Von Sven Justin Verst | Mit dem Abschluss des akademischen Jahres erhielten auch diesen Sommer wieder unzählige Studenten ihre Abschlüsse. Derzeit ziehen neue Studenten in Wohnheime und machen sich mit ihrem neuen Zuhause, der Universität vertraut. Während dieser stressigen und aufregenden Zeit muss man jedoch vermehrt darauf achten, welches Gebäude man betritt und welche Abschlusszeremonie man besucht.
Bei dem Begriff „Thematisiertes Wohnen“ denken viele wohl zunächst an den einzigartigen Einrichtungsstil der 70er-Jahre, dem ist nicht so. Vielmehr handelt es sich um den Stil der 50er-Jahre, in welchen Menschen nach Herkunft und Hautfarbe von offizieller Seite segregiert wurden. Diese Rassentrennung wird allerdings nicht von rassistischen Weißen gefordert, sondern einer oft radikalen Minderheit der damaligen und heute vermeintlichen Opfern, den Schwarzen. Unterstützer dieser „progressiven“ Idee argumentieren damit, dass segregierte Leben schade nicht beim Lernen und nicht nur das, es mache es sogar stressfreier für Minderheiten, da vermeintliche störende „Unterdrücker“ verbannt werden. Dieser klare Widerspruch zu der sonst geforderten Diversity in allen anderen Lebensbereichen wird ignoriert. Des Weiteren behaupten solche „Aktivisten“, dass die Kritik an„Thematisiertes Wohnen“ als Rückschritt zu Segregation bloße Angstmacherei sei mit dem Ziel, die Gesellschaft zu spalten.
Wild, wie die Jugend von heute sagt. Aber die Verdrehung der Realität und Kontrolle von Wörtern ist ein allbekanntes Mittel der politischen Linken und vor allem der neuen woken Ideologie. Denn erst durch das Aufheben von der gesetzlichen Segregation hat man den ersten Schritt gemacht, die Spaltung der Gesellschaft zu lösen.
Nach einem erfolgreichen Studium darf man sich auf die feierliche Überreichung des Abschlusses freuen. Insbesondere in den USA wird das traditionell groß gefeiert. Doch auch dieses feierliche Ereignis wird zunehmend segregiert. So fand dieses Jahr bereits die 26. segregierte Abschlusszeremonie statt. Auch hier wird damit argumentiert, dass die Präsenz Weißer den Schwarzen „emotional“ schaden würde – und man daher lieber wieder nach Hautfarbe segregiert.
Grundsätzlich versuchen paradoxerweise gerade woke Aktivisten mit all dem Schwarze aus der amerikanischen Identität herauszubrechen um eine zweite, afrikanische Identität zu schaffen, die mit der amerikanischen konkurrieren soll. Sie unterstützen die Idee, dass die USA eine weiße Nation sind und Menschen anderer als nordeuropäischer Herkunft keine Amerikaner sein können – etwas was die wohl auch selbst die schlimmsten Klu-Klux-Klan-Anhänger untschreiben könnten. Mit dieser Identitätspolitik zerstört man den amerikanischen Leitsatz „e pluribus unum“ (aus vielen eines).
Eigene Wohnheime und Abschlussfeiern unterstreichen das woke Weltbild, dass Schwarze herausgehoben werden müssen, da sie sonst im Schatten von Weißen (und Asiaten) stünden. Dabei gibt es ein reales Problem, das vor allem Schwarze betrifft, die Rate der Studienabbrecher. Dabei spielen auch die „Affirmative Action“-Programme eine Rolle. Um die Verteilung der Studenten in den Universitäten an die Verteilung der Gesamtbevölkerung anzupassen, werden für „unterrepräsentierte Gruppen“ die Bewerbungskriterien gesenkt. Desaster ist da vorprogrammiert, Studenten brechen ab und sind demoralisiert. All das, obwohl sie an anderen Universitäten zu den Besten gehören könnten. „Affirmative Action“ schadet also auch vor allen den Gruppen, den es helfen soll.
Statt korrekter Problemdiagnose wird ein struktureller Rassismus für alles herangezogen. Aus dieser falschen Diagnose lassen sich Problem jedoch nicht behandeln. Im besten Fall passiert nichts, im Schlimmsten werden existierende Probleme verschärft. Eine erneute Segregation und herkunftsbasierte Absenkung von Einstiegskriterien sind keineswegs hilfreich, sondern extrem schädlich und stehen im völligen Widerspruch zum Einsatz für Gleichheit vor dem Gesetz.
Von Marius Marx | Mittlerweile sind wir in Deutschland in Sachen woker Cancel-Culture ja schon an allerlei Absurditäten und irrwitzige Verbotsbegründungen gewöhnt, sodass man beinahe meint, von keiner absurden Hexenjagd mehr geschockt werden zu können. Doch die Debatte um mehrere Publikationen rund um den Film „Der junge Häuptling Winnetou“ hat die vorher schon schwindelerregend hohe Lächerlichkeits-Messlatte zweifellos noch um einige Zentimeter angehoben.
Entzündet hatte sich die Debatte kürzlich an der Entscheidung des Ravensburger-Verlag, den Verkauf von Winnetou-Kinderbüchern einzustellen bzw. diese zurückzurufen. Dabei handelt es sich wohlgemerkt um völlig freie Neuinterpretationen der von Karl May Ende des 1900 Jahrhunderts geschaffenen Romanwelt. Doch allein der bloße Bezug zu May reichte aus, um postkoloniale, woke aktivistische Mobs auf den digitalen Plattformen gegen die Bücher und den Verlag zu mobilisieren. Ravensburger knickte schließlich ein und begründet seinen ungewöhnlichen Schritt nun mit „vielen negativen Rückmeldungen“ und erheblicher Kritik und Rassismusvorwürfen in den sozialen Medien. Dort hätten Kommentare gezeigt, dass „wir mit dem Winnetou-Titeln die Gefühle anderer verletzt haben“. Zudem verbreite das Buch unzulässige und „verharmlosende Klischees“ und zeichne ein „romantisierendes Bild“ von „der geschichtlichen Wirklichkeit der indigenen Bevölkerung“, das weit davon entfernt sei, „wie es der indigenen Bevölkerung tatsächlich erging“.
Diese Argumentation erscheint umso abstruser, hält man sich vor Augen, dass dem Werk sogar extra ein Disclaimer für hypersensible Zeitgenossen vorangestellt würde, der klarstellt, dass das Buch nicht als historisch korrekte Darstellung des Lebens indigener Völker, sondern viel mehr als fiktive Geschichte zu verstehen sei. Völlig zurecht erklärte deswegen der Kunstpädagogikprofessor und Karl May-Experte Andreas Brenne, dass es falsch sei „ein solches Buch nur aufgrund eines Shitstorms aus dem Verkehr zu ziehen“ und warnte vor dem Vorwurf der kulturellen Aneignung, der „schon das Verkleiden als Indianer (…) als rassistischen Akt“ brandmarke. Auch die Karl-May-Gesellschaft e. V. und Karl-May-Stiftung haben entschieden Stellung gegen den Verkaufsstopp der Winnetou-Artikel – ebenfalls betroffen sind ein Winnetou-Puzzle sowie eine Erstleserbuch – bezogen. In einem gemeinsamen offenen Brief verteidigen sie die Werke Karl Mays und betonen, dass seine Besonderheit gerade darin bestehe, „dass in seiner Darstellung des ›Wilden Westens‹ von Anfang an die Sympathie des Erzählers der leidenden indigenen Bevölkerung“ gelte. Und weiter: „Ihre Würde und ihre menschlichen Qualitäten verkörpern sich in Idealfiguren wie Winnetou, dem Häuptling der Apachen, und die tragische Vernichtung ihrer materiellen und kulturellen Existenz grundiert alle May’schen Nordamerika-Erzählungen“. Außerdem könne nicht bezweifelt werden, dass er durch seine Werke „über mehrere Generationen hinweg als Erzieher zu Toleranz und Weltoffenheit gewirkt“ hat.
