Antikapitalistisches Theater mit dem Deutsch-LK

Von Larissa Fußer | Es war ein verregneter Abend in Berlin. Mein 16-jähriges Ich hielt sich einen Schal üben den Kopf, damit die lang frisierten Haare nicht zerstört wurden. Ich wartete an der U-Bahnstation auf meine Mitschüler. Gemeinsam sollten wir unsere Deutsch Leistungskurslehrerin ein paar Meter weiter zur Abendexkursion treffen. Wir gingen öfter abends zusammen ins Theater. Gemeinsam mit den Jungs und Mädchen aus meinem Kurs hatte ich schon den Schauspieler Lars Eidinger komplett nackt auf dem Bühne herumtanzen und rappen sehen – als Shakespeares Hamlet, versteht sich. Doch heute Abend stand kein auf modern vergewaltigtes klassisches Stück auf dem Programm – es sollte ein ganz originäres, neues Werk sein. 

Als wir unsere Deutschlehrerin am Eingang zur Volksbühne trafen, erzählte sie, dass alle Karten restlos ausverkauft seien. Wir sollten lieber schnell reinhuschen und uns Plätze suchen. Ich verstand nicht, was sie meinte – wieso hatten wir denn nicht einfach Sitzplatzkarten wie in anderen Theatern? Als ich den Saal eintrat, bekam ich die Antwort: Es gab keine Sitzplätze. Vor der Bühne breitete sich nur eine große schräge Fläche aus – ganz ohne Stühle. Sichtlich unbehaglich setzten sich ein paar Besucher gezwungenermaßen auf den Boden. Wir taten es ihnen gleich. Als Teenies machte uns das nicht so viel aus. Schließlich setzten wir uns mit unseren Klamotten auch auf nasse Wiesen im Park. Lustig war allerdings zu beobachten, wie sich meine Deutschlehrerin auf den Boden setzte. Sie tat es mit gespielter Leichtigkeit. Wahrscheinlich dachte sie in ihrem Innern, dass es bourgeois sei, sich nicht auf den Boden setzen zu wollen. Und so etepetete wollte sie als Kommunistin (die mit uns ein Semester lang nur Berthold Brecht behandelt hatte) nicht sein.

Schließlich ging das Licht aus und das Stück fing an. Was dann folgte, habe ich nur noch bruchstückhaft in Erinnerung. Auf jeden Fall war es Chaos – keine Dialoge, keine nachvollziehbare Handlung. Nur Figuren, die sich wie wahnsinnig über die Bühne bewegten und entweder gar nichts sagten oder in alarmierendem Ton kurze Sätze riefen. Ich weiß noch, dass immer wieder eine Gruppe gleich gekleideter Menschen über die Bühne schritt und monoton „Wir sind ein Kollektiv“ raunte. Als Höhepunkt der Inszenierung habe ich einen Mensch in Krankenkostüm in Erinnerung, der sich mindestens eine Stunde lang qualvoll über die Bühne bewegte und seine Tentakeln dabei schüttelte. 

Endlich war der Spuk vorbei und die Menge tobte vor Applaus. Ich saß immer noch auf dem Boden und fragte mich, während ich höflich klatschte, ob ich nur zu ungebildet war, um diesen Irrsinn zu verstehen. Als wir uns mit unserer Lehrerin an der Theaterbar trafen, lächelte sie verschmitzt. Ihr hatte es offenbar gefallen. „Na, für was stand die Krake?“, fragte sie uns. Schweigen im Walde. Schließlich sagte eine Mitschülerin: „Ich glaube, sie sollte den Kapitalismus darstellen, der wahnsinnig und brutal die Menschen auseinanderreißt“. „Sehr gut“, lobte sie unsere Lehrerin. Ich war verstört und dachte bei mir: „Lieber guck ich mir noch zehn nackte Hamlets an, als noch einmal so ein kommunistisches Ausdruckstheater.“ Vielleicht war das ja der Tag, an dem ich anfing, liberal zu werden.


Flugchaos und BER-Blamage. Mein langer Weg zum Apollo Seminar

Von Selma Green | Mein Herz pochte. Alle paar Sekunden schielte ich auf mein Handy. 20:50 Uhr. 20:51 Uhr. Schaffen wir es rechtzeitig? Der Mitschüler neben mir murmelte vor sich hin, dass es zu spät sei. 20:52 Uhr: er kramte in seinem Rucksack und zog ein blaues Buch heraus. Darauf stand in Druckbuchstaben „BIBEL“. „Selma, lass uns beten”. Schon Tage vor der Abreise nervte er mich mit seiner Panik. Jetzt ergriff sie auch mich. „Nein, geh mir weg mit deiner Bibel”, fauchte ich. Doch ich gebe zu – in dem Moment dachte ich mir auch: „Bitte lieber Gott, lass mich heute Abend nach Berlin zurück, damit ich nicht noch die Nacht am Flughafen mit dem Kauz da neben mir verbringen muss.” Sie fragen sich jetzt sicherlich: Wovon faselt die Dramaqueen da? Nun gut, noch mal von Anfang an. 

Ich wollte doch zum Apollo Seminar!

Ich war mit meiner Klasse auf Klassenfahrt in Valencia. Wir flogen mit Ryanair. Meine Mitschüler schoben immer wieder Panik, denn jeden Tag wurden Flüge von Ryanair gestrichen. Ob unser Rückflug der nächste ist? Am Tag der Abreise war es endlich klar: Der Flug würde stattfinden. Am Flughafen von Valencia angekommen, erreichte uns die Nachricht, dass sich der Flug um zwei Stunden verspätet. Ausgerechnet an dem Tag, an dem wir aus Spanien zurück nach Berlin fliegen wollten, streikten 450 Mitarbeiter der Kabinencrew in Spanien. Zusätzlich herrschte ein allgemeiner Personalmangel. Gerade an diesem Tag hoffte ich, rechtzeitig nach Berlin zu kommen, um an dem Jungautoren Seminar von Apollo News teilnehmen zu können. Der Flugraum war überlastet und mehrere Flüge waren verspätet. Das Problem war, dass wir mit den zwei Stunden Verspätung wahrscheinlich nicht mehr in Berlin landen konnten, da der Luftraum in Deutschland Punkt 0 Uhr schließt, ohne Gnade. 20 Uhr 55: ein schriller Ton erklang aus den Lautsprechern. Alle Passagiere im Flugzeug verstummten und lauschten auf. Ich hielt die Luft an. Es war der Pilot: „Gut für Sie, wir fliegen in Kürze los. Die Lage im Luftraum hat sich verbessert”. Ich atmete auf. Es geht los! Zu unserem Glück drückte der Pilot, auf’s Gas und wir kamen rechtzeitig wenige Minuten vor 0 Uhr in Berlin am BER an.

Massenhaft Streiks bei EasyJet und Ryanair angekündigt

Warum müssen die Mitarbeiter jetzt streiken? Ungünstiger könnte der Zeitpunkt nicht sein – zumindest für die Fluggäste. Dieser Tag wird nicht der letzte sein, an dem die Mitarbeiter in Spanien streiken. Der Juli ist geschmückt von Streiks und Flugausfällen bei Flügen von Ryanair und EasyJet. Das betrifft vor allem Malle-Urlauber, Urlauber in Barcelona und Málaga. Die Streiks von EasyJet werden am 1., 2., 3., 15., 16., 17., 29., 30. und 31. Juli stattfinden. Ryanair hat Streiks für den 30. Juni, 1. und 2. Juli in sämtlichen spanischen Städten angekündigt. Grund dafür sei der geringe Lohn und die schlechten Arbeitsbedingungen der Angestellten bei Ryanair. Auch Lufthansa muss bis zu 2.200 Flüge streichen. Was ist da los?


