Archiv: September 25, 2022

Charles der Dritte ist König – wer waren die beiden anderen Charles’s?

Von Jonas Kürsch | Mit dem Tod von Königin Elisabeth II. ist ihr Sohn Charles, der „ewige Thronfolger“, mit  über siebzig Jahren zum britischen Monarchen ausgerufen wurden. Damit trägt der  ehemalige Prince of Wales nun den offiziellen Titel „His Majesty King Charles III. of the  United Kingdom and other Commonwealth realms“. Doch die Tatsache, dass er bereits  der dritte britische Monarch mit dem Namen Charles ist, ließ auch in Deutschland das  historische Interesse an seine beiden berühmt-berüchtigten Namensvettern wieder  aufleben. Wer also waren die beiden „Karls“ vor dem jetzigen King Charles? Es folgt der  Versuch einer kurzen Zusammenfassung: 

Der Anfang einer neuen Dynastie  

Nachdem die kinderlose Königin Elisabeth I. aus dem Hause Tudor im Jahr 1603 verstarb,  wurde der ihr am nächsten stehende Blutsverwandte zum neuen König ausgerufen. Die  Erblinie der Tudors war damit an ihrem Ende angelangt. Elisabeths nächster Verwandter  fand sich in der Gestalt des schottischen Königs Jakob VI. wieder, dessen Mutter Maria  Stuart auf Anordnung der Königin vor vielen Jahren im Rahmen eines dramatischen  Machtkampfes enthauptet wurde. 

Jakob VI. war damit nicht nur der erste englische König des Hauses Stuarts, sondern  auch der erste Monarch überhaupt, der Schottland, Irland und England gleichzeitig  regierte. Als strenggläubiger Protestant pflegte er ein angespanntes Verhältnis zum  englischen Parlament, das schon im siebzehnten Jahrhundert großen Einfluss auf die  politischen Geschehnisse im Land nahm: beispielsweise mussten vom Regenten  benötigte Staatsgelder erst vom Parlament genehmigt werden, bevor sie für die  Aufrüstung der Armee oder eine Vertiefung des Handels verwendet werden durften. Jakob  VI. vertrat jedoch die Auffassung, dass ein gottgegebener Königstitel die absolute  Kontrolle über einen Staat mit sich brachte, und lehnte es daher ab, die Ausgaben mit  seinem Parlament abzusprechen. 1625 starb der König, doch seine Abneigung  gegenüber der parlamentarischen Beteiligung lebte im Geiste seines Sohnes Karl I. weiter. 

Karl I. und die englischen Bürgerkriege  

Karl I. sah die eigene Königswürde ebenfalls im Lichte des sogenannten  Gottesgnadentums, also der Annahme, dass die Legitimation eines monarchistischen  Souveräns ganz allein auf dem Willen Gottes beruhe. Daher war das Weltbild des jungen  Königs stark vom Gedanken einer absolutistischen Herrschaft geprägt, mit der er ohne  Parlament und ohne die Einschränkungen anderer institutioneller Instanzen hätte regieren 

wollte. König Karl nahm das Parlament nicht besonders ernst, er ließ sich hohe  Geldsummen durch die Parlamentarier auszahlen um seine teuren Kriege zu finanzieren,  erfüllte jedoch häufig die mit den Parlamentariern ausgehandelten Vereinbarungen nicht.  Es ist historisch umstritten, doch viele Experten gehen davon aus, dass der König sogar  eine neue Kirchenverfassung etablieren und dadurch England in ein absolutistisches  Regime verwandeln wollte. Das Parlament hätte er vermutlich im Rahmen dieser  Reformen dauerhaft abgeschafft. 

Als sich eine Aneinanderreihung von Aufständen im irischen Königreich ereignete, war  das Parlament bereit dem König Gelder zu deren Bekämpfung zur Verfügung zu stellen.  Man sorgte sich jedoch davor, dass Karl die Armee im Rahmen dieses Einsatzes  missbrauchen und das Parlament überfallen würde. Der königskritische Abgeordnete  John Pym unternahm daher im Jahr 1641 den Versuch, dem König die Kontrolle über das  Heer im Rahmen einer Protestnote zu entreißen. Der Monarch empfand diesen Vorschlag  als Angriff auf seine Autorität und erlaubte sich einen unvergleichlichen Tabubruch: mit  bewaffneten Truppen stürmte der König das Unterhaus, um den aufsässigen  Abgeordneten Pym zu verhaften. Die Festnahme scheiterte kläglich, stattdessen löste  sein Angriff auf das Parlament große Protestwellen in London aus, die zur Flucht des  Königs und zum Ausbruch des ersten englischen Bürgerkriegs führte.  

Die „Cavaliers“ um Karl I. konnten zu Beginn des Krieges zwar kleinere Erfolge erzielen,  gegen die fortschrittliche Kriegsführung des puritanischen Heerführers Oliver Cromwell  und seiner „Ironsides“ konnte der König sich dennoch nicht behaupten. Das Ende des  ersten und der Beginn des zweiten Bürgerkrieges sind von nun an fließend. Der König  versuchte mit dem englischen Parlament und der schottischen Armee zu verhandeln, sein  Plan war es, beide Verhandlungspartner gegeneinander auszuspielen und so den eigenen  Machterhalt zu sichern. Letztlich konnte er mit der schottischen Armee eine Einigung  erreichen und so die ehemaligen Gegner auf seine Seite holen. Zu diesem Zeitpunkt  gingen die Puritaner um Cromwell und Pym noch davon aus, man könne mit dem König  verhandeln und letztlich die englische Monarchie mit einer bürgerlichen Verfassung  reformieren. 

Als der König im Mai des Jahres 1648 die Engländer durch sein schottisches Heer  angreifen ließ, erkannte Cromwell, dass der Monarch niemals von seiner  Wunschvorstellung eines absolutistischen Königreichs abweichen würde. Schon im 

August gelang es Cromwell mit seiner New Model Army die Truppen des Königs  entscheidend zu schlagen. Obwohl das Parlament weiter mit Karl I. verhandeln wollte,  empfand Cromwell das Überleben des Königs als zu hohes politisches Risiko. Er glaubte  nicht mehr daran, dass sich die absolutistische Überzeugung von Karl ändern ließe. 

Der König wurde unter Hausarrest gestellt und in einem provisorischen Gerichtsverfahren  in der Westminster Hall wegen Hochverrats gegen die eigene Bevölkerung angeklagt. Das  Gericht befand den uneinsichtigen Monarchen (dieser hatte selbst auf der Anklagebank  die Autorität der Justiz verleugnet und die Gerichtsverhandlung als illegitim bezeichnet)  für schuldig und verurteilte ihn zum Tode durch die Axt. 

Am 30. Januar 1649 wurde Karl I. als erster und einziger König in der britischen  Geschichte durch das eigene Volk hingerichtet. Selbst in seiner letzten Rede auf dem  Schafott verteidigte er das eigene Verhalten und erklärte, seine Regentschaft sei  gottgewollt gewesen, weshalb er auch nie eine Straftat vor Gott selbst begangen habe.  Aus rechtlicher Sicht ist man sich auch heute noch uneins, ob die Verhandlung mit der  damaligen Verfassung im Einklang war. 