Zu dieser Einsicht konnten sich der woke politische Mainstream und die öffentlich-rechtlichen Medienanstalten gemäß ihres „progressiven“ Weltbildes freilich nicht durchringen. Ganz im Gegenteil: So teilte die „ARD“ auf Anfrage der „BILD“ mit, dass der Sender bereits vor zwei Jahren die Film-Lizenzen auslaufen lies und fortan keine Winnetou-Filme mehr zeigen werde. Nina Paysen in ihrer Funktion als „Sandmännchen“-Redakteurin beim RBB ging sogar noch weiter und kündigte an, keine Folgen mehr ausstrahlen zu wollen, in denen das „I-Wort“ benutzt werde. Die deutschen Winnetou-Fans und Bücherliebhaber zeigen sich von alldem offensichtlich ziemlich unbeeindruckt: Ebenso wie im Rahmen der Layla-Debatte – als ich deswegen noch halbironisch weitere Verbote forderte – scheint gerade der Rückruf und die sich daran anknüpfende Debatte die allgemeine Beliebtheit der Werke noch zu steigern. So ist die Ausgabe der drei Winnetou-Bände – wohlgemerkt im Anaconda-Verlag – Amazon Bestseller und dort nach wie vor das meistverkaufte Buch in der Kategorie „Wildwestromane“. Dennoch bleibt letztlich die wenig erfreuliche Feststellung, dass fanatische, woke aktivistische Mobs auf Instagram und Twitter mittlerweile bereits in der Lage sind ganze Verlage und dessen Unternehmenspolitik nachhaltig zu beeinflussen. Und diese Entwicklung ist gefährlich. Denn wenn jetzt plötzlich die (geschichts-)wissenschaftliche Präzision und ein modernes Verständnis politischer Korrektheit zum obersten Gütekriterium jahrhundertealter Klassiker der europäischen Literatur erhoben wird, stellt sich nicht mehr die Frage, welche Bücher deswegen vom Markt genommen werden sollten, sondern welche überhaupt gelesen werden dürfen. Gott behüte uns vor dem Tag, an dem diese Leute in den Werken abendländischer Geistesgrößen wie Schiller, Goethe oder Lessing heute verpönte Wörter wie „Muselmann“, „Mohr“ „Neger“, „Zigeuner“, „Rasse“ oder „Volk“ ausfindig machen und daraus ihre bekannten Schlüsse ziehen. Gespannt darf man dann auch darauf sein, wann Konzerte der deutschen Pop-Band „Pur“, die mit dem Song „Indianer“ einen ihrer größten Erfolge gefeiert hat, das erste Mal Gegenstand woker Boykottforderungen wird.
Aber zurück zu Winnetou und Karl May: Den Vogel in der aufgeheizten Debatte vollständig abgeschossen hat zweifellos ein „Experte“ der beim „Bayerischen Rundfunk“ zu Wort kommt: Der Hamburger Kolonialismus-Forscher Jürgen Zimmerer bringt dort das unwahrscheinliche Kunststück fertig, Karl May gewissermaßen zum gedanklichen Vorreiter der nationalsozialistischen Ideologie vom „Lebensraum im Osten“ zu erklären und eine direkte Verbindung von seinen Werken zur NS-Ostbesatzungspolitik herzustellen. Zimmerer hält die Winnetou-Reihe außerdem nicht nur für durch und durch rassistisch, sondern überdies auch für antisemitisch, frauenfeindlich und natürlich durch „weiße Identitätspolitik“ geprägt. Und als wäre das alles noch nicht genug, holt er dann die ganz dicke Keule raus und behauptet: „Es ist kein Zufall, dass Adolf Hitler und SS-Chef Himmler große Karl-May-Fans waren“. Bei solch einer stichhaltigen Beweisführung bleibt mir mit Gedanken an alle Liebhaber der Bayreuther-Festspiele nur noch übrig, zu wünschen, dass bloß nicht publik wird, dass Hitler neben May- auch ein glühender Wagner-Fan war. Und für meine zahlreichen vegetarischen Freunde hoffe ich, dass die Tatsache, dass Hitler Vegetarier war, in Zukunft möglichst nicht allzu hohe Wellen schlagen wird. Wir wollen doch schließlich nicht, dass der Vegetarismus noch durch Hitler in ein schlechtes Licht gerückt wird oder gesellschaftlich in Ungnade fällt.
Von Sarah Victoria | Am 24. August 1991 erklärte die Ukraine ihre Unabhängigkeit von der Sowjetunion. 31 Jahre später kämpft das Land erneut um seine Unabhängigkeit – diesmal jedoch nicht nur mit Worten. Was die letzten Jahrzehnte ein Grund zur Freude war, markiert dieses Jahr auch ein trauriges Jubiläum. Vor genau sechs Monaten begann die russische Militäroffensive. Seitdem scheint nichts mehr so zu sein, wie es einmal war. Die russische Invasion wurde zu einem globalen Problem, das international für Aufsehen sorgte. Der ukrainische Nationalfeiertag bewegt in diesem Jahr auf einmal eine ganze Weltgemeinschaft. Daher folgt nun ein kleiner Abriss von dem, was vor 31 Jahren einmal war und dem, was heute ist:
Was einmal war
Vor 31 Jahren nutzte die Ukraine ihre Chance, sich von der zerfallenden Sowjetunion abzusetzen. Verantwortlich war dafür insbesondere der Politiker Leonid Krawtschuk, der im selben Jahr auch noch zum ersten Präsidenten der Unabhängigen Ukraine gewählt wurde. Er war es, der am 24. August die Unabhängigkeit der Ukraine von der Sowjetunion verkündete. Im Mai 2022 starb Krawtschuk im Alter von 88 Jahren in München. Zusammen mit seinem russischen und belarussischen Amtskollegen (der übrigens zwei Wochen vor Krawtschuk verstarb) schrieb das Trio im Dezember 1991 Weltgeschichte und beschloss offiziell die Einführung der Unabhängigen Staatengemeinschaft. Über 90 Prozent der Bevölkerung stimmten beim anschließenden Referendum der Unabhängigkeitserklärung zu.
In den ehemaligen Sowjetstaaten folgte daraufhin eine Zeit des Wandels, die gerade politisch sehr herausfordernd war. Armut und Korruption breiteten sich im Land aus. Mit seiner diplomatischen Außenpolitik machte sich Krawtschuk gerade im Osten der Ukraine keine Freunde, immerhin war er derjenige Präsident, der auf sowjetische Atomwaffenarsenale verzichtete und sich dem Westen annäherte. Die daraus entstandenen Ressentiments mündeten 1994 schlussendlich in der Abwahl Krawtschuks. Nachfolger wurde Leonid Kutschma, der vor allem von der ostukrainischen Bevölkerung unterstützt wurde. Dass Krawtschuk seinen Posten auch wirklich verließ war eine Besonderheit. Machtwechsel wurden seitdem, anders als in den Nachbarländern Russland und Belarus, zur ukrainischen Tradition. Nach seiner Abwahl wurde es die nächsten Jahre ruhig um den Präsidenten.
Was heute ist
Erneut politisch relevant wurde seine Person unter dem aktuellen Amtsträger Wolodymyr Selenskyj. Im Juli 2020, als die ukrainische Regierung sich noch eine mögliche diplomatische Lösung mit Russland erhoffte, wurde Krawtschuk zum Leiter der ukrainischen Delegation ernannt. Vor seinem Tod soll er noch gesagt haben, dass der Hauptfehler seiner Präsidentschaft das Vertrauen zu Russland war. „Mein größter Fehler ist, dass ich Russland geglaubt habe. Ich hatte kein Recht dazu. Als ich in Moskau studierte, war ich schon über 30. Ich hatte Zugang zur Lenin-Bibliothek, zu einem Archiv. Und ich wusste viel über Russland, über Lenin, über alles, was sonst niemand wusste. Ich dachte, dass sie [Anm.: Russland] sich auch endlich veränderte… sie blieb jedoch gleich.“
Der erste Präsident der unabhängigen Ukraine starb während des dritten Kriegsmonats. Natürlich weiß niemand, ob ein anderer Umgang mit der russischen Regierung tatsächlich für Frieden gesorgt hätte. Aber am diesjährigen Unabhängigkeitstag hallen die Worte Krawtschuks nochmal besonders nach.
