Von Katharina Benjamine | Dass auf der Wiesn tiefe Einblicke einfach dazu gehören, weiß die ganze Welt. Dieses Jahr ließ allerdings nicht nur die Damenwelt in gut geschnürten Dirndln tief blicken – auch und besonders die Grünen taten sich hervor. Die Grünen-Spitzenpolitiker sind nämlich oben ohne auf dem Oktoberfest erschienen – ganz ohne FFP2 oder medizinische Maske. Und damit zeigten sie nicht nur ihre Lachfältchen, sondern auch ihre Doppelmoral.
Nach zwei Jahren Abstand, Maske, Lockdown und weiteren Einschränkungen konnte beim Anstich im Schottenhamel dieses Jahr endlich mal wieder richtig gefeiert werden – und die Grünen-Politiker waren mittendrin, zum Beispiel Chefin Ricarda Lang. Freudestrahlend ließ sie es sich mit einer Maß und einer Bayrischen Wurstplatte richtig gut gehen – und wäre da nicht die Sache mit der Widersprüchlichkeit, hätte es keinen interessiert. Doch Frau Lang, die in einem Festzelt zwischen hunderten Menschen feierte, hatte sich erst Anfang September für eine erneute Maskenpflicht in Innenräumen ausgesprochen. Auch im ÖPNV und der Bahn soll die FFP2-Maskenpflicht laut SPD und Grünen zurückkommen – denn wie man sieht, können sie Eigenverantwortung nicht mal ihren eigenen Reihen zutrauen. Nicht dass es die Grünen-Politiker mit ihren Dienstwagen sonderlich interessieren müsste, welche Regeln im ÖPNV gelten.
Aber nicht nur Ricarda Lang zeigte sich freizügig, auch Katharina Schulze und weitere Politiker saßen bei den Gesundheitsaposteln auf der Kanzel dabei. Wobei Schulze erst Mitte dieses Jahres wieder Panik gepredigt hatte und in der Vergangenheit nur allzu gerne Söders Pandemiepolitik kritisierte. Zurecht wurde jetzt ganz besonders sie für ihre Doppelmoral kritisiert. Erst am 30. März hatte sie in einem Tweet geschrieben: „Was mich nervt an dem ,Dann trag du doch eine Maske‘-Gerede: Ja, Hans-Peter, das mache ich eh. Aber es gibt Menschen, die können das nicht (z.B. Babys & Kleinkinder). Und: vulnerable Erwachsene sind besser geschützt, wenn alle Seiten Maske tragen. Vielleicht mal solidarisch sein?“ – nach so einer Aktion weiß nicht mal Hans-Peter etwas hinzuzufügen.
Hoch oben über dem „Gesindel“, ohne Abstand und/oder Maske, gab es also eine überteuerte Maß und viel Fleisch für die Grünen-Politiker. Leider nicht Bio, wie sie Anfang des Jahres die Wiesnwirte zu überzeugen versuchten. In einem Antrag vom 10. Mai, forderten sie 100 Prozent Biofleisch, Tierschutzabgaben für die Wirte und weniger Methan-Ausstoß aus Grillanlagen. Die Folge wäre ein unbezahlbares Oktoberfest gewesen. Für Grünen-Politiker, welche mit Steuergeldern bezahlt werden, kein Problem. Eine angebrachte Reaktion haben die Wiesn-Wirtesprecher Peter Inselkammer und Christian Schottenhamel gezeigt und ausgesprochen was sich viele gedacht haben: Die Münchner Grünen sollen aufhören die Oktoberfestgäste bevormunden zu wollen oder gar das Oktoberfest politisch zu instrumentalisieren.
Anscheinend haben sich die Grünen-Politiker das zu Herzen genommen und sich an das Volk angepasst. Wer weiß, vielleicht hat die frische Luft dem ein oder anderen Grünen-Politiker sogar etwas klaren Verstand gebracht. Es kann nur gehofft werden, dass der Wiesnzauber nicht zu schnell verfliegt.
Von Selma Green | Für mich waren die USA immer so etwas wie eine zweite Heimat der Juden; nicht nur leben in den USA über 5 Mio. Juden und damit so viele wie sonst nur in Israel, auch standen die USA standen seit dessen Gründung immer hinter dem jüdischen Staat. In den USA ist eine pro-israelische Haltung, anders als in Deutschland, allgegenwärtig. Doch seit einem Artikel vom Jewish Journal durchzieht ein Riss mein schönes Bild von den USA.
Jurastudenten der UC Berkeley School of Law verabschiedeten eine Satzung, in der Referenten nicht mehr zugelassen werden, die “Zionismus, den Apartheidstaat Israel und die Besetzung Palästinas” unterstützen. Es gehe um die Sicherheit und das Wohlergehen der palästinensischen Studenten auf dem Campus. Bereits acht Studentengruppen schlossen sich der Satzung an: das sind Gruppen wie die Queer Caucus, Womxn of Color – Nein, das ist kein Tippfehler – oder die Middle Eastern and North African Law Students‘ Association.
Allein die Namen dieser Gruppen verraten, dass es sich bei allen um woke Linke handelt. Was haben jetzt PoC und LGBTQ-Leute mit “Palästinensern” zu tun? Nobody knows, aber vielleicht haben die Woken ja die ein oder andere Sojabohne zu viel gefuttert.
Mit der Satzung haben sich die Studentengruppen jedenfalls nicht gerade mit Ruhm bekleckert. Es hagelte Kritik – aus gutem Grund: Wovor sollen die palästinensischen Studenten denn überhaupt geschützt werden? Es kam noch nicht vor, dass ein pro-israelischer Referent palästinensische Studenten angegriffen hätte. Ist es nicht vielmehr so, dass Israel immer wieder von den „Palästinensern“ angegriffen wird, und wenn Israel sich dann wehrt, von der ganzen Welt verurteilt wird? Diese Satzung dient doch nicht als er Schutz vor lebensbedrohlicher Gewalt, sondern ist – mal wieder – lediglich eine Barriere für unerwünschte Meinungen, in diesem Fall für pro-israelische Meinungen.
Und allein der Wortlaut der Satzung beweist, dass die Verfasser so gut wie keine Ahnung vom Nahost-Konflikt haben: “Den Apartheidstaat Israel und die Besetzung Palästinas”. Palästina, was soll das überhaupt sein? Palästina ist ein Gebiet, kein Staat – es war noch niemals ein Staat -, das erst durch die jüdische Einwanderung Anfang des 20. Jahrhunderts für andere Völker wie die Araber attraktiv wurde. Zuvor standen Armut, Hunger und Krankheit in Palästina auf der Tagesordnung, bis die Juden im großen Stil zurückkamen und das Land bewirtschafteten.