Der Personalmangel ist wohl neben den Streiks Schuld an der Misere an den Flughäfen. Nicht nur an spanischen, sondern auch an den deutschen Flughäfen herrscht Chaos. 7.200 Arbeitskräfte fehlen an den deutschen Flughäfen – alles Folgen des Lockdowns? Naja, wer kann es den Ex-Mitarbeitern verübeln? Wer möchte einen Beruf ausführen, der durch die Maßnahmen der Bundesregierung und durch das Codewort “Corona” ständig auf Kippe steht? Hinzu kommt, dass das Einkommen vom Flugpersonal netto gerechnet, nahezu genauso hoch wie das eines Hartz-4-Empfängers ist. Lohnt es sich noch für die Menschen beim Flughafen zu arbeiten, wenn sie nahezu dasselbe für’s Nichtstun verdienen könnten? Kein Wunder, dass gestreikt wird, massenhaft Flüge ausfallen und Personalmangel herrscht. 

Geht jetzt auch noch mein Sommerurlaub futsch?

Als ich schließlich am BER anderthalb Stunden auf mein Gepäck gewartet habe, boten Mitwartende aus Verzweiflung an, das Gepäck selbst von den 40 Meter entfernten Gepäckwägen zu holen. Nun gut, es ist der BER, so was kann man diesem Flughafen auch mit einem Überschuss an Personal zutrauen. Doch das Chaos nimmt selbst abends um 0 Uhr kein Ende. Personalmangel und zusätzlichen Streiks – wer wird da noch arbeiten? Die vielen Streiks gerade jetzt in der Urlaubssaison werden jedenfalls in den folgenden Wochen für Chaos an den spanischen und deutschen Flughäfen sorgen. Flugausfälle und Verspätungen stehen dann bei Ryanair und EasyJet-Gästen vermutlich auf der Tagesordnung. Ob mein Flug nach Malle gestrichen wird? Ich will es nicht hoffen. Da hilft wahrscheinlich wirklich nur beten. 


Das Berliner Schulchaos

Von Jerome Wnuk | Die meisten Berliner Gymnasien genießen keinen guten Ruf, vermutlich zurecht. Marode Schulgebäude, mehr Quereinsteiger als ausgebildete Lehrer und praktisch täglich Streitereien zwischen Schülern und Lehrern, die teilweise ins Absurde abrutschen.

Doch trotz der schlechten Lernbedingungen geht jedes Jahr ein Kampf unter den Schülern und Eltern um die Plätze auf den Gymnasien los. Ein Ergebnis aus fataler Verwaltung des Senats und dem inflationären Verteilen von guten Noten auf den Grundschulen. Leidtragende sind die Schüler.

Es ist die größte Veränderung in den 12 Jahren Schule: der Wechsel von der Grundschule auf das Gymnasium. Endlich ist man aus der Grundschule, wo man sich den Schulhof noch mit den kleinen Erstklässlern teilen musste, raus und trifft stattdessen fast erwachsene Abiturienten auf den Pausen. Der erste Tag auf der neuen Schule ist dann total aufregend: neue Lehrer, neue Mitschüler, neue Fächer. Also eigentlich eine schöne Zeit, die man mit Vorfreude erwarten kann.

Doch Lebensrealität in Berlin ist, dass die Zeit, bevor es dann endlich losgeht, wohl die stressigste des ganzen Schullebens ist. Das Problem ist dabei ganz einfach: Es gibt zu viele Kinder auf zu wenigen Plätzen an den Gymnasien. Da mein kleiner Bruder diese Zeit gerade hinter sich hat und jetzt Gott sei Dank eine Zusage seines Wunschgymnasiums hat, ist mir das Problem, zwar aus Drittperspektive, noch allgegenwärtig. Man kann die Problematik sehr übersichtlich auf drei Faktoren herunterbrechen, die die Wahl des Gymnasiums in Berlin zu einem Kampf machen.

Taktieren um Plätze

In Berlin-Pankow, wo das Problem wohl mit am schärfsten ist, gibt es etwa zehn Gymnasien, die, wenn man hier zu Grundschule gegangen ist, als weiterführende Schule infrage kommen. Zehn Schulen mit einer Kapazität von 100 bis 150 Schülern, die aber teilweise mit 200 bis teils 250 Anmeldungen überflutet werden.Ergebnis sind Unmengen an Ablehnungen und ein sehr hoher NC für die Annahme an der Wunschschule.

Diese Problematik geht nun schon seit über 10 Jahren so, die geburtenstarken Jahrgänge werden und wurden Eltern und so entsteht gerade in den familienfreundlichen Bezirken diese Problematik. Es sind einfach mehr Schüler als früher. Doch der Senat reagiert auf diese Entwicklung nicht, in 20 Jahren wurde in Pankow nur ein einziges neues Gymnasium gebaut und das hat bisher nicht einmal eine Oberstufe, das heißt sie geht nur von der 7. bis zur 10. Klasse.

Das Resultat ist, dass Schulen, die an Schülerzahlen von vor 20 Jahren angepasst sind, jetzt mit dem fast doppelten Andrang klarkommen müssen, ohne Hilfe von der Politik. Ein unangenehmer Nebeneffekt davon ist, dass auch eine Klassengröße von 35 Schüler inzwischen normal ist, die einen konstruktiven Unterricht eigentlich unmöglich macht. Da der Senat das Problem ignoriert, sind nicht nur die Schule, sondern ebenfalls die Schüler und die Eltern also auf sich alleine gestellt.

Dann geht ein monatelanges Taktieren los. Man überprüft die Anzahl der Ablehnungen an den einzelnen Schulen, spricht sich mit Freunden ab und versucht dann eine Schule zu erwischen, die frei ist. Neben dem Profil der Schule ist für viele also auch die Wahrscheinlichkeit angenommen zu werden Hauptkriterium für die Wahl.

Dabei entsteht ein verrückter Welleneffekt: Schulen, die im vorherigen Jahr viele Schüler ablehnen mussten, können im Jahr darauf alle annehmen, weil sich die Schüler aus Angst abgelehnt zu werden dort gar nicht beworben haben. Andersrum heißt das aber auch, dass die Schulen, die im Jahr davor fast alle annehmen konnten, im Jahr darauf enorm viel ablehnen müssen. Man muss daher eigentlich antizyklisch denken etc., alles in allem mündet die Situation immer im großen Stress und in Verzweiflung. So sollte der aufregende Sprung in das Gymnasium eigentlich nicht aussehen, leider lässt es sich kaum vermeiden.

1,0 Schnitt für lau 

1,3 ist doch ein super Schnitt, oder? Denkt man, aber wenn man ein gutes Gymnasium in Berlin ergattern will, hat man mit 1,3 nur mittelmäßige Karten und muss schon zittern. So ging es auch meinem kleinen Bruder, der einen 1,3 Schnitt erreichen konnte. Bewertung in der Schule ist unter Eltern und Schülern schon immer ein sehr heißes Thema mit viel Zündpotenzial. Besonders unfair, gerade wenn’s dann am Ende wirklich um den NC geht, ist die Ungleichheit in der Bewertung.

Seit Jahren bewerben sich in Berlin-Pankow nämlich nicht nur die Pankow-Kinder, sondern auch die Besten aus Neukölln, Friedrichshain oder Wedding. Die Schulen sind hier halt noch ein bisschen besser als dort.Problem ist dabei, dass die Notengebung in manchen Weddinger-Grundschulen völlig anders als die aus Pankow ist. Heißt also, dass manche Schüler aus Pankow für dieselbe Leistung in Deutsch oder Mathematik nur eine 2 bekommt, während der Schüler aus Wedding eine 1 bekommt.