Internationale Glückwünsche, die verwirren
Der Unabhängigkeitstag der Ukraine sorgt natürlich auch international für Schlagzeilen – und das nicht nur im Westen, wie man zuerst vermuten würde. Auch die Regierung Belarus gratulierte ihrem Nachbarn und hätte ihre Glückwünsche dabei nicht zynischer formulieren können. Gerade der nachbarliche Wunsch nach einem „friedlichen Himmel“ erscheint vor den jüngsten Raketenangriffen wie orwellscher Neusprech. In der Grußbotschaft des Präsidenten Aleksandr Lukashenko, die auf der Seite des Präsidialbüros nachzulesen ist, heißt es:
„Ich bin überzeugt, dass die aktuellen Widersprüche nicht in der Lage sein werden, die jahrhundertealten, aufrichtigen und gutnachbarschaftlichen Beziehungen zwischen den Völkern beider Länder zu zerstören. Belarus wird sich weiterhin für die Erhaltung der Eintracht, für die Entwicklung freundschaftlicher und gegenseitig respektvoller Kontakte auf allen Ebenen einsetzen. Das belarussische Staatsoberhaupt wünscht den Ukrainern einen friedlichen Himmel, Toleranz, Mut, Kraft und Erfolg bei der Wiederherstellung eines menschenwürdigen Lebens.“
Der russische Präsident sendete seine Glückwünsche dieses Jahr in Form von Raketen, die nach ukrainischen Berichten am 24. und 25. August an Bahnhöfen eingeschlagen sein sollen und dabei mindestens 22 Menschen töteten. In besetzten Gebieten versprach Putin zudem, Eltern von Kindern zwischen 6 und 18 Jahren eine einmalige Zahlung von 10.000 Rubeln (das sind umgerechnet etwa 165 Euro) zukommen zu lassen. Ansonsten hielt sich die russische Seite bedeckt, die „Spezialoperation“ scheint auch weiterhin nach Plan zu verlaufen – zumindest wenn man General Shoigu zuhört.
Glückwünsche aus dem Westen
Ganz anders sahen die Gratulationen aus dem Westen aus. Regierungsvertreter ließen es sich nicht nehmen, der Ukraine Videobotschaften, Photos oder noch mehr Versprechen zukommen zu lassen. Die amerikanische Regierung versprach der Ukraine ein weiteres Rüstungspaket im Wert von 3 Milliarden Dollar, der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz besuchte die 30 versprochenen Gepard-Panzer – die sich noch in Deutschland befinden – und Ursula von der Leyen ließ sich am Unabhängigkeitstag in Brüssel mit einer 30 Meter langen Ukraineflagge ablichten – natürlich im dazu passenden Hosenanzug.
Selbst die englische Königin sicherte der Ukraine ihre Unterstützung zu. Für den meisten Wirbel sorgte jedoch Boris Johnson. Der scheidende britische Premierminister ließ es sich nicht nehmen, am Unabhängigkeitstag persönlich nach Kiew zu reisen, um dort auf offener Straße – und vor reichlich Kameras – mit Selenskij spazieren zu gehen. Im Anschluss hielt er noch eine Rede.
Seit der Annexion der Krim war es ein Anliegen der ukrainischen Regierung, den Unabhängigkeitstag möglichst groß zu feiern, was dieses Jahr nicht möglich war. Großveranstaltungen und Konzerte wurden abgesagt und die Bevölkerung dazu aufgerufen, die Sirenen an diesem Tag besonders ernst zu nehmen. Nichtsdestrotrotz wurden die Ukrainer kreativ. Oleksej Soronkin, ein ukrainischer Journalist des “Kjev Independent” , teilt auf Twitter folgendes Video:
Russians finally have their military parade in downtown Kyiv. Yet, there’s a catch…pic.twitter.com/e4sQhYGsCi
In Kiew gibt es 2022 keine Militärparade. Stattdessen wird dieses Jahr in erbeutete Panzer gestiegen. Es ist eine neue Normalität: Kinder posieren mit blau-gelben Flaggen vor zerstörten Militärfahrzeugen, die Spielplätze sind leerer als sonst – am ersten September geht die Schule wieder los. Im Hintergrund erklingen regelmäßig Sirenen. Die Stadtbewohner versuchen, den Lärm mit Musik zu übertönen. Und auch, wenn bestimmt nicht jeder denselben Humor teilt, scheint das ukrainische Durchhaltevermögen doch beeindruckend.
Lesen Sie hier: Das große Debattenduell. Psycho-Tante Pauline gegen Paragraphenreiter Simon. Für wen fiebert ihr mit: Team Freud oder Team Justizia?
ACHTUNG: Dieser Beitrag könnte Spuren von Humor enthalten. Weder schnöselige Polo-Juristen noch verrückte Freudianer wurden bei der Produktion dieser Kolumne ernsthaft verletzt. Dieser Austausch spiegelt in keiner Weise das Arbeitsklima bei Apollo News wieder, sondern dient schlichtweg Unterhaltungs- und Ausbildungszwecken. Seelsorgerische Unterstützung stand den Autoren zu jeder Zeit zur Verfügung.
Lieber Gutmenschen, als Rowdys in Cordhosen
Von Pauline Schwarz | Wenn man endlich sein Abiturzeugnis in der Hand hält und nicht zur Sorte Genderstudies, Politikwissenschaft oder Ausdruckstanz gehört, stellt sich jedem Hochschulanwärter die eine große Frage: Was kann ich studieren, um – Achtung, Raubtierkapitalismus – irgendwann mal ordentlich Knete zu verdienen. Mein erster Gedanke war damals: Studiere ich doch einfach Jura. Dann kann ich so eine fiese, gewiefte Anwältin werden, wie die aus dem Fernsehen. Aber von dem Gedanken bin ich nach dem Gespräch mit einer echten Anwältin dann zum Glück doch wieder abgekommen – Hollywood hat mit dem echten Anwaltsberuf nämlich nicht so viel zu tun. Simon hat das leider nicht rechtzeitig gerafft. Der hat so viel Suits geguckt, dass er sich selbst schon mit Anzug und einer sexy Sekretärin auf dem Beifahrersitz seines Ferraris durch den Ruhrpott rasen sah. Jetzt hat er den Salat. Er ist zwischen Segelschuhen, endlosen Paragraphenlisten und geschwärzten Bibliotheksbüchern gefangen.
In Cordhose und Polo-Shirt an die Bücher-Front
Ich will ja gar nicht behaupten, dass die Psychologie-Studenten besonders sympathische Menschen sind – ich habe mich schon oft gefragt, ob der Kommilitone neben mir wirklich Psychologie studiert oder doch nur aus dem Behandlungszentrum gegenüber ausgebüchst ist. Aber immerhin sind sie nicht so verrückt zu denken, dass ein um die Schultern gebundener Pullover stylisch aussieht. Bei uns trägt vielleicht der ein oder andere Mann Nagellack, ich gebs ja zu, aber wenigstens sieht er nicht aus, als hätte er die Golfklamotten seines Opas geklaut. Simon habe ich zwar noch nicht mit Cordhose oder Krokodilhemdchen erwischt, aber ich glaube der tarnt sich bei unseren Apollo treffen. Abends, wenn keiner hinsieht, schlüpft der bestimmt heimlich in seinen Polo-Schlaf-Anzug und atmet dann erstmal kräftig durch.
Abgesehen vom Spießer-Style, macht die Juristen aber vor allem eines unangenehm: Das Hauen und Stechen um die besten Noten. Wenn man bei den Psychologen irgendein Problem hat, muss man nur einmal in den Uni-Chat schreiben und schon melden sich zehn Leute, die bereit sind ihr Leben zu opfern, nur um dir zu helfen. Rein menschlich ist das zwar ein bisschen komisch, aber es ist verdammt praktisch. Ohne die tausend Unterlagen, Scripte, Bücher und Tipps, die ich schon von meinen Kommilitonen bekommen habe, hätte ich an der ein oder anderen Stelle in meinem Studium echt alt ausgesehen. Bei den Juristen ist das anders – denn die lassen sich gegenseitig absichtlich alt aussehen.
Fraktion Ellenbogen – Und wir sind die verrückten?
Ich mag mir gar nicht vorstellen, wie oft Simon schon keuchend und mit ausgefahrenen Ellenbogen in die Bibliothek gestürmt ist, um als erster an den begehrten Lehrbüchern oder Gesetzestexten zu sein, nur um dann vor einem Buch zu stehen, bei dem die wichtigen Seiten fehlen – sofern er es überhaupt findet, es also grade kein anderer versteckt hat. Die Juristen lassen nämlich nicht nur Bücher verschwinden, sie rupfen ganze Seiten heraus oder schwärzen wichtige Stellen, nur um zu verhindern, dass die anderen gute Noten bekommen. Wenn man den Prototyp des „Kollegenschweins“ suchen würde, würde man hier einen ganzen Vorlesungssaal voll finden. Da sind mir die alten Psycho-Gutmenschen, die mir ihr Buch schenken und extra noch wichtige Stellen markieren, doch ein bisschen lieber.