Karl II. und ein Leben für die Lust  

Der englische Thronnachfolger Karl II. und Sohn des hingerichteten Monarchen ergriff die  Flucht aus seinem Königreich und lebte während der republikanischen Periode Englands  im Exil. Unter „Lordprotektor“ Oliver Cromwell wurde die Monarchie zwar abgeschafft,  freiheitlicher wurde der umbenannte Staat allerdings keineswegs. Im Gegenteil, unter  seiner Herrschaft entwickelte sich das Land immer mehr zu einer christlich fundamentalistischen Militärdiktatur. Als strenggläubiger Puritaner zwang Cromwell seine  Untertanten zum radikalen Verzicht auf alles, was in irgendeiner Art und Weise Freude  bereitete und demnach sündhaft sein musste: Ballspiele, Make-Up, bunte Kleidung,  Alkohol, Musik, Tanz und sogar das Weihnachtsfest waren unter seiner harten Führung  verboten. Würde man gegen die Gesetze verstoßen, drohten Folter und schlimmeres. Er  selbst soll sich jedoch an kaum eines seiner Gesetze gehalten haben. Vor allem ist  Cromwell auch heute noch für die brutalen, von ihm verübten Massaker an der irischen  Bevölkerung bekannt, die sich gegen seine Gewaltherrschaft auflehnten. Immerhin: die  ihm vom Parlament angebotene Königswürde hatte er abgelehnt, die Monarchie wollte er  also nicht wiedereinführen.

Im Jahr 1658 verstarb der Lordprotektor dann überraschend an den Folgen einer  unentdeckten Malariainfektion. Sein unerfahrener und willenloser Sohn Richard wurde  kurzzeitig zum neuen Herrscher der Republik, dankte allerdings auf Forderung des  Parlaments schon nach wenigen Monaten wieder ab. Das „Commonwealth of England“  galt als gescheitert und daher bemühten die Parlamentarier sich um eine vollständige  Restauration des alten Königreichs. Karl II. durfte nun nach London zurückkehren und  bestieg im Jahr 1660 den englischen Thron im Rahmen der staatlichen Wiederherstellung.  Als Monarch heiratete er kurzerhand die katholische Prinzessin Katharina von Braganza  aus Portugal, durch die er letztlich dazu gezwungen wurde, die Religionsfreiheit sowie die  wirtschaftliche Selbstverantwortung des einzelnen Bürgers gesetzlich in seinen  Königreichen zu verankern. Karl II. ist der Nachwelt aber vor allem wegen seines Images  als epikureischer Lebemann in Erinnerung geblieben. Den Großteil seiner Lebenszeit  verbrachte der König mit unzähligen Mätressen, edlem Wein und teuren Kunstwerken.  

Das wohl wichtigste historische Ereignis zu seiner Regierungszeit war der große Brand  von London im Jahre 1666, bei dem weite Teile der Stadt zerstört wurden. Die Beziehung  zum Parlament hatte sich unter seiner Regentschaft nicht wirklich verbessert, denn auch  er hat das Parlament zwischen 1679 und 1681 mehrere Male aufgelöst, um die  sogenannte Exclusion Bill der Parlamentarier zu verhindern. Damit wollte man die  Thronbesteigung des katholischen Bruders Jakob verhindern, der aufgrund des Mangels  an (legitimen) Königskindern in der Erblinie an nächster Stelle stand. Vor allem sorgte man  sich, bei der Thronbesteigung eines Katholiken um die mögliche Vollstreckung neuer  Volksmassaker, wie es sie bereits unter Königin Maria I. Aus dem Hause Tudor vor etwas  mehr als einem Jahrhundert gegeben hatte. Die hitzige Stimmung mündete im Jahr 1683  sogar zur Planung eines (weiteren) Mordkomplotts gegen den König, welcher letztlich  fehlschlug. Nur zwei Jahre später starb Karl II. dann eines natürlichen Todes. 

Der erste „Charles“ in mehr als 300 Jahren!  

Der historische Name des neuen Königs verbirgt viel mehr, als häufig angenommen wird.  Er beinhaltet die volle Bandbreite der englischen Geschichte und kann mit einer langen  Reihe von geschichtlichen Anekdoten assoziiert werden. Nach dem Tod des zweiten  König Charles dauerte es mehr als 300 Jahre bis ein weiterer britischer Monarch diesen  Namen tragen würde. Man kann daher mit großer Spannung das zukünftige Wirken des  dritten König Charles beobachten!

God save the King!


Kunstbanause vs. Kunstmensch – das große Apollo-Battle

Lesen Sie hier: Das große Debattenduell. Ist Moderne Kunst eine Bereicherung für die Galerien der Welt oder gehört sie doch eher in die Abfalltonne? Modernitäts-Banause Sven stellt sich dem Duell mit Dadaismus-Anbeter Jonas. Wer ist ihr Sieger: Team Das-Kann-Weg oder Team Her-Damit? 

ACHTUNG: Dieser Beitrag könnte Spuren von Humor enthalten. Weder stümperhafte Kunstbanausen noch gaga-dadaistische Kunstmenschen wurden bei der Produktion dieser Kolumne ernsthaft verletzt. Dieser Austausch spiegelt in keiner Weise das Arbeitsklima bei Apollo News wieder, sondern dient schlichtweg Unterhaltungs- und Ausbildungszwecken. Seelsorgerische Unterstützung stand den Autoren zu jeder Zeit zur Verfügung.


Moderner Müll – Ist das Kunst oder kann das weg?

Von Sven Justin Verst | Um kritisch über moderne Kunst zu reden, muss man erst mal definieren, was damit gemeint ist. Nicht alles derzeit produzierte ist modern, nur weil es zeitgenössisch ist. Moderne Kunst hat einen gewissen anspruchslosen Charakter. Eine leere Leinwand, ein Haufen Schrott, in dem keinerlei Muster zu erkennen ist, aber auch Farbkotze qualifizieren als moderne Kunst. In allen lässt sich eine gewisse Faulheit erkennen, es braucht kein Können und kein Wissen, um diese Werke zu produzieren. Eine generelle Regel kann sein: Kunst ist auch Kunst, wenn sie nicht in einem Museum, einer Galerie oder präsentiert steht. Das vermutlich bekannteste Kunstwerk, das Porträt der Mona Lisa, würde auch auf einem verstaubten Dachboden als Kunst gelten. Für eine leere Leinwand gilt das nicht – genauso wenig für einen Haufen Schrott oder in anderen Worten: moderne Skulpturen.

 

Von der Kunst, Müll als Kunst zu verkaufen

Doch trotzdem benötigt es Talent, um erfolgreich zu werden mit moderner Kunst. Eine blanke Leinwand zu präsentieren und damit auch noch Erfolg zu haben, kann nicht jeder. Dafür braucht es ein gewisses Geschick, vielleicht sogar eine Gabe, eine gute Geschichte zu erzählen. Was soll einem eine blanke Leinwand sonst auch sagen? Diese Frage konnte mir bisher niemand verraten. Lediglich theoretisieren, was es alles ausdrückt, können die Kritiker. Die Künstler selbst schweigen entweder oder schreiben einen Aufsatz darüber, weshalb ihr Haufen Schrott patriarchale Strukturen im globalen Süden kritisiert. Ein bizarres Schauspiel, welches in sich selbst eine gewisse Kunstform ist: Kabarett.

Wer moderne Kunst – zurecht – nicht versteht und keine Stunde vor einer leeren Leinwand sitzen und nach dem Sinn des „Kunstwerkes“ suchen möchte, lässt sich prima als bildungsfern diffamieren. Die natürliche Schönheit von Landschaften, Porträts oder auch gewaltigen Malereien wie in der Sixtinischen Kapelle sind zwar nicht jedermanns Sache, aber alle erkennen eine gewisse Tiefe und halten einen Moment inne. Doch trotzdem hängen leere Leinwände in Ateliers und Menschen zahlen tatsächlich Eintritt für den Mist. Akademiker, Kritiker und die sonstige elitäre Schickeria lassen sich gerne verwundern von solch anspruchsvoller „Kunst“, über welche man nachdenken muss. Man solle bedenken, den Kontext, die Zeit und Intention, unter welcher die Leinwand leer gelassen wurde. Nur dann lässt sich das Kunstwerk verstehen. Eine gewisse Verbildung ist also Voraussetzung.

