Von Jonas Aston | Der kalendarische Herbstanfang ist erst eine Woche her und schon steht der „Wut-Winter“ vor der Tür. Der Verfassungsschutz fürchtet „Staatsdelegitimierer“, Baerbock fürchtet Volksaufstände und Olaf Scholz erklärt vorsorglich schon mal, dass man „nicht die Absicht habe“, auf Demonstranten zu schießen.
Doch all den Einschüchterung und den Diffamierungen zum Trotz befinden sich die Proteste schon jetzt auf einem hohen Niveau. Allein diesen Montag wird im Netz zu über 2000 Spaziergängen aufgerufen. In der Realität dürfte diese Zahl nicht ganz erreicht werden, es ist jedoch von einer vierstelligen Anzahl an Protesten auszugehen. Die Proteste knüpfen überwiegend an die Corona-Proteste des letzten Winters, die auch über den Frühling und Sommer ungebrochen, wenn auch mit geringer Teilnehmerzahl stattfanden. Nun ist der Protest mit voller Wucht zurückgekehrt. Woche für Woche werden es mehr Demonstranten.
Bei einer Demo in Hattingen versammelten sich letztes Wochenende 500 Bürger. Stark vertreten ist weiterhin die Kritik an den Corona-Maßnahmen. Zunehmend drängen jedoch Bürger auf die Straße, die um ihre wirtschaftliche Existenz fürchten. Es sind Menschen, deren Arbeitsplatz gefährdet ist und die oft nicht mehr wissen, wie sie die Energiekosten schultern sollen. Deswegen erklären die Bürger in Hattingen: „Wir frieren nicht für eure Politik“.
Hattingen: Unser Reporter Simon Ben Schuhmann hat sich die Demo genauer angeschaut.
In Ingolstadt versammelten sich in etwa 400 Personen. Sie skandierten: Geht euch erst ein Licht auf, wenn bei euch die Lichter ausgehen.
Ingolstadt: Unsere Reporterin Sarah Victoria war vor Ort.
Hunderte Bürger versammelten sich zudem in Düsseldorf. „Schluss mit betreutem Denken“ forderte ein Demonstrant. Unter dem Slogan wurden die Logos von ARD und ZDF abgebildet. Ein weiterer Demonstrant plakatierte das Konterfei von Wirtschaftsminister Robert Habeck, untertitelt mit dem Spruch: „Ich bin nicht insolvent, ich bekomme nur nichts mehr gebacken“.
Düsseldorf: Unser Reporter Sven Justin Verst berichtete vom Durchschnittsalter: Boomer
Der größte Protest fand am Wochenende in Plauen statt. Waren es in der vogtländischen Stadt vor vier Wochen noch 2500 Teilnehmer, so demonstrierten nach Polizeiangaben 4200 Personen in Plauen. Die Organisatoren sprechen gar von 6750 Demonstranten. Die Demonstranten plagen Zukunftsängste. Eine 21-jährige Frau bittet etwa um Steuersenkungen, damit sie ihre zwei Katzen und die Miete noch finanzieren kann. Die Demonstrationen verliefen durchweg friedlich.
Sehen Sie mehr von den Demos in Hattingen, Ingolstadt und Düsseldorf:
Von Elisa David | Robert Habeck war der Vorreiter, Kevin Kühnert und nun auch Jens Spahn folgen: immer mehr große Politiker verabschieden sich von der Social Media Plattform Twitter. Ein Armutszeugnis: Wer es nicht schafft, seine Positionen kurz und verständlich auf den Punkt zu bringen, ohne danach die Plattform verlassen zu müssen, sollte vielleicht nicht ausgerechnet Politiker werden.
Jens Spahn hat am Freitag bekanntgegeben, dass er sich von Twitter verabschiedet hat – naja nicht so ganz. Auf seinem Handy ist die App gelöscht, den Account leiten jetzt seine Mitarbeiter. Ein Kompromiss, vergleicht man das mit Kevin Kühnert, der letzte Woche ganz und gar den Abgang gemacht. Seine 370.000 Twitter-Follower sehen seit dem nur noch eine Fehlermeldung, wenn sie den Account suchen. Vorreiter des Twitter-Exodus war Robert Habeck, der schon seit 2019 nicht mehr unter eigenem Account twittert.
Die Begründungen sind alle ähnlich. Robert Habeck hat sich von dem blauen Vögelchen getrennt, weil er einfach zu oft zu viel Mist gebaut hat. „Super bescheuert“ musste er nach mehreren Fehltritten selbst einsehen. Zum Beispiel 2018, als er sich öffentlich erhoffte, dass die CSU bei der bayrischen Landtagswahl die absolute Mehrheit verliert –damit dort wieder Demokratie herrschen kann. Gut, nach der Show, die Söder da vor allem die letzten zwei Jahre abzieht, könnte ich dem fast zustimmen. Beim Wahlkampf in Thüringen machte er den gleichen Fehler, danach musste er die Leitung kappen. Jetzt hat er zwar indirekt wieder einen Account – den offiziellen Kanal des Bundeswirtschaftsministeriums – es ist aber zu bezweifeln, dass er mit dem irgendwas zu tun hat. Dafür hat er überforderte Leute für.
Kevin Kühnert erklärte, Twitter habe seine Sicht auf die Welt verzerrt. Viele haben ihm dazu gratuliert und Beifall geklatscht – vor dem Klischee „Das Internet ist böse und toxisch“, kann sich links und rechts eben niemand so ganz retten. Ist allerdings trotzdem Schwachsinn. Um Kevins Weltsicht zu verzerren braucht es kein Twitter, wer so sozialistisch ist, kriegt das schon ganz alleine hin.
280 Zeichen – für Politiker sollte das kein Problem sein
Ich persönlich bin (phasenweise) eifrige Twitternutzerin, als Kind dieser Zeit gehört sich das ja auch so. Zugegeben: 280 Zeichen sind eine Herausforderung. Als geborene Lübeckerin finde ich, dass ich an der Causa entschuldigt bin. Ich gebe zu, dass meine Sätze ganz gerne mal so lang sind, dass ich am Ende kaum noch weiß, wie ich angefangen habe. Als Journalist eigentlich eine Todsünde. Ich glaube auch nicht, dass ich durch das absichtliche Weglassen von Kommas vertuschen kann, wie verschachtelt meine Sätze manchmal sind.
Ich finde aber: Wenn die Mann-Geschwister trotzdem oder gerade deshalb zum deutschen Kultur geworden sind, dann ist das mein Geburtsrecht, so lange Sätze zu schreiben, wie ich will. Ich muss hier ja schließlich das Kulturgut aufrecht halten. Gut, nun ist Robert Habeck auch in Lübeck geboren, was meinem Punkt etwas widerspricht, aber von einem Super-Politiker mit Kanzlerphantasien sollte man verlangen können, dass er auf Twitter überlebt, ohne sich fast die Karriere zu zerstören.
Politiker und Social Media, speziell Twitter haben so ihre Schwierigkeiten miteinander. „Auf Twitter sind ohnehin nur Politiker, Journalisten und Psychopathen unterwegs“, sagte vor einigen Jahren Doro Bär. Sie war damals Digitalministerin, was auch erklärt, weshalb das mit dem Glasfasernetz nicht so gut funktioniert hat – Internet ist halt für manche Neuland und für andere die Hölle. Das hat Doro auch damals nicht davon abgehalten, auf der Psycho-Seite fröhlich weiter zu zwitschern, dabei fällt es ihr sehr schwer, eine Woche lang durchzuhalten, ohne ein Foto oder Video von oder zumindest mit sich zu posten. Wäre sie noch etwas jünger, wäre TikTok wahrscheinlich auch vor ihr nicht sicher.