So kommt es oft dazu, dass Schüler, die leistungsstärker als andere sind, durch strengere Benotung nur einen 1,5 Schnitt erreichen, und dann gegen 1,0-Schüler aus Wedding verlieren, dadurch ihr Wunschgymnasium nicht bekommen und auf eine andere Schule ausweichen müssen. Für diese Schüler ist die Absage dann besonders bitter.

Gerade im Corona-Lockdown geht die Entwicklung dahin, dass immer mehr Lehrer ein Auge zudrücken und dadurch inflationär viele sehr gute Einser-Schnitte zustande kommen. 1,3 ist daher immer noch sehr gut, aber kein Versprechen für ein Platz in einem guten Gymnasium.

Ein Beispiel für diese Entwicklung ist das Carl-von-Ossietzky Gymnasium in Pankow, die dieses Jahr nur 1,0 Schnitte annehmen konnten. Ein Mädchen mit 1,1 (!) wurde abgelehnt. Unvorstellbar.

Der Druck kommt plötzlich und knallhart

Die Grundschüler sind in dem ganzen Wahnsinn die Ärmsten. In den fünf Jahren bevor das Bewerben losgeht, kriegt man als Grundschüler in Berlin nämlich vorgepredigt, dass Leistung nicht so wichtig sei. In den ersten Klassen gibt es statt Noten Plus oder Doppel-Plus und jeder wird immer gelobt, egal wie seine Leistung war. Wenn die Notengebung dann beginnt, sind die Lehrer dazu angehalten immer sehr großzügig zu sein, etwas Schlechteres als eine 2 sieht man ganz selten.

In der fünften Klasse, das zweite Halbjahr der 5. Klasse ist das erste, das relevant für die Bewerbung ist, ist dann aber auf einmal alles anders. Die Kinder werden in das kalte Wasser geworfen. Auf einmal sind Noten das Wichtigste der Welt, jede Arbeit, jede Hausaufgabe zählt. Der Druck und der Wettbewerb, den sie aus den ersten Klassen überhaupt nicht kennen, steigen direkt von 0 auf 100.

Dieser plötzliche Wechsel gelingt nicht jedem Schüler, die, die es nicht schaffen den Schalter umzulegen, müssen sich am Ende hintenanstellen. Auf einmal werden die Grundschüler dann mit der harten Realität konfrontiert und merken, dass die Predigten, die sie die Jahre davor gehört haben, nicht mit der Wirklichkeit übereinstimmen.

Der Bewerbungsprozess in Berlin ist also der wahre Horror und kostet die Betroffenen viele Nerven. Damit werden jetzt auch die nächsten Jahrgänge kämpfen müssen, meine Familie ist jetzt nach meinem kleinen Bruder erstmal durch. Trotzdem bleibt es ein Zustand, den man so nicht hinnehmen kann. Aber beim Blick auf den Senat wird auch klar: Aussicht auf baldige Besserung gibt es nicht.


Anti-Rassismus-Seminar statt mündlicher Abiprüfung

Von Anna Graalfs | Seit einem Jahr gibt es an meiner Schule ein Anti-Rassismus-Seminar für die Oberstufe. Ich bin jetzt in der 10. Klasse und bis zu den Kurswahlen diesen Februar hatte ich noch nie davon gehört. Was macht man in diesem Seminar? Erst habe ich gedacht, dass vielleicht das Sklaverei-Dilemma im Amerikanischen Bürgerkrieg oder die Apartheid in den USA in den 1960ern behandelt werden. Sozusagen als kleiner Zusatz zum regulären Geschichtsunterricht, in dem zumindest bei mir solche Themen nicht vorgekommen sind. Doch nichts da: Das ANTI-Rassismus-Seminar soll ganz „gegenwarts-” und „realitätsbezogen” sein. Heutzutage reicht es eben nicht mehr, kein Rassist zu sein, man muss schon ANTI-Rassist sein. Ich habe mich mal informiert: Wirklich gelehrt werden soll in dem Kurs anscheinend nichts, der Fokus liegt auf dem Diskutieren. Wenn ich im Hinterkopf habe, dass die Lehrerin stets beim Sprechen gendert und die Schüler, die diesen Kurs besuchen, auf jeder möglichen Plattform ihre Pronomen in ihrer Bio stehen haben, kann ich mir schon denken, wie sehr diese „Diskussion” nach links verschoben sein wird.

Diskussionsthemen wie bei der Grünen Jugend

Das zeigt sich auch in den angekündigten Themen: Warum Dreadlocks-Tragen (oder andere, afrikanische Frisuren) von weißen Personen Cultural Appropriation ist, warum die Auswahl an Make-Up-Farben im Rossmann von Buxtehude strukturell rassistisch ist und warum es Pflaster eigentlich auch in dunkleren Nuancen geben sollte, statt nur in Hautfarbe. HALT, das darf man natürlich nicht sagen – ich korrigiere mich – es heißt neuerdings „Schweinchenfarbe” oder „lachsfarben”. All diese Themen werden im Seminarkurs erarbeitet und dabei wird fleißig recherchiert. Ich möchte nicht zu sehr von Vorurteilen geprägt sein, aber ich kann mir gut vorstellen, dass die Lehrerin, nennen wir sie hier einfach mal Frau Korrekt, nicht einmal Fragen stellen wird wie: „Denken Sie die geringe Make-Up Farbenauswahl kann man irgendwo als rassistisch bezeichnen?” Frau Korrekts Fragen werden wohl eher so klingen: „Können Sie sich denn vorstellen, warum es strukturell rassistisch ist, dass es hier nur so eine geringe Make-Up Farbenauswahl gibt?” Danach folgt eine spannende Debatte, bei dem der Meinungskorridor mal wieder so eng wie eine Flugzeugtoilette ist. Fertige Recherchearbeiten werden gegen Ende des Schuljahres dann in den Schulgängen ausgestellt, damit auch 5. Klässler ihren moralischen Horizont erweitern können.

Mit dem Kurs lässt sich eine Abiprüfung ersetzen

Doch jetzt kommt das allerbeste: abgeschlossene Seminarkurse können dir eine der zwei mündlichen Abiturprüfungen in Baden-Württemberg ersetzen! Das ist wohl auch der Grund, warum sich so viele für das Anti-Rassismus-Gedöns eingeschrieben haben. Ich habe mal gezählt: etwas mehr als ein Viertel meiner Stufe möchte sich eine Prüfung sparen, ähh Anti-Rassist werden. Dabei gibt es sogar noch einen zweiten Kurs, mit dem man eine mündliche Abiprüfung ersetzen kann. Das Problem ist nur: Wer auch immer für diesen Kurs zuständig ist, er hat sich wohl mit Absicht das langweiligste Thema der Schulgeschichte ausgesucht: Numismatik, die Wissenschaft von Münzen. Sogar ich, als History-Lover und Geschichts-LK-Wähler, könnte bei diesem Unterricht nur mit mehreren Kaffees intus wachbleiben. Der Kurs kommt jetzt wahrscheinlich mit knapp 9 Schülern doch zustande, ein kleiner Trost für den armen Lehrer, dessen Philosophiekurs von satten drei Leuten gewählt wurde. Aber mit dem Anti-Rassismus-Seminar scheint alles glatt zu laufen!