Den Jura-Studenten fällt immer eine neue Gemeinheit ein – und da ist der Simon keine Ausnahme. Ich meine der verbreitet bei Apollo einfach gnadenlos das Gerücht, ich würde auf Chia-Samen stehen. Der klaut bestimmt auch Erstsemestern ihre Bücher, einfach nur, um die Kleinen weinen zu sehen und sich dabei schadenfroh ins Fäustchen zu lachen. Aber hey, vielleicht brauch man auch einfach genau dieses grausame Gen, um ein richtig guter Anwalt zu werden. Dieses Gefühl habe ich zumindest manchmal, wenn ich mir die aktuelle Gesetzgebung anschaue – wie heißt das noch? Justizia ist blind? Das würde ich aktuell unterschreiben.
Lieber Simon, wenn du das nächste mal vor den irren Psychologen warnen willst, denk daran: Deine Sippschaft hat nicht nur einen schlechten Klamottengeschmack und einen Hang zu kriminellem Bibliotheks-Verhalten. Einige deiner Kollegen behalten zwar die Ellenbogen, vergessen nach dem Studium aber sämtliche Rechtsgrundsätze. Also: Wer ist jetzt der Verrückte hier?
Lieber Paragraphenreiten, als Psycho-Spiele
Von Simon Ben Schumann | In Deutschland werden immer mehr Psychologen gebraucht – und das besonders jetzt nach der Corona-Pandemie. Für Pauline ist das der Jackpot, denn sie profitiert vom psychischen Leid der Menschen. Jeder Depressive oder Verrückte, bedeutet für sie ein lukratives Geschäft – mit einer eigenen Praxis in Berlin-Kreuzberg, könnte sie dementsprechend Millionen machen. Und dabei wünsche ich ihr in Zukunft natürlich alles Gute, will sie aber auch warnen. Wenn ich mir die Psychologen von früher und heute mal genauer anschaue, frage ich mich oft wer hier eigentlich der Patient ist. Nicht das Pauline noch die Stühle wechselt.
Stanford-Prison-Experiment & Co.: „Homo sapiens“ als Versuchstier
Als staubtrockener Jurastudent muss ich mich in Zurückhaltung üben. Ehrlich: Ich hab Angst vor der Psycho-Expertin Pauline. Da ich mich ein bisschen mit Verhaltensanalyse beschäftigt habe weiß ich, dass man schon aus Kleinigkeiten viel schließen kann. Was kann eine studierte Mentalistin dann erst herausfinden? Pauline kommt bei den Apollo-Treffen wahrscheinlich in den Raum und verteilt erstmal überall Diagnosen – da muss man verdammt aufpassen was man sagt und wie man sich benimmt, sonst hat man gleich ein „Mutter-Problem“, ist ein „Narzist“ oder sollte aus irgendwelchen anderen Gründen auf die Couch. Eine Psychologin sollte man nicht verärgern, sonst hast du einmal an der falschen Stelle gelacht – und schon heißt es: „Leute, Simon ist ein Psychopath!!“
Außerdem hatte ich Psychologie mehrere Jahre in der Schule und was mir im Kopf blieb: Als Freud-Verehrer schreckt man nicht vor brutalen Experimenten zurück. Solange der Versuchsaufbau stimmt, ist alles erlaubt. So wurden im Stanford-Prison-Experiment von der Straße aufgegabelte Probanden in „Wärter“ und „Gefangene“ eingeteilt und ins „Gefängnis“ gesteckt. Während des Unterrichts dachte ich: Wird schon schiefgegangen sein. Leider war das Gegenteil der Fall. Irgendwie hat man es geschafft, das Experiment so aufzubauen, dass sich alle gegenseitig fertigmachten. Kein Wunder: Die „Wärter“ blieben durch Sonnenbrillen und Einheitskleidung anonym. „Gefangene“ hatten nur Krankenhaus-Oberteile an, die Zellen waren viel zu kein. Drakonische Maßregelungen durch die Wärter, Aufstände der Gefangenen und so weiter waren an der Tagesordnung.
Auch das Milgram-Experiment – in dem Menschen viel zu hohe Stromschläge verpasst wurden – ist erschreckend. Ob Pauline regelmäßig mit einem Taser durch die S-Bahn geht, um Fahrgäste auf Schockempfindlichkeit zu testen? Ich hoffe nicht. Aber wenn wir schon im Unterricht mit solchen „Versuchen“ konfrontiert wurden, wie ist das erst im Studium? Als Jurist muss man auswendig lernen, aber keinem eine Pille unters Essen mischen und gucken, was passiert.
Lieber Staatsexamen als Versuchsperson
Ein guter Bekannter von mir studiert auch Psychologie und er muss regelmäßig in mehrtägige „Blockseminare“ zu irgendwelchen verrückten Themen. Ein Blockseminar über „Strafrecht – Besonderer Teil: Vermögensdelikte“? Gibt’s Gott sei Dank nicht. Ich bräuchte danach ein Anti-Aggressions-Training. Außerdem müssen wir uns weder als Versuchspersonen zur Verfügung stellen, noch Bachelor- und Masterarbeit schreiben, auch wenn die Examina „hard work“ sind. Als Juristen können wir aber wenigstens dafür sorgen, dass bei einem „Autounfall-Experiment“ für Paulines Promotion niemand verklagt werden kann. Und als Notar braucht man bei einer Testamentsverfügung höchstens etwas Trost, während man als praktizierende Psychologin bekanntlich selbst eine Therapie anfangen muss. Obwohl auch ein Soja Latte ein wirksames Gegenmittel gegen Trauma-Storys aus dem Görli oder das schlechte Gewissen vom letzten Experiment sein dürfte.
Von Leon Hendryk | In weniger als zwei Monaten wird in Brasilien gewählt. Der konservative Amtsinhaber Jair Bolsonaro tritt zwar wieder an, klarer Favorit ist aber der linke Luiz da Silva, der als „Lula“ bekannt ist. Lula war von 2003 bis 2011 schon einmal Präsident Brasiliens, wurde zuletzt aber aufgrund zahlreicher Korruptionsskandale zu mehreren langjährigen Gefängnisstrafen verurteilt. Diese Urteile wurden 2019 vom obersten Gerichtshof Brasiliens aufgehoben, allerdings ohne ihn explizit von den Vorwürfen freizusprechen. Nun ist er, immer noch populär aufgrund sozialer Geschenke während seiner ersten Regierungszeit, auf dem besten Weg die Wahl zu gewinnen und Brasilien auf der politischen Landkarte wieder rot zu färben.
Doch nicht nur in Brasilien ändern sich momentan die politischen Verhältnisse. Auch in Kolumbien wurde dieses Jahr ein linker Präsident gewählt. Zwar gewann dieser die Wahl mit einer äußerst geringen Mehrheit (50,24%), hat es aber dafür in sich: Gustavo Petro war früher Mitglied einer linksterroristischen Guerilla und nimmt es mit demokratischen Umgangsformen noch immer nicht so genau. Und auch Chile hat seit letztem Jahr einen linken Präsidenten, Gabriel Boric. Dieser schiebt momentan ein Verfassungsreferendum an, welches der Exekutive und insbesondere ihm selbst weitreichende Befugnisse verschaffen würde.
Zwei der Nachbarländer Chiles, Peru und Bolivien, haben in den letzten Jahren ebenfalls linksgerichtete Präsidenten bekommen. Beide sind Marxisten und beide haben, vorsichtig ausgedrückt, ein eher autoritäres Verständnis von Demokratie und Gewaltenteilung. Dazu kommt die Mitte-Links Regierung in Argentinien, einem Land welches sich seit 3 Jahrzehnten in einer Wirtschaftskrise befindet. In der sozialistischen Diktatur Venezuelas unter Präsident Maduro hat man die Wirtschaftskrise mittlerweile hinter sich gelassen, allerdings nur weil es mit der Wirtschaft schlichtweg nicht mehr weiter abwärts gehen kann. Stattdessen befindet sich das einst wohlhabendste Land Südamerikas nun in einer Hungerkrise und hat zudem die zweifelhafte Ehre, das Land mit der weltweiten höchsten Mordrate zu sein.
Droht dieses Schicksal nun auch anderen Staaten in Südamerika? Schließlich äußerten sich viele der oben präsentierten neugewählten Präsidenten positiv zu sozialistischen Diktaturen wie in Venezuela oder auch Kuba, was allen intelligenten Menschen eigentlich Anlass zur großen Sorge geben sollte.