Die Gründung Israels wurde durch Verträge und einer Mehrheit von Staaten in der UN abgesegnet. Die Juden haben die Staatsgründung Israels nicht illegal betrieben und schon gar nicht kann man hier von einer “Besetzung Palästinas” sprechen. Es handelt sich bei Israel auch keineswegs um einen Apartheidstaat. Anfangs gab es vermehrt Freundschaften und gegenseitige Unterstützung zwischen Juden und Arabern in Palästina. Bis verbitterte Araber begannen, insbesondere Mohammed Amin al-Husseini, Hass auf Juden zu entfachen. Es war Husseini, der zusammen mit Hitler propagierte, dass die Juden den Arabern das Land gestohlen hätten. Umso bitterer ist die Tatsache, dass sich diese Propaganda bis zur heutigen Zeit durchgesetzt hat und sich in einer Satzung von Jurastudenten widerspiegelt.
Unter den woken Linken scheint es Mode zu sein, immer und in jedem Fall zu den vermeintlichen Opfern zu halten. Aber sind die „Palästinenser“ das überhaupt? Opfer?
Die Satzung ist ohne Zweifel antisemitisch, sie bereitet Probleme, ohne ein einziges Problem zu lösen. Nur weil, ein paar “Palästinenser” unfähig sind, mit pro-israelischen Ansichten fertig zu werden, kann man nicht eine Geschichtsverdrehung und ein Meinungsverbot erzwingen.
Zum Glück sorgte die Satzung zumindest in den USA für einen Aufschrei und einen Hagel harscher Kritik, wie etwa von der Jewish Students Association, dem Dekan der Universität Erwin Cheminsky oder sogar von der Anti-Defamation League Central Pacific. Diese enorme Flut an Kritik lässt wiederum ein wenig Hoffnung aufkeimen. Hoffnung darauf, dass in den USA ja anscheinend noch die Vernunft überwiegt. Ich wette, in Deutschland hätte man auf so eine Satzung mit Schweigen reagiert, wie es unser Bundeskanzler Scholz doch so schön vorgemacht hat.
Von Laura Werz | Die 22-jährige Mahsa Amini ist in Teheran in Polizeigewahrsam nach Misshandlungen der Sittenpolizei gestorben. Ihr Tod hat im Iran zu etlichen Protesten und weltweiter medialer Aufruhr geführt und bringt die iranische Regierung und Polizei derzeit in Bedrängnis.
Die iranische Regierung versucht seit Monaten noch strengere Kleidervorschriften vehementer und auch mit Gewalt mithilfe der Sittenpolizei durchzusetzen. Die Massen auf den Straßen, die anlässlich der erneuten Ausschreitung der Sittenpolizei demonstrieren, zeigen deutlich die Ablehnung der Bevölkerung der „gottgewollten“ Kleiderordnung. Demonstranten haben im Iran schwere Strafen und sogar den Tod zu fürchten. Auch bei den derzeitigen Demonstrationen wurde gegen die sie mit Schüssen, Tränengas und Schlagstöcken vorgegangen.
Die junge Frau Mahsa Amini wurde auf dem Weg zu einem Familienbesuch im Auto mit ihrem Bruder von der Sittenpolizei angehalten und festgenommen. Nach den wenig überzeugenden Angaben der Polizei sei sie wegen Herzversagens zunächst in Ohnmacht und später ins Koma gefallen. Augenzeugen schildern hingegen einen gänzlich anderen Tathergang. Demnach sei Mahsa Amini verhaftet worden, weil ihr Kopftuch nicht richtig saß und sie zu viel Haar zeigte. Die Sittenpolizei habe den Augenzeugen zufolge ihren Kopf im Polizeiauto gegen die Scheibe geschlagen, was zu einer Hirnblutung führte. Die iranische Polizei weist bis heute jegliche Anschuldigung vehement von sich. Die Regierungsbemühungen, die Schuld von sich zu weisen sind allerdings absolut unglaubwürdig und schüren den Zorn der Bevölkerung auf die Obrigkeit zu Recht nur noch mehr. Mahsa Amini ist nicht die erste Frau im Iran, die von der Sittenpolizei in jüngster Zeit misshandelt wurde. Es gibt diverse Belege, Fotos und Videos von Ausschreitungen der Sittenpolizei gegenüber Frauen, die sich nicht an die Kleiderordnung hielten.
Nichtsdestotrotz wird dreist versucht, mit nicht verifizierten Videoaufnahmen die eigene Unschuld zu untermauern. Infolge der medialen Aufruhr wurde offenbar sogar das Internet des Landes eingeschränkt. Die Verbreitung von Aufnahmen der jungen Frau, die sie nach der Festnahme im Koma zeigen, ist alles andere als im Interesse der Regierung. Stromausfälle, die aus mehreren Städten gemeldet wurden, kamen der Regierung dementsprechend sehr gelegen.
In der für den Iran wirtschaftlich sehr schweren Zeit, liegt das Augenmerk der Regierung darauf, die fundamental-islamischen Kleidungsvorschriften strenger umzusetzen. Die Frauen werden als Objekte der Machtdemonstration missbraucht. Mit der Durchsetzung der Kleiderordnung soll Stärke und Systemstabilität suggeriert werden. Öffentliche Betriebe, wie Behörden und Banken, wurden beispielsweise angewiesen, Frauen mit nachlässig sitzendem Hijab nicht zu bedienen. Infolge des Aufbegehrens der Bevölkerung, griff die Obrigkeit mit weiteren Kleidervorschriften nur noch härter durch. Im politischen Diskurs wurde sogar bereits über Gesichtserkennungssoftware in der Öffentlichkeit, zur Durchsetzung der Kopftuchpflicht, gesprochen.
Prominente Iranerinnen schlossen sich in den sozialen Medien scheinbar furchtlos den Protesten an und solidarisierten sich mit Mahsa Amini. Berühmte Schauspielerinnen posteten Bilder ohne Kopftuch oder nahmen Videos auf, wie sie den Hijab abnahmen. Nach der neuen Verordnung werden derartige Handlungen nunmehr mit dem Entzug sozialer Recht für bis zu einem Jahr, sowie Geldstrafen und Entlassungen geahndet. Die weitreichenden Proteste und mutigen Widerstandsaktionen zeigen allerdings deutlich, dass mehr und mehr Iranerinnen und Iraner trotz jahrzehntelanger Unterdrückung und Propaganda den vermeintlich religiös motivierten Weg ihrer Regierung ablehnen. Die kritische Wirtschaftslage, inländische Korruption und Lobbyismus öffnen einer wachsenden Zahl der Bevölkerung die Augen. Auch wenn der Tod Mahsa Aminis das Mullah-Regime nicht kippt, wurde es doch ins Wanken gebracht, sodass es eines Tages einem weiteren Skandal womöglich nicht mehr standhalten kann.
Von Sven Justin Verst | „Eine echte Entlastung, für die wir hart gekämpft haben“, so stellten die Grünen Berlin das 29€-Ticket vor, das ab dem 1. Oktober gelten soll. Als Übergangslösung bis mit Beginn des neuen Jahres das bundesweite 49€-Ticket kommen soll. Man lässt sich erst mal feiern und spricht von einer Entlastung für niedrige und mittlere Einkommen.