Eine 40-seitige Ausarbeitung ist Pflicht

Einen Haken hat die Sache allerdings: Die drei Stunden Unterricht fallen mit großer Sicherheit immer in die Abendstunden, wenn man schon fix und fertig von seinem Tag ist. Außerdem lassen sich das Deutsch- und Matheabi nicht mit dem Seminar ersetzen. So weit sind wir dann doch noch nicht. Und der noch größere Haken: Der Seminarkurs nimmt zwar nur die elfte Klasse in Anspruch, aber er endet mit einer 40-seitigen individuellen Ausarbeitung über ein selbstgewähltes Rassismus-Thema. Die wahre Hölle für alle Deutsch-Hasser! Auf der anderen Seite kann man sich ja einfach ein bisschen über den Begriff „Schwarzer” oder „Dunkelhäutiger” aufregen… Frau Korrekt wird man damit sicherlich beeindrucken können. Schwänzen geht auch nicht: Die Fehlstunden werden streng gezählt. Es kann ja nicht sein, dass dir das mündliche Abi geschenkt wird, wenn du bei den Seminaren nicht einmal anwesend warst. Und gut, abgesehen davon, ein bisschen mehr linke Meinungsmache im Unterricht schadet nie…

Dennoch ist insgesamt ziemlich klar, warum das Anti-Rassismus-Seminar so viel Erfolg hat. Für alle Blitzmerker: am Interesse meiner Mitschüler an dem Thema liegt es nicht! Aber wenn du ohnehin schon ein ach so rebellischer Teenager bist, der sich sehr gerne täglich auf Woke-TikTok begibt, umso besser! In Zukunft kannst du deine Social-Justice-Warrior-Aktivitäten auch im Unterricht vollbringen.


Dosensuppen und Sex. Andy Warhol in Münster

Von Jonas Kürsch | Starkult, Dosensuppen und Sex sind nur einige der unzähligen Kernthemen, die das bis heute hochumstrittene Lebenswerk des Malers Andy Warhol prägen. Mit seinen in Massenproduktion gefertigten Druckkunstwerken und der Verwendung von sich immer wiederholenden Motiven verursachte der Urvater der Pop-Art-Bewegung unzählige Skandale. Die neue Warhol-Retrospektive des Kunstmuseums Pablo Picasso in Münster versucht die über vier Dekaden hinweggehende Schaffensphase des Künstlers im Rahmen von etwa 77 ausgewählten Werken zusammenzufassen – und vergisst dabei einige seiner kontroversesten Werke.

Wer war Andy Warhol?

Andrew Warhola (Warhols eigentlicher Geburtsname)  wird 1928 in der amerikanischen Arbeiterstadt Pittsburgh geboren. Als Kind zweier osteuropäischer Einwanderer litt er stark unter der Verarmung seiner Familie. Das Einkommen der Familie war so gering, dass seine Mutter ihm an den meisten Tagen nur mit Suppen aus warmen Wasser und Ketchup ernähren konnte. Der Verzehr einer einfachen Dosensuppe soll mehreren Quellen zufolge in der Familie Warhola schon als besonderes Festmahl behandelt worden sein. Zudem trieb ihn seine selbstempfundene Hässlichkeit bereits im jungen Alter in schwere Depressionen. Auch sein introvertiertes und schüchternes Auftreten brachte ihm schon zu Schulzeiten den Ruf eines Außenseiters und Einzelgängers ein.

Nach einem Studium der Gebrauchsgrafik zog Warhol nach New York City, dem Mittelpunkt der amerikanischen Kunst- und Literaturszene. Zu Beginn arbeitete er als Dekorateur für Schaufenster und Zeichner einfacher Werbekarikaturen, zumeist für Schuhprodukte. In diesem Zusammenhang machte Warhol auch erstmals von seiner charakteristischen Siebdrucktechnik Gebrauch, da er seine Motive schon zu dieser Zeit für das Werbematerial seiner Auftraggeber vervielfältigen konnte. Letztlich verband er diese Technik mit seiner Liebe für die kapitalistische, westliche Konsumgesellschaft der USA und begann zunächst damit die Zeichentrick-Ikonen seiner Kindheit auf die Leinwand zu bringen (u.a. Superman, Micky Maus und Pop-Eye). Die Bilder erregten jedoch kaum Aufmerksamkeit, da Warhols Pop-Art-Konkurrent Roy Lichtenstein mit seinen Malereien diese Motive schon weitaus früher in sein Werk übernommen und daher für die Kunstelite uninteressant gemacht hatte. Warhol stellte jedoch schnell fest, dass seine Liebe zum amerikanischen Konsum sich nicht nur über Comics darstellen ließ, sondern über wortwörtlich alles, was die nationale Kultur zu bieten hatte: Coca-Cola-Flaschen, Jane Fonda, Campbell’s Dosensuppen, den (späteren) Präsidenten Richard Nixon, Elvis Presley, Seifenprodukte, Marilyn Monroe, die Ermordung John F. Kennedy’s, Flugzeugunglücke, Liz Taylor und vieles mehr. 

Mit seiner Begeisterung für die Effizienz der industriellen Massenproduktion und den neuaufkeimenden Hollywood-Starkult der 1950er Jahre traf er den Zahn der Zeit. Besonders die dutzenden Siebdrucke der Dosensuppen trieben große Menschenmengen in die New Yorker Kunstgalerien und machten ihn schnell zu einem der namenhaftesten Künstler des Landes. 

Marilyn Monroe und Mao in Münster

Die Ausstellung bemüht sich darum, dem Besucher eine möglichst große Bandbreite von verschiedenen Warhol-Projekten aus unterschiedlichen Lebensabschnitten des Künstlers zu bieten. So stellen die berühmten Siebdrucke von amerikanischen Starikonen wie Marilyn Monroe, Jane Fonda und Liza Minelli zwar den offensichtlichen Höhepunkt der Retrospektive dar, doch mit den Porträts von Joseph Beuys, Mao Zedong und Johann Wolfgang von Goethe werden auch weniger bekannte Motive des Künstlers wirkungsstark in Szene gesetzt. Allerdings wird mit dem Fokus auf Warhols Porträts ein – wie ich finde – grobschlächtiger Fehler gemacht: denn Warhol war mehr als nur ein einfacher Porträtist. Zwar zeigt die Ausstellung auch eine Reihe seiner nicht-menschlichen Motive der Konsumgesellschaft, wie die berühmte Warhol-Kuh, die Suppendosen von Campbell’s und eine seine Katzenmalereien aus den 50ern. Nur gehen diese bedeutsamen Motive in der Masse leider ein wenig unter. 

Besonders verwirrend war für mich die Erkenntnis, dass viele bahnbrechende Kunstserien aus seiner Factory-Zeit überhaupt nicht (oder nur minimal) berücksichtigt worden sind. Seine skandalöse Reihe mit dem Namen “Death and Disaster“, in welcher er blutige Unfälle und andere grausame Tragödien aus der amerikanischen Nachkriegszeit verarbeitet, wurde beispielsweise zu sehr auf politisch motivierte Tragödien (z. B. die Ermordung Kennedy’s oder Rassenunruhen) reduziert. Das in der Serie zentralliegende Thema der (fast schon kommerziellen) Alltäglichkeit des Todes, wie es im Rahmen von fatalen Autounfällen oder Flugzeugabstürzen der Fall ist, wird durch die ausgewählten Werke nicht wirklich vermittelt. Die willkürlichsten und katastrophalsten Momente aus jener Serie (u.a. die Werke “129 Die in Jet!“ Oder “Car Crash“) werden vollständig ausgelassen. Gleiches gilt für seine Darstellung schwerkrimineller Verbrecher in der Serie “Thirteen Most Wanted Men“, die 1964 von amerikanischen Behörden sogar zensiert wurde. 