Moderne Kunst ist auf eine Weise ein Symptom unserer Zeit. Wirre Theorien kursieren im politischen Diskurs. Eigentlich immer getrieben von verbildeten Akademikern, welche aus dem Elfenbeinturm die Welt in grandiosen Theorien erklären wollen. Diese Theorien sind dann meist in sich geschlossen und jegliche Kritik kann entweder durch die Theorie selbst diffamiert werden oder man gilt wie bei der modernen Kunst, als ungebildet, unwoke. Auch moderne Kunst greift gerne diese Theorien auf und gilt in einigen Szenen als Aktivismus. Dieser Aktivismus, häufig als „gegen Rechts“ geframed, wird gerne staatlich gefördert.

 

Die Putzfrau als Alltagsheld

Auch wegen dieses Aspekts ist moderne Kunst eine Art Steuerbetrug. Linker intellektueller Müll wird von normalen Bürgern finanziert, um eine überdrehte und verbildete Elite zu bespaßen. Doch es gibt einen weiteren. Durch den enorm inflationären Kunsthandel können sich die weniger Schönen und Reichen Steuervorteilen durch Kunstspenden an Museen profitieren. Zwar handelt es sich dabei nicht ausschließlich um moderne Kunst, doch besonders leere Leinwände offenbaren ein korruptes System. Ein System der hohen Steuersätze mit zahllosen Schlupflöchern, damit die einigen wenigen, die es sich leisten können, Steuern entkommen.

Glücklicherweise gibt es regelmäßig unwissende Alltagshelden, welche sich unabsichtlich gegen das System moderne Kunst stellen. Reinigungskräfte, welche meist selbst Migrations- und „Menstruationshintergrund“ haben, tatsächlich über keinen hohen Bildungsabschluss verfügen, die moderne Kunstwerke entfernen. So verschwindet die Installation über patriarchale Unterdrückung des globalen Südens im Müll. Nicht aus Hass oder Missgunst, sondern schlicht, weil sie erkennen, was es wirklich ist: Abfall.


Von wegen Müll – Ihr seid doch nur Barbaren!

Von Jonas Kürsch | Allzu oft musste ich mich schon für meine Liebe zu exzentrischer Musik, abstrakten Plastiken und außergewöhnlichen Gemälden belächeln lassen. Gerade in diesen kulturlosen – fast schon barbarischen – Zeiten bin ich daher nichts anderes gewohnt,  lieber Sven! Den meisten Menschen fehlt es leider an Geschmack und menschlichem  Einfühlungsvermögen, um die komplexe Schönheit von vielen modernen und  zeitgenössischen Künstlern zu verstehen. Besonders aufgrund der Tatsache, dass in meiner Heimatstadt Krefeld eine ganze Reihe von international anerkannten (zumeist sehr radikalen und ausdrucksstarken) Künstlern geboren wurde, sehe ich es als meine lokalpatriotische Pflicht an, die fälschlich verpönte Komplexität abstrakter Kunst vor Kulturbanausen wie dem Sven zu verteidigen. 

 

Naturalismus ist Kunstfaschismus  

Das häufigste Argument, mit dem ich mich im Rahmen dieses Themas konfrontiert sehe, ist die Aussage, man könne in kubistischen oder abstrahierten Gemälden keine wahre Technik mehr erkennen. So seien Picassos weinende Damen zu kindlich gemalt oder Joan Mirós Konstellationen nicht deutlich genug als „echte“ Motive identifizierbar. Menschen wie Sven vertreten ein in vielerlei Hinsicht veraltetes Kunstideal, dem zufolge Kunst nur dann als Kunst zu bezeichnen ist, wenn sie in unkreativer Manier das Seiende im Rahmen eines naturalistischen Objekts darstellt, oder kurz gesagt: wenn sie eine  oberflächliche und leicht erkennbare „Schönheit“ widerspiegelt. Caspar David Friedrich oder Hans Holbein, die alten Meister der Malerei, werden damit unwiderruflich zum absoluten Inbegriff der „schönen Kunst“ fetischisiert. Alles, was davon abweicht, wird  dann schnell als Kitsch verrufen. 

Aber wie, lieber Sven, will man die Gefühle und Gedankengänge eines hochkomplexen Wesens wie dem Menschen nur darstellen, die sich kaum mit Worten und noch weniger mit den Gegenständen der physischen Realität erfassen lassen? Der Naturalismus, das gebe ich gerne zu, kann helfen, um Dinge zu dokumentieren, in diesem Sinne halte ich auch einen Hans Holbein durchaus für einen wichtigen Vertreter der Kunstgeschichte. Ab dem 19. Jahrhundert aber wurde den Künstlern klar, dass es nicht ihre Aufgabe war zu beschreiben, was mit Sicherheit existierte. Es geht im künstlerischen Bildungsprozess um so vieles mehr: vor allem strebt ein Künstler danach, eine Bindung zwischen dem  Menschen und den transzendentalen Werten aufzubauen. Der Naturalismus verhindert  diese sehr intime Auseinandersetzung mit der Tiefe der menschlichen Existenz und ist daher in vielerlei Hinsicht zu einem faschistischen System der gedanklichen Geradlinigkeit degeneriert.  

 

Moderne Kunst als Kampf gegen den Elitarismus  

Und ich weiß schon, der Sven wird vermutlich davon schreiben, wie bürgerfremd und elitär die moderne Kunst in vielerlei Hinsicht geworden sei. Ich möchte aber darum bitten zwischen dem Kunstmarkt und der Kunst an sich zu unterscheiden. Will also heißen: Das, was von den Eliten in edlen Galerien gekauft wird, hat nicht unbedingt viel mit den  mutigen und neuen Motiven von idealistischen Künstlern zu tun. Im Gegenteil, echte moderne und zeitgenössische Kunstrichtungen sind zumeist ein klares Zeichen gegen ausufernde Dekadenz und Elitarismus. Die Expressionisten, Existenzialisten sowie andere Vertreter der subversiven „Dekadenzbewegung“ im 18. Jahrhunderten (u.a. Friedrich  Nietzsche und Edvard Munch) wollten gerade mit ihren bewusst von den  gesellschaftlichen Normen abweichenden Literatur- und Kunstwerken der Gesellschaft den Spiegel vorhalten und die elitäre Überfeinerung der zeitgenössischen Kunst  kritisieren.  

Ähnlich verhält es sich mit der hochpolitischen Aktions- und Performancekunst des 20. Jahrhunderts. So verfolgte Hannah Höch mit ihren dadaistischen Zeitungskollagen nie das Ziel, „handwerklich schöne“ Arbeiten hervorzubringen. Sie wollte ihren Frust über eine irrationale und menschenfeindliche Kriegseuphorie zu Zeiten des ersten Weltkriegen mit dieser untraditionellen Methode zum Ausdruck bringen. Ein gutes Beispiel dafür ist auch Joseph Beuys, der mit seinen kontroversen Fett- und Filzarbeiten eine Erweiterung  im menschlichen Denken an sich bewirken wollte, sprich mit seiner Arbeit wesentlich erkenntnistheoretischer arbeitete, als es die „schönen“ Maler der alten Tage taten. Diese „Erweiterung des tradierten Kunstbegriffes“ sollte eine grundlegende Veränderung in der gesellschaftlichen Wahrnehmung an sich erreichen und somit die individuellen  Fähigkeiten des denkenden und fühlenden Menschen wieder in den Vordergrund stellen. Das, lieber Sven, hat nichts mit Dekadenz zu tun, sondern mit dem ehrlichen Wunsch nach einer Verbesserung des menschlichen Lebens! 