Dabei wird selbstverständlich verschwiegen, dass das Geld für das neue Ticket vom Steuerzahler kommt. Dieser gibt in Deutschland circa 40 % seines Einkommens ab. Der damalige Finanzminister, derzeitige Bundeskanzler mit Gedächtnislücken Olaf Scholz, prognostizierte eine Steuerlast gemessen am BIP von 23,8 % (im Jahr 2023). Ungefähr jeder fünfte Euro geht also an den Staat, der dann solche Projekte finanzieren kann.
Doch zurück zu Berlin. Ob es um Arbeitslosenquote, Pro-Kopf-Verschuldung oder Privatinsolvenz geht, Berlin liegt vorne oder mindestens über dem gesamtdeutschen Durchschnitt. Mit ihrer Arbeitslosenquote von 9,2 % liegt die Hauptstadt nur hinter Bremen. Bei der Pro-Kopf-Verschuldung ist sie auf Platz vier, auch hier führt Bremen. Zwar liegt Berlin bei Privatinsolvenzen nicht weit über dem Bundesdurchschnitt, wirklich rosig sieht es allerdings nicht aus. Übrigens führt auch hier Bremen.
Wie also finanziert sich Berlin, wie leistet sich die Hauptstadt ein 29€-Ticket? Die kurze Antwort durch neue Schulden sowie einen fetten Check aus Bayern. Denn durch den Bundesfinanzausgleich erhält Berlin dieses Jahr 1.693.671.000€ eine gewaltige Summe. Mit den zusätzlichen neuen Schulden kommt man auf eine Finanzierungslücke von 2.782.571.000€.
Dazu kommen noch mal „über 100 Millionen Euro“ wie Grüne und SPD auf den sozialen Netzwerken bekannt machen. Ein genauer Kostenpunkt im interaktiven Haushaltsplan lässt sich jedoch nicht ausmachen. Der Bereich Eisenbahnen und öffentlicher Personennahverkehr erhält jedoch bereits beinahe 2 Milliarden Euro im Jahr 2022. Weitere 100 Millionen Euro sollten also nicht weiter auffallen. Trotzdem bedeutet es für den Haushalt einen weiteren Kostenpunkt, der finanziert werden muss, dafür werden wohl weitere Schulden aufgenommen werden.
Letztendlich zahlt also wieder der Bürger für seine eigene „Entlastung“. Fraglich ist nur, ob es Berliner Bürger oder die der wohlhabenderen südlichen Bundesländer werden. Denn diese stemmen bereits seit geraumer Zeit die linken Wunschprojekte, die Berlin zu einer so schönen Stadt gemacht haben.
Anstelle solider Staatsfinanzen setzt Berlin lieber auf Gender Budgeting. Anstelle einer schwarzen Null lieber auf weitere Schulden. Statt nur ausgeben, was man selbst erwirtschaftet, das Geld anderer verschleudern. Und statt richtiger Entlastungen durch Steuersenkungen auf staatliche Umverteilung. Kein Wunder also, das Berlin in den wichtigen Statistiken oben bleibt immer dicht hinter Bremen, dem eigentlichen Sorgenkind der Republik.
Von Elena Klagges | Der Countdown zu den italienischen Parlamentswahlen läuft und wie könnte es anders sein: Jetzt werden die letzten Schmutzkampagnen gestartet, um dem politischen Gegner noch möglichst viele Wählerstimmen streitig zu machen. Am 25. September finden mal wieder reguläre Parlamentswahlen statt.
Die ,,Regierung der nationalen Einheit’‘ von Mario Draghi, die im Februar 2021 durch den Staatspräsidenten Mattarella von oben eingesetzt wurde – weil während der COVID-19-Pandemie natürlich ganz zum Schutze der Gesundheit keine Neuwahlen stattfinden konnten -, wurde im Juli 2022 nach einem Misstrauensvotum aufgelöst.
Laut den letzten Umfragen vom 10.09.2022 liegt die von Giorgia Meloni angeführte Partei ,,Fratelli d’Italia’’ (FdI) bei 25,3%, gefolgt von dem sozialistischen ,,Partito Democratico’’ (PD) mit 21,2%. Der ,,Movimento 5 Stelle’’ (M5S) liegt mit 13,8% auf dem dritten Platz und Salvinis Lega mit etwa 12,9% folgt bisher an vierter Stelle. ,,Forza Italia’’ (FI) mit Berlusconi liegt bei 7,9% und die neue Partei von Di Maio ,,Italia Viva’’ findet einen Zuspruch von 5,5%. Die restlichen Parteien kämpfen um die 3%-Hürde, sodass zusammenfassend das rechte Lager insgesamt bei 47,2% landet, das linke hingegen bei ca. 28%.
Dazu muss man wissen, dass es seit 2000 einen ,,Black-out elettorale’’ gibt. Das heißt, dass 15 Tage vor dem Urnengang keine Umfragen mehr veröffentlicht werden dürfen. Man fragt sich, ob die mündigen Wähler nicht mehr verunsichert oder ob Nichtwähler nicht mehr zu sehr beeinflusst werden sollen? Diese Regelung, die sonst weltweit nur in Griechenland, Südkorea, Argentinien und in der Ukraine ihresgleichen findet, ist völlig aus der Zeit gefallen. Denn einerseits spiegelt auch der Nichtwähleranteil ein politisches Klima wider und auf der anderen Seite läuft der Wahlkampf normal weiter. Hinzu kommt, dass sich in der digitalisierten Welt auch Influencer mit einmischen, wodurch diese Regelung im eigentlichen Sinne umgangen und sowieso untergraben wird. So re-postete die Mode-Ikone Chiara Ferragni letzte Woche zum Beispiel einen Beitrag auf Instagram, mit dem sie anregte am 25. September zur Wahl zur gehen, um ein ,,Blutbad’’ zu vermeiden, welches es geben solle, wenn die ,,ultra-rechten’’ Parteien gewinnen sollten.
Dieser Schritt soll dem linken Lager Aufwind geben und fasst den ideologischen Wahlkampf ganz gut zusammen. Es wurden weniger Themenschwerpunkte gesetzt und mehr die Moralkeule geschwenkt, mit dem Ziel, die rechten Parteien zu diffamieren und sie als ,,Faschisten’’ dastehen zu lassen.
Giorgia Meloni im Visier
Dies betraf vor allem die Anführerin der FdI Giorgia Meloni, die im Laufe ihrer politischen Karriere unbestritten auch einen gewissen Wandel durchlaufen ist. Doch schaut man sich die Positionen an, für die die 45-Jährige sich jetzt einsetzt, vertritt die Partei einen konservativen Kurs, der in 10 Regionen in Italien auch schon in Regionalregierungen mitvertreten ist und offensichtlich positiven Zulauf findet.