Internet ist für uns alle Neuland
Halt, stopp, fake news: TikTok IST vor ihr nicht sicher. Als wäre sie jemals zu alt für etwas gewesen, sie beehrt die Chinesen Videoplattform schon seit 2020. Dabei hält sich ihr Auftritt dort zwar glücklicherweise in Grenzen, sie ist auch nicht sonderlich erfolgreich gewesen, aber wer sich anschauen will, wie man sich die Hände wäscht und wie weit 1,5 m Abstand sind, der kann da ja mal vorbei schauen.
In der FDP ist die Beziehung zu Twitter. Christian Lindner macht es sich einfach, seine Tweets sind nur echt mit dem „CL“ am Ende, ansonsten sind seine Beiträge von Team fabriziert. Ja gut, wenigstens ist er da transparent, ich finde es trotzdem befremdlich. Kubicki hat gar keinen eigenen Account. Wahrscheinlich weil es so direkt übereinander zu sehr auffallen würde, wie oft er 180 Grad Wendungen macht, wenn es um die Entscheidung geht, ob er sich rebellisch geben will, wenn es gerade nicht darauf ankommt, oder ob er seinen Posten hält und sich anpasst.
Wer das nicht aushalten kann, der sollte nicht nur Twitter, sondern auch der Politik den Rücken zu wenden. Sicher unterschreitet der Ton auf Twitter gerne mal die Gürtellinie. Aber als Politiker gehört es zum Job sich auch mal ausbuhen zu lassen. Und liebe Politiker: Ihr müsst uns nur lesen. Wir müssen euch ihm Alltag ertragen. Ihr lebt von unserer Arbeit, ich bestimmt unser Leben. Und das nicht immer mit der Sorgfalt, die angebracht wäre, um das mal ganz gelinde auszudrücken. Shitstorm ist immer noch besser als der Mob mit Fackeln und Haken, also pflegt die Demokratie und den Rechtsstaat und alle sind glücklich.
Von Sven Justin Verst | Achtung, dieser Artikel enthält Spoiler für “House of the Dragon” und “Rings of Power”. Ihr seid gewarnt.
Endlich, “House of the Dragon”, das Prequel zu “Game of Thrones”, ist da. Wie bereits GoT sieht auch die neue Serie wunderschön aus. Außerdem sehen wir, wie das Leben unter den Targaryens war, bevor sie verrückt wurden. Doch so mächtig das Drachen-Geschlecht auch sein mag – nicht einmal sie sind vor dem woken Zeitgeist sicher. Jedem, der das Buch gelesen hat, fällt schon bei der ersten Folge auf: Wieso zur Hölle, sind die Valyrians denn plötzlich schwarz mit graublonden Rastas?! Im Buch werden die Valyrians doch explizit als blass bezeichnet. Es mag für viele zwar nur eine oberflächliche und kosmetische Änderung sein, aber es wirft Fragen auf. Immerhin waren die Valyrians geradezu besessen davon, durch ihre blasse Haut, platinblonden Haaren und violetten Augen aus dem Rest von Westeros hervor zu stechen. Auch deshalb betrieb man Inzest, um die Blutlinie und äußere Erscheinung rein zu halten. Aber an Buchvorlagen scheint sich Hollywood ja schon lang nicht mehr halten zu wollen.
Die Empörung darüber lässt sich leicht in die rechte Ecke stellen. Dabei gab es schon vor ein paar Jahren ein ähnliches Problem und die Empörung hält bis heute an. Die amerikanische Zeichentrickserie “Avatar: Herr der Elemente” ist einzigartig. Die erzählten Geschichte und Charaktere sind ausgereift und können jede Altersgruppe ansprechen. Als man sich entschied, einen Realfilm zu produzieren, war die Erwartung groß und die Empörung größer. Die Produzenten hatten es gewagt, die dunkelhäutigen Charaktere von weißen Schauspielern spielen zu lassen. Es folgte der übliche linke Scheißsturm und bis heute wird der Film verachtet. Auch die Macher vom Prequel zu der Hobbit und Herr der Ringe, “Ringe der Macht” hat eine diverse Besetzung. Dabei basieren die Werke von Tolkien auf nordischer Mythologie. Schlaue Marathonschauer denken außerdem zurecht: Was ist denn bitte später mit den nicht-weißen Menschen, Elben und Zwergen passiert? Wurden sie von einem rassistischen Monster ausgelöscht? Immerhin gibt es sie in den zeitlich später spielenden Filmen nicht mehr.
Eine Königstochter, die keinen Bock hat zu heiraten
Doch zurück zu “House of the Dragon” und der Protagonistin Rhaenyra Targaryen. Schon zu Beginn der Serie wird der Zuschauer belehrt: Die ach so wunderbare, vorlaute, kecke Rhaenyra wurde mit allem geboren, was das Herz begehrt – außer einem Penis. Die Tennie-Thronfolgerin ist unglücklich: Sie möchte nicht bloß eine Ehefrau und Mutter werden, sondern eine Königin, die tun lassen kann, was sie möchte. Dabei stößt sie auch ihrer engsten Freundin vor den Kopf – was man ein bisschen verstehen kann, immerhin ist sie mit ihrem Vater, dem König in die Kiste gestiegen und wird kurz darauf seine Frau und Königin. Rhaenyra belästigt den Zuschauer geradezu mit der neu-feministischen Idee, dass Frauen ihre Femininität über Bord werfen sollten und Männer nachahmen sollten.Auch Rey aus den Star Wars Sequel Filmen sowie Captain Marvel folgen diesem Modell. Damit wurden beide jedoch zu äußerst unbeliebten Charakteren. Männer haben ein Problem mit starken Frauen, so die These der Verfechter des woken Zeitgeistes. Dass das Blödsinn ist, weiß wohl jeder Leser dieses Blogs.
— Fan account / Parody account for Daenerys & HoTD. (@celinde_louisa) September 22, 2022
Es gibt genug faszinierende, starke Frauen in Filmen und Serien, die mutig und gleichzeitig weiblich sind. Ellen Ripley, die Protagonistin aus dem Film Alien (1979), ist das beste Beispiel. Ripley kehrt zurück in eine gefährliche Situation, welcher sie gerade erst entkommen ist, um ein junges Mädchen zu retten. Dabei wird auf ihre Feminität angespielt und auf ihre Beschützerrolle als Mutter. Auch in der von J.K. Rowling geschaffenen “Harry Potter”-Welt gibt es eine solche Szene. Molly Weasley stellt sich schützend vor ihre Tochter im Duell gegen die Todesserin Bellatrix Lestrange, welche vermutlich zu den stärksten Hexen ihrer Zeit gehörte. „Get awayfrom her youbitch“ und „Not mydaughteryoubitch“, sind unvergessliche Zeilen, welche die Hingabe der beiden Frauen ausdrücken.
Es geht also auch anders: starke Frauen können authentisch geschrieben werden. Molly hat uns berührt, weil sie nicht woke war. Rhaenyra wiederum nervt einfach nur.