 

Die Kunst ist tot, es lebe Dada!  

Schon Joseph Beuys wusste, dass nur die Kunst den Menschen und die Gesellschaft zu bessern vermag. Um dieses Ziel zu erreichen, bedarf es eben unkonventioneller  Herangehensweisen, wie sie im Rahmen moderner Kunst häufig angewandt werden. Das veraltete Kunstweltbild von Sven ist daher etwas aus der Zeit gefallen. Ich bin da bei Beuys, für den jeder Mensch ein Künstler war, oder bei den Dadaisten, die gleich den Tod gesamten Kunst verkündet hatten. Denn sollten die modernen Formen der Kunst wirklich nicht länger als solche anerkennt werden, dann wäre mir vor allem letztere These  mehr als recht.




WDR Tip: Duschen als Wochenhighlight – oder: lang lebe das Stinken!

Von Simon Ben Schumann | Heterosexuelle, weiße „cis-males“ wie ich sind keine Geruchsexperten – schon klar. Nach der 8-Stunden-Schicht unter Tage kippen wir hier im Ruhrpott bekanntlich erstmal ein paar Liter Bier herunter und machen Frauen und Minderheiten schlecht, während wir so vor uns hindünsten. An Hygiene ist da nicht zu denken. Ein bisschen Deo ist für uns das Höchste der Gefühle.

Trotzdem finde ich die „Waschtipps“ des WDR doch eher skurril. Im Format „KugelZwei“, welches auf Instagram veröffentlicht wird, postete der Sender vor gut einer Woche seine Hygiene-Tipps. Die – pun intended – stinken zum Himmel. Der Video-Post beginnt mit der Frage, wie unser Alltag aussehen würde, wenn wir nur noch einmal die Woche duschen oder baden würden. Richtig gelesen: Entweder – oder, höchstens einmal die Woche. „Sonst bleiben die veganen Sojagummibärchen im Giftschrank, Jan-Filipp!“

Die Welt der Schmutzigen – ein Utopia?!

Bei der Eingangsfrage dachte ich sofort an ekligen Schweißgeruch, fettige Haare und das große Comeback der Pest. Nicht so die Macher von „KugelZwei“. Bei ihnen heißt es: „Häufiges Duschen und Baden kann laut Dermatolog:innen der Haut schaden.“ Daher wären „bessere“ Haut und Haare eine mögliche Folge der Wasch-Abstinenz. Ich bezweifle, dass hier irgendwelche Hautärzte befragt wurden. Und selbst wenn, wären bestimmt auch sie gegen ein Duschverbot. In dem Video wird außerdem argumentier -oder propagiert-, dass wir endlich mehr Zeit für „anderes“ hätten. Klar! Mit Freunden unterwegs sein macht natürlich doppelt Spaß, wenn es riecht wie im Zoo und man am besten eine Packung Penicilin dabei hat – nur zur Sicherheit. Aber: Kein Problem! Schließlich werden wir laut Video dann einfach toleranter bei „natürlichen Körpergerüchen“, wenn jeder weniger badet. Damit hätte sich der Stinke-Faktor erledigt.

Ein absolut logischer Gedankengang. Man kann ihn gut auf andere Lebensbereiche anwenden. Kein Brot mehr im Handel? Iss halt Kuchen! Heizung geht nicht? Sei weniger kälteempfindlich, du Frostbeule! Karl Lauterbach ist Gesundheitsminister? Gib deine Grundrechte einfach ab, alter Meckerfritz!

„KugelZwei“ schlägt auch konkrete Änderungen der „Waschkultur“ vor. So könnte man in Fitnessstudios statt Duschen einfach „Waschkabinen“ einführen, in denen es dann nur Waschbecken gibt. Das Duschen und Baden könnte man als „wöchentliches Highlight“ zelebrieren (wörtliches Zitat), gemeinsam mit „Freund*innen“ im „öffentlichen Badehaus“.

Ein Intendant des ÖRR im „öffentlichen Badehaus*in“ – das möchte ich gerne sehen. Bestimmt wären die Video-Ersteller angetan, wenn ihr Chef schnell noch den Porsche um die Ecke parkt, um dann – nach dem Abscannen seines Social-Credit-Scores – gemeinsam in eine komplett verdreckte, braune Plörre zu steigen. Ich für meinen Teil stelle mich lieber täglich unters Wasser und manage meine Sauberkeit selbstständig.


Oben ohne auf dem Oktoberfest

Von Katharina Benjamine | Dass auf der Wiesn tiefe Einblicke einfach dazu gehören, weiß die ganze Welt. Dieses Jahr ließ allerdings nicht nur die Damenwelt in gut geschnürten Dirndln tief blicken – auch und besonders die Grünen taten sich hervor. Die Grünen-Spitzenpolitiker sind nämlich oben ohne auf dem Oktoberfest erschienen – ganz ohne FFP2 oder medizinische Maske. Und damit zeigten sie nicht nur ihre Lachfältchen, sondern auch ihre Doppelmoral.

Nach zwei Jahren Abstand, Maske, Lockdown und weiteren Einschränkungen konnte beim Anstich im Schottenhamel dieses Jahr endlich mal wieder richtig gefeiert werden – und die Grünen-Politiker waren mittendrin, zum Beispiel Chefin Ricarda Lang. Freudestrahlend ließ sie es sich mit einer Maß und einer Bayrischen Wurstplatte richtig gut gehen – und wäre da nicht die Sache mit der Widersprüchlichkeit, hätte es keinen interessiert. Doch Frau Lang, die in einem Festzelt zwischen hunderten Menschen feierte, hatte sich erst Anfang September für eine erneute Maskenpflicht in Innenräumen ausgesprochen. Auch im ÖPNV und der Bahn soll die FFP2-Maskenpflicht laut SPD und Grünen zurückkommen – denn wie man sieht, können sie Eigenverantwortung nicht mal ihren eigenen Reihen zutrauen. Nicht dass es die Grünen-Politiker mit ihren Dienstwagen sonderlich interessieren müsste, welche Regeln im ÖPNV gelten.

Aber nicht nur Ricarda Lang zeigte sich freizügig, auch Katharina Schulze und weitere Politiker saßen bei den Gesundheitsaposteln auf der Kanzel dabei. Wobei Schulze erst Mitte dieses Jahres wieder Panik gepredigt hatte und in der Vergangenheit nur allzu gerne Söders Pandemiepolitik kritisierte. Zurecht wurde jetzt ganz besonders sie für ihre Doppelmoral kritisiert. Erst am 30. März hatte sie in einem Tweet geschrieben: „Was mich nervt an dem ,Dann trag du doch eine Maske‘-Gerede: Ja, Hans-Peter, das mache ich eh. Aber es gibt Menschen, die können das nicht (z.B. Babys & Kleinkinder). Und: vulnerable Erwachsene sind besser geschützt, wenn alle Seiten Maske tragen. Vielleicht mal solidarisch sein?“ – nach so einer Aktion weiß nicht mal Hans-Peter etwas hinzuzufügen.