Wo sind Warhols Filme, Plastiken und Musik?

Ich persönlich war auch darüber enttäuscht, dass sich die Retrospektive ausschließlich auf Warhols Malereien fokussiert, die zwar einen zentralen Bestandteil seiner Arbeit ausmachen, aber definitiv nicht alles sind. Die ohne Kontext gezeigten Stummfilme von prominenten Persönlichkeiten, die mehrere Minuten lang regungslos vor der Kameralinse verharren, vermitteln ein völlig falsches Bild von Warhols filmkünstlerischen Schaffen und werden seinem provokanten Stil nicht im geringsten gerecht. Seine Kultfilme Chelsea Girls (ein Film über das Leben der bizarren Einwohner des New Yorker Chelsea Hotels) und Blue Movie (einer der einflussreichsten, pornografischen Filme aller Zeiten) wurden leider nur in einer Randnotiz erwähnt, ebenso seine bahnbrechenden Installationen Brillo-Boxes und Silver Clouds. 

Auch sein Wirken als Musikmanager und Performance Künstler wurde von den Kuratoren weitestgehend ausgeklammert. Die von ihm gemanagten “Superstars“ (z.B. die Band The Velvet Underground, das deutsche Supermodel Nico, die Schauspielerin Edie Sedgwick und viele weitere) spielten zwar in den wenigen gezeigten Filmen die Hauptrollen, ihre Bedeutsamkeit im Rahmen seines künstlerischen Weltbildes wurde dadurch allerdings nicht wirklich klar: denn laut Warhol konnte jeder ein Star sein, der sich und seine Talente in den Medien richtig zu vermarkten wusste. Außerdem hätten Musik, Plastiken und abwechslungsreichere Filme der Ausstellung gut getan, da sie Warhols Schaffen als multimedialen Künstler besser hervorgehoben hätten. 

Solide Ausstellung mit Verbesserungsbedarf

Warhol wusste den Kontrast von Schönheit und Hässlichkeit zu nutzen wie kaum ein anderer. In seinen Filmen wird diese Balance auch durch unorthodoxe Mittel und möglicherweise obszöne Darstellungen verdeutlicht, die dennoch einen berechtigten Stellenwert im Lebenswerk von Warhol besitzen. Die in Münster ausgestellten Werke bieten einen soliden Grundeinblick in das Schaffen von Andy Warhol, doch bei der Auswahl der Exponate fehlt es in vielerlei Hinsicht an Tiefe. Wer einen ersten Einblick in die Arbeit Warhols erhalten möchte, der wird bei dieser Ausstellung mit Sicherheit auf seine Kosten kommen. Wer allerdings Warhol gerne von seiner unkonventionelleren Seite kennenlernen würde, könnte durch die Exposition ein wenig enttäuscht werden.

Die Ausstellung „Andy Warhol“ ist bis zum 18. September 2022 im Kunstmuseum Pablo Picasso in Münster zu sehen. 

„Kunst ist das, womit man durchkommen kann.“

– Andy Warhol

 

Lasse Olsson / Pressens bild, Public domain, via Wikimedia Commons

Generation G8: Schüler als Laborratten?


Von Simon Ben Schumann | G8 spaltet die Gemüter – sollte die Schullaufbahn aus Grundschule und Gymnasium 12 Jahre dauern, oder doch lieber altbewährte 13? Weder unter Schülern noch unter Eltern gibt es einen eindeutigen Konsens, die Mehrheit tendiert zu G9. Mittlerweile wurde G8 in mehreren Bundesländern wieder abgeschafft.

Ich hatte 12 Jahre Schule, davon 8 am Gymnasium – und habe eher negative Erfahrungen gemacht. Klar, es ist cool, ein Jahr früher das Abi zu bekommen. Doch dafür habe ich, nach eigenem Empfinden, weniger Bildung ins spätere Leben mitgenommen.


Warum eigentlich 12 Jahre?

Ab dem Jahr 2003 wurde in Deutschland bundeweit die Abiturzeit an Gymnasien auf 8 Jahre verkürzt. Was vorher nur im Nationalsozialismus und der DDR gegolten hatte, war vor allem in Westdeutschland eine große Neuerung; dort waren seit Kriegsende 13 Jahre Gesamtschulzeit die Regel.
Die Gründe werden kontrovers diskutiert und kritisiert. Denn hinter der Schulzeitverkürzung steckte nicht etwas das Wohl der Schülerschaft, sondern wirtschaftliche Motive. Stiftungen und Gremien wiesen darauf hin, dass die Schulzeit deutscher Gymnasiasten länger als im Ausland sei. Der demographische Wandel bot einen weiteren Grund, Abiturienten schneller auf den Arbeitsmarkt bringen zu wollen.

Eine längere „Lebensarbeitszeit“ sollte die Nachwuchsprobleme der deutschen Bevölkerung abfedern. Wer früher die Schule beendete, würde im Schnitt länger arbeiten und Leistung für die Wirtschaft bringen. Der Nebeneffekt: Mehr Steuern und Sozialabgaben für Staat und Rentenkasse. Diese Argumentation wirkt auf mich ein bisschen wie aus einer Dystopie entnommen; in einem Film sollte an dieser Stelle wohl jemand aufhorchen und sagen „Das ist absolut keine gute Idee.“
Auch damals schon gab es Kritiker, die das Offensichtliche ansprachen: Muss ein Jahr Schulzeit nicht irgendwie kompensiert werden, ohne dass die Schüler deswegen Probleme bekommen? Die Antwort darauf war, die Wochenstunden zu steigern. Besonders der Nachmittagsunterricht würde dafür sorgen, dass kein „Stoff“ unterginge. Mehr Ganztagsschulen mit Mensa und Freizeitangeboten würden ihr Übriges tun, damit die ohne Not eingeführte Reform glatt ginge. Schließlich hätte das Ganze in der ehemaligen DDR auch funktioniert.


Der Abiturient: taugliche Arbeitskraft?

Trotz warnender Stimmen ging die bundesweite Reform an den Start. Sie wurde auch zur Zeit der Einführung als Experiment begriffen; was passieren würde, war unklar. Bald fingen die Probleme an. Schüler und Lehrer klagten darüber, dass Jugendliche einfach keine Lernmaschinen seien, die man nur bis zum Nachmittag in den Unterricht schicken müsste, um den Bildungsstand zu heben. Ich erinnere mich selbst noch gut, wie an meiner Schule in der 6. Und 7. Klasse „ausgesiebt“ wurde – so bezeichneten das sogar die Lehrer. Statt individueller Förderung und wirklicher, intrinsisch motivierter Bildung hieß es: Wer nicht paukt, fliegt raus. Manche meiner Mitschüler überstanden das nicht und ernteten dafür nur wenig Verständnis. Mehrmals in der Woche gab es damals schon Nachmittagsstunden, die Schule dauerte öfter bis 15:10 Uhr. Das hieß auch weniger Freizeit; gegessen wurde in der Mensa, später durften wir auch in die Innenstadt zum Dönermann.


Schlimm wurde es für viele G8-Versuchskaninchen, als sie in die Oberstufe kamen. Die Wochenstunden erhöhten sich. Bei uns war es so, dass die Schule jetzt immer lange dauerte, mit 34 bis 36 Wochenstunden. Meistens hatten wir bis 16:00 oder 16:50 Uhr Schulzeit – im Winter war es dunkel, wenn man in die Schule kam, und dunkel, wenn man sie wieder verließ. Ebenso düster waren die Aussichten, auf diesem Weg eine tiefsitzende, humanistische Bildung zu erhalten. Manche Lehrer gaben sich viel Mühe – Sternstunden waren unser Geschichts-Leistungskurs – aber meistens plätscherte der Unterricht vor sich hin. Das Curriculum wurde in vielen Fächern durchgepeitscht.