Von Elena Klagges | Italien hat gewählt. Und Giorgia Melonis Partei Fratelli d’Italia (FdI) kommt in etwa auf 26% der Stimmen. Mit Abstand folgt der sozialistische Partito Democratico (PD) mit 19% und auf dem dritten Platz ein nach den Umfragen etwas erstarkter Movimento 5 Stelle (M5S) mit dem Ex-Ministerpräsidenten Conte bei um die 15%. Die Lega kommt auf ca. 8% geschätzt genauso wie sowohl Berlusconis Forza Italia (FI) als auch auf die Azione-Italia Viva von Di Maio.
Somit kommt das Mitte-Rechts-Bündnis insgesamt auf ca. 45% der Stimmen, die Linken liegen abgeschlagen bei etwa 25%. Der in den deutschen Medien bis zuletzt erhoffte ,,große Überraschungssieg’’ des Linksbündnisses blieb damit aus, und es wird immer wahrscheinlicher für Giorgia Meloni, die 68. Regierungspräsidentin zu werden.
Währenddessen werden die internationalen Medien nicht müde, in ihren Berichten zu betonen, was für eine rechte Gefahr jetzt aus Italien drohe. Die CNN wird zitiert mit ,,faschistischer Gefahr’’, die BBC schließt sich dem an und tenoriert, dass die extreme Rechte auf einen Wahlsieg zusteuern. Der spanische El Pais spricht von einem ,,politischen Erdbeben’’, bei dem die ultra-rechten Parteien zum ersten Mal die Wahlen in Italien gewannen.
Und auch die deutschen Medien sitzen im selben Boot. So konnte es die Zeitung Die Welt mal wieder nicht lassen, die Verbindung und Herkunft der FdI aus der ,,faschistischen MSI Bewegung’’ zu erwähnen. Doch sei an dieser Stelle mal darauf hingewiesen, dass in Deutschland die Partei Die Linke offen eine direkte Nachfolgepartei der SED ist. Die Partei, die die DDR geführt hat – heutzutage auch häufig als ,,Unrechtsstaat’’ bezeichnet. Dieser Fakt scheint aber nicht besonders nennenswert zu sein; wahrscheinlich, weil diese Leute ,,auf der richtigen Seite’’ des Parteienspektrums stehen.
Die Wahlbeteiligung lag bei dieser Wahl bei einem historischen Rekordtief von 65%. Im Vergleich: 2018 gingen noch 72% der Wahlbeteiligten zur Urne. Zum einen könnte es daran liegen, dass eine pessimistische Stimmung herrscht und ein wahrer Kurswechsel im Palazzo Chigi nicht wirklich erwartet wird. Die Strukturen sind zu steif und dem Lager aus FdI, FI und Lega wird das Regieren sicherlich besonders schwer gemacht werden.
Starker Gegenwind wird auch aus Europa erwartet. So mischte sich Ursula van der Leyen – die nicht gewählte und somit eigentlich sogar weniger demokratisch legitimierte EU-Kommissionspräsidentin als das Rechtsbündnis – noch zwei Tage vor der Wahl in den Wahlkampf ein. Sie drohte gegen Italien mit Werkzeugen wie in Ungarn und Polen vorzugehen, falls das eigentlich nicht erwünschte siegreiche rechte Lager demokratische Grundsätze verletzen sollte.
Damit sind an erster Stelle Kürzungen der finanziellen EU-Mittel gemeint. Zurecht hagelte es scharfe Kritik an dieser Äußerung und es wurden Forderungen laut, das italienische Votum müsse selbstverständlich respektiert werden und es sei auf keinen Fall eine automatische Gegebenheit, dass das rechte Bündnis irgendwelche Grundsätze verletzen würde.
Und dann ist da noch die letzte These: Dass das traditionelle zweite Wiesn-Wochenende, typischerweise auch als das ,,Italiener-Wochenende in München’’ bekannt, die Wähler von ihrer Stimmabgabe abgehalten haben könnte.
Von Boris Cherny | Nach der Ermordung Mahsa Aminis durch die iranische Sittenpolizei, kommt es im Iran seit nun mehr als einer Woche zu massiven Protesten. Innerhalb der letzten Tage nahm sowohl die Anzahl der Protestteilnehmer als auch die Repressalien gegen sie zu. Derweil bleibt die Reaktion des Westens zögerlich und bedeutungslos.
Seit inzwischen mehr als einer Woche gehen iranische Bürger gegen das Kopftuch und die Kopftuchpflicht auf die Straße. Doch genauso wie das Protestgebiet haben sich die Ziele der Demonstranten massiv ausgeweitet. Mittlerweile geht es nicht mehr nur um die Gleichberechtigung der Frau oder weniger Polizeigewalt, sondern gar um die Abschaffung der Scharia und das Ende des Mullah-Regimes.
Massendemonstrationen gegen das fundamental-islamische Regime sind im Iran kein Novum. Zuletzt gab es sie 2019, als mehr als 1000 Menschen ihr Leben bei den Protesten verloren. Damals verpufften die Demonstrationen allerdings. Dass diesmal nicht das Gleiche passiert, scheint zunehmend wahrscheinlich. Die gebildete Mittelschicht des Landes lechzt nach mehr Freiheiten, unterdessen hat die Unterschicht die katastrophalen wirtschaftlichen Bedingungen im Land satt. Diese gleichzeitige Unzufriedenheit war in den letzten Jahren in diesem Ausmaß nie vorhanden.
Außerdem erscheinen die Widerständler entschlossen wie nie. Trotz der noch sehr lebendigen Erinnerung an die brutale Niederschlagung der Proteste von 2019 (die Ereignisse sind im Iran als blutiger November bekannt), schrecken die Demonstranten nicht vor zivilem Ungehorsam und Widerstand gegen die Staatsgewalt zurück. Auch die aktuellen Drohungen des Präsidenten Ebrahim Raisi, mit voller Härte gegen die Proteste vorzugehen, laufen ins Leere. Die Aktionen der Polizei kosteten bereits mehr als 50 Menschen das Leben.
Jetzt wächst der Druck auf das Regime. Die Proteste ebben nicht ab, und moderate Elemente innerhalb des Regimes zeigen sich bereit, sich auf Kompromisse mit den Demonstranten einzulassen. Das sind keine guten Vorzeichen für den sich abzeichnenden Machtkampf, der im Falle des Ablebens des greisen obersten Führers Ali Khamenei eintreten könnte.
Zahnlose Reaktion des Westens
Doch auch wenn intern die Chancen der iranischen Demokraten immer besser werden, können sie sich kaum auf internationale Solidarität stützen. Die USA kündigten zwar leichte Sanktionen gegen die Sittenpolizei und ihre Hauptakteure an und versuchen, den stark eingeschränkten Zugang zum Internet für die iranischen Bürger zu erleichtern, trotzdem stellt die Biden-Regierung keine signifikante Unterstützung dar. Das deutsche Außenministerium schwieg währenddessen tagelang bezüglich der Geschehnisse im Iran. Zwar hat die Außenministerin Baerbock das Vorgehen der iranischen Regierung inzwischen verurteilt, doch Sanktionen oder sonstige Hilfen für die Regimegegner bleiben aus. Stattdessen verhandelt man mit dem Iran-Deal seit Monaten darüber Sanktionen gegen den Iran aufzuheben. „Feministische Außenpolitik“ sieht anders aus.