Hoch oben über dem „Gesindel“, ohne Abstand und/oder Maske, gab es also eine überteuerte Maß und viel Fleisch für die Grünen-Politiker. Leider nicht Bio, wie sie Anfang des Jahres die Wiesnwirte zu überzeugen versuchten. In einem Antrag vom 10. Mai, forderten sie 100 Prozent Biofleisch, Tierschutzabgaben für die Wirte und weniger Methan-Ausstoß aus Grillanlagen. Die Folge wäre ein unbezahlbares Oktoberfest gewesen. Für Grünen-Politiker, welche mit Steuergeldern bezahlt werden, kein Problem. Eine angebrachte Reaktion haben die Wiesn-Wirtesprecher Peter Inselkammer und Christian Schottenhamel gezeigt und ausgesprochen was sich viele gedacht haben: Die Münchner Grünen sollen aufhören die Oktoberfestgäste bevormunden zu wollen oder gar das Oktoberfest politisch zu instrumentalisieren.

Anscheinend haben sich die Grünen-Politiker das zu Herzen genommen und sich an das Volk angepasst. Wer weiß, vielleicht hat die frische Luft dem ein oder anderen Grünen-Politiker sogar etwas klaren Verstand gebracht. Es kann nur gehofft werden, dass der Wiesnzauber nicht zu schnell verfliegt. 

https://twitter.com/RainerSchussler/status/1571240893897756673?s=20&t=Bl2hb5MYj62MFkiYwkD0Eg

Antisemitismus an US-Unis: Berkeley-Studenten wollen israelfreundliche Redner verbannen

Von Selma Green | Für mich waren die USA immer so etwas wie eine zweite Heimat der Juden; nicht nur leben in den USA über 5 Mio. Juden und damit so viele wie sonst nur in Israel, auch standen die USA standen seit dessen Gründung immer hinter dem jüdischen Staat. In den USA ist eine pro-israelische Haltung, anders als in Deutschland, allgegenwärtig. Doch seit einem Artikel vom Jewish Journal durchzieht ein Riss mein schönes Bild von den USA.

Jurastudenten der UC Berkeley School of Law verabschiedeten eine Satzung, in der Referenten nicht mehr zugelassen werden, die “Zionismus, den Apartheidstaat Israel und die Besetzung Palästinas” unterstützen. Es gehe um die Sicherheit und das Wohlergehen der palästinensischen Studenten auf dem Campus. Bereits acht Studentengruppen schlossen sich der Satzung an: das sind Gruppen wie die Queer Caucus, Womxn of Color – Nein, das ist kein Tippfehler – oder die Middle Eastern and North African Law Students‘ Association.

Allein die Namen dieser Gruppen verraten, dass es sich bei allen um woke Linke handelt. Was haben jetzt PoC und LGBTQ-Leute mit “Palästinensern” zu tun? Nobody knows, aber vielleicht haben die Woken ja die ein oder andere Sojabohne zu viel gefuttert.

Mit der Satzung haben sich die Studentengruppen jedenfalls nicht gerade mit Ruhm bekleckert. Es hagelte Kritik – aus gutem Grund: Wovor sollen die palästinensischen Studenten denn überhaupt geschützt werden? Es kam noch nicht vor, dass ein pro-israelischer Referent palästinensische Studenten angegriffen hätte. Ist es nicht vielmehr so, dass Israel immer wieder von den „Palästinensern“ angegriffen wird, und wenn Israel sich dann wehrt, von der ganzen Welt verurteilt wird? Diese Satzung dient doch nicht als er Schutz vor lebensbedrohlicher Gewalt, sondern ist – mal wieder – lediglich eine Barriere für unerwünschte Meinungen, in diesem Fall für pro-israelische Meinungen.

Und allein der Wortlaut der Satzung beweist, dass die Verfasser so gut wie keine Ahnung vom Nahost-Konflikt haben: “Den Apartheidstaat Israel und die Besetzung Palästinas”. Palästina, was soll das überhaupt sein? Palästina ist ein Gebiet, kein Staat – es war noch niemals ein Staat -, das erst durch die jüdische Einwanderung Anfang des 20. Jahrhunderts für andere Völker wie die Araber attraktiv wurde. Zuvor standen Armut, Hunger und Krankheit in Palästina auf der Tagesordnung, bis die Juden im großen Stil zurückkamen und das Land bewirtschafteten.

Die Gründung Israels wurde durch Verträge und einer Mehrheit von Staaten in der UN abgesegnet. Die Juden haben die Staatsgründung Israels nicht illegal betrieben und schon gar nicht kann man hier von einer “Besetzung Palästinas” sprechen. Es handelt sich bei Israel auch keineswegs um einen Apartheidstaat. Anfangs gab es vermehrt Freundschaften und gegenseitige Unterstützung zwischen Juden und Arabern in Palästina. Bis verbitterte Araber begannen, insbesondere Mohammed Amin al-Husseini, Hass auf Juden zu entfachen. Es war Husseini, der zusammen mit Hitler propagierte, dass die Juden den Arabern das Land gestohlen hätten. Umso bitterer ist die Tatsache, dass sich diese Propaganda bis zur heutigen Zeit durchgesetzt hat und sich in einer Satzung von Jurastudenten widerspiegelt.

Unter den woken Linken scheint es Mode zu sein, immer und in jedem Fall zu den vermeintlichen Opfern zu halten. Aber sind die „Palästinenser“ das überhaupt? Opfer?

Die Satzung ist ohne Zweifel antisemitisch, sie bereitet Probleme, ohne ein einziges Problem zu lösen. Nur weil, ein paar “Palästinenser” unfähig sind, mit pro-israelischen Ansichten fertig zu werden, kann man nicht eine Geschichtsverdrehung und ein Meinungsverbot erzwingen.

Zum Glück sorgte die Satzung zumindest in den USA für einen Aufschrei und einen Hagel harscher Kritik, wie etwa von der Jewish Students Association, dem Dekan der Universität Erwin Cheminsky oder sogar von der Anti-Defamation League Central Pacific. Diese enorme Flut an Kritik lässt wiederum ein wenig Hoffnung aufkeimen. Hoffnung darauf, dass in den USA ja anscheinend noch die Vernunft überwiegt. Ich wette, in Deutschland hätte man auf so eine Satzung mit Schweigen reagiert, wie es unser Bundeskanzler Scholz doch so schön vorgemacht hat.


Junge Iranerin stirbt nach Misshandlung durch Sittenpolizei

Von Laura Werz | Die 22-jährige Mahsa Amini ist in Teheran in Polizeigewahrsam nach Misshandlungen der Sittenpolizei gestorben. Ihr Tod hat im Iran zu etlichen Protesten und weltweiter medialer Aufruhr geführt und bringt die iranische Regierung und Polizei derzeit in Bedrängnis.  

Die iranische Regierung versucht seit Monaten noch strengere Kleidervorschriften vehementer und auch mit Gewalt mithilfe der Sittenpolizei durchzusetzen. Die Massen auf den Straßen, die anlässlich der erneuten Ausschreitung der Sittenpolizei demonstrieren, zeigen deutlich die Ablehnung der Bevölkerung der „gottgewollten“ Kleiderordnung. Demonstranten haben im Iran schwere Strafen und sogar den Tod zu fürchten. Auch bei den derzeitigen Demonstrationen wurde gegen die sie mit Schüssen, Tränengas und Schlagstöcken vorgegangen.