Die Wendung „Wir müssen mit dem Stoff weiterkommen!“, die viele G8ler kennen, drückt ein Grundproblem des Feldversuchs aus. Statt sich der wirklichen Förderung der einzelnen Menschen zu widmen, war das System schon intentionell darauf ausgerichtet, Arbeitskräfte mit Abiturzeugnis zu „produzieren“. Meine Freunde und ich bestätigten uns gegenseitig, dass der für Klausuren gepaukte Stoff das Gehirn danach fluchtartig verließ. Eine Bindung an den Inhalt gab es nicht; eher schon an die Note unter dem Erwartungsbogen.

Rückblickend ist es aus meiner Sicht schade, dass die G8-Reform in Deutschland eingeführt wurde. Viele Schüler waren oft gestresst, erfuhren qualitativ unzureichende Bildung und wurden manchmal sogar ihrem Abitur beraubt, weil Interessenvertreter aus Wirtschaft und Politik nur an sich selbst dachten.
Für die Zukunft können wir aus dieser Erfahrung aber etwas mitnehmen. Als junge Leute und irgendwann als Eltern müssen wir darauf Acht geben, was unsere Vertreter in Berlin und den Landeshauptstädten mit den Schulen und unseren Kindern vorhaben. Denn die Verantwortung und die Konsequenzen solcher Entscheidungen werden im Endeffekt nicht von Politikern oder Wirtschaftsvertretern getragen, sondern von uns Bürgern.


Pädagogischer Spielraum und Machtmissbrauch

Von Laura Werz | Die „mündliche Mitarbeit“ ist ein Dauerbrenner, wenn es zu einer Diskussion um das Schulsystem in Deutschland kommt. Sie stellt nicht nur das wesentliche Bewertungssystem in unseren Schulen dar, sondern bestimmt maßgeblich den schulischen Alltag und begründet ein untragbares Abhängigkeitsverhältnis zwischen Lehrern und Schülern. Mindestens 50% der Gesamtnote hängt davon ab, wie oft man seinen Finger in einer 45-minütigen Stunde in die Luft hält. Nicht selten sind es sogar 70%, welche der Willkür des Lehrers unterworfen sind. Ich habe die Schule vor nunmehr fast einem Jahr, mit dem Abitur in der Tasche, verlassen können und bin jeden Tag glücklich, diesen Ort der blinden Willkür, Anbiederung und Abhängigkeit nie wieder betreten zu müssen. Schon zu Schulzeiten war es für mich unbegreiflich, warum den Lehrern diese Form der Macht über die Schüler gegeben wird.

Die Folgen, Konsequenzen und vermeintlichen Vorteile habe ich 7 Jahre lang auf dem Gymnasium täglich beobachten und selbst erfahren müssen. Aber was spricht überhaupt dafür, Lehrern einen so großen subjektiven Bewertungsspielraum einzuräumen? An erster Stelle wird gerne angeführt, dass es in der Schule nicht nur um Wissensvermittlung geht, sondern auch menschliche Komponenten berücksichtigt werden müssen, wie die Sozialkompetenz, die Teamfähigkeit, oder das Engagement. In meiner Schulzeit habe ich wohlbemerkt zu jedem Zeugnis noch ein zusätzliches „Sozialzeugnis“ bekommen, in welchem eben diese Kompetenzen bewertet wurden – und trotzdem durfte sich mein Physiklehrer 70% meiner Fachnote ertanzen. Dabei zeigen gerade die schriftlichen Leistungen am besten, ob der Schüler das nötige Fachwissen aufweist und im entscheidenden Moment abliefern kann. Grundsätzlich stimme ich zu, dass auch menschliche Aspekte in der Schule Berücksichtigung erfahren sollten. Allerdings sollte dabei keinesfalls vergessen werden, was schlussendlich der wesentliche Auftrag der Schulen ist: das Lehren und Lernen. Die Erziehung und Sozialisierung ist in allererster Linie Aufgabe der Eltern – auch wenn unsere Regierung konsequent versucht, sich dieses Privileg der Eltern peu à peu durch absurde Lehrpläne zu eigen zu machen.

Die Bewertung der „sozialen Mitarbeit“ führt zu einer bodenlosen Vernachlässigung des Lehrauftrags, sowie der Lernwilligkeit der Schüler. Schüler merken schnell, ob die notwendige Sympathie von Seiten des Lehrers vorhanden ist, um die gewünschte Note zu erzielen. Es ist demensprechend frustrierend, wenn man von vorherein weiß, dass man seine hart erarbeitete schriftliche Note nie auf dem Zeugnis bewundern wird, weil die Chemie zwischen Lehrer und Schüler einfach nicht stimmt. Ich möchte Lehrern nicht generell unterstellen, ihre Lieblingsschüler zu gut und andere extra schlecht zu bewerten – wobei auch das keine Seltenheit ist. Das ein subjektiver Eindruck des Lehrers von dem jeweiligen Schüler allerdings immer Ausschlag in der mündlichen Note findet, ist nicht von der Hand zu weisen. Menschen können nicht absolut objektiv sein und es ist närrisch absolute Objektivität von ihnen zu fordern – doch ebendiese Objektivität setzt das schulische Bewertungssystem voraus. Darüber hinaus ist zweifelhaft, wie fundiert der Eindruck eines Lehrers von einem Schüler überhaupt sein kann, welchen er 45 Minuten in der Woche in einem Meer von 30 weiteren Schülern zu Gesicht bekommt. Da ist es nicht sonderlich verwunderlich, dass er am Ende des Jahres von dem ein oder anderen noch nicht einmal den Namen kennt.

Die allermeisten Schüler werden bei der obligatorischen Notenbesprechung vor den Zeugnissen folgenden Satz gehört haben: „Du bist leider ein wenig zu still“, oder „Ich gebe dir dieses Mal nur eine drei, um dich für nächstes Jahr zu motivieren“. Was maßen sich die Lehrer eigentlich an, Schülern aufgrund ihres Bewertungsspielraums, eine schlechtere Note zu geben – zur Motivation?! Ganz abgesehen davon, dass diese Motivationsstütze ihren vermeintlichen Zweck in den seltensten Fällen erfüllt. Früher oder später geht es allerdings nicht mehr nur um die Frustrationsgrenze der Schüler, sondern um die Bewerbung an einer weiterführenden Schule, oder einer Universität. An dieser Stelle entfalten die 50% oder 75% Bewertungsspielraum ungeahnte Möglichkeiten der nachhaltigen Diskriminierung von ruhigen und zurückhaltenden Menschen.

Das System geht zu Lasten der „zu stillen“ Schüler, von welchen der Großteil sich schlichtweg nicht in übertriebener Selbstdarstellung und Aufmerksamkeitserregung selbstverwirklichen kann und will. Es gib nun einmal extrovertierte und introvertierte Menschen. Warum muss die eine Gruppe in der Schule konsequent und systematisch benachteiligt werden? Wir erziehen in Schulen Labertaschen, Schleimer und Ichdarsteller heran. Das meistedessen, was im Unterricht von den großen Mitarbeitern zum Besten gegeben wird, bringt weder den Unterricht noch sie selbst in fachlicher Weise oder sonst irgendjemanden weiter, denn Quantität geht vor Qualität und wird mit guten Noten belohnt. Ziel der Schüler ist es dementsprechend, eine Dauerpräsenz aufrecht zu erhalten, damit der Lehrer sich am Ende des Schuljahres doch noch an ihren Namen erinnert.

