünen Klee gelobt wird? Wie sollen sich die Iraner auf den Westen berufen, wenn Politikerinnen wie Claudia Roth, die einer Partei angehört, die vorgibt sich für eine „feministische Außenpolitik einzusetzen, sich im Iran ein Kopftuch überstülpen? Dass es auch anders geht, haben Michelle Obama und Melania Trump in Saudi-Arabien gezeigt, die sich beide nicht an das Kopftuchgebot hielten und stattdessen lieber dem „Diktat des Körperlichen“ unterwarfen. 

Am Ende ist es Aufgabe der Iraner sich ihrem islamistischen Regime zu entledigen, ihr Land zu modernisieren und ein neues Kapitel in ihrer großartigen Geschichte schreiben. Der Westen kann dies von außen nicht leisten. Der Westen sollte es aber tunlichst unterlassen das Kopftuch als ein Symbol der Emanzipation zu feiern. Der iranischen Opposition raubt man damit das Vorbild. Den theokratischen Herrschern liefert man hingegen die besten Argumente an die Hand.


„Rebel, Rebel – I love you so!“- David Bowie ist ein Vorbild für alle jungen Leute


Von Jonas Kürsch | Biographische Kinoverfilmungen über die Lebenswege einflussreicher Musiker gibt es wie  Sand am Meer – man denke nur an die jüngsten Filme über Freddie Mercury, Elton John  oder Elvis Presley. Es war daher auch nur eine Frage der Zeit bis ein Kinofilm über das Leben des britischen Rockmusikers David Bowie produziert werden würde. “Moonage Daydream” ist allerdings mehr als nur ein biografischer Spielfilm: die gezeigten Aufnahmen ermöglichen uns den Einblick in die Geisteswelt eines begnadeten Visionärs.  

 

Das Vermächtnis eines Rebellen  

Es gibt nur wenige Künstler, die einen derart großen Einfluss auf meine persönliche  Entwicklung hatten wie David Bowie. Das erste Mal stieß ich auf seine exzentrische  Musik, als ich selbst noch zur Schule ging und gerade damit begonnen hatte, mich für  politische und gesellschaftliche Probleme mit einer tieferen Wahrnehmung zu  beschäftigen. Das subversive und rebellische Auftreten Bowies beeindruckte mich, denn  besonders seine radikalen Frühwerke leisten seit jeher starken Widerstand gegen eine  freiheitsfeindliche Diskussions- und Bildungskultur, die jungen Menschen vorgefertigte  Verhaltens- und Denkmuster indoktrinieren soll. Gerade zu jener Zeit, als ich zum ersten  Mal mit Unworten wie „Cancel Culture“ und „Klimaleugner“ konfrontiert wurde, erkannte  ich die Relevanz seiner Lieder. Aus diesem Grund habe ich mich sehr über die  Veröffentlichung von „Moonage Daydream“ gefreut. 

David Bowie ist wohl den allerwenigsten Menschen völlig unbekannt. Der britische  Musiker kam 1947 in London zur Welt. Als Kind irischer Migranten bemerkte er recht  schnell, dass er in vielerlei Hinsicht anders als die meisten Menschen in seinem direkten  Umfeld war, weshalb es ihm auch sehr schwer fiel, sich in das spießbürgerliche  Vorortsleben von Brixton zu integrieren. Einen großen Einfluss auf Bowies musikalischen  Werdegang hatte vor allem sein Halbbruder Terry, welcher an Schizophrenie litt und  mehrere Male bis zu seinem Tod in einer Nervenheilanstalt gegen seine Leiden behandelt  werden musste.  

Die häufig als chaotisch beschriebenen Frühwerke Bowies sind stark durch seine  persönliche Wahrnehmung dieser Geisteskrankheit geprägt. Nach kleineren Erfolgen in  den 1960er Jahren, veröffentlichte Bowie bis 1971 mit Alben wie Space Oddity, The Man  Who Sold the World und Hunky Dory seine ersten musikalischen Klassiker, die auch heute  noch von Millionen Fans gehört werden. Der große Durchbruch gelang ihm mit dem 

legendären Konzeptalbum The Rise and Fall of Ziggy Stardust and the Spiders from  Mars, das 1972 veröffentlicht wurde. Gerade durch seine revolutionäre Bühnenshow, bei der in exzentrischen Kostümen und mit gewagter Maskerade die titelgebende Figur des außerirdischen Rockmusikanten Ziggy Stardust mimte, gewann er die Herzen tausender Fans.