Die junge Frau Mahsa Amini wurde auf dem Weg zu einem Familienbesuch im Auto mit ihrem Bruder von der Sittenpolizei angehalten und festgenommen. Nach den wenig überzeugenden Angaben der Polizei sei sie wegen Herzversagens zunächst in Ohnmacht und später ins Koma gefallen. Augenzeugen schildern hingegen einen gänzlich anderen Tathergang. Demnach sei Mahsa Amini verhaftet worden, weil ihr Kopftuch nicht richtig saß und sie zu viel Haar zeigte. Die Sittenpolizei habe den Augenzeugen zufolge ihren Kopf im Polizeiauto gegen die Scheibe geschlagen, was zu einer Hirnblutung führte. Die iranische Polizei weist bis heute jegliche Anschuldigung vehement von sich. Die Regierungsbemühungen, die Schuld von sich zu weisen sind allerdings absolut unglaubwürdig und schüren den Zorn der Bevölkerung auf die Obrigkeit zu Recht nur noch mehr. Mahsa Amini ist nicht die erste Frau im Iran, die von der Sittenpolizei in jüngster Zeit misshandelt wurde. Es gibt diverse Belege, Fotos und Videos von Ausschreitungen der Sittenpolizei gegenüber Frauen, die sich nicht an die Kleiderordnung hielten.

Nichtsdestotrotz wird dreist versucht, mit nicht verifizierten Videoaufnahmen die eigene Unschuld zu untermauern. Infolge der medialen Aufruhr wurde offenbar sogar das Internet des Landes eingeschränkt. Die Verbreitung von Aufnahmen der jungen Frau, die sie nach der Festnahme im Koma zeigen, ist alles andere als im Interesse der Regierung. Stromausfälle, die aus mehreren Städten gemeldet wurden, kamen der Regierung dementsprechend sehr gelegen.  

In der für den Iran wirtschaftlich sehr schweren Zeit, liegt das Augenmerk der Regierung darauf, die fundamental-islamischen Kleidungsvorschriften strenger umzusetzen. Die Frauen werden als Objekte der Machtdemonstration missbraucht. Mit der Durchsetzung der Kleiderordnung soll Stärke und Systemstabilität suggeriert werden. Öffentliche Betriebe, wie Behörden und Banken, wurden beispielsweise angewiesen, Frauen mit nachlässig sitzendem Hijab nicht zu bedienen. Infolge des Aufbegehrens der Bevölkerung, griff die Obrigkeit mit weiteren Kleidervorschriften nur noch härter durch. Im politischen Diskurs wurde sogar bereits über Gesichtserkennungssoftware in der Öffentlichkeit, zur Durchsetzung der Kopftuchpflicht, gesprochen.

Prominente Iranerinnen schlossen sich in den sozialen Medien scheinbar furchtlos den Protesten an und solidarisierten sich mit Mahsa Amini. Berühmte Schauspielerinnen posteten Bilder ohne Kopftuch oder nahmen Videos auf, wie sie den Hijab abnahmen. Nach der neuen Verordnung werden derartige Handlungen nunmehr mit dem Entzug sozialer Recht für bis zu einem Jahr, sowie Geldstrafen und Entlassungen geahndet. Die weitreichenden Proteste und mutigen Widerstandsaktionen zeigen allerdings deutlich, dass mehr und mehr Iranerinnen und Iraner trotz jahrzehntelanger Unterdrückung und Propaganda den vermeintlich religiös motivierten Weg ihrer Regierung ablehnen. Die kritische Wirtschaftslage, inländische Korruption und Lobbyismus öffnen einer wachsenden Zahl der Bevölkerung die Augen. Auch wenn der Tod Mahsa Aminis das Mullah-Regime nicht kippt, wurde es doch ins Wanken gebracht, sodass es eines Tages einem weiteren Skandal womöglich nicht mehr standhalten kann.

 


29€-Ticket: Grünen versprechen „Entlastung“ – finanziert aus Ihrem Geldbeutel

Von Sven Justin Verst | „Eine echte Entlastung, für die wir hart gekämpft haben“, so stellten die Grünen Berlin das 29€-Ticket vor, das ab dem 1. Oktober gelten soll. Als Übergangslösung bis mit Beginn des neuen Jahres das bundesweite 49€-Ticket kommen soll. Man lässt sich erst mal feiern und spricht von einer Entlastung für niedrige und mittlere Einkommen.

Dabei wird selbstverständlich verschwiegen, dass das Geld für das neue Ticket vom Steuerzahler kommt. Dieser gibt in Deutschland circa 40 % seines Einkommens ab. Der damalige Finanzminister, derzeitige Bundeskanzler mit Gedächtnislücken Olaf Scholz, prognostizierte eine Steuerlast gemessen am BIP von 23,8 % (im Jahr 2023). Ungefähr jeder fünfte Euro geht also an den Staat, der dann solche Projekte finanzieren kann.

Doch zurück zu Berlin. Ob es um Arbeitslosenquote, Pro-Kopf-Verschuldung oder Privatinsolvenz geht, Berlin liegt vorne oder mindestens über dem gesamtdeutschen Durchschnitt. Mit ihrer Arbeitslosenquote von 9,2 % liegt die Hauptstadt nur hinter Bremen. Bei der Pro-Kopf-Verschuldung ist sie auf Platz vier, auch hier führt Bremen. Zwar liegt Berlin bei Privatinsolvenzen nicht weit über dem Bundesdurchschnitt, wirklich rosig sieht es allerdings nicht aus. Übrigens führt auch hier Bremen.

Wie also finanziert sich Berlin, wie leistet sich die Hauptstadt ein 29€-Ticket? Die kurze Antwort durch neue Schulden sowie einen fetten Check aus Bayern. Denn durch den Bundesfinanzausgleich erhält Berlin dieses Jahr 1.693.671.000€ eine gewaltige Summe. Mit den zusätzlichen neuen Schulden kommt man auf eine Finanzierungslücke von 2.782.571.000€. 

Dazu kommen noch mal „über 100 Millionen Euro“ wie Grüne und SPD auf den sozialen Netzwerken bekannt machen. Ein genauer Kostenpunkt im interaktiven Haushaltsplan lässt sich jedoch nicht ausmachen. Der Bereich Eisenbahnen und öffentlicher Personennahverkehr erhält jedoch bereits beinahe 2 Milliarden Euro im Jahr 2022. Weitere 100 Millionen Euro sollten also nicht weiter auffallen. Trotzdem bedeutet es für den Haushalt einen weiteren Kostenpunkt, der finanziert werden muss, dafür werden wohl weitere Schulden aufgenommen werden.

Letztendlich zahlt also wieder der Bürger für seine eigene „Entlastung“. Fraglich ist nur, ob es Berliner Bürger oder die der wohlhabenderen südlichen Bundesländer werden. Denn diese stemmen bereits seit geraumer Zeit die linken Wunschprojekte, die Berlin zu einer so schönen Stadt gemacht haben.

Anstelle solider Staatsfinanzen setzt Berlin lieber auf Gender Budgeting. Anstelle einer schwarzen Null lieber auf weitere Schulden. Statt nur ausgeben, was man selbst erwirtschaftet, das Geld anderer verschleudern. Und statt richtiger Entlastungen durch Steuersenkungen auf staatliche Umverteilung. Kein Wunder also, das Berlin in den wichtigen Statistiken oben bleibt immer dicht hinter Bremen, dem eigentlichen Sorgenkind der Republik.




Der schmutzige Wahlkampf um die Macht in Rom

Von Elena Klagges | Der Countdown zu den italienischen Parlamentswahlen läuft und wie könnte es anders sein: Jetzt werden die letzten Schmutzkampagnen gestartet, um dem politischen Gegner noch möglichst viele Wählerstimmen streitig zu machen. Am 25. September finden mal wieder reguläre Parlamentswahlen statt. 

Die ,,Regierung der nationalen Einheit’‘ von Mario Draghi, die im Februar 2021 durch den Staatspräsidenten Mattarella von oben eingesetzt wurde – weil während der COVID-19-Pandemie natürlich ganz zum Schutze der Gesundheit keine Neuwahlen stattfinden konnten -, wurde im Juli 2022 nach einem Misstrauensvotum aufgelöst.