Dazu kommt, dass in manchen Ländern Südamerikas die neu gewählten linken Präsidenten bereits linke Vorgänger hatten. Ihre Ideologie ist also schon in den Institutionen verankert. So beispielsweise in Bolivien, wo der heutige Präsident Luis Arce der Partei „Movimiento al Socialismo“ angehört, genau wie der frühere Präsident Evo Morales. Dieser hatte in den letzten Jahren den autoritären Umbau Boliviens stark vorangetrieben und die demokratischen Institutionen geschwächt. Es sieht so aus, als ob sein Nachfolger diesen Kurs nun weiter fortsetzt. Ob es in ein paar Jahren noch freie Wahlen in Bolivien geben wird, kann bezweifelt werden.
Immerhin ist es nicht überall so dramatisch: Die weltweit schwierige ökonomische Lage wird es vielen der linken Präsidenten nicht ermöglichen, großzügig steuerfinanzierte Geschenke an die Armen zu verteilen und damit autoritäre Vorgehensweisen zu kaschieren. Zudem ist die öffentliche Zustimmung der neuen Präsidenten eher mäßig, die meisten wurden mit kaum mehr als 50% der Wählerstimmen ins Amt gehoben und ihre Parteien verfügen oft nicht über absolute Mehrheiten in den jeweiligen Parlamenten. Dies ist anders als bei vorherigen linken Regierungen, zum Beispiel in Venezuela, wo komfortable Mehrheiten den Abbau der Demokratie beschleunigten. Zu guter Letzt sind auch die Wähler etwas wachsamer als sie es in den vergangenen Jahrzehnten waren. Die Südamerikaner sind zwar immer noch anfällig für sozialistische Heilsversprecher, doch das Scheitern von Ländern wie Venezuela hat auch dort zu einer gewissen Skepsis gegenüber allzu machthungrigen Regierungen geführt.
Trotz dieser Voraussetzungen besteht die Gefahr, dass zumindest einige der Länder Südamerikas sich zu autokratischen Staaten entwickeln. Auch liberale Publikationen wie „Americas Quarterly“, die mit konservativen Politikern wie Bolsonaro oft hart ins Gericht gehen, teilen diese Befürchtungen eines „democratic backsliding“ durch die neue Dominanz linker Machthaber. Für den freien Westen wäre ein solches Szenario höchst unangenehm. Denn mit China lauert schon eine Weltmacht, die großes Interesse daran hat mithilfe autokratischer Herrscher dort Fuß zu fassen und die politische Landschaft im oft als „Hinterhof der USA“ bezeichneten Südamerika zu gestalten. Auch der Rohstoffreichtum südamerikanischer Länder, insbesondere an Lithium und anderen wertvollen Mineralien, wird dabei eine Rolle spielen. Es lohnt sich also die weitere politische Entwicklung Südamerikas, und insbesondere den Ausgang der Wahlen in Brasilien, genau zu beobachten. Was dort passiert wird über lang oder kurz auch für Europa große Relevanz haben.
Von Boris Cherny | Zu den größten Verbrechen des Kommunismus zählt die Behandlung der (insbesondere ukrainischen) Bauern in der Sowjetunion. Der mörderische Akt der Aushungerung ganzer Landstriche sorgte für Millionen Opfer und prägt die Ukraine noch bis heute. Der sogenannte „Holomodor“ war eine organisierte Hungersnot – und auch ein Genozid, um den Widerstand der Ukrainer gegen den russischen Bolschewismus zu brechen.
Als 1917 die bolschewistische Revolution in Russland Einzug hielt, wurden schnell von ihren Führern die Klassenfeinde des kommunistischen Regimes ausgemacht. Neben den Intellektuellen und der wirtschaftlichen Elite, zählten auch wohlhabenden Bauern, die sogenannten Kulaken zu den größten Klassenfeinden. Vor allem in der Ukraine, die als „Brotkorb Europas“ bekannt ist, waren Kulaken ein wichtiger Bestandteil der Wirtschaft. Sie waren meist die Produktivsten Bauern der Regionen die sei bewohnten. Schon früh hatten sie unter verschiedensten Schikanen zu leiden. Aber auch die restlichen Bauern wurden von den Kommunisten mit Misstrauen betrachtet. Lenin hielt die kleinen privaten Betriebe der Bauern als Keim für Kapitalismus und die Bourgeoisie und Stalin hielt die Bauern für eine größten Gefahren für seine Macht.
Gewaltsame Kollektivierung und Entkulakisierung
11 Jahre nach der Revolution hatte die Nachfrage nach Getreide ein so hohes Niveau erreicht, dass Stalin den staatlichen Einzug von Getreide als eine Art Steuer einführte. Die Bauernschaft widersetzte sich diesen Maßnahmen größtenteils. Den Widerstand der Bauernschaft sah Stalin als Akt der politischen Sabotage an. Um bessere Kontrolle über die Bauern zu erhalten, wurde 1929 letztendlich die Kollektivierung der gesamten Landwirtschaft angeordnet. Alle Bauern sollten enteignet und in kollektive Farmen, die sogenannten „Kolchose“, integriert werden. Aus diesen politisch überwachten Kolchosen konnte Getreide direkt an den Staat abgegeben werden, zumindest in der Theorie.
Kombiniert mit der Kollektivierung wurde auch die Entkulakisierung beschlossen. Dieses drakonische Programm sollte reiche Bauern zuerst enteignen, und daraufhin sollten sie in entlegene Regionen für Zwangsarbeit deportiert werden. Da die meisten „Kulaken“ sowieso schon durch die massive Steuerlast verarmt waren traf die Entkulakisierung die gesamte Bauernschaft. Der Begriff „Kulak“ wurde deshalb auch ausgeweitet. Bauern konnten schon als Kulaken deportiert werden, weil sie früher einen Mitarbeiter in ihrem Betrieb beschäftigt hatten, oder im Sommer Korn auf dem Markt verkauften. Die Enteignungen wurden von den Dorfbewohnern (organisiert in sogenannten „Aktivistengruppen“) selbst durchgeführt, was oft zu Denunziationen und persönlichen Racheakten führte. Wurde nun eine vermeintliche Kulakenfamilie enteignet, wurde ihr meist alles genommen, selbst die Kleidung (Unterwäsche ausgenommen) zogen die Aktivistengruppen manchmal ein. Durch die chaotischen Bedingungen der Deportationen und Enteignungen starben mehrere Hunderttausend Menschen.
Widerstand der Bauern erfolglos – noch mehr Repressalien als Folge
Die grausamen Gewaltakte gegen die Bauernschaft führte zu einem großflächigen Bauernaufstand. In vielen Bezirken übernahmen Bauernräte für Wochen die Macht, bis die Macht der Bolschewisten gewaltsam wiederhergestellt wurde. Zu den Forderungen der Bauern gehörten Wiederherstellung einer freien Landwirtschaft und Beendigung des Sowjetischen Systems. Vor allem in der Ukraine, wo die Bauernaufstände besonders groß waren, waren die wirtschaftlichen und politischen Forderungen meist noch mit dem Ruf nach einer unabhängigen Ukraine gepaart. Die Niederschlagung der Revolte und die nachfolgenden Repressalien gegen die Landbevölkerung der revoltierenden Regionen (neben der Ukraine auch die Regionen des Nordkaukasus und Kasachstan) forderte weitere tausende Menschenleben.
Doch auch der Beendigung der offenen Konfrontation leisteten die nun meist in Kolchosen organisierten Bauern passiven Widerstand gegen Kollektivierung und die immer erdrückender werdende Steuerlast (allein vom Jahr 1931 auf 1932 stieg die eingezogene Getreidemenge durchschnittlich – mit Unterschieden je nach Region – um etwa ein Drittel an). Ganze Dörfer, samt Mithilfe des örtlichen Parteiapparats, entzogen sich den Steuern, indem sie falsche Zahlen an die Zentralverwaltung lieferten. Die Staatsführung reagierte prompt.
Große Hungersnot und Holodomor als „letzte Lösung“ der Regierung
1932 beschloss die Parteispitze, die aufständischen Regionen aushungern zu lassen. So wollte Moskau den Widerstand der Bauern brechen. Sogenannte Schwarze Listen für unbeugsame Dörfer wurden eingeführt. Die Versorgung dieser Dörfer wurde abgeschnitten, alle „Konterrevolutionäre“ wurden verhaftet, verschleppt oder hingerichtet, und im Falle dass die Maßnahmen „nicht wirkten“, wurde die gesamte Bevölkerung der Ortschaft deportiert. Die drakonischen Steuern und Repressalien führten dazu, dass kaum noch Getreide produziert wurde. Viele Dörfer in der UdSSR hatten überhaupt keine Nahrungs- oder Anbaureserven, da diese durch den Staat eingezogen.