ZDF verteidigt Kopftuch
Auch die deutsche Presse schafft es, sich abermals zu blamieren. Verzweifelt versuchten Journalisten des Öffentlich-Rechtlichen Rundfunks den frauenfeindlichen Islam und das Kopftuch als sein Symbol zu verteidigen. Die ZDF-Autorin Yasmin Poesy behauptete beispielsweise, der Iran repräsentiere eine „durchaus aggressive Form der orientalischen Kultur“, aber keinesfalls den Islam. Dass die Scharia und damit auch große Teile des iranischen Rechtssystems aus dem Koran abgeleitet sind, scheint die Journalistin nicht zu kümmern. Auch abseits dessen spielt die Berichterstattung über Iran, wo möglicherweise bald eine Revolution vonstattengeht, für die Öffentlich-Rechtlichen nur eine untergeordnete Rolle. In der Tagesschau werden die Proteste meist erst gegen Ende thematisiert oder komplett ausgelassen.
Die verhaltene deutsche Reaktion auf einen furchtlosen demokratischen Protest gegen ein menschenverachtendes Regime lässt einen ratlos zurück. So setzen sich deutsche Journalisten eigentlich doch gerne für die internationale Demokratie ein, wie beispielsweise nach den Wahlen in Italien, nach denen sie eine demokratisch gewählte Ministerpräsidenten diffamieren und delegitimieren. Doch die ernüchternde mediale und politische Resonanz in Deutschland kann den Freiheitskämpfern in Teheran wohl unwichtig sein. Die iranische Demokratiebewegung macht massive Fortschritte, und ihre Stunde könnte, wenn nicht schon heute, sehr bald schlagen. Spätestens nach dem Tod des obersten Führers und der Galionsfigur des Regimes Ali Khamenei – der radikale Islamist ist bereits gesundheitlich angeschlagen – kann sich die Gelegenheit für einen Systemwechsel bieten.
Von Anna Graalfs | Was machen wir eigentlich, wenn die Energiekrise so schlimm wird, dass wir nicht einmal mehr ohne schlechtes Gewissen den Wasserhahn aufdrehen können? Der WDR-Instagram-Kanal “KugelZwei” hat die Lösung: Wir duschen einfach nur noch einmal die Woche! Jetzt fühle ich mich wirklich intellektuell unterlegen: Dass die Lösung so einfach ist – warum ist mir das nicht früher eingefallen? In einem nicht einmal einminütigem Video wird vom WDR aufgeklärt: Tägliches Waschen zur Körperhygiene — das ist ein Mythos. Mit süßen Animationen und belehrenden Beschriftungen wird gezeigt, wie der Alltag des 21. Jahrhunderts perfekt mit den Hygienemaßnahmen des Mittelalters harmonieren kann.
WDR meint: Wasser ist schlecht für die Haut
Die Begründung für einmal in der Woche unter der Dusche stehen: “Häufiges Duschen und Baden kann laut Dermatolog:innen der Haut schaden.” Dazu wird ein Mädchen beim Haare waschen gezeigt, welches förmlich mit schmerzverzehrtem Gesicht im Badeschaum untergeht. Tja, duschen ist eben mit sehr viel Stress verbunden. Folglich hätten wir bei seltenerem Duschen bessere Haut und Haare. Diesen “Dermatolog:innen” würde ich persönlich nicht vertrauen. Es stimmt zwar, dass zu viel Wasser die Haut austrocknen und den natürlichen Säureschutzmantel der Haut beschädigen kann, aber – und da ist sich zumindest jeder “Dermatologe” einig – das hängt auch von vielen anderen Faktoren ab. Wie heiß ist das Wasser beim Duschen? Wie mild sind die Pflegemittel die benutzt werden? Doch der WDR macht’s für uns ganz einfach: Wasser = schlecht
Ein toller neuer Alltag
Für den Rest des Videos wird veranschaulicht wie wunderbar unser neuer Alltag wäre nachdem wir zu stinkenden Höhlenmenschen mutiert sind. Als erstes kommt ein ganz wichtiger Punkt: Wir hätten viel mehr Zeit für anderes, weil wir nicht mehr so viel Zeit im Bad verbringen würden. Natürlich! Hätte ich heute nicht meine Dusche ausfallen lassen, hätte ich nie die Zeit dazu gehabt diesen Artikel erst zu schreiben! Dann kommt das Beste: Wir hätten vielleicht mehr Toleranz bei natürlichen Körpergerüchen. Und jeder weiß, dass Toleranz in unserem Zeitalter von ganz wichtiger Bedeutung ist. Jetzt wird auch endlich der fehlenden Toleranz bei Körpergerüchen Aufmerksamkeit geschenkt. Die Frage ist jedoch, was denn der WDR als “natürliche” Körpergerüche definiert. Was ist, wenn Rainer aus der Redaktion die nackten Füße aus seinen Schuhen nimmt und sie auf dem Bürotisch ausbreitet? Man bekommt so den Eindruck Angestellte beim WDR hatten noch nie das Glück im prallvollen Bus unter die Achsel eines schwitzenden 1,90-Typen gequetscht zu sein.
Glauben Sie mir, lieber WDR, dann sind Sie nicht mehr tolerant bei Körpergerüchen. Doch “KugelZwei” macht uns selbstverständlich auch mit ein paar Vorschlägen bekannt, wie man die “1-Duschen-pro-Woche“-Kultur im Alltag einbetten kann. In Fitnessstudios könnte es dann zum Beispiel nur noch Waschbecken statt Duschkabinen geben. Waschbecken sind ja auch schließlich alles was es braucht, nach einem anstrengenden Händeworkout, nachdem die WDR-Redakteure sich wieder schlagfertig zurück vor ihre Computertastaturen setzen können. Und wenn Karen aus dem Recherche-Team ihr Kniebeugen-Hampelmänner Workout macht, reicht es danach auch vielleicht aus sich einen Waschlappen ins Gesicht zu klatschen. Außerdem könnte es zu einem richtigen Highlight werden, wenn man nur einmal in der Woche duscht.
Das glaube ich gern, wenn ich nach einer Woche vom WDR verhängtem Duschverbot endlich wieder duschen darf. Wir würden Duschrituale zusammen mit “Freund:innen” in öffentlichen Badehäusern zelebrieren. Moment, das sagt mir etwas… Ach ja, Badehäuser gab es vor Allem vom 13. Bis 16.Jahrhundert und teilweise auch weiter, weil sich gerade die Arbeiterklasse kein eigenes Badezimmer leisten konnte. Aber wir geben gerne freiwillig ein Stück von unserem riesigen Luxus ab. Schließlich freut man sich doch immer, sich nackt zwischen den Bierbäuchen von Hans-Günther und Klaus-Joachim zu tummeln.
Ich könnte dem WDR nicht dankbarer sein, dieses Video im Internet verbreitet zu haben. Endlich wird darüber aufgeklärt, dass einmal die Woche duschen völlig ausreicht. Egal ob man gerade einen Marathon gelaufen ist und man einen Tag lang bei 35 Grad im Büro saß, überlegt es euch lieber zweimal unter die Dusche zu springen! Denn wer nachhaltiger leben will, muss eben auch die Körperhygiene etwas reduzieren. Wer sich noch mehr zur Natur verbunden fühlen will, dem empfehle ich es mit saftigen, grünen Blättern statt Duschgel zu probieren. Einfach in die Hand nehmen und über den Körper reiben – das Ergebnis ist fast dasselbe!
Von Jonas Kürsch | Die Wahlkabinen in Italien sind geschlossen und inzwischen steht ein erstes Zwischenergebnis fest: der konservative Block liegt aller Voraussicht nach mit deutlichem Abstand vor der linken Allianz. Das italienische Medienportal „La Repubblica“ berichtet, dass Giorgia Meloni’s erzkonservative Fratelli D’Italia (dt. Brüder Italiens) die Wahl mit 26,2% haushoch gewonnen haben. Deutlich abgeschlagen liegt die Partito Democratico (dt. Demokratische Partei) mit gerade einmal 19% auf dem zweiten Platz. In Umfragen wurde die Partei noch bei weit über 20% eingeschätzt.