Laut den letzten Umfragen vom 10.09.2022 liegt die von Giorgia Meloni angeführte Partei ,,Fratelli d’Italia’’ (FdI) bei 25,3%, gefolgt von dem sozialistischen ,,Partito Democratico’’ (PD) mit 21,2%. Der ,,Movimento 5 Stelle’’ (M5S) liegt mit 13,8% auf dem dritten Platz und Salvinis Lega mit etwa 12,9% folgt bisher an vierter Stelle. ,,Forza Italia’’ (FI) mit Berlusconi liegt bei 7,9% und die neue Partei von Di Maio ,,Italia Viva’’ findet einen Zuspruch von 5,5%. Die restlichen Parteien kämpfen um die 3%-Hürde, sodass zusammenfassend das rechte Lager insgesamt bei 47,2% landet, das linke hingegen bei ca. 28%.

Dazu muss man wissen, dass es seit 2000 einen ,,Black-out elettorale’’ gibt. Das heißt, dass 15 Tage vor dem Urnengang keine Umfragen mehr veröffentlicht werden dürfen. Man fragt sich, ob die mündigen Wähler nicht mehr verunsichert oder ob Nichtwähler nicht mehr zu sehr beeinflusst werden sollen? Diese Regelung, die sonst weltweit nur in Griechenland, Südkorea, Argentinien und in der Ukraine ihresgleichen findet, ist völlig aus der Zeit gefallen. Denn einerseits spiegelt auch der Nichtwähleranteil ein politisches Klima wider und auf der anderen Seite läuft der Wahlkampf normal weiter. Hinzu kommt, dass sich in der digitalisierten Welt auch Influencer mit einmischen, wodurch diese Regelung im eigentlichen Sinne umgangen und sowieso untergraben wird. So re-postete die Mode-Ikone Chiara Ferragni letzte Woche zum Beispiel einen Beitrag auf Instagram, mit dem sie anregte am 25. September zur Wahl zur gehen, um ein ,,Blutbad’’ zu vermeiden, welches es geben solle, wenn die ,,ultra-rechten’’ Parteien gewinnen sollten.

Dieser Schritt soll dem linken Lager Aufwind geben und fasst den ideologischen Wahlkampf ganz gut zusammen. Es wurden weniger Themenschwerpunkte gesetzt und mehr die Moralkeule geschwenkt, mit dem Ziel, die rechten Parteien zu diffamieren und sie als ,,Faschisten’’ dastehen zu lassen.

Giorgia Meloni im Visier

Dies betraf vor allem die Anführerin der FdI Giorgia Meloni, die im Laufe ihrer politischen Karriere unbestritten auch einen gewissen Wandel durchlaufen ist. Doch schaut man sich die Positionen an, für die die 45-Jährige sich jetzt einsetzt, vertritt die Partei einen konservativen Kurs, der in 10 Regionen in Italien auch schon in Regionalregierungen mitvertreten ist und offensichtlich positiven Zulauf findet.

So steht sie für Steuersenkungen, wirtschaftlichen Aufbau und bessere Investitionsbedingungen; einige sprechen davon, dass ihre Vorbilder der Philosoph Roger Scruton und der Ökonom Hayek sind. Sie fährt zwar einen harten Immigrationskurs, doch kann man etwas dagegen haben, wenn man die Flüchtlingssituation, von der Italien als südeuropäischer Mittelmeerstaat sowieso als erstes und grundsätzlich stets hart betroffen ist, legal regulieren möchte? Meloni steht für ein klassisches Familienbild und hat ihre eigenen Ideen für Europa, erteilt dem Staatenverbund allerdings entgegen einigen Medienberichten noch lange keine Absage. Sie ist Pro-Nato, Atlantikerin und stellt sich im laufenden Krieg an die Seite der Ukraine.

Dazu muss man betonen, dass es in Italien bisher kaum eine konservative oder rechte Partei gab, sodass die FdI von den (weltweiten) MSM im Vergleich schnell auf die rechte Außenseite abgeschoben werden konnte. Wobei man auf die Terminologie in den italienische Medien achten sollte, denn da heißt es in fast allen Zeitungen noch, dass das ,,MitteRechts-Bündnis’’ aus FdI, FI und Lega an Zulauf gewinnt – und eben nicht ein ,,rechtsradikales’’ Bündnis oder ähnliches.

Selbstverständlich macht diese Entwicklung dem linken Lager Angst. Es wundert also kaum, dass vor einigen Tagen letzte Versuche gestartet wurden, den Koalitionspartner Salvini Dreck anzustecken. La Repubblica titelte nämlich am Donnerstag, dass laut amerikanischen Geheimreporten Russland seit 2014 mindestens 400 Millionen Dollar an Geldern vergeben habe, um in verschiedenen Ländern Politiker zu finanzieren. Washington werde den betroffenen Staaten klassifizierte Informationen zukommen lassen. Sofort wurde Salvini, der den russischen Sanktionen skeptisch gegenübersteht und bekannterweise seit einigen Jahren Kontakte nach Russland pflegt, beschuldigt. Doch schon nur einen Tag später rief der geschäftsführende Ministerpräsident Draghi den amerikanischen Außenminister Blinken an und es stellte sich heraus, dass Italien gar nicht auf dieser geheimen Liste stehe. Diese Nachricht wurde, wenn überhaupt, klein und leise gebracht und der Schaden für die Lega ist nicht ganz sicher einzuschätzen, aber es zeigt sehr deutlich, wie schmutzig an sich die Art und Weise des linken Wahlkampfes ist.

Man sollte sich keine Illusionen machen: Denn selbst wenn das rechte Lager die Mehrheit gewinnen sollte, eine Koalition ist nicht selbstverständlich vorausgesetzt bzw. werden auch schon Wetten abgeschlossen, wie lange oder kurz eine solche überhaupt überleben würde.

Zwar zeigen die Umfragen, dass eine Führung unter Meloni den größten Zulauf hätte und somit stehen ihre Chancen als erste weibliche Ministerpräsidentin für die kommenden fünf Legislaturjahre nicht schlecht. Aber die Beziehungen unter den drei Parteien sind nicht einfach und v.a. auch in der Russland-Frage sehr differenziert. Es bleibt somit nächste Woche abzuwarten, ob auch in Italien wie in Schweden ein Kurswechsel stattfinden wird oder nicht.

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Kulturkampf in Jerusalem: Stadt des Friedens? Von wegen!

Von Simon Ben Schumann | Jerusalem ist ein besonderer Ort. Der Name, auf Hebräisch „Jeruschalajim“ ausgesprochen, wird gerne als „Stadt des Friedens“ übersetzt. Doch von „Schalom“ ist wenig zu spüren.

 

Ultra-Orthodoxe machen Welle

In Jerusalem – einer geteilten Stadt – geht es deutlich anders zu als im Paradies auf Erden. Dort leben momentan ca. 920.000 Menschen. Etwa 60% der Bevölkerung sind jüdisch, darauf folgen die Muslime mit ungefähr 30%. Die Christen bilden mit 2% eine kleinere Minderheit. Bei so einer Mischung kann man sich schonmal in die Haare kriegen.

In der Bibel ist Jerusalem der ultimative Begriff für den „himmlischen Frieden“. Weil ich mich für Religionen interessiere, dachte ich mir, dass ein Urlaub in der heiligen Stadt bestimmt eine gute Idee wäre. Auch wenn ich nicht sehr gläubig bin. Immerhin kann man sich an der Klagemauer bei Gott persönlich über die Verhältnisse in Deutschland echauffieren. Zwei Worte und er würde mich vielleicht sofort verstehen: Karl Lauterbach. Doch leider könnten einem z. B. radikal-religiöse Sittenwächter den Urlaubsspaß verderben.