In ihrer Verzweiflung versuchten viele Bauern in die besser versorgten Städte zu fliehen. Doch auch die Landflucht wollten die Kommunisten verhindern. Deshalb wurden ein Inlandspass und eine Zwangsregistrierung verordnet. Fast alle flüchtenden Bauern konnten somit in ihre Heimatregionen zurückgebracht werden – und wurden zum Sterben zurückgelassen. Verzweifelte Eltern versuchten zumindest ihre Kinder in den Städten zu verstecken, doch auch die wurden durch speziell organisierte Dienste wieder deportiert. Zusätzlich zum staatlichen Morden, verbreiteten sich Krankheiten wie Typhus rasant unter der Bevölkerung. Die unmenschlichen Lebensbedingungen führten auch zu Kannibalismus. Die Sowjetische Regierung sah sich sogar gezwungen Plakate drucken zu lassen, die Bevölkerung daran erinnern sollten, dass das Essen der eigenen Kinder falsch ist. Der besondere Zynismus der Regierung lässt sich an ihrer Handelspolitik ablesen. Während im eigenen Land Millionen Menschen verhungerten, exportierte die Sowjetunion 1933 18 Millionen Doppelzentner Weizen an das Ausland.
Zwischen 5,7 und 8,7 Millionen Menschen starben während der großen Hungersnot 1932/33, davon 3,3 bis 5 Millionen alleine in der Ukraine. Manche Ortschaften mit einst mehreren Tausend Einwohnern hatten Ende 1933 nur noch einige Dutzend Bewohner. Auch wenn nicht ausschließlich die Ukraine von der Aushungerung betroffen war, wurde insbesondere die ukrainische Nationale Bewegung durch den Holodomor gezielt angegriffen. Dieses beispiellose Verbrechen führte aber langfristig zu einem Erstarken des ukrainischen Nationalgedanken, und ist auch ein Grund für die starke Ablehnung einer Union mit Russland, immerhin hat die letzte Vereinigung solcher Art zum Tod von 5 Millionen Ukrainern geführt.
Von Jonas Aston | Schon 2011 als Ursula von der Leyen noch Arbeitsministerin war, forderte sie als Konsequenz aus der Euro-Krise den Ausbau der politischen Union in Europa: „Mein Ziel sind die Vereinigten Staaten von Europa“, erklärte sie voller Überzeugung. Heute ist von der Leyen Kommisionspräisdentin und arbeitet mit Hochdruck an ihrer Vision. Und natürlich hängt auch die Ampel-Regierung dem Traum des europäischen Bundesstaates an. Laut Koalitionsvertrag möchte die Bundesregierung sich für einen verfassungsgebenden europäischen Konvent einsetzen, um die Europäische Union „zu einem föderalen europäischen Bundesstaat“ weiterzuentwickeln. Doch die deutsche Politik und auch weite Teile der Gesellschaft jagen einer Chimäre nach.
Der Historiker Heinrich August Winkler schreibt, dass Europa nach dem zweiten Weltkrieg für viele Deutsche eine Art Ersatzvaterland geworden ist. Aus der Selbstzerstörung des eigenen Staates habe man geschlussfolgert, dass der Nationalstaat als solches obsolet ist. Die Deutschen versuchen sich der Schmach von zwei verlorenen Weltkriegen und der Auslöschung von 6 Millionen Juden durch die Flucht nach Europa zu entfliehen
Die Definition dessen, was Europa ist, stammt aus der Antike. Der Grieche Herodot bezeichnete im 5. Jahrhundert damit das Territorium der damals bekannten Welt zwischen Asien und Afrika. Der Begriff hatte eine rein geographische Konnotation. Eine politische oder kulturelle Identität ging mit dem Begriff Europa nicht einher. Zwischen den europäischen Völkern gibt es keinerlei einenden Kitt. Das zeigt paradoxerweise auch die Einführung des Euros. Im Römischen Reich war das Abbild des Kaisers Augustus auf den Münzen Symbol für Zusammenhalt und Zusammengehörigkeit. Die Konstrukteuere des Euros fanden offenbar kein vergleichbar symbolkräftiges Gebäude, geschweige denn eine in ganz Europa angesehene Persönlichkeit.
Zusammenhalt stiftete die Religion, zumindest in einem gewissen Maße. Europa ist das christliche Abendland. Dennoch trennte sich das orthodoxe Byzanz vom katholischen Weströmischen Reich nicht zuletzt aus religiösen Gründen. Die Grenze zwischen griechisch-othodoxen und römisch-katholischem Glauben ist heute noch spürbar. Eine zweite kulturelle Grenze erstarkte durch die Reformation. Bis heute sind die protestantischen Staaten wirtschaftlich erfolgreicher als die katholischen Staaten. In der Entwicklung war der Norden dem Süden Europas stets einige Jahrzehnte voraus.
Die Feindschaft zwischen den christlichen europäischen Staaten ging sogar soweit, dass gelegentliche Kooperationen (z.B. Frankreich) mit dem Osmanischen Reich zustanden kamen. Aus zwei Schlachten könnten die Europäer heute aber eine gemeinsame Identität ziehen. Bei der Schlacht von Tours & Poitier und der Belagerung Wiens standen die Europäer zusammen und verhinderten die Arabisierung und Islamisierung des Abendlandes.
Doch bei wachsenden muslimischen Minderheiten in Westeuropa und diversen Parteien, die genau diese Zuwanderung befürworten (und zwar gerade jene, welche die Einigung Europas anstreben), ist eine Einigung Europas als christlicher Okzident als Gegenmodell zum islamischen Orient völlig undenkbar.
1945 war die Chance für die Einigung Europas so hoch wie nie zuvor. Mitte des 20. Jahrhunderts standen die Zeichen in ganz Europa auf Neuanfang. Hinzu kommt, dass die EU der 6 ziemlich genau in den Grenzen des einstigen Frankenreichs liegt. Als die Franzosen sich dann aber den Plänen zur Errichtung einer gemeinsamen Armee verweigerten wurde klar, dass es mit der europäischen Einigung schwer werden würde. 1973 wurde die Möglichkeit mit der Erweiterung von Großbritannien, Irland und Dänemark dann endgültig ausgeräumt. Die EU der 6 war mit diesen Ländern nie zuvor staatlich vereint.
Die nun in aller erster Linie stark aufkeimenden Wünsche nach einem vereinten Europa widersprechen dem seit dem 19. Jahrhundert anhaltenden Trend in Europa völlig. Im Abendland erwachte das Nationalbewusstsein. 1821 probten die Griechen den Aufstand gegen die osmanische Herrschaft. Später strebten auch die Serben, Bulgaren und Rumänen ihre Loslösung aus dem Vielvölkerstaat an. 1866 endete die Dreiteilung Italiens in sizilianisches Königreich, Kirchenstaat und den nördlichen Staaten (die abgesehen von Venedig einst zum Heilig-Römischen-Reich deutscher Nation gehörten. 1871 machte Bismarck es Grimaldi (dem italienischen Einiger) nach und ermöglichte den Deutschen durch sein geschicktes Handeln die Reichseinigung.
Auch im hohen Norden war der Wunsch nach nationaler Selbstbestimmung groß. Norwegen lebte seit über 500 Jahren entweder in einer Union mit den Schweden oder mit den Dänen. 1905 entschied sich Norwegen dann für die Unabhängigkeit und löste sich aus der schwedischen Personalunion. Nach dem ersten Weltkrieg zerfielen die Vielvölkerstaaten von Österreich-Ungarn und dem osmanischen Reich in ihre nationalen Einzelteile. Böhmen und Mähren, die seit 895 erst Teil des ostfränkischen Reiches, dann Teil des Heiligen Römischen Reich deutscher Nation und seit 1526 lebte Böhmen und Mähren in einer Personalunion mit den Habsburgern. Nichtsdestotrotz strebten die Tschechen seit Ende des 19. Jahrhunderts die nationale Souveränität an, die sie 1918 auch erreichen sollten.
Tschechien ist auch ein gutes Beispiel dafür, dass der Trend zur Selbstbestimmung und eher kleinen staatlichen Einheiten ungebrochen ist. Die Tschechoslowakei, die in Folge der Pariser Vorortverträge entstand, wurde 1993 wieder aufgelöst. Der Vielvölkerstaat Jugoslawien scheiterte und zerfiel in Folge eines blutigen Krieges. Spanien kämpft heute mit Autonomiebewegungen in Katalonien und Im Baskenland. In Belgien wollen die Wallonen nicht mit den Flamen in einem Verbund leben. Nachdem sich 1921 bereits Irland von Großbritanien abspaltete, gibt es Schottland rund 100 Jahre später dieselben Bestrebungen. Die heutige Lega-Partei entstand einst aus Unabhängigkeitsbestrebungen von Norditalien.