Der wirtschaftsliberal-konservative Block aus Meloni’s Fratelli D’Italia, Mateo Salvini’s Lega, Silvio Berlusconi’s Forza Italia und der moderaten Sammelbewegung „Noi Moderati“ wird daher mit großer Wahrscheinlichkeit sowohl im Senat, als auch in der Abgeordnetenkammer eine regierungsfähige Mehrheit abbilden. Das bestehende linke Bündnis aus der Satirepartei Movimiento 5 stelle und die Partito Democratico verblieb weit abgeschlagen hinter den Konservativen.
Der Wind dreht sich in Europa
Nach dem massiven Wahlerfolg des konservativen Blocks in Schweden und der Wahl einer kapitalistischen Premierministerin in Großbritannien, hat sich nun auch das italienische Volk für eine Richtungsänderung in der Politik entschieden. Maßgeblich entscheidend waren vor allem die paternalistische Bevormundung des Landes durch die Europäischen Union sowie die wirtschaftsfeindliche Lockdownpolitik der Vorgängerregierungen. Auch die Einführung des „Covid-Green-Pass“ und einer wahnwitzigen, partiellen Impfpflicht hatten schon im Vorjahr in Italien zu großen Protesten geführt, die besonders durch Giorgia Meloni als de facto Oppositionsführerin unterstützt wurden. Auch die katastrophale Situation an den Stränden Italiens, die durch die Flüchtlingskrise ausgelöst wurde, gab Meloni einen großen Popularitätsaufschwung.
Vor einigen Stunden gab die Parteivorsitzende eine erste Pressekonferenz zum Wahlausgang ab. Sie erklärte, dass die Projektionen zwar noch recht volatil seien, durch die Wahl aber klar geworden sei, dass das italienische Volk sich für einen Regierungswechsel mit Fratelli D’Italia an der Spitze entschieden habe. Die deutsche Presse warnt schon jetzt vor den gefährlichen Plänen der „ultrarechten“ Parteienallianz, die vor allem mit einer liberaleren Finanz- und Wirtschaftspolitik geworben haben.
Von der Leyen steht unter Kritik
Im Rahmen der Wahl sorgte vor allem ein Statement der europäischen Kommissionspräsidentin Ursula Von der Leyen (CDU) für große Unruhe. Während einer Veranstaltung an der amerikanischen Princeton University erklärte Von der Leyen mit Hinblick auf die italienischen Parlamentswahlen und den möglichen Sieg des konservativen Parteinblocks: „Wenn sich die Dinge in eine schwierige Richtung entwickeln (…), dann verfügen wir über Instrumente.“ Damit bezog sich die Präsidentin vor allem auf die Möglichkeit schwerwiegender Sanktionsmaßnahmen seitens der Europäischen Union, wie sie im Moment auch gegenüber Polen und Ungarn angewandt werden. Oder möchte Von der Leyen die Wahl „rückgängig machen“, wie es Altbundeskanzlerin Angela Merkel vor einigen Jahren in Thüringen nach der Wahl von Thomas Kemmerich zum Ministerpräsidenten gefordert hatte?
Besonders aus der italienischen Politik wurde diese Formulierung stark kritisiert. Von der Leyen wird nun die öffentliche Einmischung in den demokratischen Wahlprozess und damit eine klare Überschreitung ihrer Kompetenzen vorgeworfen. Der italienische Oppositionspolitiker und frühere Innenminister Mateo Salvini (Lega) warf der Kommissionspräsidentin eine „beschämende Arroganz“ vor und forderte ihren Rücktritt.
Von Leon Hendryk | In der englischen Industriestadt Leicester ließ sich in den letzten Wochen das Scheitern der europäischen Migrationspolitik beobachten. Gruppen von Hunderten Muslimen und Hindus, eingewandert aus Indien und Pakistan, bekriegen sich dort schon seit Ende August. Den Konflikt den sie austragen, die jahrhundertealte Feindschaft zwischen Islam und Hinduismus, haben sie vom indischen Subkontinent mitgebracht. In den deutschen Medien hört man indes nichts von diesem importierten Konflikt der nun auf englischen Straßen ausgetragen wird – keine einzige Zeitung aus dem deutschsprachigen Raum berichtet darüber.
Leicester (gesprochen „Lester“) liegt im Herzen Englands, nahe Birmingham, und ist mit 350.000 Einwohnern etwa so groß wie Bonn oder Wuppertal. Die Stadt ist als Multikulti-Hochburg bekannt. Nur 45% der Einwohner sind noch ethnisch britisch, etwa 40% stammen aus Südasien. Von diesen sind wiederum etwa die Hälfte Muslime, die andere Hälfte Hindus. Und genau diese beiden Gruppen stehen seit mehreren Wochen auf Kriegsfuß. Immer wieder kommt es zu Massenprügeleien und Aufmärschen der beiden Gruppen, sowie zu Beschädigungen an Tempeln und Moscheen.
Nun ist es kein Geheimnis, dass das Zusammenleben von Muslimen und Hindus auf dem indischen Subkontinent von Gewalt und gegenseitiger Abneigung geprägt ist. Immer wieder kommt es in Indien zu Ausbrüchen von Unruhen zwischen den beiden Gruppen, mit teils hunderten Todesopfern. Zudem betrachten sich das mehrheitlich hinduistische Indien und das muslimische Pakistan als Erzfeinde, schon mehrfach kam es zum Krieg. Nun ist dieser Konflikt auch in Leicester angekommen, sozusagen im Reisegepäck der Millionen von Migranten, die in den letzten Jahrzehnten aus diesem Teil der Welt nach Großbritannien strömten.
Zuerst flammte die Gewalt nach einem Cricket-Spiel zwischen Indien und Pakistan am 28. August auf. Den Sieg ihres Landes feiernde Hindus waren nach dem Spiel in einem muslimischen Viertel von Leicester attackiert worden. In den Tagen und Wochen danach kam es immer wieder zu gewalttätigen Demonstrationen und Sachbeschädigungen an Hindu Tempeln sowie Moscheen. Erst vor etwa einer Woche beruhigte sich die Lage wieder. In den britischen Medien werden Mitglieder der Hindu-nationalistischen „Hindutva“-Bewegung für die Eskalation der Gewalt verantwortlich gemacht. Die „Hindutva“-Bewegung steht der indischen Regierungspartei BJP unter Narendra Modi nahe und fordert den Umbaus Indiens zu einem autoritär regierten Staat mit dem Hinduismus als Staatsreligion. BJP-nahe Journalisten aus Indien berichteten auf Twitter und in den indischen Medien über die Ereignisse in Leicester und schürten die Flammen. Aber auch Aktivisten aus dem islamistischen Spektrum waren an den Demonstrationen und Gewalttaten gegen Hindus involviert. Sie bekamen ihrerseits ideologische Rückendeckung aus Pakistan. In Pakistan braucht man gar nicht erst nach einem Äquivalent zur „Hindutva“-Bewegung suchen. Der Islam ist dort bereits seit Jahrzehnten Staatsreligion, 97% der Einwohner des Landes gehören ihm an. Die verbliebenen 3% an Hindus und Christen sind weitgehend entrechtet und religiöser Verfolgung ausgesetzt. Von der im Westen oft propagierten, „diversen“ Multikulti-Gesellschaft scheint man in Pakistan nicht viel zu halten.