Die ultra-orthodoxen Juden machen wegen ihrer strengen Religiosität einen wachsenden Teil der israelischen Bevölkerung aus. Während andere in Tel Aviv feiern gehen oder sich über Benjamin Netanjahu aufregen, gründen sie Familien. Das schlägt sich besonders in Jerusalem nieder, wo sie eine der großen Gruppen darstellen. Besonders super-radikale Teile der Ultra-Orthodoxen haben Einfluss, denn: Extrem Religiöse zwingen anderen gerne ihre Gesetze auf – so auch in Jerusalem.

Wer dort an einem Sabbat-Samstag mit dem Auto unterwegs ist, kann sich auf was gefasst machen. Da will man nur kurz zum Picknick an den Jordan (was gefährlich genug ist), schon werfen sich zig Leute vor die Karre. Wer so leichtfertig sein Leben riskiert? Manch ultra-orthodoxer Pharisäer, für den Autofahren am heiligen Tag eine schreckliche Sünde darstellt.

Noch viel Schlimmer: In Bussen müssen Männer und Frauen oft getrennt sitzen. Die einen vorne, die anderen hinten. Ein zivilisatorischer Rückschritt in mittelalterliche Moralvorstellungen. Weil sich die mega-Religiösen damit durchsetzen können. Auf dem Tempelberg darf man als Jude nicht einmal beten, unter anderem, weil Israels und Jerusalems Chefrabbinate aus theologischen Gründen dagegen sind – und wegen Sicherheitsbedenken.

Außergewöhnliches gibt es in der heiligen Stadt an jeder Ecke. So ist Jerusalem, ähnlich wie Berlin im kalten Krieg, geteilt. Nicht nur in Stadtviertel, nach Bevölkerungsgruppen sortiert – sondern auch in Ost und West. Durch einige Ortsteile, wie Mea Shearim, dürfen Frauen nur in „modest clothing“ gehen. Riesige Plakate weisen Passanten auf diese Kleidervorschriften hin. Sowohl die Palästinenser als auch die Israelis beanspruchen Jerusalem als ihre alleinige Hauptstadt. Die einen als Himmelfahrtstätte ihres Propheten, die anderen als Wohnstätte Gottes. Was er wohl dazu sagen würde?

 

Eine Stadt des Friedens?

Extremistische Palästinenser tragen zum bedrückten Alltag in der Stadt bei. So gab es erst am 15.08.2022 einen Anschlag eines Palästinensers gegen Juden, bei dem acht Menschen verletzt wurden, zum Teil sehr schwer. Gewalt gibt es in Jerusalem häufig, ob an Ostern, während des Ramadan oder, wie zuletzt, an der Klagemauer. Von israelischer Seite wird immer wieder – zurecht – die Gewalt der Palästinenser beklagt. Selbst und besonders in Israel kann man sich als Jude nie vor Terror sicher fühlen. Daher ist in der Stadt die militärische Präsenz groß.

Heute scheint es so, als würden Spaltung und Fundamentalismus Jerusalem beherrschen. Die Tatsache, dass eine Stadt, die Gott geweiht ist, von Militärs geprägt wird, gibt zu denken. Ironischerweise beten täglich Millionen Menschen für Frieden und Gerechtigkeit zu genau dem Gott, dessen biblische Heimat heute geteilt und umstritten ist. Religion ist ein eher persönliches Thema. Für mich wird daran deutlich, dass man nie zu sehr glauben sollte, die Wahrheit zu kennen. Wieso sonst sollte die Stadt weder den Christen, noch den Juden oder den Muslimen allein gehören? Ich könnte mir ja vorstellen, dass Gott bei politischen Fragen, Nichtwähler ist. Wäre wahrscheinlich auch am besten.

Ob man an sie glaubt, ist natürlich jedem selbst überlassen. Aber eines steht fest: Zumindest heute geht von Jerusalem noch nicht die „Erlösung der Welt“ aus.


Warum ich keine Quotenfrau sein möchte

Von Johanna Beckmann | Ich bin mehr als mein Geschlecht. Das scheinen unsere Politiker aber anders zu sehen. 

Im Grundgesetz steht, dass Frauen und Männer vor dem Gesetz gleich sind. Der Staat ist dazu aufgefordert, die tatsächliche Gleichberechtigung zu fördern. Doch ist es nicht ein völliger Widerspruch davon, wenn Unternehmen dazu verpflichtet werden, in ihrem Aufsichtsrat mindestens 30 % Frauen einzusetzen? Denn dann wird womöglich eine Frau eingestellt, auch wenn der Mann für den Job vielleicht qualifizierter gewesen wäre. 

Genau diese Quotenfrau möchte ich nicht sein. Ich gehe zwölf Jahre zur Schule, lerne bis spät in die Nacht und gehe dann sehr müde zur Schule. Ich strenge mich an ein gutes Abitur zu machen. Danach werde ich wohlmöglich noch ein paar Jahre durchs Studium büffeln. Das alles habe ich doch dann nicht gemacht, um danach für jemanden zu arbeiten, weil er eine Frau brauchte. Denn diese Qualifikation habe ich seit meiner Geburt und musste mich dafür demnach auch nicht anstrengen. Ich möchte gern für die Dinge, für die ich gearbeitet und geleistet habe, eingestellt werden.

Auch wenn die Frauenquote dazu dienen soll, Frauen für von Männern dominierte Berufe zu begeistern, kann ich sagen, dass das bei mir nicht der Fall ist. Ich werde nicht in einem Job auf dem Bau arbeiten. Ich schminke mich gern, trage gerne Kleider, kann nicht besonders schwere Dinge tragen und gehe auch nicht gern durch den Matsch und das wird die Frauenquote auch nicht ändern.

Ein aktuelles Beispiel dafür, dass nicht alle Menschen so denken, ist die Einführung der Frauenquote in der CDU. Seit Jahrzehnten wird in der CDU nach einer Lösung für die geringe Anzahl an Frauen im Parlament gesucht. Im Moment sind dort nur 23,5 Prozent Frauen. Nun hat die CDU ihre Lösung des „Problems“ gefunden. Beim CDU Parteitag wurde für eine Frauenquote bei der Vergabe von Parteiämtern gestimmt. Ab dem kommenden Jahr müssen ab der Kreisebene ein Drittel der Ämter von Frauen bekleidet werden. Ab 2024 sollen es schon 40% sein und ab 2025 50%. Auf dem Parteitag gab es zahlreiche Wortmeldungen.  Für die Frauenquote äußerte sich zum Beispiel die ehemalige Parteichefin Annegret Kramp- Karrenbauer, da gemischte Teams einfach besser und kreativer arbeiten können. Die CDU hat für mich ein weiteres Mal bewiesen, dass ich dort definitiv nicht eintreten werde.

Eine Frauenquote hat nichts mit Gleichberechtigung zu tun. Es sollte immer die Person eingestellt werden, die für den Beruf am besten geeignet ist. Wenn eine Frau eine Führungsposition in einer Firma haben möchte, dann sollte sie die gleichen Chancen haben wie ein Mann. Wenn eine Frau aber bevorzugt wird um einen Quotenplatz zu besetzen, dann sind Frau und Mann nicht gleichberechtigt. Ich möchte nirgendwo eingestellt werden, weil ich weiblich bin, sondern weil ich mir durch meine Bemühungen den Job verdient habe.