Wer also heute fordert, dass die Tschechen mit den Zyprioten in einem Staat leben sollen, obwohl die nicht einmal mit den ihnen sehr ähnlichen Slowaken zusammenleben, der rennt einer Utopie nach. Jürgen Habermas schreibt: „Die anhaltende politische Fragmentierung in der Welt und in Europa steht im Widerspruch zum systemischen Zusammenwachsen in einer multikulturellen Weltgesellschaft und blockiert Fortschritte verfassungsrechtlichen Zivilisierung der staatlichen und gesellschaftlichen Gewaltverhältnisse“.
Damit verkennt Habermas die Realität, denn Völker und Menschengruppen fühlen sich nicht aus objektiven Gründen zueinander zugehörig, sondern aus Gründen der Sprache der Ethnie und/oder gemeinsamen Geschichte. Und das wird sich auch nicht ändern, wenn sogenannte Intellektuelle dies für rückschrittlich und ewiggestrig halten.
Von Selma Green | „Hey, Hey – wer nicht hüpft, der ist für Kohle!“ Vor gerade einmal drei Jahren sprangen hunderte deutsche Schüler auf Straßen herum und schrien: „Kohleausstieg jetzt!“ Tja, jetzt sitzen die Grünen in der Regierung und verwirklichen genau diesen Traum. Das erwartbare Ergebnis dieser Träumerei kam noch schneller, als man erwartet hat:
Strompreise, die durch die Decke gehen, und keine sichere Energieversorgung für den Winter. Uns könnte sogar ein Blackout drohen – und da diskutiert man allen Ernstes immer noch über die Laufzeitverlängerung der AKWs. Liebe Regierung – habt ihr vergessen, dass ihr dafür verantwortlich seid, im Wohle des Volkes zu handeln?
So scheint es zumindest, wenn man sich den ganzen Energiespar-Quatsch anschaut – der soll jetzt ernsthaft die Lösung der Energiekrise sein. Statt AKWs am Netz zu halten, sollen wir uns „Energiespar-Duschköpfe“ zulegen, wie Habecks Wirtschafts- und Klimaministerium überall plakatiert. Unsere Regierung will laut einem neuen Entwurf von Anfang September bis Ende Februar, dafür sorgen, dass es überall kalt und dunkel wird. Denkmäler und Gebäude sollen nicht mehr beleuchtet werden, es gibt kein warmes Wasser oder Temperaturen über 19 Grad mehr in öffentlichen Gebäuden und die Werbeanlagen dürfen von 22 bis 6 Uhr nicht mehr leuchten. Durchgänge wie Flure und Foyers sollen nicht mehr beheizt werden und Türen im Einzelhandel geschlossen bleiben. Und jetzt denken Sie ja nicht, dass Sie in Zukunft zumindest noch private Pools beheizen dürfen.
Wir sollen im dunklen frieren, um das Ziel zu erreichen bis zum Frühjahr 2023 20 Prozent der Energie einzusparen. Das kündigte genau der Robert Habeck an, der sich gegen eine Laufzeitverlängerung der AKWs aussprach. Das Volk soll eher frieren und sparen, bevor die Grünen sich eingestehen müssen, dass Deutschland ohne AKWs und Kohlekraftwerke aufgeschmissen ist. Die Freitage-für-die-Zukunft-Kinder werden bald hüpfen müssen, um sich warm zu halten.
Ihre Rufe nach einer guten Zukunft sind jetzt plötzlich verstummt. Komisch – sind sie jetzt nicht mehr dafür, dass wir eine Zukunft haben sollen? Ist es nicht gerade diese Energiepolitik, die unsere Zukunft zerstört? Ich will jedenfalls nicht wie ein Höhlenmensch leben müssen. Ich will auch nicht in der Schule oder zu Hause bei den Hausaufgaben frieren müssen.Was kommt in Wirklichkeit auf uns zu, wenn es zum Blackout kommt? Gewiss mehr als nur ein bisschen frieren, da hilft bestimmt auch kein Waschlappen. Aber ich will mir das gar nicht ausmalen, welches Elend uns erwarten könnte. Dazu bin ich zu jung. Aber auch ohne Blackout preschen die Strompreise jetzt schon so stark in die Höhe, dass es sich manche Bürger gar nicht mehr leisten können. Gerade im Winter ist genügend Energie lebenswichtig. Und der von den Grünen aufgetischte Plan zu sparen ist nichts weiter als ein schlechter Witz. Meine unmittelbare Zukunft ist jetzt akut in Gefahr – doch FFF und co. können sich wohl nur um eine ferne, hypothetische Zukunft sorgen, die auf unnahbaren, theoretischen Modellen dargestellt wird.
Ernsthafte Lösungen sind gesucht, die uns aus der Krise holen. Aber so etwas gibt es offenbar in Deutschland nicht mehr. Wirkliche Lösungen sind out, man klebt nur noch Pflästerchen. Wenn dicke Löcher in den Straßen sind, dann werden sie nicht mehr repariert, sondern man stellt ein Schild auf: „Achtung Straßenschäden“, so läuft es überall.
Die Antwort der grünen Politiker zeigt, wie die Arroganz mit ihnen durchgeht und dass ihre Ideologie ihnen wichtiger als das Wohl des Volkes ist. Dazu passt der Satz von Marie Antoinett kurz vor der französischen Revolution, “Wenn sie kein Brot haben, dann sollen sie doch Kuchen essen”.
Und überhaupt: Früher oder später müssen wir uns an die AKWs wieder heranwagen, also warum nicht jetzt? Nicht der Klimawandel zerstört unsere Zukunft, nein es ist die grüne Energiepolitik und die grünen Politiker, denen wir egal sind.
Von Luca Tannek | Im Winter 2020/21 beschloss die damalige Bundesregierung unter CDU und SPD, dass erneut ein bundesweiter Lockdown in Kraft tritt. Einzelhändler, Gastwirte und Hoteliers mussten ihre Geschäfte dicht machen. Viele Geschäftsleute gingen Pleite, andere wiederum mussten sich hoch verschulden, um über die Runden zu kommen. Ein Alptraum für jeden Unternehmer. Zurück blieben nasse, kalte, und vor allem dunkle Straßen.
Solch eine Dunkelheit wird mit hoher Wahrscheinlichkeit diesen Winter ein Comeback feiern. Ab dem 1. September gilt nämlich die Energieeinsparverordnung. Das Bundeswirtschaftsministerium – geleitet von Bundesmisswirtschaftsminister Robert Habeck- will dem Einzelhandel vorschreiben , dass von 22 Uhr abends bis 6 Uhr morgens die Schaufenster nicht beleuchtet sein dürfen. Ebenso dürfen Türen und Fenster nicht dauerhaft geöffnet sein.
Diese Verordnung ist an Absurdität nicht fassen. Deutschland, die viertgrößte Volkswirtschaft weltweit, muss Energie sparen. Und warum? Weil Dank inkompetenter Regierungen weder eine sichere, noch eine kostengünstige Energieversorgung gewährleistet wurde. Das ist sie nun also, die „Energiewende“. Von Rot und Grün eingeleitet – und nun praktiziert.
Ob durch grüne Ideologie nun Strompreise explodieren, Deutschlands Straßen wegen fehlender Beleuchtung unsicherer werden, oder der Staat Unternehmer plötzlich zum Strom sparen nötigt, interessiert wohl nur den Normalbürger. Für Regierungsvertreter läuft alles nach Plan. Es ist ja fürs Gute, oder nicht? Weil wir wollen ja die Energiewende nicht aufgeben, nicht die bösen Atomkraftwerke anlassen. Es ist also gut, wenn Frauen mit mulmigem Gefühl nachts durch dunkle Straßen spazieren müssen. Es ist gut, wenn Einzelhändler nachts nicht für ihre Produkte werben können. Es ist gut, wenn düstere Straßen nicht mit Weihnachtsbeleuchtung geschmückt sind und Fußgänger beim Anblick einer beleuchteten Krippe kein hoffnungsvolles und warmes Gefühl bekommen.
Wer das kritisiert, ist rechtsradikal. Oder Verschwörungstheoretiker. Oder gar beides. Mit dem GroKodil lernten wir bezüglich Covid-19 das Konzept „nationale Kraftanstrengung“ bereits kennen. Die Ampel setzt nun unsere trainierten Verzichts- und Bevormundungskompetenzen voraus. Also: Sollten Sie diesen Herbst zu später Stunde nach 22 Uhr einen Spaziergang unternehmen, vergessen Sie bitte nicht eine Taschenlampe.