Die Frage nach der Schuld für die Ausschreitungen ist also schwer zu beantworten. Doch letztendlich ist es zweitrangig wer nun mehr Schuld an den Ausschreitungen trägt, radikale Hindus oder radikale Muslime. Warum werden solche Kämpfe überhaupt auf europäischem Boden ausgetragen? Das ist die eigentliche Frage, die die Ereignisse in Leicester hervorrufen sollte! England ist nicht Pakistan, es ist auch nicht Indien. Ethnisch-religiöse Konflikte aus dem Ausland haben auf unserem Kontinent nichts zu suchen. Dass sie dennoch hier ausgetragen werden ist eine Folge der verfehlten Migrationspolitik der letzten Jahrzehnte – obwohl die Hindus und Muslime Leicesters teils in zweiter oder dritter Generation dort leben, nehmen sie sich selbst nicht als Briten war. Stattdessen stellen sie ihre religiöse Identität über alles und tragen religiöse Kämpfe aus, so als würden sie sich noch immer in Indien oder Pakistan leben. Anders als manche Linke uns weismachen wollen, legen Migranten ihre Kultur und ihre religiöse Überzeugung nicht einfach ab, wenn sie die Grenze überqueren oder die Staatsbürgerschaft eines europäischen Landes annehmen. Stattdessen ist die religiöse Identität von Migranten selbst in zweiter oder dritter Generation noch maßgeblich für Selbstverständnis und Verhalten dieser Menschen. Dementsprechend verschwinden auch die Konflikte aus der Heimat nicht. Anstatt sich auf den Straßen von Jaipur oder Lakhnau zu prügeln, tut man es nun eben in Leicester.
Der naive Traum vieler Linker von der friedliebenden Multikulti-Gesellschaft wird so Lügen gestraft. Es ist darum kein Wunder, dass deutsche Medien in keiner Weise über die Ausschreitungen in Leicester berichten. Denn spätestens seit 2015 ist offensichtlich, dass in der deutschen Medienlandschaft nur äußerst ungern über die negativen Effekte von Massenmigration und der resultierenden gesellschaftlichen Veränderungen gesprochen wird.
Doch auch hier in Deutschland kommt es immer wieder zu Szenen die denen in Leicester ähneln, nur mit anderen Akteuren. Statt Hindus und Muslimen finden die Ausschreitungen hier in der Regel zwischen Türken und Kurden statt. In wiederkehrender Regelmäßigkeit kommt es zu Demonstrationen und anschließender Massenprügeleien, oft ausgelöst durch Ereignisse im kurdisch besiedelten Teil der Türkei. Auch gegenseitige Brandanschläge auf türkische und kurdische Einrichtungen sind keine Seltenheit. Man muss also nicht erst den Ärmelkanal überqueren, um die Auswirkungen von aus anderen Teilen der Welt importierten Konflikten zu beobachten.
Bild: „NotFromUtrecht“ via Wikimedia Commons (Lizenz)
Von Jonas Aston | „Prognosen sind schwierig, besonders wenn sie die Zukunft betreffen“, das wusste schon Mark Twain. Der Bericht des Club of Rome „Die Grenzen des Wachstums“ erschien vor 50 Jahren und markiert die Geburtsstunde der Umweltbewegung. Der Club of Rome machte auf die Endlichkeit aller Ressourcen aufmerksam und befürchtete den Kollaps der Weltwirtschaft, wenn das Wirtschaftswachstum nicht gestoppt wird. Der Club of Rome ging das Wagnis der Prognose ein und scheiterte grandios. Die weltweiten Ölbestände sollten bis 1990, die Erdgasbestände bis 1992 verbraucht sein. Heute übertreffen die Bestände beider Bodenschätze die von 1970 bei weitem. Metalle wie Zink, Zinn, Wolfram, Aluminium, Kupfer, Gold, Blei und Quecksilber sollten bis spätestens 2013 erschöpft sein. Auch war zu lesen, dass das BIP pro Kopf bis 2000 in Japan doppelt so hoch wie in den Vereinigten Staaten sei. Das BIP der Sowjetunion sollte das der Bundesrepublik überholen und die Volksrepublik China sei – nicht etwa auf drauf und dran die Weltwirtschaft umzukrempeln – sondern noch immer ein armer Agrarstaat.
Prognosen hängen stets einige Paradoxien an. Sie können sich selbst widerlegen, weil die Menschen in Kenntnis der Prognose anders handeln. Prognosen können aber auch zur selbsterfüllenden Prophezeiung werden. Zum Beispiel animieren Prognosen über steigende Inflationsraten einen höheren Verkaufspreis beziehungsweise. ein höheres Gehalt einzufordern. So entsteht schnell eine Lohn- Preisspirale, die oft nur durch hohen Kraftaufwand durchbrochen werden kann. Prognosen sind Extrapolationen von Trends. Es gibt jedoch nach Joseph A. Schumpeter „die grundsätzliche Unmöglichkeit der Extrapolation des Trends“. Das heißt: Durch die schlichte mathematische bzw. lineare Fortschreibung eines in der Vergangenheit festgestelltem Wachstum kann die Zukunft nicht prognostiziert werden. Dies gelte insbesondere im „wirtschaftlichen Fall“.
Bei längerfristigen Prognosen ist das Problem noch grundsätzlicher. Schumpeter unterscheidet hier zwischen Wachstum und Entwicklung. Entwicklung ist die Entstehung von neuem. Neues zu prognostizieren ist jedoch eine Anmaßung von Wissen und setzt die Absurdität voraus, das Neue zu kennen, bevor das Neue überhaupt entstanden ist. Auch John Maynard Keynes: „Wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass menschliche Entscheidungen die Zukunft beeinflussen, ob es persönliche, politische oder ökonomische sind. Und diese Entscheidungen sind keine mathematisch berechenbaren Erwartungen, da es keine Grundlage gibt, die solche Berechnungen möglich machen.“ Trends können beschrieben werden, haben aber nur eine eingeschränkte Aussagekraft, da sie von Bedingungen abhängen, die sich jederzeit ändern können.
Gottfried Wilhelm Leibniz war der erste der erklärte, dass sich sowohl die physikalische als auch die geistige Welt durch stete „Verwandlung“ auszeichnen. Die Vorstellung eines „Wandels“ konnte im abendländischen Denken schon im späten 17. Und frühen 18. Jahrhundert Fuß fassen. In gewisser Weise nahm Leibniz damit Darwins Begründung der Evolutionstheorie vorweg.
Die Entstehung und Entwicklung des Menschen ist keinem Schöpfer zu verdanken. Aus diesem Grund ist der Mensch auch nicht vollkommen. Die Evolution des Menschen – wie auch der Natur und des Lebens als solches – erfolgte wildwüchsig. Ordnung ergab sich durch die natürliche Selektion, die alles abstieß, was dem Selektionsdruck nicht standhielt. Überleben konnte nur derjenige, der an die natürlichen Umstände gut angepasst war und wandlungsfähig war, um sich auch an geänderte Umstände anzupassen. Ebenso wurde Kultur und Zivilisation nicht von oben „kreiert“, sondern entwickelte sich pfadlos und spontan ganz ohne Wegweiser oder Plan aus sich heraus.