 

Die tiefgründige Darstellung eines komplexen Künstlers  

Der Film zeigt eine kompakte Zusammenfassung des großen Lebenswerks von Bowie.  Dabei verzichtet Regisseur Brett Morgan vollständig auf eigene Moderation oder einen  klassischen Handlungsplot, stattdessen wird die künstlerische Entwicklung allein durch echte Interviews mit Bowie, seine Bühnenauftritte, Musikvideos und sonstige  Videoausschnitte erzählt. Die Aneinanderreihung von Zeitdokumenten aus Bowies Leben zeigen den Glamrockstar als philosophischen und grüblerischen Menschen, der mit seinem Werk viel mehr ausdrücken wollte als nur idealisierte Science-Fiction-Fantasien der 1960er Jahre.  

Die Videoausschnitte selbst versetzen den Zuschauer in eine andere Zeit zurück: Fast fühlt man sich durch die eigenartig intim wirkenden Nahaufnahmen seiner hysterisch  kreischenden Fans in den 70er Jahren so, als wäre man selbst bei der legendären Ziggy Stardust Tour dabei gewesen. Die Lichteffekte und der gut durchdachte Soundtrack  verstärken dieses Gefühl zusätzlich – es ist beeindruckend. 

Untermalt sind die vielen Filmaufnahmen  selbstverständlich mit den einzigartigsten Liedern aus seinen verschiedenen Schaffensperioden. Das Repertoire ist vielschichtig: sowohl seine größten Hits wie Space Oddity, Life on Mars und Ashes to Ashes sind dabei, als auch (heutzutage) weniger bekannte Songs wie Memory of a Free Festival. Dadurch wird man auf eine wunderbare Zeitreise geschickt, die es einem ermöglicht, die Stimmungslage längst vergangener Tage nachzuempfinden. Schade nur, dass einige wirklich bahnbrechende Lieder des Sängers völlig außer Acht gelassen wurden: Ziggy Stardust und The Man Who Sold The World finden im Film keinerlei Erwähnung. Nun, ich gebe aber zu, dass man schwer alle Nummer-1-Hits unterbringen kann, die Bowie in 26 Studioalben herausgebracht hat.

 

Der ultimative Bowie-Film  

„Moonage Daydream“ ist ein hervorragender Dokumentarfilm, der das Leben von David  Bowie aus vielen verschiedenen Perspektiven beleuchtet. Doch vor allem ist er eins: Eine Anleitung zum Widerstand. David Bowie ist mit jeder Faser seines Körpers Rebell – und kann auch heute noch vielen jungen Leute den Mut geben, sich aus dem Mainstream herauszubewegen und ein selbstständiger Menschen mit eigenen Gedanken zu werden. Den vielen ängstlichen Mitläufern an den deutschen Unis würde es guttun.

 

„Rebel rebel, you’ve torn your dress. Rebel, rebel, your face is a mess. Rebel, rebel, how  could they know? Hot tramp, I love you so!“ 
David Bowie

 


Frank Thelens „10 x DNA“ – Fonds: Abzocke oder Jahrhundertinvestment? 

Von Simon Ben Schumann | Er ist bekannt aus der „Höhle der Löwen“: Lange war der Unternehmer Frank Thelen Dauerbesetzung in der Gründershow. Die Sendung verhalf  ihm zu deutschlandweiter Popularität. Durch diese mit Rückenwind versorgt, gründete er  einen eigenen Aktienfonds. „10x DNA“ heißt er – wie eines seiner Bücher. Er verspricht  riesige Gewinne im Technologie-Sektor. Zurecht? 

Große Versprechen – falsche Erwartungen? 