So steht sie für Steuersenkungen, wirtschaftlichen Aufbau und bessere Investitionsbedingungen; einige sprechen davon, dass ihre Vorbilder der Philosoph Roger Scruton und der Ökonom Hayek sind. Sie fährt zwar einen harten Immigrationskurs, doch kann man etwas dagegen haben, wenn man die Flüchtlingssituation, von der Italien als südeuropäischer Mittelmeerstaat sowieso als erstes und grundsätzlich stets hart betroffen ist, legal regulieren möchte? Meloni steht für ein klassisches Familienbild und hat ihre eigenen Ideen für Europa, erteilt dem Staatenverbund allerdings entgegen einigen Medienberichten noch lange keine Absage. Sie ist Pro-Nato, Atlantikerin und stellt sich im laufenden Krieg an die Seite der Ukraine.
Dazu muss man betonen, dass es in Italien bisher kaum eine konservative oder rechte Partei gab, sodass die FdI von den (weltweiten) MSM im Vergleich schnell auf die rechte Außenseite abgeschoben werden konnte. Wobei man auf die Terminologie in den italienische Medien achten sollte, denn da heißt es in fast allen Zeitungen noch, dass das ,,Mitte–Rechts-Bündnis’’ aus FdI, FI und Lega an Zulauf gewinnt – und eben nicht ein ,,rechtsradikales’’ Bündnis oder ähnliches.
Selbstverständlich macht diese Entwicklung dem linken Lager Angst. Es wundert also kaum, dass vor einigen Tagen letzte Versuche gestartet wurden, den Koalitionspartner Salvini Dreck anzustecken.La Repubblica titelte nämlich am Donnerstag, dass laut amerikanischen Geheimreporten Russland seit 2014 mindestens 400 Millionen Dollar an Geldern vergeben habe, um in verschiedenen Ländern Politiker zu finanzieren. Washington werde den betroffenen Staaten klassifizierte Informationen zukommen lassen. Sofort wurde Salvini, der den russischen Sanktionen skeptisch gegenübersteht und bekannterweise seit einigen Jahren Kontakte nach Russland pflegt, beschuldigt. Doch schon nur einen Tag später rief der geschäftsführende Ministerpräsident Draghi den amerikanischen Außenminister Blinken an und es stellte sich heraus, dass Italien gar nicht auf dieser geheimen Liste stehe. Diese Nachricht wurde, wenn überhaupt, klein und leise gebracht und der Schaden für die Lega ist nicht ganz sicher einzuschätzen, aber es zeigt sehr deutlich, wie schmutzig an sich die Art und Weise des linken Wahlkampfes ist.
Man sollte sich keine Illusionen machen: Denn selbst wenn das rechte Lager die Mehrheit gewinnen sollte, eine Koalition ist nicht selbstverständlich vorausgesetzt bzw. werden auch schon Wetten abgeschlossen, wie lange oder kurz eine solche überhaupt überleben würde.
Zwar zeigen die Umfragen, dass eine Führung unter Meloni den größten Zulauf hätte und somit stehen ihre Chancen als erste weibliche Ministerpräsidentin für die kommenden fünf Legislaturjahre nicht schlecht. Aber die Beziehungen unter den drei Parteien sind nicht einfach und v.a. auch in der Russland-Frage sehr differenziert. Es bleibt somit nächste Woche abzuwarten, ob auch in Italien wie in Schweden ein Kurswechsel stattfinden wird oder nicht.
Von Simon Ben Schumann | Jerusalem ist ein besonderer Ort. Der Name, auf Hebräisch „Jeruschalajim“ ausgesprochen, wird gerne als „Stadt des Friedens“ übersetzt. Doch von „Schalom“ ist wenig zu spüren.
Ultra-Orthodoxe machen Welle
In Jerusalem – einer geteilten Stadt – geht es deutlich anders zu als im Paradies auf Erden. Dort leben momentan ca. 920.000 Menschen. Etwa 60% der Bevölkerung sind jüdisch, darauf folgen die Muslime mit ungefähr 30%. Die Christen bilden mit 2% eine kleinere Minderheit. Bei so einer Mischung kann man sich schonmal in die Haare kriegen.
In der Bibel ist Jerusalem der ultimative Begriff für den „himmlischen Frieden“. Weil ich mich für Religionen interessiere, dachte ich mir, dass ein Urlaub in der heiligen Stadt bestimmt eine gute Idee wäre. Auch wenn ich nicht sehr gläubig bin. Immerhin kann man sich an der Klagemauer bei Gott persönlich über die Verhältnisse in Deutschland echauffieren. Zwei Worte und er würde mich vielleicht sofort verstehen: Karl Lauterbach. Doch leider könnten einem z. B. radikal-religiöse Sittenwächter den Urlaubsspaß verderben.
Die ultra-orthodoxen Juden machen wegen ihrer strengen Religiosität einen wachsenden Teil der israelischen Bevölkerung aus. Während andere in Tel Aviv feiern gehen oder sich über Benjamin Netanjahu aufregen, gründen sie Familien. Das schlägt sich besonders in Jerusalem nieder, wo sie eine der großen Gruppen darstellen. Besonders super-radikale Teile der Ultra-Orthodoxen haben Einfluss, denn: Extrem Religiöse zwingen anderen gerne ihre Gesetze auf – so auch in Jerusalem.
Wer dort an einem Sabbat-Samstag mit dem Auto unterwegs ist, kann sich auf was gefasst machen. Da will man nur kurz zum Picknick an den Jordan (was gefährlich genug ist), schon werfen sich zig Leute vor die Karre. Wer so leichtfertig sein Leben riskiert? Manch ultra-orthodoxer Pharisäer, für den Autofahren am heiligen Tag eine schreckliche Sünde darstellt.
Noch viel Schlimmer: In Bussen müssen Männer und Frauen oft getrennt sitzen. Die einen vorne, die anderen hinten. Ein zivilisatorischer Rückschritt in mittelalterliche Moralvorstellungen. Weil sich die mega-Religiösen damit durchsetzen können. Auf dem Tempelberg darf man als Jude nicht einmal beten, unter anderem, weil Israels und Jerusalems Chefrabbinate aus theologischen Gründen dagegen sind – und wegen Sicherheitsbedenken.
Außergewöhnliches gibt es in der heiligen Stadt an jeder Ecke. So ist Jerusalem, ähnlich wie Berlin im kalten Krieg, geteilt. Nicht nur in Stadtviertel, nach Bevölkerungsgruppen sortiert – sondern auch in Ost und West. Durch einige Ortsteile, wie Mea Shearim, dürfen Frauen nur in „modest clothing“ gehen. Riesige Plakate weisen Passanten auf diese Kleidervorschriften hin. Sowohl die Palästinenser als auch die Israelis beanspruchen Jerusalem als ihre alleinige Hauptstadt. Die einen als Himmelfahrtstätte ihres Propheten, die anderen als Wohnstätte Gottes. Was er wohl dazu sagen würde?
Eine Stadt des Friedens?