Die Sprache als Kommunikationswerkzeug entstand nicht, weil ein Stammesführer seinen Stamm anwies sich mit Lauten zu verständigen. Die Erfindung des Rads war sicherlich nicht Folge einer Versammlung von Dorfversammlung, auf der beschlossen wurde, die Mobilität ihrer Bürger zu erhöhen. Ebenso wenig hat Nikolaus August Otto den Verbrennungsmotor auf Befehl von Reichskanzler Bismarck entwickelt. Wohl aber wurde er angetrieben von einem geistigen Klima des Aufbruchs. In „Über die Freiheit“ schreibt John Stuart Mill: „Die menschliche Natur ist keine Maschine, die nach einem Modell gebaut wird und die eine genau vorgeschriebene Arbeit verrichten kann; sie gleicht vielmehr einem Baum, der wachsen und sich nach allen Seiten ausbreiten möchte“.
Wachsen und nach allen Seiten ausbreiten, ist jedoch genau das, was Grüne verbieten wollen, nur sagen sie das oftmals nicht deutlich. Zum Glück ist nun jedoch ein neues Buch von Ulrike Herrmann mit dem Titel„Das Ende des Kapitalismus: Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind – und wie wir in Zukunft leben werden“, erschienen. Herrmann ist Wirtschaftsexpertin der taz und außerdem Mitglied bei den Grünen. In ihrem „Werk“ macht sie den gleichen Fehler wie der Club of Rome und glaubt basierend auf einigen Prognosen nun Forderungen nicht nur nach dem Ende des Wachstums stellen zu müssen. Herrmann möchte die Wirtschaft schrumpfen. Damit hängt sie einer totalitären Ideologie an.
Die Wirtschaftsleistung ist stets ein Ergebnis aus der eingesetzten Arbeitsmenge (abhängig von Zahl und Arbeitszeit der Erwerbstätigen) und ihrer Produktivität. Die Wirtschaftsleistung kann (vereinfacht) folglich nur dann wachsen, wenn die eingesetzte Arbeitskraft oder die Arbeitsproduktivität erhöht wird. Produktivitätszuwächse ergeben sich aus dem menschlichen Erfindergeist. Wirtschaftswachstum wird also unvermeidlich dann entstehen, wenn mehr Menschen einer bezahlten Arbeit nachgehen, wenn Erwerbstätige ihre Arbeitszeit verlängern oder wenn durch menschliche Erfindung neue Produkte entwickelt oder Produktionsmethoden vereinfacht werden.. Auch dies ist jedoch nur teilweise richtig. Fakt ist, dass bei steigender Nachfrage steigende Preise registriert werden. Der Bericht „Die Grenzen des Wachstums“ ist nichts weniger als ein Plädoyer für die geschlossene Gesellschaft. Grundlage für eine offene Gesellschaft ist ihre Ergebnisoffenheit, das ewige Spiel von Versuch und Irrtum.
Wer Wirtschaftswachstum verhindern will, wird nicht umhinkommen, die Bürger zu zwingen entweder weniger zu arbeiten oder weniger zu erfinden. Dies würde massive Eingriffe in die individuelle Handlungsfreiheit bedeuten. Ein Versuch ihrer Umsetzung würde auf ein totalitäres System hinauslaufen. Nach außen müsste der Staat hermeneutisch abgeriegelt werden, damit Innovation nicht durch das Ausland in den Staat dringen können. Nach innen müsste die Wirtschaft geplant werden, um die Arbeitsmenge zu kontrollieren und Erfindungen zu unterbinden. Der Versuch ein solches System zu errichten würde scheitern. Es ist wider der menschlichen Neugier, wider seinem Erwerbstrieb, wider seiner menschlichen Natur. Das Wirtschaftswachstum kann nicht einfach ausgeschaltet werden. Dem Erfindergeist des Menschen kann kein Staat und keine Obrigkeit Grenzen setzten. Grenzen setzen kann dem Menschen nur sein Geist und dieser ist unbegrenzt.
Von Jonas Kürsch | Mit dem Tod von Königin Elisabeth II. ist ihr Sohn Charles, der „ewige Thronfolger“, mit über siebzig Jahren zum britischen Monarchen ausgerufen wurden. Damit trägt der ehemalige Prince of Wales nun den offiziellen Titel „His Majesty King Charles III. of the United Kingdom and other Commonwealth realms“. Doch die Tatsache, dass er bereits der dritte britische Monarch mit dem Namen Charles ist, ließ auch in Deutschland das historische Interesse an seine beiden berühmt-berüchtigten Namensvettern wieder aufleben. Wer also waren die beiden „Karls“ vor dem jetzigen King Charles? Es folgt der Versuch einer kurzen Zusammenfassung:
Der Anfang einer neuen Dynastie
Nachdem die kinderlose Königin Elisabeth I. aus dem Hause Tudor im Jahr 1603 verstarb, wurde der ihr am nächsten stehende Blutsverwandte zum neuen König ausgerufen. Die Erblinie der Tudors war damit an ihrem Ende angelangt. Elisabeths nächster Verwandter fand sich in der Gestalt des schottischen Königs Jakob VI. wieder, dessen Mutter Maria Stuart auf Anordnung der Königin vor vielen Jahren im Rahmen eines dramatischen Machtkampfes enthauptet wurde.
Jakob VI. war damit nicht nur der erste englische König des Hauses Stuarts, sondern auch der erste Monarch überhaupt, der Schottland, Irland und England gleichzeitig regierte. Als strenggläubiger Protestant pflegte er ein angespanntes Verhältnis zum englischen Parlament, das schon im siebzehnten Jahrhundert großen Einfluss auf die politischen Geschehnisse im Land nahm: beispielsweise mussten vom Regenten benötigte Staatsgelder erst vom Parlament genehmigt werden, bevor sie für die Aufrüstung der Armee oder eine Vertiefung des Handels verwendet werden durften. Jakob VI. vertrat jedoch die Auffassung, dass ein gottgegebener Königstitel die absolute Kontrolle über einen Staat mit sich brachte, und lehnte es daher ab, die Ausgaben mit seinem Parlament abzusprechen. 1625 starb der König, doch seine Abneigung gegenüber der parlamentarischen Beteiligung lebte im Geiste seines Sohnes Karl I. weiter.
Karl I. und die englischen Bürgerkriege
Karl I. sah die eigene Königswürde ebenfalls im Lichte des sogenannten Gottesgnadentums, also der Annahme, dass die Legitimation eines monarchistischen Souveräns ganz allein auf dem Willen Gottes beruhe. Daher war das Weltbild des jungen Königs stark vom Gedanken einer absolutistischen Herrschaft geprägt, mit der er ohne Parlament und ohne die Einschränkungen anderer institutioneller Instanzen hätte regieren
wollte. König Karl nahm das Parlament nicht besonders ernst, er ließ sich hohe Geldsummen durch die Parlamentarier auszahlen um seine teuren Kriege zu finanzieren, erfüllte jedoch häufig die mit den Parlamentariern ausgehandelten Vereinbarungen nicht. Es ist historisch umstritten, doch viele Experten gehen davon aus, dass der König sogar eine neue Kirchenverfassung etablieren und dadurch England in ein absolutistisches Regime verwandeln wollte. Das Parlament hätte er vermutlich im Rahmen dieser Reformen dauerhaft abgeschafft.