In den letzten beiden Schuljahren, die ja für das Abitur zählten, habe ich ein mir zuvor völlig unbekanntesBuhlen um die Zuneigung der Lehrer erleben müssen. Mich selbst kann ich an dieser Stelle fairerweise nicht ausnehmen. Wie die meisten meiner ehrgeizigen Freunde, hatte ich einen bestimmten Notenschnitt zum Ziel, den ich für mein Wunschstudium erreichen musste und gute Noten sind bekanntermaßen gleichbedeutend mit der Beliebtheit bei den Lehrern. Schriftlich eine 5 zu schreiben ist kein Problem, solange der Lehrer dich aufgrund herausragender mündlicherBeteiligung noch auf eine Gesamtnote von 2 emporheben kann. Da erscheint es effizienter, seine Zeit und Energie in die Meinung des Lehrers, statt in das Pauken von Fachwissen zu stecken. Es war nie so leicht, ein sehr gutes Abitur zu machen, ohne jemals den Dreisatz verstanden- oder Faust gelesen zu haben.

Ehrgeizige Schüler glänzen vorrangig nicht mehr durch Wissen oder Leistung, sondern dadurch, zu wissen, was der Lehrer hören möchte und die Meinung des Lehrers stets schmeichelnd zu bestätigen. Und jene uninteressierten und auch schlechten Schüler, welche früher als Zappelphillips und Quatschtanten in die Geschichte eingingen, profitieren heute von ihrer extrovertierten Natur und werden auf Kosten der Lernwilligen trotz unterdurchschnittlicher Leistungen von unserem Schulsystem mitgetragen. Das Ergebnis sind Massen von Abiturienten aus einerseits ungebildeten Dauerquatschernund andererseits anbiedernden autoritätshuldigenden jungenMenschen, welche allesamt zu den Universitäten pilgern, um unbedingt zu studieren.

Wir haben aus unseren Schulen vor vielen Jahren den Leistungsgedanken verbannt und züchten obrigkeitshörende unreflektierte und unkreative Menschen heran, denen nie gelehrt wurde, selbstständig zu denken und zu hinterfragen. Es ist daher mehr als überfällig, die Gewichtung der mündlichen Noten stark zu reduzieren und irgendwann ganz abzuschaffen, sodass eine Abhängigkeit der Schüler von den Lehrern die Lehrer nicht mehr von ihrer Lehrpflicht befreit und den Schülern nicht mehr die Lernbereitschaft raubt.


Die Rache an meiner Klassenlehrerin 

Von Jonas Aston | Liebe Frau, nennen wir sie einfach mal Ernst, es ist jetzt schon über drei Jahre her, dass Sie mich in einer Klausur vollkommen unberechtigt mit 3 Punkten bewerteten. Für jeden, der mit dem Punktesystem nichts anfangen kann: 3 Punkte entsprechen einer 5+. Sie haben die ganze Angelegenheit vermutlich schon längst verdrängt. Doch ich habe nichts vergessen und jetzt kommt meine Rache!

Aber ganz von Anfang: Frau Ernst ist Deutschlehrerin und war zugleich meine Klassenlehrerin. Außerdem ist sie Inhaberin einer Buchhandlung. Durch diese Kombination konnte sie ein ausgeklügeltes System des modernen Raubs entwickeln. Jedes Schuljahr mussten wir mindestens 5 Bücher lesen. Wesentlich mehr als vom Lehrplan verlangt. Frau Ernst versetzte der Lehrerberuf in die aus Unternehmersicht traumhafte Situation, Angebots- und Nachfrageseite kontrollieren zu können.

Freundlich wie Frau Ernst ist, bat sie uns natürlich an, die Bücher in ihrer Buchhandlung zu besorgen. So eine Schulstunde konnte sich dann schon mal lohnen. Erst das Beamtengehalt absahnen und ganz nebenbei noch 30 Bücher verticken. Gott sei Dank bin ich während der Corona-Zeit nicht mehr zur Schule gegangen. Ihre quasi-mafiösen Strukturen dürfte Frau Ernst während der Lockdowns noch weiter ausgebaut haben. Irgendwer muss schließlich die Verluste kompensieren. Natürlich hätte man die Bücher auch woanders kaufen können. Der Kaufpreis wirkte jedoch als eine Art Schutzgeld. Ein „Fremdkauf“ konnte die Aussicht auf gute Noten schon mal schmälern.  

Doch obwohl ich – wenn auch genötigter – Stammkunde bei Frau Ernst war, konnte mir selbst das einmal nicht die Note retten. Es war Klausurenphase und wir hatten die Aufgabe ein Essay zu schreiben. Unter einem Essay verstand meine Lehrerin eine humorvolle, gerne auch derbe und unsachliche Abhandlung. Das Thema kannten wir im Vorhinein nicht. Als dann unsere Handys eingesammelt wurden, verkündete meine Lehrerin, dass wir über die Schule schreiben sollten. Ich erkannte dies als einmalige Gelegenheit zur Generalabrechnung mit dem Bildungssystem. Ich zog über diverse Lernmethoden her, beklagte das abfallende Niveau und bezeichnete den Lehrkörper als „leeren Körper“, der oftmals demotiviert seinen Unterricht abhält. Nach einigen Stunde war Abgabe und ich war mit meinem Text ziemlich zufrieden. Nur Frau Ernst fand meinen Essay leider so gar nicht witzig.

Das Bewertungsblatt war mit Rotstift so zugekleistert, wie ich es sonst nur von den Berliner Wahlunterlagen kenne. Schon an der Überschrift störte Frau Ernst sich. Sie lautete: „ `Deutschland schafft sich ab` – Das Ende der Bildungsrepublik“. Dies sei ein Plagiat, so befand Frau Ernst. Schließlich stamme der Satz von Thilo Sarrazin und nicht von mir. Ich hatte jedoch „Deutschland schafft sich ab“ in Anführungszeichen geschrieben und mir damit eben nicht zu eigen gemacht. Doch dabei beließ es Frau Ernst – konkret knallte sie mir im Bewertungstext entgegen: „Die Überschrift ist ein Plagiat. Genauso wie vermutlich weitere Teile des Textes und entspricht nicht deinem Sprachvermögen. 3 Punkte.“ Zur Erinnerung: Wir mussten unsere Handys abgeben und kannten nicht einmal das Klausurthema. Meine Freunde meinten scherzhaft zu mir, ich solle beim nächsten Mal einfach dümmer schreiben. Ich wollte es dabei allerdings nicht belassen.

Also bat ich meine Lehrerin um ein Vier-Augen-Gespräch. Wie für Clanchefs üblich wollte sich Frau Ernst mit mir aber nicht an einem neutralen Ort – wie etwa der Schule – treffen. Während Arafat Abou-Chaker und Ashraf Rammo ihre Handlanger in ihre Cafes oder Shisha-Bars einladen, bestellt Frau Ernst ihre Schüler in die Buchhandlung ein. Dort vermittelte ich ihr meinen Standpunkt. Sie erklärte mir dann ruppig, dass ich noch einen anderen Lehrer gegenlesen lassen könne und die Noten dann verrechnet werden. Wirklich Recht war mir das allerdings nicht. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass sich die verschworene Deutschlehrerschaft gegenseitig in die Pfanne haut. Und selbst dann wäre die Note immer noch nicht wirklich gut geworden. Am Ende stand ein sogenannter „Kompromiss“ und ich durfte bzw. musste ein Gedicht aufsagen, welches dann mit meiner Klausurnote verrechnet wurde. Insgesamt bekam ich schlussendlich 9 Punkte, was einer 3+ entspricht. So richtig glücklich war ich auch damit nicht, aber mehr war nicht zu holen.