Extremistische Palästinenser tragen zum bedrückten Alltag in der Stadt bei. So gab es erst am 15.08.2022 einen Anschlag eines Palästinensers gegen Juden, bei dem acht Menschen verletzt wurden, zum Teil sehr schwer. Gewalt gibt es in Jerusalem häufig, ob an Ostern, während des Ramadan oder, wie zuletzt, an der Klagemauer. Von israelischer Seite wird immer wieder – zurecht – die Gewalt der Palästinenser beklagt. Selbst und besonders in Israel kann man sich als Jude nie vor Terror sicher fühlen. Daher ist in der Stadt die militärische Präsenz groß.
Heute scheint es so, als würden Spaltung und Fundamentalismus Jerusalem beherrschen. Die Tatsache, dass eine Stadt, die Gott geweiht ist, von Militärs geprägt wird, gibt zu denken. Ironischerweise beten täglich Millionen Menschen für Frieden und Gerechtigkeit zu genau dem Gott, dessen biblische Heimat heute geteilt und umstritten ist. Religion ist ein eher persönliches Thema. Für mich wird daran deutlich, dass man nie zu sehr glauben sollte, die Wahrheit zu kennen. Wieso sonst sollte die Stadt weder den Christen, noch den Juden oder den Muslimen allein gehören? Ich könnte mir ja vorstellen, dass Gott bei politischen Fragen, Nichtwähler ist. Wäre wahrscheinlich auch am besten.
Ob man an sie glaubt, ist natürlich jedem selbst überlassen. Aber eines steht fest: Zumindest heute geht von Jerusalem noch nicht die „Erlösung der Welt“ aus.
Von Johanna Beckmann | Ich bin mehr als mein Geschlecht. Das scheinen unsere Politiker aber anders zu sehen.
Im Grundgesetz steht, dass Frauen und Männer vor dem Gesetz gleich sind. Der Staat ist dazu aufgefordert, die tatsächliche Gleichberechtigung zu fördern. Doch ist es nicht ein völliger Widerspruch davon, wenn Unternehmen dazu verpflichtet werden, in ihrem Aufsichtsrat mindestens 30 % Frauen einzusetzen? Denn dann wird womöglich eine Frau eingestellt, auch wenn der Mann für den Job vielleicht qualifizierter gewesen wäre.
Genau diese Quotenfrau möchte ich nicht sein. Ich gehe zwölf Jahre zur Schule, lerne bis spät in die Nacht und gehe dann sehr müde zur Schule. Ich strenge mich an ein gutes Abitur zu machen. Danach werde ich wohlmöglich noch ein paar Jahre durchs Studium büffeln. Das alles habe ich doch dann nicht gemacht, um danach für jemanden zu arbeiten, weil er eine Frau brauchte. Denn diese Qualifikation habe ich seit meiner Geburt und musste mich dafür demnach auch nicht anstrengen. Ich möchte gern für die Dinge, für die ich gearbeitet und geleistet habe, eingestellt werden.
Auch wenn die Frauenquote dazu dienen soll, Frauen für von Männern dominierte Berufe zu begeistern, kann ich sagen, dass das bei mir nicht der Fall ist. Ich werde nicht in einem Job auf dem Bau arbeiten. Ich schminke mich gern, trage gerne Kleider, kann nicht besonders schwere Dinge tragen und gehe auch nicht gern durch den Matsch und das wird die Frauenquote auch nicht ändern.
Ein aktuelles Beispiel dafür, dass nicht alle Menschen so denken, ist die Einführung der Frauenquote in der CDU. Seit Jahrzehnten wird in der CDU nach einer Lösung für die geringe Anzahl an Frauen im Parlament gesucht. Im Moment sind dort nur 23,5 Prozent Frauen. Nun hat die CDU ihre Lösung des „Problems“ gefunden. Beim CDU Parteitag wurde für eine Frauenquote bei der Vergabe von Parteiämtern gestimmt. Ab dem kommenden Jahr müssen ab der Kreisebene ein Drittel der Ämter von Frauen bekleidet werden. Ab 2024 sollen es schon 40% sein und ab 2025 50%. Auf dem Parteitag gab es zahlreiche Wortmeldungen. Für die Frauenquote äußerte sich zum Beispiel die ehemalige Parteichefin Annegret Kramp- Karrenbauer, da gemischte Teams einfach besser und kreativer arbeiten können. Die CDU hat für mich ein weiteres Mal bewiesen, dass ich dort definitiv nicht eintreten werde.
Eine Frauenquote hat nichts mit Gleichberechtigung zu tun. Es sollte immer die Person eingestellt werden, die für den Beruf am besten geeignet ist. Wenn eine Frau eine Führungsposition in einer Firma haben möchte, dann sollte sie die gleichen Chancen haben wie ein Mann. Wenn eine Frau aber bevorzugt wird um einen Quotenplatz zu besetzen, dann sind Frau und Mann nicht gleichberechtigt. Ich möchte nirgendwo eingestellt werden, weil ich weiblich bin, sondern weil ich mir durch meine Bemühungen den Job verdient habe.
Von Jonas Kürsch | Die letzten zwei Wochen hinterließen deutliche Spuren an der politischen Struktur Großbritanniens: neben der Ernennung eines neuen Premierministers haben viele Briten zum ersten Mal in ihrem Leben den Wechsel des eigenen Staatsoberhauptes miterleben dürfen. Mit dem Tod von Königin Elisabeth II. neigt sich eine Ära dem Ende zu – und dennoch scheint die britische Geschichte sich mit einer neuen „eisernen Lady“ an der Spitze der Regierung auf fast schon ironische Art und Weise zu wiederholen. Die Briten befinden sich in einem surreal anmutenden Hin und Her aus institutioneller Erneuerung und der scheinbar ewigen Wiederkehr des gleichen.
The Queen is dead, God save the King!
Kurz nach ihrem siebzigjährigen Thronjubiläum verstarb die Queen im hohen Alter von 96 Jahren hinter den Mauern des “Balmoral Castle“ in Schottland. Obgleich man ihren Tod eigentlich hätte erwarten müssen – schon im Frühjahr gab es Berichte über die Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes – kam das letztendliche Ableben der Monarchin für viele Menschen wie ein Schock. Die allerwenigsten Briten haben die Regentschaft eines anderen Monarchen selbst miterlebt. Die Queen galt daher als sicherer Fels in stürmischen Zeiten. Ihr Tod stellt für viele einen monumentalen Epochenwandel dar. Die Trauer ihrer Untertanen ist deutlich spürbar, es überwiegt aber vor allem der Respekt für eine Frau, die mit großem Verantwortungsbewusstsein ihren nationalen Verpflichtungen nachgekommen ist, wie es kaum ein anderer getan hat.