Als sich eine Aneinanderreihung von Aufständen im irischen Königreich ereignete, war das Parlament bereit dem König Gelder zu deren Bekämpfung zur Verfügung zu stellen. Man sorgte sich jedoch davor, dass Karl die Armee im Rahmen dieses Einsatzes missbrauchen und das Parlament überfallen würde. Der königskritische Abgeordnete John Pym unternahm daher im Jahr 1641 den Versuch, dem König die Kontrolle über das Heer im Rahmen einer Protestnote zu entreißen. Der Monarch empfand diesen Vorschlag als Angriff auf seine Autorität und erlaubte sich einen unvergleichlichen Tabubruch: mit bewaffneten Truppen stürmte der König das Unterhaus, um den aufsässigen Abgeordneten Pym zu verhaften. Die Festnahme scheiterte kläglich, stattdessen löste sein Angriff auf das Parlament große Protestwellen in London aus, die zur Flucht des Königs und zum Ausbruch des ersten englischen Bürgerkriegs führte.
Die „Cavaliers“ um Karl I. konnten zu Beginn des Krieges zwar kleinere Erfolge erzielen, gegen die fortschrittliche Kriegsführung des puritanischen Heerführers Oliver Cromwell und seiner „Ironsides“ konnte der König sich dennoch nicht behaupten. Das Ende des ersten und der Beginn des zweiten Bürgerkrieges sind von nun an fließend. Der König versuchte mit dem englischen Parlament und der schottischen Armee zu verhandeln, sein Plan war es, beide Verhandlungspartner gegeneinander auszuspielen und so den eigenen Machterhalt zu sichern. Letztlich konnte er mit der schottischen Armee eine Einigung erreichen und so die ehemaligen Gegner auf seine Seite holen. Zu diesem Zeitpunkt gingen die Puritaner um Cromwell und Pym noch davon aus, man könne mit dem König verhandeln und letztlich die englische Monarchie mit einer bürgerlichen Verfassung reformieren.
Als der König im Mai des Jahres 1648 die Engländer durch sein schottisches Heer angreifen ließ, erkannte Cromwell, dass der Monarch niemals von seiner Wunschvorstellung eines absolutistischen Königreichs abweichen würde. Schon im
August gelang es Cromwell mit seiner New Model Army die Truppen des Königs entscheidend zu schlagen. Obwohl das Parlament weiter mit Karl I. verhandeln wollte, empfand Cromwell das Überleben des Königs als zu hohes politisches Risiko. Er glaubte nicht mehr daran, dass sich die absolutistische Überzeugung von Karl ändern ließe.
Der König wurde unter Hausarrest gestellt und in einem provisorischen Gerichtsverfahren in der Westminster Hall wegen Hochverrats gegen die eigene Bevölkerung angeklagt. Das Gericht befand den uneinsichtigen Monarchen (dieser hatte selbst auf der Anklagebank die Autorität der Justiz verleugnet und die Gerichtsverhandlung als illegitim bezeichnet) für schuldig und verurteilte ihn zum Tode durch die Axt.
Am 30. Januar 1649 wurde Karl I. als erster und einziger König in der britischen Geschichte durch das eigene Volk hingerichtet. Selbst in seiner letzten Rede auf dem Schafott verteidigte er das eigene Verhalten und erklärte, seine Regentschaft sei gottgewollt gewesen, weshalb er auch nie eine Straftat vor Gott selbst begangen habe. Aus rechtlicher Sicht ist man sich auch heute noch uneins, ob die Verhandlung mit der damaligen Verfassung im Einklang war.
Karl II. und ein Leben für die Lust
Der englische Thronnachfolger Karl II. und Sohn des hingerichteten Monarchen ergriff die Flucht aus seinem Königreich und lebte während der republikanischen Periode Englands im Exil. Unter „Lordprotektor“ Oliver Cromwell wurde die Monarchie zwar abgeschafft, freiheitlicher wurde der umbenannte Staat allerdings keineswegs. Im Gegenteil, unter seiner Herrschaft entwickelte sich das Land immer mehr zu einer christlich fundamentalistischen Militärdiktatur. Als strenggläubiger Puritaner zwang Cromwell seine Untertanten zum radikalen Verzicht auf alles, was in irgendeiner Art und Weise Freude bereitete und demnach sündhaft sein musste: Ballspiele, Make-Up, bunte Kleidung, Alkohol, Musik, Tanz und sogar das Weihnachtsfest waren unter seiner harten Führung verboten. Würde man gegen die Gesetze verstoßen, drohten Folter und schlimmeres. Er selbst soll sich jedoch an kaum eines seiner Gesetze gehalten haben. Vor allem ist Cromwell auch heute noch für die brutalen, von ihm verübten Massaker an der irischen Bevölkerung bekannt, die sich gegen seine Gewaltherrschaft auflehnten. Immerhin: die ihm vom Parlament angebotene Königswürde hatte er abgelehnt, die Monarchie wollte er also nicht wiedereinführen.
Im Jahr 1658 verstarb der Lordprotektor dann überraschend an den Folgen einer unentdeckten Malariainfektion. Sein unerfahrener und willenloser Sohn Richard wurde kurzzeitig zum neuen Herrscher der Republik, dankte allerdings auf Forderung des Parlaments schon nach wenigen Monaten wieder ab. Das „Commonwealth of England“ galt als gescheitert und daher bemühten die Parlamentarier sich um eine vollständige Restauration des alten Königreichs. Karl II. durfte nun nach London zurückkehren und bestieg im Jahr 1660 den englischen Thron im Rahmen der staatlichen Wiederherstellung. Als Monarch heiratete er kurzerhand die katholische Prinzessin Katharina von Braganza aus Portugal, durch die er letztlich dazu gezwungen wurde, die Religionsfreiheit sowie die wirtschaftliche Selbstverantwortung des einzelnen Bürgers gesetzlich in seinen Königreichen zu verankern. Karl II. ist der Nachwelt aber vor allem wegen seines Images als epikureischer Lebemann in Erinnerung geblieben. Den Großteil seiner Lebenszeit verbrachte der König mit unzähligen Mätressen, edlem Wein und teuren Kunstwerken.
Das wohl wichtigste historische Ereignis zu seiner Regierungszeit war der große Brand von London im Jahre 1666, bei dem weite Teile der Stadt zerstört wurden. Die Beziehung zum Parlament hatte sich unter seiner Regentschaft nicht wirklich verbessert, denn auch er hat das Parlament zwischen 1679 und 1681 mehrere Male aufgelöst, um die sogenannte Exclusion Bill der Parlamentarier zu verhindern. Damit wollte man die Thronbesteigung des katholischen Bruders Jakob verhindern, der aufgrund des Mangels an (legitimen) Königskindern in der Erblinie an nächster Stelle stand. Vor allem sorgte man sich, bei der Thronbesteigung eines Katholiken um die mögliche Vollstreckung neuer Volksmassaker, wie es sie bereits unter Königin Maria I. Aus dem Hause Tudor vor etwas mehr als einem Jahrhundert gegeben hatte. Die hitzige Stimmung mündete im Jahr 1683 sogar zur Planung eines (weiteren) Mordkomplotts gegen den König, welcher letztlich fehlschlug. Nur zwei Jahre später starb Karl II. dann eines natürlichen Todes.
Der erste „Charles“ in mehr als 300 Jahren!
Der historische Name des neuen Königs verbirgt viel mehr, als häufig angenommen wird. Er beinhaltet die volle Bandbreite der englischen Geschichte und kann mit einer langen Reihe von geschichtlichen Anekdoten assoziiert werden. Nach dem Tod des zweiten König Charles dauerte es mehr als 300 Jahre bis ein weiterer britischer Monarch diesen Namen tragen würde. Man kann daher mit großer Spannung das zukünftige Wirken des dritten König Charles beobachten!