Von Johanna Beckmann | „Ein doppelter Lichtblick für die Welt“ und „Jetzt sind wir Futter für die Raubtiere“, dies sind Artikelüberschriften aus dem deutschen Magazin „DER SPIEGEL“. Ticken wirklich alle Amerikaner so? Wie viele der Menschen in Ohio denken, lernte ich in meinen diesjährigen Sommerurlaub.
Dieses Jahr verbrachte ich zwei Wochen meiner Sommerferien auf einem Roadtrip durch Ohio. Und es war nicht so langweilig, wie man es von einem Bundesstaat, der zu 44 % aus Ackerland besteht, erwartet hätte. Natürlich war es nicht immer spannend, da oft nur Felder und vereinzelte Häuser von Farmern zu sehen waren, aber den Lebensstil und die Einstellungen der Menschen zu sehen war keines Wegs langweilig. Während ich im Auto saß, wurde mir der riesige Unterschied zwischen diesem einsamen Ort und Städten, wie zum Beispiel Washington DC erst so richtig bewusst. Mir wurde klar, wie unterschiedlich der Lebensstil eines Farmers, zu dem der Städter ist. Für mich war es unvorstellbar, dass in einem Land, Menschen leben deren Lebensstil sich wie Tag und Nacht unterscheidet. Dadurch, dass mir das Leben der Menschen in Ohio sehr abgeschottet vorkam, war ich ziemlich überrascht, als ich erfuhr, dass sogar einflussreiche Persönlichkeiten aus Ohio stammten, darunter sind sieben ehemalige US-Präsidenten, Neil Armstrong, Steven Spielberg und Thomas Edison. Aus dem einsamen Ohio kommen also nicht nur Farmer und die Menschen, die ich getroffen habe, stehen deswegen beispielhaft für Personengruppen, die es genau so in fast jedem Bundesstaat gibt.
Und trotzdem ist alles sehr weiträumig und wir konnten die langen Autofahrten nicht umgehen. Während dieser langen Fahrten erblickte ich am Straßenrand auf Feldern immer wieder große Trump Plakate. Schilder mit der Aufschrift „Trump 2024!“ schmückten auch Vorgärten und Scheunen. Meine Überraschung wurde vor allem davon hervorgerufen, dass ich in Deutschland immer wieder Artikel laß, die Überschriften, wie „Ein doppelter Lichtblick“ trugen. Einer dieser Lichtblicke soll Joe Biden sein. Vom benannten Lichtblick habe ich in den gesamten zwei Wochen kein einziges Plakat gesehen. Das verwunderte mich sehr. Ich wusste zwar, dass die Wahrnehmung von anderen Ländern auf die USA positiver geworden ist seit Biden regiert. Die Wahrnehmung hat sich laut der Spring 2021 Global Attitudes Survey sogar um 28 % verbessert. Wie die Amerikaner Biden wahrnehmen, wusste ich nicht.
Ist Biden für die Amerikaner auch ein Lichtblick? Und warum stellen sie so viele „Trump 2024!“-Schilder auf? Ohio hat zwar bei der letzen US- Wahl republikanisch gewählt, das kann aber keine Begründung, dafür sein, dass ich keine demokratischen Plakate gesehen habe, da Ohio einer der wichtigsten Swing States der USA ist. Von 1964 bis 2021 galt sogar der Spruch: „Wer Ohio gewinnt, gewinnt die US-Wahl.“ Seit 1964 wurde immer der Kandidat Präsident, der Ohio gewann, das galt aber nur bis Biden kam.Es würde sich daher sogar lohnen Werbung für die demokratische Partei zu machen, denn dort ist es nicht so wie in Utah, wo seit 1964 nicht mehr mehrheitlich demokratisch gewählt wurde. Dann fand ich heraus, dass laut einer Studie von GALLUP die US-amerikanische Bevölkerung nach 552 Tagen im Amt, Trumps Arbeit zu 41 % guthieß und Bidens nur zu 38 %. Das ist zwar ein sehr geringer Unterschied, dennoch würde Trump nach der aktuellsten Umfrage von Real Clear Politics eine erneute Wahl gegen Joe Biden sogar mit fünf Punkten Vorsprung gewinnen. Es könne also sein, dass Biden für die Amerikaner gar nicht der Lichtblick ist, für den wir Deutschen ihn halten und sie deswegen so viele Trump Plakate aufstellen. Außerdem ist sehr wahrscheinlich, dass ich die gleichen Beobachtungen auch in anderen Staaten hätte machen können.
Da die Amerikaner Meister im Plakate aufstellen und politische Statements nach außen tragen sind, begegneten mir auf den langen Autofahrten nicht nur Trump Plakate, sondern auch sehr viele Schilder mit der Aufschrift „Choose Life!“. Zuerst nahm ich die Plakate nur wahr und verglich sie mit den Artikeln, die ich in Deutschland sah, wie zum Beispiel „Jetzt sind wir Futter für die Raubtiere.“, aus dem Magazin „DER SPIEGEL“. Im Spiegel-Artikel wurde die Entscheidung des obersten Gerichtshofs ein früheres Urteil, dass ein Recht auf Abtreibung eingeführt hatte, wieder zu kippen durch interviewte Frauen aus Texas kritisiert.
Als ich dann ein Museum besichtigte, in dem Menschen, die in der Bibel thematisierte Arche Noah nachgebaut hatten, begann ich über das Thema nachzudenken. Ich fand es verwunderlich, dass die Menschen Pro Life Oberteile trugen und man diese auch erwerben konnte. Ich staunte, dass sie weder komisch noch überhaupt besonders angeguckt wurden. In Deutschland wäre das undenkbar. Und dann als ich gerade das Museum verlassen wollten, erfuhr ich von einem Konzert der „3 Heath Brothers“. Ich beschloss, dort hinzugehen. Die „3 Heath Brothers“ sind drei Jugendliche, die christliche Musik spielen. Als ich in den Saal kam, der mehr Sitzplätze als eine durchschnittliche Kirche in Deutschland hatte, war es voll und ich bekam einen Platz in der vorletzten Reihe. Ich war selbst schon oft in Gottesdiensten, aber den Enthusiasmus der amerikanischen Christen sucht man in Deutschland vergebens. Um so spannender wurde es als der Titel „We choose life“ gespielt wurde. In dem Lied ging es darum, dass die Sänger finden, dass Abtreibung nicht richtig ist. Die Menschen standen auf, hoben ihre Hände und am Schluss bejubelten sie die Sänger sehr laut.
Es war keine kleine Menschenmenge, es waren mehr als es in meiner Gemeinde Gottesdienstgänger gibt. Bevor ich das erlebte war mir nicht klar, wie viele Menschen dem obersten Gerichtshof mit der Entscheidung das Abtreibungsgesetz zu kippen zu stimmten. Die klatschenden Frauen sahen glücklich aus und keines Wegs, wie das Futter von Raubtieren. Ich bin sehr dankbar dafür, dass ich diese Erfahrung machen durfte und dennoch stand ich nicht und riss auch nicht meine Arme nach oben. Ich wollte es zu diesem Zeitpunkt nicht und möchte mich auch immer noch nicht zu diesem sehr schwierigen Thema positionieren. Ich finde aber, dass in den deutschen Medien nicht vergessen werden darf, dass es Menschen gibt und das nicht wenige, die der Entscheidung des obersten Gerichtshofs zustimmen.
Es ticken also nicht alle Menschen so wie in „DER SPIEGEL“ thematisiert und einige dieser Menschen habe ich während meines Sommerurlaubs getroffen. Überraschend fand ich eher weniger, dass es die Menschen gibt, die nicht so ticken, wie die deutschen Medien. Was mich überraschte, war die Vielzahl dieser Menschen. Das zu lernen wäre für mich in den deutschen Medien fast unmöglich gewesen, da die Berichterstattung in Deutschland sehr einseitig ist. Es gibt zum Beispiel das Interview mit der Texanerin, die sich als Futter für die Raubtiere betitelt, aber gibt es im Magazin „Der Spiegel“ auch ein Interview mit einer Frau, die glücklich über die Entscheidung des obersten Gerichts ist. Nein! Man sollte nicht erst in die USA reisen oder amerikanische Medien zur Hilfe nehmen müssen, um die amerikanische Realität kennenzulernen. Ich würde mir wünschen, dass wir dafür Gebrauch von den deutschen Medien machen können.