Der „ewige Thronfolger“ Charles ist nun mit dem historisch höchsten Alter bei Amtsantritt zum britischen König ausgerufen worden. King Charles III. tritt in der Öffentlichkeit zurückhaltend auf, er bemüht sich um eine möglichst bescheidene Erscheinung. Die Beliebtheit der Queen und sein eigenes, im Rahmen der vergangenen Jahre immer wieder ins Wanken geratenes Image setzen ihn auch heute noch unter Druck. Die Skepsis gegenüber des Königshauses ist auch unter den eigenen Untertanen in den vergangenen Jahren gewachsen. Es könnte für den „jungen“ König zu einem Drahtseilakt werden, das vielbeachtete Erbe seiner Mutter mit derselben Nonchalance fortzuführen, wie die Queen es über mehr als ein halbes Jahrhundert lang getan hat.
Bekommt Europa eine zweite eiserne Lady?
Wenige Tage vor ihrem Tod hatte die Königin noch die frisch gebackene Tory Parteivorsitzende Liz Truss mit der Bildung eines neuen Regierungskabinetts beauftragt. Sie ist damit die 15. Premierministerin, der Elizabeth II. diesen Auftrag erteilt hat. Nach einem mehrere Monate andauernden Wettstreit konnte sie den harten Machtkampf innerhalb der konservativen Partei für sich entscheiden und ihren Kontrahenten Rishi Sunak (ehemaliger Finanzminister) endgültig besiegen. Die neue Premierministerin hatte zuvor mit betont kapitalistischen Positionen bei der Parteibasis für das eigene Programm geworben. Schon früh kündigte sie Steuersenkungen und eine harte Bekämpfung der Kriminalität an, vor allem aber wolle sie Großbritannien wieder zu einem attraktiven Ort für große Unternehmen, qualifizierte Arbeitskräfte und sonstige Finanziers machen. In ihren ersten Tagen als Regierungschefin hatte Truss bereits ein milliardenschweres Finanzpaket zur Bekämpfung der horrenden Lebenskosten angekündigt. Im Rahmen dieses Krisengesetzes soll ein Deckel für Energiepreise in Höhe von 2500 Pfund erlassen werden.
Diese von der Presse als „Trussonomics“ bezeichneten Wirtschaftsmaßnahmen scheinen zumindest kurzfristig Wirkung zu zeigen, denn kurz nach ihrem Amtsantritt ist die nationale Inflationsrate zum ersten Mal seit etwa einem Jahr wieder leicht gesunken. Truss will jetzt noch weiter gehen, sie fordert von der englischen Zentralbank eine starke Erhöhung der Leitzinsen um so die Inflation zu bekämpfen und ihre Pläne zu den versprochenen Steuerermäßigungen möglichst schnell umsetzen zu können. Mit ihrer marktorientierten Wirtschaftsphilosophie erinnert die junge Premierministerin an Margaret Thatcher, welche von 1979 bis 1990 das Amt innehatte. Sie war die erste weibliche und zugleich die am längten amtierende britische Premierministerin des zwanzigsten Jahrhunderts. Ihr kompromissloser Regierungsstil wurde schon zu Lebzeiten verehrt und verdammt, zu Fall kam sie durch eine kabinetts- und parteiinterne Revolte, vergleichbar mit der Regierungskrise, die letztlich das politische Karriereende von Boris Johnson herbeiführte. Es erscheint wie ein makaberer Schicksalswink, dass gerade jene geistige Nachfolgerin des Thatcherismus die letzte Premierministerin ist, die von Königin Elisabeth II. ernannt werden würde. Schließlich soll die Queen keineswegs die neoliberale Politik der Iron Lady unterstützt haben.
Großbritannien wird sich verändern
Sowohl mit dem Amtsantritt der neuen Premierministerin als auch mit der bevorstehenden Krönung von Charles III. werden elementare, strukturelle Grundsätze des Königreichs auf die Probe gestellt. Es ist wahrscheinlich, dass sich die Rolle des Königshauses unter seinem neuen Monarchen ändern wird. Ebenso sehr ist davon auszugehen, dass Liz Truss die internationale Rolle von Großbritannien mit ihrer
ungewöhnlichen Wirtschafts- und Außenpolitik langfristig prägen wird. Den Umfragen zufolge befinden sich die Konservativen seit Truss’ Amtsantritt wieder im Aufwind, obwohl die Labour Party noch in Führung liegt. Es ist nicht klar, wie genau die Zukunft des vereinigten Königreichs aussehen wird, nur eines scheint sicher: das Land wird sich in den kommenden Jahren deutlich verändern.
Lesen Sie hier: Das große Debattenduell. Union-Anbeter Marc gegen Hertha-Huldiger Jerome. Zündet schonmal die Bengalos an, denn wir tragen den Stadium-Konflikt auf der virtuellen Bühne aus! Wer ist der wahre Big-Player in der Hauptstadt: Team Hertha oder Team Union?
ACHTUNG: Dieser Beitrag könnte Spuren von Humor enthalten. Weder Hertha-Hooligans noch Union-Ultras wurden bei der Produktion dieser Kolumne ernsthaft verletzt. Dieser Austausch spiegelt in keiner Weise das Arbeitsklima bei Apollo News wieder, sondern dient schlichtweg Unterhaltungs- und Ausbildungszwecken. Seelsorgerische Unterstützung stand den Autoren zu jeder Zeit zur Verfügung.
„Wir aus dem Osten geh’n immer nach vorn. Schulter an Schulter für Eisern Union“
Von Marc Sierzputowski | Es tut mir leid Jerome, aber ich muss vorab gleich klarstellenn: Es gibt absolut keinen Grund der Welt Hertha BSC Fan zu sein. Keinen einzigen. Ich meine: Deine Mannschaft hatte Tedi als Sponsor auf der Brust. Einem 1€ Shop. Und genauso billig habt ihr auch gespielt.
Im Jahr 2021/2022 belegte Hertha in der Fussball-Bundesliga gerade mal Platz 16 von 18 – viel schlechter geht also gar nicht. In der Saison 2020/2021wart ihr etwas erfolgreicher, da hattet ihr immerhin Platz 14. Und im Jahr 2019/2020 Platz 10. Ich weiß ja nicht ob ihr über die Jahre zielstrebig versucht habt der erste von Hinten zu werden – wenn ja, seid ihr wirklich die Könige des Fussballs. Die Hertha aus Berlin ist ein Kummerkasten, voll von falsch gelabelten Talenten, und ernüchternden Management-Fehlern.
Herthas Leistung ist ein Schrei nach Hilfe
Ich habe absolut keine Ahnung wie Jerome das erträgt. Als Zuschauer, bekommt man beim Anblick des Hertha Managements nicht mehr, als das Gefühl von absoluter Ahnungslosigkeit. Miserabelste Leistungen auf dem Platz verschlimmerten die Lage, sodass Hertha in nur 5 Jahren insgesamt neunmal den Trainer wechselte. Ein Schrei nach Hilfe. Auch das Lars Windhorst Hertha finanziell wieder auf Vordermann bringen sollte, ist witzlos. Vielleicht solltet ihr euch mal an Leuten ein Beispiel nehmen, die von Fussball wirklich Ahnung haben – bei uns Unioner heißt es: „Wer lässt sich nicht vom Westen kaufen – Eisern Union!“.