Der Fonds wurde im September 2021 aufgelegt. Startkurs: 25,90 €. Nicht wenig. Im  Börsenjargon steht 10x für einen „Tenbagger“ – also eine Aktie, die sich gleich mehrfach  verdoppelt. 

Frank Thelen trat in vielen Interviews auf und stellte seine Investment-Strategie vor.  Besonders „bullish“ ist er im Tech-Sektor, wo er auf steigende Kurse setzt. Er rechnet  damit, dass durch „disruptive Technologien“ die nahe Zukunft grundlegend auf den Kopf  gestellt wird. Und damit das Portfolio derjenigen, die jetzt richtig investieren. 

Schaut man sich die einzelnen Unternehmen im Fonds an, sind Thelens Lieblings Branchen schnell zu identifizieren.  

Autonomes Fahren, Zelltherapie, Krypto-Finance: alles ist dabei. An Diversifizierung  mangelt es nicht. Nicht alles auf eine Karte zu setzen, verringert die Crash Wahrscheinlichkeit. Besonders im riskanten Growth-Sektor. 

Ein Problem des Fonds wird an der Gewichtung der Aktien deutlich. So stecken ganze  8,00 % des Anlagekapitals in Tesla. Thelen sagte, er halte die Aktie für stark zukunfts und gewinnträchtig. Dabei ist die Firma schwer einzuschätzen. Derzeit liegt Musks Auto Unternehmen bei 240,00 € Handelspreis – das sind beinahe 100,00 € weniger als Ende  2021. Auch Gegner des Kommunismus dürfte der Fonds nicht begeistern: Chinesische  Konzerne wie Tencent oder die zensierte Suchmaschine „Baidu“ sind hoch gewichtet. 

Bei Börsen-Fans wie mir schrillen die Alarmglocken, wenn man sich Thelens Gewinn Vorhersagen anhört. In den nächsten Jahren sei mit einer Verdreifachung des Kurses zu  rechnen. Das wünsche ich zwar allen Anlegern – aber solche Aussagen sind schlicht unseriös. 

Fazit: Nur etwas für Risiko-Freunde 

Frank Thelens Strategie scheint zu sein: Wachstum, Wachstum, Wachstum. Allerdings ist  es unmöglich zu wissen, wer in 15 Jahren die Big-Player sein werden. Als Amazon Ende  der 1990er an die Börse kam, war kaum jemand so schlau, die Aktie zu kaufen und stur zu  halten. 

Der Vorteil von Thelens Fonds ist, dass die riskanten Tech-Papiere transparent analysiert  werden. Doch die hohen Gewinnversprechen sind ein Manko des Fonds. Growth-Aktien  bleiben riskant.  

Bisher büßte der Fonds ca. die Hälfte seines Kurswertes ein. Aktuell steht er bei rund  14,00 €. Keine Anlage-Empfehlung – aber ich würde raten: Nur kaufen mit Geld, das man  bereit ist, ganz zu verlieren.




Bundesverfassungsrichter zur Berlin-Wahl: Sowas gibt’s „in irgendeinem diktatorischen Entwicklungsland, aber doch nicht mitten in Deutschland!“

Von Max Roland | Der amtierende Bundesverfassungsrichter Peter Müller hat die absurden Vorgänge bei den Berliner Wahlen im September 2021 scharf kritisiert. Wenn sich das so darstelle, wie das den Medien zu entnehmen sei, „dann dürfte das ein einmalig gelagerter Fall sein“, sagte Müller. Da würden Verhältnisse geschildert, dass man versucht sei zu sagen, „sowas hätte man sich vor einigen Jahrzehnten vorstellen können in irgendeinem diktatorischen sogenannten Entwicklungsland, aber doch nicht mitten in Europa, mitten in Deutschland“.