Frau Ernst unterrichtet heute noch immer und auch noch heute dreht sie Schülern Bücher an, die diese niemals lesen werden. Ich hoffe auf eine baldige Bücherrazzia bei Frau Ernst, damit ihr schmutziges Geschäft ausgetrocknet wird.


Der schlimmste Lehrer von allen

Von Selma Green | Ob Sie es glauben oder nicht, als kleiner Nerd habe auch ich Lehrer, die ich wie die Pest hasse. Es gibt da eine breite Palette von Exemplaren, die gerade aus der Hölle gekomme zu sein scheinen. Bei solchen Leuten frage ich mich: Warum sind die überhaupt Lehrer geworden? Dachten die sich eines morgens: “Mensch, ich werde Lehrer. Ein super Beruf um Kinder zu quälen.”?
Hier aber ein Lehrer, den ich von allen am wenigsten leiden kann:


Chemie ist ein super Fach – eigentlich. Mein erster Chemielehrer Herr M. (mich graut es seinen vollständigen Namen aufzuschreiben) hat mich dazu gebracht, das Fach zu verabscheuen. Ich kann mich noch genau an Herrn M. erinnern. Er grinste immer so gruselig, wie das Kind von der Kinderschokoladenverpackung, sodass sich sein weißes Ziegenbärtchen zu einem Strich verformt. Mit Turnschuhen, Hipster-Schiebermütze und seiner Bomberjacke schlendert er dann durch die Reihen, tippt etwas auf seinem IPad herum und reißt schlechte Witze und “coole” Sprüche. Herr M. hatte ständig diese antiautoritäre “Ich-bin-der-lässige-Freund-meiner-Schüler-doch-eigentlich-sind-sie-mir-egal”-Attitüde. Gelernt habe ich bei ihm so gut wie nichts. Ich durfte vielleicht ein paar Stoffe verbrennen die hübsch leuchteten, doch fragen Sie mich nicht, was da genau passiert ist. Ich lernte mehr bei “Dora the Explorer”, als in einem Jahr Chemieunterricht bei Herrn M.. „Dora the Explorer” war so eine interaktive Kindersendung, die Kinder dazu verleitet, den Fernseher anzuschreien (gern geschehen Nachbarn). Naja, Sie wissen schon.

Wir mussten trotz alledem Klassenarbeiten schreiben. Bei der zweiten Klassenarbeit hieß es zuerst “Chemie fällt aus”. Und Überraschung! 5 Minuten nach Unterrichtsbeginn wurden wir zum Chemieraum zusammengetrommelt. Dort erwartete uns Herr M. mit seinem Kinderschokoladen-Lächeln und meinte mit sanfter Stimme, die mir einen Schauer über den Rücken jagt, wenn ich nur an sie denke: ”Ihr solltet mal mit der Arbeit loslegen. Zeit läuft schon. Ihr habt noch 35 Minuten.” 35 Minuten von 45!? Wir sprinteten zu unseren Plätzen, auf denen die Klassenarbeiten schon, fein säuberlich platziert, lagen. Wenn wir nicht schon durch den Sportunterricht völlig verschwitzt waren, dann brachte uns diese Chemieklassenarbeit definitiv dazu. Die meisten Aufgaben musste man sich erst einmal 5 Minuten lang durchlesen, um sie zu verstehen.

Klassendurchschnitt: 4,4

Ich sage nur so: Der Notenspiegel war kein hübscher anblick: 17 Fünfen, 10 Vieren, 2 Dreien und eine einzige Eins. Meine Arbeit kennzeichnete eine dicke 4 minus. Herr M. hatte da ein paar Pünktchen “vergessen”, sodass ich mir noch eine 4 plus ergattern konnte. Der Chemielehrer weigerte sich auch konsequent meine Fragen zu beantworten. “Was ist bei der chemischen Reaktion jetzt passiert?” Grinsen, “Wie kann ich meine Note verbessern?”, Grinsen, “Was hat es mit dem Periodensystem auf sich?”, Grinsen.

Ich habe eine ältere Schwester und ich dachte ich wüsste, was Zickenkrieg ist. Doch Herr M. zeigte mir, dass auch Männer zicken können. Nein, eigentlich ist Herr M. kein Mann, viel mehr ein kleiner Junge, der alles von seiner lieben Mami in den Allerwertesten geschoben bekommen hat.
Von der Sorte Lehrer wie Herrn M. gab es einige an meiner alten Schule. Das war folgendes Phänomen: Meine grünen Mitschüler, hatten keine Lust auf Schule. Sie müssen sich vorstellen, meine Mitschüler waren solche wohlstandsverwahrlosten, leistungsverweigernden FridayforFuture-Rotzgören, die denken, sie wissen alles besser, als die Erwachsenen. Da wurde jeder noch so kleine Makel am Unterricht oder am Lehrer genutzt, um eine Diskussion zu beginnen und um keinen Unterricht machen zu müssen. Das ist auf die Dauer echt ätzend, dafür braucht man kein Nerd sein, sondern schlicht alle Tassen im Schrank. Die meisten Lehrer trauen sich nicht mehr, schlechte Noten zu verteilen oder streng zu sein.

Am Ende werden nicht die Schüler für die schlechten Noten, sondern die Lehrer beschuldigt. Dann kommt die Mama von Phillipp in die Schule und beschwert sich warum ihr Baby denn so schlechte Noten hat. Genau deshalb beginnen die Lehrer mit einzusteigen und uns nicht wirklich etwas beizubringen. Nein, an oberster Stelle steht: Haltung. Ist der Lehrer nicht woke genug, hat er bei den grünen Rotzgören keine Überlebenschancen. Die Lehrer versuchen dann mit den Schülern befreundet zu sein und nur lustige Sachen zu machen.

Das ist völlig pervers! Wer will denn mit seinem Lehrer befreundet sein? Jedenfalls besteht der Unterricht dann für zwei Monate aus Friede Freude Eierkuchen, doch dann – Boom! Dann haut der Lehrer bei der nächsten Klassenarbeit die Schüler in die Pfanne. Nach meinen Erfahrungen glotzen alle blöd aus der Wäsche und machen dann wieder mit, wenn der Herr M. in der nächsten Stunden seine coolen Sprüche liefert. Damit die Eltern nicht quengeln bekommt jeder Schüler zum Trost die 2 oder 3 auf sein Zeugnis, die jedenfalls nicht annähernd der Note in den Klassenarbeiten entspricht.

In der Schule lernen die Schüler, wie man nicht mehr lernen muss.

Herr M., mein ehemaliger Chemielehrer, ist das Musterbeispiel für einen solchen Lehrer. Man merkte ihm an, dass er es genießt, der coole Kumpel der Schüler zu sein. Doch noch breiter grinste er, als wir mit bleichen Gesichtern unsere Tests und Klassenarbeiten benotet in den Händen hielten.

So sieht es in den meisten Fällen in Klassen mit hauptsächlich grünen Öko-Jugendlichen aus. Ja, die Schüler verweigern Leistung und die Lehrer steigen mit ein. Die Eltern gehen immer davon aus, dass ihr Liebling alles richtig macht und wehe ein Lehrer wagt es, etwas anderes zu sagen. Die Lehrer und die Schulleitung halten lieber den Mund. In der Schule lernen die Schüler, wie man nicht mehr lernen muss.