Ich sag´s deshalb nochmal: Es gibt keinen rationalen Grund Hertha Fan zu sein. Und da muss man sich doch fragen: Warum zum Teufel gibt es trotzdem so viele blau-weiße Fanatiker? Aber eigentlich, liegt die Antwort auf der Hand. Hertha BSC Fans sind Ideologen. Weder guten Fußball noch ein ausverkauftes Stadion. Und apropos Stadion – euer ach so geliebtes Herthaner Stadion ist genau fünfmal im Jahr voll. Zweimal, weil sie gegen Bayern und Dortmund spielen. Einmal weil sie gegen Union ein Derby haben – was wir die letzten fünfmal gewannen. Und einmal, weil dort der DFB-Pokalsieger ausgemacht wird. Wenn jemand zu euch ins Stadion kommt Jerome, dann nicht um euch spielen, sondern um euch gegen eine echte Fussballmannschaft verlieren zu sehen.
Aufmerksamen Lesern ist jetzt vielleicht aufgefallen, dass das nur viermal volle Hütte waren. Das liegt daran, dass das eine mal, wo die Hütte ausverkauft war, Hitler die Olympischen Spiele eröffnet hat. Also um festzuhalten: Das Olympiastadion ist kein Publikumsmagnet. Aus dem Grund baut ihr euch in fünf Minuten Laufweg ein neues, kleineres Stadion oder besser Stadionchen.
Kein Anspruch, „nur nach Hause gehen wir nicht“
Sitzt ihr dann da in eurem Stadionchen sitzt und wartete darauf, dass es endlich losgeht, dann merkt ihr, dass selbst eure Hymne komplette Sülze ist. Nina Hagen reißt die Alte Försterei ab mit „Wer lässt sich vom Westen nicht kaufen? Eisern Union!“ und eure Hymne „Nur nach Hause gehen wir nicht“, die hat nicht mal einen pädagogischen Wert. Und das obwohl im Pädagogischen ist eigentlich alles wertvoll ist.
Nur eins muss man Hertha lassen, sie geben sich Mühe. Erst letzte Woche besiegte Hertha BSC den Augsburger Fußball Club. In jeder Berliner Mitläufer Kneipe hört man, wie groß die Freude ist. Das letzte Mal wo sich Hertha so sehr gefreut hat, war übrigens am letzten Spieltag, wo bekannt wurde, dass Hertha nicht absteigt. Union ist da sportlich einfach besser. Wer guten Fußball mag, guckt kein Hertha Spiel.
„Unioner komm aus Köpernick, Herthaner aus Berlin“
Von Jerome Wnuk | So, lieber Marc, jetzt reden wir mal Klartext. Ich weiß, ich weiß, sportlich läufts für Union aktuell sehr schick und ich versteh’, dass man da sehr leicht übermütig werden kann. Werde ich ja auch jedes Wochenende, wenn meene Hertha mal gewinnt. Aber jetzt kommen wir mal auf den Boden der Tatsachen, Union der größte Klub Berlins?- das ist nicht nur Quatsch, sondern astreiner Bullshit.
First Things First, wenn ein Klub Berlin repräsentiert dann ja wohl Hertha. Wir sind weltoffen und setzt auf klare Worte, Berliner Schnauze eben. Keine Imagetrickserei, kein Blatt vorm Mund und – wie unsere Stadt halt so ist – nicht unbedingt glamourös.
Wir brauchen kein DDR-Image um kultig zu sein, wir sind Kult
Während Union sich ein Image vom Ost/DDR-Klub aufbauen wollte, um damit besonders kultig zu wirken, ist Hertha ehrlich. Wir brauchen keinen künstlichen Kult-Kitsch. Wir sind nämlich das, was wir sind – bis auf seltene Ausnahmen kein besonders erfolgreicher Verein, ja. Aber einer mit Herz und loyalen Fans. Viele Union-Fans sind erst seit dem Erfolg Union-Fans. Da spielt ihr einmal international und zack fällt allen auf, dass sie ja schon immer Union-Fan waren. Möchte dir das nicht unterstellen, aber die meisten Union-Fans, die ich kenne, hatten vor eurem Erfolg noch kein einziges Spiel gesehen. Bin mal gespannt, wie viele beim ersten Misserfolg immer noch Unioner sind.
Bei Hertha ist das ganz anders: Als Herthaner harrt man meist schon seit der Kindheit mit dem Verein aus. Und trotz größtenteils unschönem Fußball und mittelmäßigen Ergebnissen bleiben die Herthaner Hertha-Fans. Mindestens 30.000 kommen bei uns in der Bundesliga immer – das sind mehr, als in euer ganzes Waldstadion reinpasst.
Hertha ist einfach authentischer als Union. Ihr wollt euch durch ein Ost-Image auszeichnen. Geschichtsrevisionistisch möchtet ihr die DDR als kultig darstellen und euch als den Klub der DDR darstellen. „Wer lässt sich vom Westen nicht kaufen“ singt ihr, sprecht noch immer von den „Wessis“, die ihr nicht leiden könnt. Sorry, aber das ist peinlich. Und: Wenn es ein Verein heute noch hinkriegt dieses Image wirklich zu verkörpern, dann ist es Hansa Rostock oder Dynamo Dresden, aber nicht der Klub der letztes Jahr eine Immobilienfirma aus dem Westen als Trikotsponsor hatte.
Wenn ihr also Sozialisten spielt, euch „vom Westen nicht kaufen“ lassen wollt, dann fühlt euch gerne gut dabei, aber kultig ist das nicht. Damit überzeugt ihr außer den Ossis aus Köpenick, wenn überhaupt nur ein paar Hippies aus Friedrichshain, die ihren Kapitalismus-Hass bei euch loswerden wollen. Da bleib’ ich lieber beim legendären Frank Zander mit „Nur nach Hause gehen wir nicht“- eine Hymne, die statt Hass auf den Westen eine Ode an die Loyalität und Treue der Herthaner ist. Ach ja, ich krieg’ schon wieder Gänsehaut, nur wenn ich daran denke.
In Berlin trägt man Blau-Weiß
Berlin ist eine Weltstadt und Hertha steht für Weltoffenheit. Verschiedenste Typen aus verschiedensten Ländern haben hier schon gespielt und das Blau-Weiße Trikot getragen. Brasilianische Zauberer wie Marcelinho oder Cunha, Arbeitstiere wie Dardai und Zecke Neuendorf, Weltenbummler wie Kalou – all das ist Berlin und das ist Hertha. Und während wir Fans in England und den USA haben, fallt ihr international nur durch Eklats auf – wie beim Spiel gegen den israelischen Klub Macabi Haifa.