Das seien, soweit er es übersehen könne, „tatsächlich Abläufe, wie sie in vergleichbarer Weise jedenfalls in Deutschland noch nie stattgefunden haben“. Müller, der im Zweiten Senat des Bundesverfassungsgerichts für das Wahlrecht zuständig ist, äußerte zudem, die Mandatsverteilung nach dem Bundeswahlgesetz habe „mittlerweile ein Maß an Komplexität erreicht, das für den Normalbürger aus meiner Sicht nicht mehr durchschaubar ist“. Zurzeit läuft ein ab­strak­tes Normenkontrollverfahren gegen diese Regelung. „Apollo News“ hatte 40.000 Akten ausgewertet, die die Mandatsrelevanz der Wahlunregelmäßigkeiten belegt hatten. 


Iran: Proteste jetzt auch an Universitäten und Schulen

Von Laura Werz | Die Proteste im Iran gegen die Regierung und die Unterdrückung der Bevölkerung dauern an. Seit dem Aufkommen der landes- und weltweiten Proteste durch den Tod von Mahsa Amini demonstrieren inzwischen auch Studenten zahlreicher iranischer Universitäten. Das Aufbegehren zieht jedoch immer drastischeres staatliches Handeln nach sich.

Samstag und Sonntag gab es an mehr als hundert iranischen Universitäten Sitzstreiks und weitere Proteste. Auf Slogans wie „Tod Khamenei“ reagierten die iranischen Sicherheitskräfte mit Tränengas und Schlagstöcken. Sowohl Studenten als auch Professoren wurden dabei verprügelt. Am Samstag, dem Wochenbeginn im Iran, wurden an der Sharif-Universität in Teheran Kameras angebracht, um Personen rascher zu identifizieren. In der Nacht zum Montag wurde sogar der Campus abgeriegelt. In vielen Städten wurden auch bereits zuvor Vorlesungen von Seiten der Behörden abgesagt. 

Die Regierung versucht dem Aufbegehren mit allen Mitteln entgegenzuwirken. Den Protesten von Seiten der Studenten ist besondere Beachtung zu schenken, da sich die iranischen Studentenschaft für gewöhnlich politisch zurückhält. Die Angst vor einer Exmatrikulation war bisher vorherrschend. Zuletzt war die Teilnahme von Studenten an Protesten im Jahr 1979 treibende Kraft bei der Revolution, welche damals die Monarchie beendete. Dementsprechend sieht die Regierung ihre Machtposition konkret gefährdet und schreckt vor immer weniger Mitteln zurück, die eigene Bevölkerung zu unterdrücken. Inländisch trägt die Internetsperre einen großen Teil dazu bei, indem die Verbreitung von Informationen und tausendfach geteilten Videos, welche die Ausschreitungen der Sittenpolizei zeigen, weitgehend unterbunden wird. 

Khamenei, oberster Führer des Iran, reagierte inzwischen öffentlich auf die Proteste. Die Rede folgte unmittelbar den ersten gewaltsamen Auseinandersetzungen an einer Universität. Khamenei stellte das Aufbegehren der Bevölkerung als eine Verschwörungsoperation der USA, Israels und der „iranischen Verräter im Ausland“ dar. Keiner in den USA trauere um Mahsa Amini, sondern es ginge um die Unabhängigkeit der islamischen Republik und ihren Widerstand, so der Machthaber. 

Vom Wirtschaftsminister wurde nunmehr der nächste Schritt zur Unterdrückung der Proteste verkündet: der Unterricht soll ab Montag nur noch online stattfinden. Das eine Onlinelehre mit Blick auf die staatlichen Internetbeschränkungen kaum möglich ist, hindert die Regierung nicht an ihrem repressiven Kurs. 

Die EU arbeitet derzeit an Sanktionen gegen den Iran. Das erweckt den Anschein, dass die EU-Staaten Menschenrechtsverbrechen des Iran nicht mehr weglächeln, um die Verhandlungen über das internationale Atomabkommen nicht zu gefährden. Sowohl Deutschland, Frankreich, Dänemark, Italien, Spanien, als auch Tschechien wollen in kürzester Zeit Sanktionen gegen iranische Organisationen und Einzelpersonen verhängen. 

Bild: Brett Morrison from Los Angeles, CA, USA via Wikimedia Commons (Lizenz).