Und auch was die Bedeutung in Berlin selbst angeht, geht Hertha als klarer Sieger im Berlin-Duell vom Platz. Du musst nur einmal in die Fußballkäfige in Wedding, Neukölln, Pankow oder Charlottenburg gucken – da trägt doch niemand ein Union-Trikot. Die Kinder, die von der großen Fußballkarriere träumen, tragen blau-weiß und himmeln Kevin-Prince-Boateng oder jetzt Nader El-Jindaoui an.
Die Unioner können also so erfolgreich sein wie sie wollen, Hertha wird immer der Verein Berlins sein. Klar, sportlich ist Union gerade das erste Mal seit 100 Jahren die Nummer 1, aber was Fußballkultur, Bedeutung für die Stadt und alles, was über das reine Fußballspiel hinaus geht, angeht, ist Hertha der Verein Berlins.
Also Marc, ich nehm dich gerne mal mit, zu meener Hertha. Und glaub mir, auch wenn man weit vom Spielfeld weg ist und auch wenn der Fußball meist einem Trauerspiel ähnelt – wenn du nur ein ein Tor in diesem Stadion erlebst, wirst auch du ein bisschen Blau-Weiß in deinem Herz tragen.
Von Simon Ben Schumann | „In der Politik geht es nur um eins: Die Gesellschaft voranzubringen“ – Said nobody ever. Aus meiner Erfahrung geht es in politischen Organisationen oft darum, sich zu profilieren. Bei der Schüler Union hieß es „Wer auf der falschen Seite steht, wird fertiggemacht.“
Ich war ungefähr 15, als mir der Gedanke kam: „Ich will mich politisch engagieren.“ Damals war ich mir unsicher, ob das wirklich eine gute Idee ist – zurecht, wie sich später zeigte. Trotzdem schrieb ich eine Anfrage an die lokale Schüler Union. Ein Verwandter von mir war sowieso bei der CDU. Als er mal zu Besuch war, gingen wir dann zusammen zum „christdemokratischen“ Stadtfest.
Dort umringten alle, wie im alten Ägypten, den Pharao. Nur, dass der sich jetzt „Bundestagskandidat“ nannte. Vom Titel abgesehen, fehlte nur die Sänfte. Wie beim Wrestling, bildete die lokale Partei eine Traube um den Mann. Er glänzte in der Freundlichkeit und dem Zuvorkommen, das ihm seine Gefolgschaft entgegenbrachte. Für mein 15-jähriges Ich waren die schnatternden CDUler zunächst nicht der Typ Mafioso. Obwohl mich der Personenkult skeptisch stimmte, wollte ich erstmal dabeibleiben.
Doch mein Anfang bei der Schüler Union verlief desaströs. An einem Spätsommerabend saßen wir zum ersten Mal im Kreisbüro der CDU. Ein Mädchen, ungefähr 17, tischte eine Flasche auf. „Möchtest du auch?“, fragte sie nett. Ich schaute auf das Etikett. Das war keine Fanta – sondern „Hugo“. „Nein, danke“, lächelte ich nervös. Die anderen begannen zu trinken. Dann fingen sie an zu diskutieren.
Nach dem Ende der Sitzung war ich verwirrt. Alkohol war als 15-jähriger für mich Neuland. Aber vor Allem: Wieso wurde schlecht über den Kandidaten geredet – vorher wurde er doch so bewundert?
In einer urdeutschen, holzvertäftelten Kneipe fand ein weiterer gemeinsamer Abend statt. Sofort wurde deutlich: Diese Schüler Union ist echt was anderes. Denn in einem stickigen Hinterzimmer teilte sich die Gruppe. Auf der einen Seite: Eine junge Frau und ihre Verbündeten, über die schon viel gelästert wurde. Auf der anderen „meine Gruppe“ und ich. Die Stimmung war toxisch. Subtil, aber in vollem Ernst bekämpften sich die beiden Flügel der lokalen Schüler Union. Auch ich wurde mit reingezogen. Ich sollte mich auf eine Seite stellen, obwohl ich niemanden persönlich kannte. Um Inhalte ging es dabei nicht. Das war dann mein Ausflug in die CDU.
Hochmut kommt vor dem Fall
Was Machtgier angeht, bin ich auch nicht ganz ohne. Bei der Schüler Union hatte ich keine größeren Absichten. Anders war das bei der „Wahlsimulation“. Das war ein Projekt von ca. 100 Jugendlichen, welches von 2016 bis 2019 lief. Es ging darum, Bundes- und Landtagswahlen, Parteien und Parlamente online zu simulieren. Die Kommunikation ging über „Telegram“, alles weitere über Instagram und Online-Abstimmungen. Neben mir waren auch einige weitere Kollegen von Apollo dabei. Ich stieß damals interessiert mit einem Schulfreund dazu.
Und die Gier nach mehr packte uns. Innerhalb des Projektes gründete ich eine rechts liberale, mein Freund eine linke Partei. Auf Instagram begannen wir fleißig Wahlwerbung zu machen und Mitglieder zu gewinnen. In der Gruppe des Projektes auf Telegram ging die Post ab. Politische Diskussionen eskalierten öfter.
Nach einiger Zeit kam bei uns der Verdacht auf, dass die Leiter des Projekts nicht ganz ehrlich waren. Sie gehörten nämlich selbst zu einer virtuellen Partei. Wir beschlossen, sie zu stürzen. Mit einigen Intrigen – so weit waren wir bereit zu gehen – gelang es uns. Wir übernahmen in einer Nacht-und-Nebel-Aktion die Online-Präsenzen des Projektes. Mit „besten“ Absichten.
Als Projektleiter hatten wir die Kontrolle über die simulierten Parlamentswahlen und „wichtige“ Positionen. Mein Freund, ein weiterer Kollege und ich bildeten ein Trio mit unbegrenzter Machtfülle. Es gab keine Kontrollinstanz. Wir gründeten zu dritt eine Telegram-Gruppe, die wir – kein Witz- „Elite“ nannten. Schon bald zogen wir in Erwägung, Wahlen zu fälschen, wenn wir eine Partei nicht mochten. Personen, die wir für „schlecht“ hielten, ließen wir nicht in Positionen kommen. Wir machten zwar auf Unschuldslämmer, aber die anderen in der „Wahlsimulation“ vermuteten schnell, dass irgendwas im Busch war.
Es dauerte nicht lange, bis auch wir gestürzt wurden. Ich glaube, das passierte durch eine Hackerattacke seitens einer Person, die wir ungerecht behandelt hatten. Innerhalb weniger Minuten verloren wir wichtige Zugangsdaten und hatten nichts mehr zu melden. Danach waren wir für einige Monate Fußabtreter, bis man uns wieder rehabilitierte. Und das zurecht.
Die Lektion aus diesen Geschichten ist für mich: Politik und Macht korrumpieren. Auch wenn es um wenig geht. Daher ist man immer selbst gefragt, wenn es heißt: „Helf‘ ich noch, oder regiere ich schon?“